IV Verstöße gegen die Würde der Ehe
2380 Ehebruch,
das heißt eheliche Untreue. Wenn zwei Partner, von denen wenigstens einer
verheiratet ist, miteinander eine, wenn auch nur vorübergehende geschlechtliche
Beziehung eingehen, begehen sie Ehebruch. Christus verurteilt schon den
Ehebruch im Geiste [Vgl. Mt 5,27-28]. Das sechste Gebot und das Neue Testament
verbieten den Ehebruch absolut [Vgl. Mt 5,32; 19,6; Mk 10,11; 1 Kor 6,9-10].
Die Propheten prangern ihn als schweres Vergehen an. Sie betrachten den
Ehebruch als Abbild des sündigen Götzendjenstes [Vgl. Hos 2.7: Jer 5,7].
2381 Ehebruch
ist ein Unrecht. Wer die Ehe bricht, wird seinen Verpflichtungen untreu. Er
verletzt das Band der Ehe, das Zeichen des Bundes ist; er verletzt auch das
Recht seines Ehepartners und schädigt die Institution der Ehe, indem er den
Vertrag nicht einhält, der ihr zugrunde liegt. Er setzt das Gut der
menschlichen Zeugung aufs Spiel sowie das Wohl der Kinder, die eine dauerhafte
Verbundenheit der Eltern benötigen.
Ehescheidung
2382 Jesus
betonte die ursprüngliche Absicht des Schöpfers, der wollte, daß die Ehe
unauflöslich sei 1. Er hob die Duldungen auf, die sich in das alte Gesetz
eingeschlichen hatten [Vgl. Mt 19,7].
„Die gültig geschlossene und
vollzogene Ehe" zwischen getauften Katholiken „kann durch keine
menschliche Gewalt und aus keinem Grunde, außer durch den Tod, aufgelöst
werden" (CIC, can. 1141).
2383 Die
Trennung der Gatten unter Beibehaltung des Ehebandes kann in gewissen Fällen,
die das kanonische Recht vorsieht, berechtigt sein [Vgl. CIC, cann. 1151-1155].
Falls die zivile Scheidung die
einzige Möglichkeit ist, gewisse legitime Rechte, die Sorge für die Kinder oder
das ererbte Vermögen zu sichern, darf sie in Kauf 4 genommen werden und ist
dann keine sittliche Verfehlung.
2384 Die
Ehescheidung ist ein schwerer Verstoß gegen das natürliche Sittengesetz. Sie
gibt vor, den zwischen den Gatten freiwillig eingegangenen Vertrag, bis zum Tod
zusammenzuleben, brechen zu können. Die Ehescheidung mißachtet den Bund des
Heiles, dessen Zeichen die sakramentale Ehe ist. Das Eingehen einer, wenn auch
vom Zivilrecht anerkannten, neuen Verbindung verstärkt den Bruch noch
zusätzlich. Der Ehepartner, der sich wieder verheiratet hat, befindet sich dann
in einem dauernden, öffentlichen Ehebruch.
„Wenn
der Gatte, nachdem er sich von seiner Frau getrennt hat, sich einer anderen
Frau nähert, ist er ein Ehebrecher, denn er läßt diese Frau Ehebruch begehen;
und die Frau, die mit ihm zusammenwohnt, ist eine Ehebrecherin, denn sie hat
den Gatten einer anderen an sich gezogen" (Basilius, moral. reg. 73).
2385 Die
Ehescheidung ist auch deshalb unsittlich, weil sie in die Familie und in die
Gesellschaft Unordnung bringt. Diese Unordnung zieht schlimme
Folgen nach sich: für den
Partner, der verlassen worden ist; für die Kinder, die durch die Trennung der
Eltern einen Schock erleiden und oft zwischen diesen hin- und hergerissen
werden; für die Gesellschaft, für die sie aufgrund ihrer ansteckenden Wirkung
zu einer tiefen Wunde wird.
2386
Möglicherweise ist einer der beiden Gatten das unschuldige Opfer der durch das
Zivilgesetz ausgesprochenen Scheidung. In diesem Fall vestößt er nicht gegen
das sittliche Gebot. Es besteht ein beträchtlicher Unterschied zwischen dem
Ehepartner, der sich redlich bemüht hat, dem Sakrament der Ehe treu zu bleiben,
und ungerechterweise verlassen wird, und demjenigen, der durch ein schweres
Vergehen eine kirchenrechtlich gültige Ehe zerstört [Vgl. FC 84].
Weitere Verstöße gegen die Würde
der Ehe
2387 Man kann
sich vorstellen, welchen inneren Konflikt es für jemanden, der sich zum
Evangelium bekehren will, bedeutet, deshalb eine oder mehrere Frauen entlassen
zu müssen, mit denen er jahrelang ehelich zusammengelebt hat. Doch läßt sich
die Polygamie mit dem sittlichen Gesetz nicht vereinbaren, denn sie
„widerspricht radikal" der ehelichen Gemeinschaft. „Sie leugnet in
direkter Weise den Plan Gottes, wie er am Anfang offenbart wurde; denn sie
widerspricht der gleichen personalen Würde von Mann und Frau, die sich in der
Ehe mit einer Liebe schenken, die total und eben deshalb einzig und
ausschließlich ist" (FC 19) [Vgl. GS 47,2]. Ein Christ, der einst mehrere
Frauen hatte, untersteht der strengen Gerechtigkeitspflicht, den finanziellen
Verpflichtungen gegenüber seinen ehemaligen Frauen und seinen Kindern
nachzukommen.
2388 Als Inzest
bezeichnet man intime Beziehungen zwischen Verwandten oder Verschwägerten,
unter denen die Ehe verboten wäre [Vgl. Lev 18. 7-20]. Der hl. Paulus
brandmarkt dieses besonders schwere Vergehen: „Übrigens hört man von Unzucht
unter euch ... daß nämlich einer mit der Frau seines Vaters lebt.
Im Namen Jesu, unseres Herrn,
wollen wir ... diesen Menschen dem Satan übergeben zum Verderben seines
Fleisches" (1 Kor 5,1.4-5). Inzest verdirbt die Beziehungen in der Familie
und stellt einen Rückschritt zu tierischem Verhalten dar.
2389 Mit Inzest
sind auch sexuelle Mißbräuche Erwachsener von Kindern oder Jugendlichen, die ihrer
Obhut anvertraut sind, in Verbindung zu bringen. Dann kommt zu der Verfehlung
ein skandalöser Verstoß gegen die leibliche und moralische Unversehrtheit der
jungen Menschen hinzu, die dadurch für ihr ganzes Leben gezeichnet bleiben.
Hier ist zudem eine krasse Verletzung der Erziehungsverantwortung gegeben.
2390 Ein
Verhältnis liegt dann vor, wenn ein Mann und eine Frau sich weigern, ihrer auch
die sexuelle Intimität einbegreifenden Beziehung eine öffentliche Rechtsform zu
geben.
Der Ausdruck „freie Liebe"
ist trügerisch: Was kann ein Liebesverhältnis bedeuten, bei dem die beiden
Partner keine gegenseitigen Verpflichtungen eingehen und damit bezeugen, daß
sie weder auf den Partner noch auf sich selbst noch auf die Zukunft genügend vertrauen?
Der Ausdruck „Verhältnis"
bezeichnet unterschiedliche Situationen: Konkubinat, Ablehnung der Ehe als
solcher und Unfähigkeit, sich durch langfristige Verpflichtungen zu binden
[Vgl. FC 81]. Alle diese Situationen verletzen die Würde der Ehe; sie zerstören
den Grundgedanken der Familie; sie schwächen den Sinn für Treue. Sie verstoßen
gegen das moralische Gesetz: Der Geschlechtsakt darf ausschließlich in der Ehe
stattfinden; außerhalb der Ehe ist er stets eine schwere Sünde und schließt vom
Empfang der Heiligen Kommunion aus.
2391 Manche,
die zu heiraten beabsichtigen, beanspruchen heute eine Art Versuchsrecht. Wenn
auch der Wille zur Heirat fest ist, besteht doch die Tatsache, daß verfrühte
geschlechtliche Beziehungen „keineswegs die Aufrichtigkeit und die Treue der
zwischenmenschlichen Beziehungen von Mann und Frau zu gewährleisten noch sie
vor allem gegen Laune und Begierlichkeit zu schützen vermögen" (CDF, Erkl.
„Persona humana" 7). Die leibliche Vereinigung ist nur dann moralisch zu
rechtfertigen, wenn zwischen dem Mann und der Frau eine endgültige
Lebensgemeinschaft gegründet worden ist. Die menschliche Liebe läßt den bloßen
„Versuch" nicht zu. Sie verlangt eine endgültige und ganze gegenseitige
Hingabe der beiden Partner [Vgl. FC 80].
|