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PASTORALBESUCH IN DER RÖMISCHEN PFARRGEMEINDE
"SANTA MARIA DEL ROSARIO AI MARTIRI PORTUENSI"

PREDIGT VON BENEDIKT XVI.

III. Adventssonntag, 16. Dezember 2007

 

Liebe Brüder und Schwestern!

»Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Noch einmal sage ich euch: Freut euch! … Der Herr ist nahe« (Phil 4,4–5). Mit dieser Einladung zur Freude beginnt der Eröffnungsvers der heiligen Messe an diesem dritten Adventssonntag, der eben deshalb Sonntag »Gaudete« heißt. In Wahrheit ist ja der ganze Advent eine Einladung sich zu freuen, weil »der Herr kommt«, weil er kommt, um uns zu retten. Trostreich erklingen in diesen Wochen fast jeden Tag die Worte des Propheten Jesaja an das jüdische Volk, das sich nach der Zerstörung des Tempels von Jerusalem in der Verbannung in Babylon befand und ohne jede Hoffnung war, in die zerstörte Heilige Stadt zurückkehren zu können. »Die aber, die dem Herrn vertrauen, schöpfen neue Kraft, sie bekommen Flügel wie Adler. Sie laufen und werden nicht müde, sie gehen und werden nicht matt« (Jes 40,31). Und noch einmal: »Wonne und Freude stellen sich ein, Kummer und Seufzen entfliehen« (ebd. 35,10). Die Liturgie des Advents ruft uns unablässig in Erinnerung, daß wir aus der Trägheit der Gewohnheit und Mittelmäßigkeit aufwachen, die Traurigkeit und Mutlosigkeit aufgeben sollen; wir müssen wieder Mut fassen, denn »der Herr ist nahe«.

Für uns hier gibt es heute noch einen weiteren Grund, uns zu freuen, liebe Gläubige der Pfarrei »Santa Maria del Rosario di Pompei ai Martiri Portuensi«, nämlich der Weihetag eurer neuen Pfarrkirche, die sich an der Stelle erhebt, wo mein geliebter Vorgänger, der Diener Gottes Johannes Paul II., am 8. November 1998 anläßlich seines Pastoralbesuchs in eurer Gemeinde die heilige Messe gefeiert hat. Der feierliche Gottesdienst zur Weihe dieser Kirche ist ein Anlaß zu intensiver geistlicher Freude für das ganze Volk Gottes, das in diesem Stadtteil wohnt. Und auch ich schließe mich gern eurer Freude darüber an, endlich eine gastfreundliche und funktionelle Kirche zu haben. Der Ort, an dem sie errichtet wurde, ruft die Erinnerung an eine Vergangenheit leuchtender christlicher Zeugnisse wach. In unmittelbarer Nähe befindet sich nämlich die Generosa- Katakombe, wo der Überlieferung nach drei Geschwister – Simplicius, Faustinus und Viatrix (Beatrix) –, Opfer der im Jahr 303 entfesselten Verfolgung, begraben wurden. Ihre Reliquien werden teilweise in Rom in der Kirche »San Nicola in Carcere« und am Monte Savello aufbewahrt sowie einige Teile in der deutschen Stadt Fulda, die dank des Umstandes, daß der hl. Bonifatius die Reliquien dorthin gebracht hat, seit dem 8. Jahrhundert die Märtyrer von der Via Portuense als ihre Mitpatrone verehrt. In diesem Zusammenhang begrüße ich den Vertreter des Bischofs von Fulda und ebenso Carlo Liberati, Erzbischof und Prälat von Pompei, dem Marienheiligtum, mit dem eure Pfarrei eine geistliche Partnerschaft geschlossen hat.

Der Weihetag dieser Pfarrkirche gewinnt für euch als Bewohner dieses Viertels tatsächlich eine besondere Bedeutung. Sind etwa die jugendlichen Märtyrer, die damals starben, um für Christus Zeugnis zu geben, für euch, Christen von heute, nicht ein starker Ansporn dazu, in der treuen Nachfolge Jesu Christi fortzufahren? Und verlangt der Schutz der Jungfrau vom heiligen Rosenkranz von euch nicht, Männer und Frauen von tiefem Glauben und Gebet zu sein, so wie sie es war? Auch heute wird, wenn auch in ganz verschiedener Form, die Heilsbotschaft Christi angegriffen, und die Christen sind in anderer Weise, aber nicht weniger als damals aufgerufen, von ihrer Hoffnung Rechenschaft zu geben, der Welt das Zeugnis von der Wahrheit des einen Retters und Erlösers anzubieten! Möge daher diese neue Kirche ein bevorzugter Raum sein, um in der Kenntnis und in der Liebe dessen zu wachsen, den wir in wenigen Tagen in der Freude der Weihnacht als Erlöser der Welt und unseren Retter empfangen werden.

Gestattet mir nun, daß ich den Weihetag dieser schönen neuen Kirche zum Anlaß nehme, um allen, die zu ihrer Errichtung beigetragen haben, zu danken. Ich weiß, wie sehr sich die Diözese Rom seit vielen Jahren darum bemüht, für jedes Viertel einer in ständigem Wachsen begriffenen Stadt die Einrichtung angemessener Pfarrzentren zu gewährleisten. Ich begrüße und danke an erster Stelle dem Kardinalvikar und mit ihm Weihbischof Ernesto Mandara, Sekretär des Römischen Werkes für die Bewahrung des Glaubens in Rom und die Errichtung von neuen Kirchen. Besonders grüße und danke ich euch, liebe Mitglieder der Pfarrgemeinde, die ihr euch auf verschiedene Weise für die Verwirklichung dieses Pfarrgemeindezentrums eingesetzt habt, das nun zu den über fünfzig Zentren hinzukommt, die dank des beachtlichen finanziellen Aufkommens von seiten der Diözese, vieler Gläubiger und Bürger guten Willens und dank der Mitarbeit der öffentlichen Einrichtungen bereits in Betrieb sind. An diesem Sonntag, der eben der Unterstützung dieses verdienstvollen Werkes gewidmet ist, bitte ich alle, dieses Engagement großzügig fortzusetzen.

Herzlich begrüßen möchte ich sodann den für den Sektor Rom-West zuständigen Weihbischof, Benedetto Tuzia, euren Pfarrer, Don Gerard Charles Mc Carthy, dem ich aufrichtig für die freundlichen Worte danke, die er zu Beginn unserer Eucharistiefeier an mich gerichtet hat. Ich begrüße seine Mitarbeiter, die Priester, die der Priesterbruderschaft der Missionare des hl. Karl Borromäus angehören, welcher seit 1997 die Seelsorge in dieser Pfarrei anvertraut ist und die hier durch den Generaloberen, Msgr. Massimo Camisasca, vertreten ist. Ich begrüße die Oblatinnen von der Göttlichen Liebe und die Missionarinnen vom hl. Karl Borromäus, die ihre Arbeit in dieser Gemeinde mit Hingabe leisten, sowie alle Gruppen für Kinder und Jugendliche, Familien und alte Menschen, die das Leben der Pfarrei lebendig machen. Ein herzlicher Gruß geht auch an die verschiedenen anwesenden kirchlichen Bewegungen, darunter die »Gioventù Ardente Mariana«, »Comunione e Liberazione«, die Katholische Charismatische Erneuerung, die Fraternität »Santa Maria degli Angeli« und die Freiwilligengruppe »Santa Teresina«. Darüber hinaus will ich alle ermutigen, die sich zusammen mit der Caritas dieser Pfarrei der vielen Bedürfnisse dadurch annehmen, daß sie auf die Erwartungen der Ärmsten und Bedürftigsten antworten. Schließlich begrüße ich die anwesenden Autoritäten und die Persönlichkeiten, die an unserem Gottesdienst teilnehmen wollten. Liebe Freunde! Wir erleben heute einen Tag, der die Krönung der vollbrachten Anstrengungen, Mühen und Opfer und des engagierten Einsatzes der Gemeinde ist, sich als reife christliche Gemeinde aufzubauen, die den sehnlichen Wunsch hat, einen Raum zu besitzen, der von nun an dem Gottesdienst vorbehalten ist. Die heutige Eucharistiefeier ist besonders reich an Worten und Symbolen, die uns helfen, die tiefe Bedeutung von allem, was wir tun, zu verstehen. Nehmen wir daher kurz die Lehre auf, die uns aus den vorhin verkündeten Lesungen erreicht.

Die erste Lesung ist dem Buch Nehemia entnommen, ein Buch, das uns vom Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde nach dem Exil, nach der Zerstreuung und der Zerstörung Jerusalems berichtet. Es ist also ein Buch vom Neuanfang einer Gemeinde, und es ist voller Hoffnung, obwohl die Schwierigkeiten noch sehr groß sind. In dem vorhin gelesenen Abschnitt stehen zwei große Gestalten im Mittelpunkt: ein Priester, Esra, und ein Laie, Nehemia, die die religiöse bzw. zivile Autorität jener Zeit sind. Der Text beschreibt den feierlichen Augenblick, in dem sich die kleine jüdische Gemeinde nach der Zerstreuung offiziell neu bildet. Es ist der Augenblick der öffentlichen Neuproklamation des Gesetzes, welches das Fundament für das Leben dieser Gemeinde ist; das Ganze verläuft in einer Atmosphäre der Einfachheit, Armut und Hoffnung. Das Anhören dieser Proklamation erfolgt in einer Atmosphäre großer spiritueller Intensität. Manche beginnen zu weinen aus Freude darüber, nach der Tragödie der Zerstörung Jerusalems das Wort Gottes in Freiheit hören und die Geschichte der Rettung von neuem beginnen zu können. Und Nehemia ermahnt sie und sagt, daß dies ein Festtag sei und daß man, um Kraft vom Herrn zu erhalten, sich freuen und für die Gaben Gottes danken müsse. Das Wort Gottes bedeutet Kraft und Freude.

Löst diese Lesung aus dem Alten Testament nicht auch in uns tiefe Ergriffenheit aus? Wie viele Erinnerungen stürmen in diesem Augenblick auf euch ein! Wieviel Mühe hat es Jahr um Jahr gekostet, die Gemeinde aufzubauen! Wie viele Träume, wie viele Pläne, wie viele Schwierigkeiten! Nun aber wird uns die Gelegenheit geboten, das Wort Gottes in einer schönen Kirche zu verkünden und zu hören, die die Sammlung fördert und Freude weckt, die Freude zu wissen, daß nicht nur das Wort Gottes, sondern der Herr selber anwesend ist; eine Kirche, die ständiger Ruf zu einem festen Glauben und zu der Verpflichtung sein will, als geeinte Gemeinde zu wachsen. Wir danken Gott für seine Gaben und danken all jenen, die die Baumeister dieser Kirche und der lebendigen Gemeinde, die sich in ihr versammelt, gewesen sind.

In der zweiten Lesung, die dem Buch der Offenbarung entnommen ist, wird uns eine großartige Vision erzählt. Gottes Plan für seine Kirche und für die ganze Menschheit ist eine heilige Stadt, Jerusalem, die von dem von der göttlichen Herrlichkeit strahlenden Himmel herabkommt. Der Verfasser beschreibt sie durch den Vergleich mit den kostbarsten Edelsteinen als eine wunderbare Stadt und erklärt schließlich, daß sie auf der Person und auf der Botschaft der Apostel gründet. Und indem der Evangelist Johannes das sagt, stimmt er uns darauf ein, daß die lebendige Gemeinde das wahre neue Jerusalem ist und heiliger ist als der Tempel aus Stein, den wir weihen. Um diesen lebendigen Tempel, diese neue Stadt Gottes in unseren Städten zu errichten, um diesen Tempel zu errichten – der ihr seid –, braucht es viel Gebet, gilt es, jede Gelegenheit zu erschließen, die die Liturgie, die Katechese und die vielfältigen pastoralen, karitativen, missionarischen und kulturellen Aktivitäten bieten, welche eure vielversprechende Pfarrei »jung« erhalten. Die Pflege, die wir dem materiellen Gebäude mit Recht erweisen – indem wir es mit Weihwasser besprengen, mit Öl salben, es mit Weihrauch inzensieren –, diese Pflege sei Zeichen und Ansporn für eine intensivere Pflege bei der Verteidigung und Förderung des von euch, liebe Pfarrkinder, gebildeten Tempels der Menschen.

Die Lesung aus dem Evangelium schließlich, die wir gehört haben, berichtet von dem Gespräch zwischen Jesus und den Seinen, besonders mit Petrus; ein Gespräch, das ganz auf die Person des göttlichen Meisters konzentriert ist. Die Menschen haben etwas von ihm geahnt; manche meinen, er sei der ins Leben zurückgekehrte Johannes der Täufer, andere halten ihn für den auf die Erde zurückgekommenen Elija, wieder andere für den Propheten Jeremia – auf jeden Fall gehört er für die Leute zur Gruppe der großen religiösen Persönlichkeiten. Petrus hingegen erklärt im Namen der Jünger, die Jesus aus der Nähe kennen, daß Jesus mehr als ein Prophet, mehr als eine große religiöse Persönlichkeit der Geschichte ist: Er ist der Messias – er ist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Und Christus, der Herr, antwortet ihm feierlich: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen. Petrus, der armselige Mensch mit allen seinen Schwächen und mit seinem Glauben, wird zum Eckstein, der gerade durch diesen seinen Glauben mit Jesus verbunden ist, der Felsen, auf den die Kirche gegründet ist. Auf diese Weise sehen wir noch einmal, daß Jesus Christus der wahre unvergängliche Felsen ist, auf dem unser Glaube ruht, auf den die ganze Kirche und somit auch diese Pfarrei gebaut ist. Wir begegnen Jesus beim Hören der Heiligen Schrift; er ist in der Eucharistie gegenwärtig und wird zur Speise für uns, er lebt in der Gemeinde, im Glauben der Pfarrgemeinde. Alles im Kirchengebäude und in der Kirchengemeinde spricht also von Jesus, alles bezieht sich auf ihn, alles weist auf ihn hin. Und Jesus der Herr versammelt uns in der großen Gemeinschaft der Kirche aller Zeiten und aller Orte, in enger Verbundenheit mit dem Nachfolger des Petrus als Fels der Einheit. Die Tätigkeit der Bischöfe und der Priester, die apostolische und missionarische Aufgabe jedes Gläubigen ist es, mit Worten und durch sein Leben zu verkünden und zu bezeugen, daß er, der menschgewordene Sohn Gottes, unser einziger Retter ist.

Wir bitten Jesus, eure Gemeinde zu leiten und sie immer mehr in der Treue zu seinem Evangelium wachsen zu lassen; wir bitten ihn, viele heiligmäßige Priester-, Ordens- und missionarische Berufungen zu wecken; alle Mitglieder der Pfarrei willig zu machen, dem Beispiel der heiligen Märtyrer von der Via Portuense zu folgen. Wir vertrauen dieses unser Gebet den mütterlichen Händen Mariens, Königin des Rosenkranzes, an. Möge sie erreichen, daß sich am heutigen Tag für uns das Schlußwort der ersten Lesung erfüllt. »Die Freude am Herrn sei eure Stärke« (vgl. Neh 8,10). Denn allein die Freude am Herrn und die Kraft des Glaubens an ihn können den Weg eurer Pfarrei fruchtbringend machen. Amen!

 

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