„Wenn
aber euer Blut vergossen wird, fordere ich Rechenschaft, und zwar für das Blut
eines jeden von euch ... Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut wird durch
Menschen vergossen. Denn: Als Abbild Gottes hat er den Menschen gemacht"
(Gen 9,5-6).
Das Alte Testament hat das Blut
stets als ein heiliges Sinnbild des Lebens betrachtet [Vgl. Lev 17.14. ]. Dies
muß zu allen Zeiten gelehrt werden.
„Wenn
jemand zur Verteidigung des eigenen Lebens größere Gewalt anwendet als nötig,
ist das unerlaubt. Wenn er die Gewalt aber mit Maß zurückstößt, ist die
Verteidigung erlaubt ... Es ist zum Heil nicht notwendig, auf den Akt des
maßvollen Schutzes zu verzichten, um die Tötung des anderen zu vermeiden; denn
der Mensch ist mehr gehalten, für das eigene Leben als für das fremde Leben zu
sorgen" (Thomas v. A., s. th. 2-2, 64, 7).
Die Straft soll in erster Linie
die durch das Vergehen herbeigeführte Unordnung wiedergutmachen. Wird sie vom
Schuldigen willig angenommen, gilt sie als Sühne. Zudem hat die Strafe die Wirkung,
die öffentliche Ordnung und die Sicherheit der Personen zu schützen.
Schließlich hat die Strafe auch eine heilende Wirkung: sie soll möglichst dazu
beitragen, daß sich der Schuldige bessert [Vgl. Lk 23,40-43.].
2267. Lange Zeit wurde der Rückgriff auf die Todesstrafe durch die
rechtmäßige Autorität – nach einem ordentlichen Gerichtsverfahren – als eine
angemessene Antwort auf die Schwere einiger Verbrechen und als ein
annehmbares, wenn auch extremes Mittel zur Wahrung des Gemeinwohls
angesehen.
Heute gibt es ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass die Würde der Person
auch dann nicht verloren geht, wenn jemand schwerste Verbrechen begangen
hat. Hinzu kommt, dass sich ein neues Verständnis vom Sinn der
Strafsanktionen durch den Staat verbreitet hat. Schließlich wurden
wirksamere Haftsysteme entwickelt, welche die pflichtgemäße Verteidigung der
Bürger garantieren, zugleich aber dem Täter nicht endgültig die Möglichkeit
der Besserung nehmen.
Deshalb lehrt die Kirche im Licht des Evangeliums, dass „die Todesstrafe
unzulässig ist, weil sie gegen die Unantastbarkeit und Würde der Person
verstößt“ [1], und setzt sich mit Entschiedenheit für deren Abschaffung in
der ganzen Welt ein.
Mord
2268 Das fünfte
Gebot verwirft den direkten und wilentlichen Mord als schwere Sünde. Der Mörder
und seine freiwilligen Helfer begehen eine himmelschreiende Sünde [Vgl. Gen 4,10.
].
Kindesmord [Vgl. GS 51,3.],
Brudermord, Elternmord und Gattenmord sind wegen der natürlichen Bande, die sie
zerreißen, besonders schwere Verbrechen. Rücksichten auf die Gesundheit des
Erbgutes und die öffentliche Gesundheit können keinen Mord rechtfertigen,
selbst wenn er von der öffentlichen Gewalt angeordnet wäre.
2269 Das fünfte
Gebot untersagt auch, etwas mit der Absicht zu tun, den Tod eines Menschen
indirekt herbeizuführen. Das sittliche Gesetz verbietet, jemanden ohne schwerwiegenden
Grund einer tödlichen Gefahr auszusetzen ebenso wie die Weigerung, einem
Menschen in Lebensgefahr zu Hilfe zu kommen.
Daß die menschliche Gesellschaft
mörderische Hungersnöte hinnimmt, ohne sich um Hilfe zu bemühen, ist ein
empörendes Unrecht und eine schwere Verfehlung. Händler, die durch wucherische
und profitgierige Geschäfte ihre Mitmenschen hungern und sterben lassen,
begehen indirekt einen Mord; für diesen sind sie verantwortlich [Vgl. Am
8,4-10].
Die unwillentliche Tötung eines
Menschen ist moralisch nicht anrechenbar. Man ist aber nicht von einem schweren
Vergehen entschuldigt, wenn man ohne angemessene Gründe so handelt, daß man,
wenn auch unbeabsichtigt, den Tod eines Menschen verursacht.
Abtreibung
2270 Das menschliche
Leben ist vom Augenblick der Empfängnis an absolut zu achten und zu schützen.
Schon im ersten Augenblick seines Daseins sind dem menschlichen Wesen die
Rechte der Person zuzuerkennen, darunter das unverletzliche Recht jedes
unschuldigen Wesens auf das Leben [Vgl. DnV 1,1.].
„Noch
ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus
dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt" (Jer 1,5) [Vgl. Ijob
10,812; Ps 22,10-11.].
„Als ich
geformt wurde im Dunkeln, kunstvoll gewirkt in den Tiefen der Erde, waren meine
Glieder dir nicht verborgen" (Ps 139,15).
DAS LEBEN IN CHRISTUS
2271 Seit dem
ersten Jahrhundert hat die Kirche es für moralisch verwerflich erklärt, eine
Abtreibung herbeizuführen. Diese Lehre hat sich nicht geändert und ist
unveränderlich. Eine direkte, das heißt eine als Ziel oder Mittel gewollte,
Abtreibung stellt ein schweres Vergehen gegen das sittliche Gesetz dar:
„Du sollst ... nicht abtreiben noch ein
Neugeborenes töten" (Didaché 2,2) [Vgl. Barnabasbrief 19,5; Diognet 5,5;
Tertullian, apol. 9].
„Gott,
der Herr des Lebens, hat nämlich den Menschen die hohe Aufgabe der Erhaltung
des Lebens übertragen, die auf eine menschenwürdige Weise erfüllt werden muß.
Das Leben ist daher von der Empfängnis an mit höchster Sorgfalt zu schützen.
Abtreibung und Tötung des Kindes sind verabscheuenswürdige Verbrechen" (GS
51,3).
2272 Die
formelle Mitwirkung an einer Abtreibung ist ein schweres Vergehen. Die Kirche
ahndet dieses Vergehen gegen das menschliche Leben mit der Kirchenstrafe der
Exkommunikation. „Wer eine Abtreibung vornimmt, zieht sich mit erfolgter
Ausführung die Tatstrafe der Exkommunikation zu"
(CIC, can. 1398), „so daß sie von selbst durch Begehen der Straftat
eintritt" 1463 (CIC, can. 1314) unter den im Recht vorgesehenen Bedingungen
[Vgl. CIC, cann. 1323-1324.]. Die Kirche will
dadurch die Barmherzigkeit nicht einengen; sie zeigt aber mit Nachdruck die
Schwere des begangenen Verbrechens und den nicht wieder gutzumachenden Schaden
auf, der dem unschuldig getöteten Kind, seinen Eltern und der ganzen
Gesellschaft angetan wird.
2273 Das
unveräußerliche Recht jedes unschuldigen Menschen auf das 1930 Leben bildet ein
grundlegendes Element der bürgerlichen Gesellschaft und ihrer Gesetzgebung.
„Die unveräußerlichen Rechte der
Person müssen von der bürgerlichen Gesellschaft und von der staatlichen Macht
anerkannt und geachtet werden: Diese Rechte des Menschen hängen weder von den
einzelnen Individuen noch von den Eltern ab und stellen auch nicht ein
Zugeständnis der Gesellschaft und des Staates dar. Sie gehören zur menschlichen
Natur und wurzeln in der Person kraft des Schöpfungsaktes, aus dem sie ihren
Ursprung genommen hat. Unter diese fundamentalen Rechte muß man in diesem
Zusammenhang zählen: das Recht auf Leben und auf leibliche Unversehrtheit jedes
menschlichen Wesens vom Augenblick der Empfängnis an bis zum Tod" (DnV 3).
„In dem Augenblick, in dem ein
positives Gesetz eine Kategorie von Menschen des Schutzes beraubt, den die
bürgerliche Gesetzgebung ihnen gewähren muß, leugnet der Staat die Gleichheit
aller vor dem Gesetz. Wenn die Staatsmacht sich nicht in den Dienst der Rechte
jedes Bürgers stellt, und in besonderer Weise dessen, der am schwächsten ist,
dann werden die Grundmauern des Rechtsstaates untergraben ... Als Folge der
Achtung und des Schutzes, die man dem Ungeborenen vom Augenblick 578 seiner
Empfängnis an zusichern muß, muß das Gesetz die geeigneten Strafmaßnahmen für
jede gewollte Verletzung seiner Rechte vorsehen" (DnV 3).
2274 Da der
Embryo schon von der Empfängnis an wie eine Person behandelt werden muß, ist er
wie jedes andere menschliche Wesen im Rahmen des Möglichen unversehrt zu
erhalten, zu pflegen und zu heilen.
Die vorgeburtliche Diagnostik ist
sittlich erlaubt, wenn sie „das Leben und die Unversehrtheit des Embryos und
des menschlichen Fötus achtet und auf den Schutz und die Sorge für den
einzelnen Embryo ausgerichtet ist ... Aber sie steht in schwerwiegender Weise
im Gegensatz zum Moralgesetz, falls sie - je nachdem, wie die Ergebnisse
ausfallen - die Möglichkeit in Erwägung zieht, eine Abtreibung durchzuführen.
So darf eine Diagnose ... nicht gleichbedeutend mit einem Todesurteil
sein" (DnV 1,2).
2275 „Eingriffe
am menschlichen Embryo müssen unter der Bedingung als erlaubt angesehen werden,
daß sie das Leben und die Unversehrtheit des Embryos achten und für ihn nicht
unverhältnismäßige Risiken mit sich bringen, sondern seine Heilung, die
Besserung seines Gesundheitszustandes oder sein individuelles Überleben zum
Ziel haben" (DnV 1,3).
„Es ist unmoralisch, menschliche
Embryonen zum Zweck der Verwertung als frei verfügbares ‚biologisches Material‘
herzustellen" (DnV 1,5).
„Einige Versuche, in das
chromosomale oder das genetische Gut einzugreifen, sind nicht therapeutischer
Natur, sondern zielen auf die Produktion menschlicher Wesen, die nach dem
Geschlecht oder anderen vorher festgelegten Eigenschaften ausgewählt werden.
Diese Manipulationen stehen im Gegensatz zur personalen Würde des menschlichen
Wesens, seiner Integrität und seiner Identität" (DnV 1,6).
Euthanasie
2276 Menschen,
die versehrt oder geschwächt sind, brauchen besondere Beachtung. Kranke oder
Behinderte sind zu unterstützen, damit sie ein möglichst normales Leben führen
können.
2277 Die direkte
Euthanasie besteht darin, daß man aus welchen Gründen und mit welchen Mitteln
auch immer dem Leben behinderter, kranker oder sterbender Menschen ein Ende
setzt. Sie ist sittlich unannehmbar.
Eine Handlung oder eine
Unterlassung, die von sich aus oder der Absicht nach den Tod herbeiführt, um
dem Schmerz ein Ende zu machen, ist ein Mord, ein schweres Vergehen gegen die
Menschenwürde und gegen die Achtung, die man dem lebendigen Gott, dem Schöpfer,
schuldet. Das Fehlurteil, dem man gutgläubig zum Opfer fallen kann, ändert die
Natur dieser mörderischen Tat nicht, die stets zu verbieten und auszuschließen
ist.
2278 Die Moral
verlangt keine Therapie um jeden Preis. Außerordentliche oder zum erhofften
Ergebnis in keinem Verhältnis stehende aufwendige und gefährliche medizinische
Verfahren einzustellen, kann berechtigt sein. Man will dadurch den Tod nicht
herbeiführen, sondern nimmt nur hin, ihn nicht verhindern zu können. Die
Entscheidungen sind vom Patienten selbst zu treffen, falls er dazu fähig und
imstande ist, andernfalls von den gesetzlich Bevollmächtigten, wobei stets der
vernünftige Wille und die berechtigten Interessen des Patienten zu achten sind.
2279 Selbst
wenn voraussichtlich der Tod unmittelbar bevorsteht, darf die Pflege, die man
für gewöhnlich einem kranken Menschen schuldet, nicht abgebrochen werden.
Schmerzlindernde Mittel zu verwenden, um die Leiden des Sterbenden zu
erleichtern selbst auf die Gefahr hin, sein Leben abzukürzen, kann sittlich der
Menschenwürde entsprechen, falls der Tod weder als Ziel noch als Mittel
gewollt, sondern bloß als unvermeidbar vorausgesehen und in Kauf genommen wird.
Die Betreuung des Sterbenden ist
eine vorbildliche Form selbstloser Nächstenliebe; sie soll aus diesem Grund gefördert
werden.
Selbstmord
2280 Jeder ist
vor Gott für sein Leben verantwortlich. Gott hat es ihm geschenkt. Gott ist und
bleibt der höchste Herr des Lebens. Wir sind verpflichtet, es dankbar
entgegenzunehmen und es zu seiner Ehre und zum Heil unserer Seele zu bewahren.
Wir sind nur Verwalter, nicht Eigentümer des Lebens, das Gott uns anvertraut
hat. Wir dürfen darüber nicht verfügen.
2281 Der
Selbstmord widerspricht der natürlichen Neigung des Menschen, sein Leben zu
bewahren und zu erhalten. Er ist eine schwere Verfehlung gegen die rechte
Eigenliebe. Selbstmord verstößt auch gegen die Nächstenliebe, denn er zerreißt
zu Unrecht die Bande der Solidarität mit der Familie, der Nation und der
Menschheit, denen wir immer verpflichtet sind. Der Selbstmord widerspricht
zudem der Liebe zum lebendigen Gott.
2282 Wenn der
Selbstmord in der Absicht begangen wird, als Beispiel -vor allem für junge
Menschen - zu dienen, bildet er zudem ein schweres Ärgernis. Freiwillige
Beihilfe zum Selbstmord verstößt gegen das sittliche Gesetz.
Schwere psychische Störungen,
Angst oder schwere Furcht vor einem Schicksalsschlag, vor Qual oder Folterung
können die Verantwortlichkeit des Selbstmörders vermindern.
2283 Man darf
die Hoffnung auf das ewige Heil der Menschen, die sich das Leben genommen
haben, nicht aufgeben. Auf Wegen, die Gott allein kennt, kann er ihnen
Gelegenheit zu heilsamer Reue geben. Die Kirche betet für die Menschen, die
sich das Leben genommen haben.
2284 Das
Ärgernis ist eine Haltung oder ein Verhalten, das den Anderen zum Bösen
verleitet. Wer Ärgernis gibt, wird zum Versucher seines Nächsten. Er gefährdet
dessen Tugend und Rechtschaffenheit; er kann seinen Bruder in den seelischen
Tod treiben. Das Ärgernis ist eine schwere Verfehlung, wenn durch eine Tat oder
eine Unterlassung andere absichtlich zu einem schlimmen Fehrtritt verleitet
werden.
2285 Besonders
schlimm ist das Ärgernis, wenn es von Respektspersonen gegeben wird und wenn
Schwache dadurch gefährdet werden. Dies hat unseren Herrn zum Wehruf veranlaßt:
„Wer einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Ärgernis gibt, für den wäre
es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt
würde!" (Mt 18,6)1. Das Ärgernis ist besonders schwerwiegend, wenn es von
Erziehern und Lehrern gegeben wird. Deshalb wirft Jesus den Schriftgelehrten
und den Pharisäern vor, sie seien Wölfe im Schafspelz [Vgl. Mt 7,15].
2286 Ärgernis
kann durch Gesetz oder Institutionen, durch Mode oder öffentliche Meinung
hervorgerufen werden.
So gibt Ärgernis, wer Gesetze
oder gesellschaftliche Strukturen schafft, die zum Verfall der Sitten und zur Zersetzung
des religiösen Lebens führen oder zu „Gesellschaftsverhältnissen, die - ob
gewollt oder nicht - ein den Geboten entsprechendes christliches Verhalten
schwierig und praktisch unmöglich machen" (Pius XII., Ansprache vom [Vgl.
1 Kor 8,10-13]. Juni 1941). Das gleiche gilt von Betriebsleitern, welche
Vorschriften erlassen, die zu Betrügereien verleiten, von Lehrern, die ihre
Kinder „zum Zorn reizen" [Vgl. Eph 6,4; Kol 3,21.], oder von Leuten, die
die öffentliche Meinung manipulieren und sie von den sittlichen Werten
abbringen.
2287 Wer seine
Befugnisse so gebraucht, daß sie zum Bösen verleiten, macht sich des
Ärgernisses schuldig und ist für das Böse, das er direkt oder indirekt
begünstigt, verantwortlich. „Es ist unvermeidlich, daß Ärgernisse kommen. Aber
wehe dem, der sie verschuldet" (Lk 17,1).
2288 Das Leben
und die Gesundheit sind wertvolle, uns von Gott anvertraute Güter. Wir haben
für sie auf vernünftige Weise Sorge zu tragen und dabei auch die Bedürfnisse anderer
und das Gemeinwohl zu berücksichtigen.
Die Sorge für die Gesundheit der
Bürger erfordert, daß die Gesellschaft mithilft, Existenzbedingungen zu
schaffen, unter denen die Menschen sich entwickeln und reifen können: Nahrung
und Kleidung, Wohnung, Gesundheitsdienst, Grundausbildung, Arbeitsplatz und
Sozialhilfe.
2289 Zwar
fordert die Sittenlehre auf, das leibliche Leben zu achten, aber sie erklärt
dieses nicht zu einem absoluten Wert. Sie wendet sich gegen eine neuheidnische
Auffassung, die dazu neigt, einen Körperkult zu treiben, ihm alles zu opfern,
körperliche Tüchtigkeit und sportlichen Erfolg zu vergötzen. Durch eine
einseitige Auslese der Starken kann diese Auffassung die menschlichen
Beziehungen verzerren.
2290 Die Tugend
der Mäßigung läßt Unmäßigkeit aller Art meiden: jedes Übermaß an Speisen,
Alkohol, Tabak und Medikamenten. Wer in betrunkenem Zustand oder im
Geschwindigkeitsrausch auf der Straße, auf dem Wasser oder in der Luft die
Sicherheit anderer und die eigene gefährdet, versündigt sich schwer.
2291 Der Genuß
von Drogen führt zu schweren Schädigungen der Gesundheit und des menschlichen
Lebens. Abgesehen vom rein medizinischen Gebrauch ist er eine schwerwiegende
sittliche Verfehlung. Die heimliche Herstellung von Drogen und der
Rauschgifthandel sind etwas Schändliches; durch ihre verführerische Wirkung
sind sie eine direkte Mitwirkung zu schwerwiegenden Verstößen gegen das
moralische Gesetz.
Achtung des Menschen und
wissenschaftliche Forschung
2292
Medizinische und psychologische Experimente an Personen oder Menschengruppen
können zur Heilung von Kranken und zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit
beitragen.
2293 In der
wissenschaftlichen Grundlagenforschung und in der angewandten Forschung kommt
die Herrschaft des Menschen über die Schöpfung deutlich zum Ausdruck.
Wissenschaft und Technik sind wertvolle Mittel, wenn sie in den Dienst des
Menschen gestellt werden und dessen ganzheitliche Entwicklung zum Wohl aller
fördern. Sie sind jedoch nicht imstande, aus sich selbst heraus den Sinn des
Daseins und des menschlichen Fortschritts anzugeben. Wissenschaft und Technik
sind auf den Menschen hingeordnet, dem sie ihre Entstehung und Entwicklung
verdanken; die Bestimmung ihres Ziels und das Bewußtsein ihrer Grenzen finden
sie somit nur in der Person und ihren sittlichen Werten.
2294 Die
Meinung, die wissenschaftliche Forschung und ihre Anwendungen seien wertfrei,
ist eine Illusion. Auch lassen sich die Kriterien für die Orientierung der
Forschung weder einfach aus der technischen Wirksamkeit noch aus dem Nutzen
ableiten, den sie für die einen zum Schaden der anderen haben kann, und erst
recht nicht aus den herrschenden Ideologien. Wissenschaft und Technik erfordern
ihrem inneren Sinn gemäß die unbedingte Achtung der sittlichen Grundwerte. Sie
müssen im Dienst der menschlichen Person, ihrer unveräußerlichen Rechte, ihres
wahren, ganzheitlichen Wohls stehen, wie das dem Plan und dem Willen Gottes
entspricht.
2295
Forschungen und Experimente, die am Menschen vorgenommen werden, können keine
Handlungen rechtfertigen, die in sich der Menschenwürde und dem sittlichen
Gesetz widersprechen. Auch das allfällige Einverständnis der betreffenden
Menschen rechtfertigt solche Handlungen nicht. Ein Experiment, das an einem
Menschen vorgenommen wird, ist sittlich unerlaubt, wenn es dessen Leben oder
physische und psychische Unversehrtheit unverhältnismäßigen oder vermeidbaren
Gefahren aussetzt. Solche Experimente widersprechen der Menschenwürde erst
recht, wenn sie ohne Wissen und Einverständnis der Betreffenden oder der für
sie Verantwortlichen vorgenommen werden.
2296
Organverpflanzung ist sittlich unannehmbar, wenn der Spender oder die für ihn
Verantwortlichen nicht im vollen Wissen ihre Zustimmung gegeben haben. Sie
entspricht hingegen dem sittlichen Gesetz und kann sogar verdienstvoll sein,
wenn die physischen und psychischen Gefahren und Risiken, die der Spender
eingeht, dem Nutzen, der beim Empfänger zu erwarten ist, entsprechen. Die
Invalidität oder den Tod eines Menschen direkt herbeizuführen, ist selbst dann
sittlich unzulässig, wenn es dazu dient, den Tod anderer Menschen
hinauszuzögern.
Achtung der körperlichen
Unversehrtheit
2297
Entführungen und Geiselnahmen verbreiten Schrecken und üben durch Drohung auf
die Opfer unzulässigen Druck aus; sie sind moralisch unzulässig. Terrorismus, der
willkürlich bedroht, verwundet und tötet, ist ein schwerer Verstoß gegen die
Gerechtigkeit und die christliche Liebe. Folterung, die körperliche oder
seelische Gewalt anwendet, um Geständnisse zu erpressen, Schuldige zu
bestrafen, Opponenten Angst einzujagen oder Haß zu befriedigen, widerspricht
der Achtung vor der Person und der Menschen würde. Außer wenn streng
therapeutische Gründe dafür sprechen, verstoßen direkt gewollte Amputationen,
Verstümmelungen oder Sterilisationen unschuldiger Menschen gegen das sittliche
Gesetz [Vgl. DS 3722]
2298 In
früheren Zeiten wurden grausame Maßnahmen auch von rechtmäßigen Regierungen
allgemein angewendet, um Gesetz und Ordnung aufrechtzuerhalten - oft ohne
Mißbilligung durch die Hirten der Kirche, die in ihren eigenen Gerichten die
Vorschriften des römischen Rechts in bezug auf die Folter übernahmen. Von
diesen bedauerlichen Vorkommnissen abgesehen, trat die Kirche stets für Milde
und Barmherzigkeit ein; sie verbot Klerikern, Blut zu vergießen. In neuerer
Zeit setzte sich die Einsicht durch, daß solche grausame Handlungen weder für
die öffentliche Ordnung notwendig sind noch den legitimen Menschenrechten
entsprechen, sondern im Gegenteil zu schlimmsten Verirrungen führen. Man muß
sich für ihre Abschaffung einsetzen. Für die Opfer, aber auch für ihre
Peiniger, soll man beten.
Achtung der Toten
2299 Sterbenden
soll Aufmerksamkeit und Pflege zuteil werden, um ihnen zu helfen, die ihnen
noch verbleibende Zeit in Würde und Frieden zu leben. Sie sollen durch das
Gebet ihrer Angehörigen Beistand erfahren. Diese sollen darauf bedacht sein,
daß die Kranken zu gegebener Zeit die Sakramente erhalten, die auf die
Begegnung mit dem lebendigen Gott vorbereiten.
2300 Der Leib
des Verstorbenen ist im Glauben und in der Hoffnung auf die Auferstehung
ehrfürchtig und liebevoll zu behandeln. Die Totenbestattung ist ein Werk der
leiblichen Barmherzigkeit [Vgl. Tob 1,16-18, ]; sie ehrt die Kinder Gottes als
Tempel des Heiligen Geistes.
2301 Die
Autopsie von Leichen zur gerichtlichen Untersuchung oder zur wissenschaftlichen
Forschung ist sittlich zulässig. Die unentgeltliche Organspende nach dem Tode
ist erlaubt und kann verdienstvoll sein.
Die Kirche gestattet die
Einäscherung, sofern diese nicht den Glauben an die Auferstehung des Fleisches
in Frage stellen will [Vgl.
CIC, can. 1176, § 3].