The Holy See
back up
Search
riga

KONGREGATION FÜR DIE GLAUBENSLEHRE

 

 

Notifikation zu einem Buch
 
von Prof. EDWARD Schillebeeckx*

 

1. Professor Edward Schillebeeckx OP veröffentlichte 1979 und 1980 zwei Studien über das Amt in der Kirche: einen Beitrag zu dem Sammelband »Basis und Amt« (Nelissen, Bloemendal 1979, SS. 43-90) sowie ein Buch mit dem Titel »Kerkelijk Ambt« (im selben Verlag 1980). In diesen beiden Schriften glaubte er die »dogmatische Möglichkeit« eines »außerordentlichen Dieners« der Eucharistie begründet zu haben, so daß Christengemeinden ohne Priester aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden wählen könnten, der durch die Tatsache selbst im umfassenden Sinn bevollmächtigt wäre, das Leben dieser Gemeinden zu leiten und folglich dort die Eucharistie zu feiern, ohne dazu die sakramentale Priesterweihe in der apostolischen Sukzession empfangen zu haben.

2. Am 13. Juli 1984 richtete die Kongregation für die Glaubenslehre an Prof. Schillebeeckx ein Schreiben, in dem sie ihn darauf aufmerksam machte, daß die Auffassungen über das Amt, die er in den beiden fraglichen Studien vertreten habe, mit der Lehre der Kirche nicht vereinbar wären, wie sie in autorisierter Form durch das Schreiben »Sacerdotium Ministeriale« vom 6. August 1983 (cf. AAS 75/2, 1983, 1003-1009) in Erinnerung gerufen wurde. Dementsprechend teilte die Kongregation Prof. Schillebeeckx mit, daß seine Auffassung über den »außerordentlichen Diener« der Eucharistie nicht als eine »offene Frage« betrachtet werden könne, und ersuchte ihn, in diesem Punkt öffentlich die Lehre der Kirche anzunehmen und seine persönliche Zustimmung zum Inhalt dieses Dokuments zu bekunden.

3. In seiner Antwort vom 5. Oktober 1984 kündigte Prof. Schillebeeckx das baldige Erscheinen eines neuen Buches über diese Frage an; er versicherte, daß darin nichts dem Schreiben »Sacerdotium Ministeriale« widerspräche, daß die Frage nach einem »außerordentlichen Diener« der Eucharistie nicht mehr vorkomme und daß schließlich – um jedes Mißverständnis auszuschließen – das Thema der apostolischen Sukzession ausführlicher analysiert würde.

4. Mit der gleichzeitigen Veröffentlichung des wesentlichen Absatzes dieser Antwort und ihrem eigenen Schreiben (cf. L’Osservatore Romano, 11. Januar 1985, S. 2) wies die Kongregation für die Glaubenslehre darauf hin, daß sie sich in der Folge ihr Urteil über das angekündigte Werk vorbehielte, das wenig später unter dem Titel »Pleidooi voor mensen in de Kerk« (»Plädoyer für Menschen in der Kirche«, Nelissen, Baarn, 1985) erschienen ist.

5. Im Hinblick auf dieses Buch muß die Kongregation, was die Frage des Amtes betrifft, die folgenden Anmerkungen machen:

a) Tatsächlich ist die Frage des »außerordentlichen Dieners« der Eucharistie nicht mehr erörtert. Indessen, wenn auch das Schreiben »Sacerdotium Ministeriale« nicht formell abgelehnt wird, so stimmt ihm das Buch nicht zu, sondern unterzieht es vielmehr einer kritischen Analyse.

b) In der Hauptsache muß man mit Bedauern feststellen, daß der Autor weiterhin die Apostolizität der Kirche so versteht und darstellt, daß die apostolische Sukzession vermittels des Weihesakraments eine nicht wesentliche Gegebenheit für die Ausübung des Amtes ist und dementsprechend für die Übertragung der Vollmacht, die Eucharistie zu feiern – dies in Gegensatz zur Lehre der Kirche.

c) Was die in der Studie angewandte Methode betrifft, insbesondere den Rückgriff auf historische Argumente, die aus der Hl. Schrift hergeleitet sind, wird man sich hier darauf beschränken, an die Lehre der dogmatischen Konstitution »Dei Verbum« (Nr. 12, Abs. 2) zu erinnern, der zufolge nach Auswertung aller Quellen der Exegese und der Geschichte »die rechte Ermittlung des Sinnes der heiligen Texte« (erfordert), »daß man mit nicht geringerer Sorgfalt auf den Inhalt und die Einheit der ganzen Schrift achtet, unter Berücksichtigung der lebendigen Überlieferung der Gesamtkirche und der Analogie des Glaubens. Aufgabe der Exegeten ist es, nach diesen Regeln auf eine tiefere Erfassung und Auslegung des Sinnes der Heiligen Schrift hinzuarbeiten, damit so gleichsam aufgrund wissenschaftlicher Vorarbeit das Urteil der Kirche reift. Alles, was die Art der Schrifterklärung betrifft, untersteht letztlich dem Urteil der Kirche, deren gottgegebener Auftrag und Dienst es ist, das Wort Gottes zu bewahren und auszulegen.«

6. Aus diesen Gründen sieht sich die Kongregation für die Glaubenslehre gezwungen, den Schluß zu ziehen, daß das Amtsverständnis so, wie es von Prof. Schillebeeckx dargestellt wird, weiterhin mit dem der Lehre der Kirche in den wichtigen Punkten nicht übereinstimmt. Ihr Auftrag gegenüber den Gläubigen verpflichtet sie daher, dieses Urteil der Öffentlichkeit mitzuteilen.

Während einer Audienz, die dem unterzeichneten Präfekten gewährt wurde, billigte Papst Johannes Paul II. die Notifikation, über die in einer ordentlichen Vollversammlung der Kongregation für die Glaubenslehre entschieden wurde, und ordnete ihre Veröffentlichung an.

Rom, am Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre, 15. September 1986.

 

 

+ Joseph Kardinal Ratzinger
Präfekt

 

+ Erzbischof Alberto Bovone
Sekretär

 

 

* L’Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 40, 3. Oktober 1986, Seite 3 (AAS 79 [1987], S. 221-223).

 

 

 

top