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PASTORALBESUCH IN  FRASCATI

HEILIGE MESSE

  

PREDIGT VON PAPST BENEDIKT XVI.

Piazza San Pietro, Frascati
Sonntag, 15. Juli 2012

[Video]

 

Liebe Brüder und Schwestern!

Ich freue mich sehr, daß ich heute hier bei euch sein kann, um die Eucharistie mit euch zu feiern und die Freuden und Hoffnungen, Mühen und Aufgaben, Ideale und Vorhaben dieser Diözesangemeinschaft mit euch zu teilen. Ich grüße Herrn Kardinal Tarcisio Bertone, meinen Staatssekretär und Titularbischof dieser Diözese. Ich begrüße euren Bischof, Raffaello Martinelli, sowie den Bürgermeister von Frascati und danke ihnen herzlich für die freundlichen Willkommensworte, mit denen sie mich in euer aller Namen empfangen haben. Ich freue mich auch, den Herrn Minister, die Präsidenten der Region und der Provinz, den Bürgermeister von Rom, alle weiteren hier anwesenden Bürgermeister und alle anderen hier versammelten Würdenträger begrüßen zu können.

Ich bin sehr glücklich darüber, heute gemeinsam mit eurem Bischof diese heilige Messe zu feiern, der, wie er in seiner Grußadresse gesagt hat, über zwanzig Jahre lang mein treuer und hochgeschätzter Mitarbeiter in der Kongregation für die Glaubenslehre gewesen ist, wo er hauptsächlich in der für den Katechismus und die Katechese zuständigen Abteilung gearbeitet und in Stille und mit Diskretion am Katechismus der Katholischen Kirche und am Kompendium des Katechismus mitgewirkt hat – in jener großartigen Symphonie des Glaubens ist auch seine Stimme immer gegenwärtig.

Im Evangelium des heutigen Sonntags ergreift Jesus die Initiative, den zwölf Aposteln den Missionsauftrag zu erteilen (vgl. Mk 6,7–13). In der Tat bedeutet der Begriff »Apostel« eben gerade »Gesandter, Beauftragter«. Ihre Berufung wird sich nach der Auferstehung Christi voll entfalten, mit der Gabe des Heiligen Geistes an Pfingsten. Gleichwohl ist es sehr wichtig, daß Jesus von Anfang an die Zwölf in sein Werk einbeziehen will: es handelt sich dabei um eine Art »Lehrzeit« im Hinblick auf die große Verantwortung, die sie erwartet. Die Tatsache, daß Jesus einige Jünger dazu beruft, direkt an seiner Sendung mitzuwirken, zeigt einen Aspekt seiner Liebe: daß er nämlich die Hilfe nicht gering schätzt, die andere Menschen seinem Werk entgegenbringen; er kennt ihre Grenzen, ihre Schwächen, aber er verachtet sie nicht, sondern verleiht ihnen gar die Würde, seine »Gesandten« zu sein. Er sendet sie jeweils zu zweit aus und gibt ihnen Weisungen, die der Evangelist in wenigen Sätzen zusammenfaßt. Die erste betrifft die geistige Abkehr von den Annehmlichkeiten dieser Welt: die Apostel sollen nicht am Geld und am bequemen Leben hängen. Jesus warnt daraufhin die Jünger, daß sie nicht immer gut aufgenommen werden: gelegentlich aber werden sie zurückgewiesen, ja möglicherweise sogar verfolgt werden. Das darf sie aber nicht schrecken: sie sollen im Namen Jesu sprechen und das Reich Gottes verkündigen, ohne sich darum zu kümmern, ob ihnen Erfolg beschieden sein wird. Erfolg. Den Erfolg überlassen sie Gott.

Die erste Lesung, die wir gehört haben, stellt uns dieselbe Perspektive vor Augen, indem sie zeigt, daß die Gesandten Gottes oft alles andere als gut aufgenommen werden. Dies ist der Fall etwa beim Propheten Amos, der von Gott gesandt war, im Heiligtum von Bet-El, einem Heiligtum im Reich Israel, zu prophezeien (vgl. Am 7,12–15). Amos predigt voller Eifer gegen die Ungerechtigkeiten und prangert vor allem die Übergriffe des Königs und seiner Würdenträger an, Übergriffe, die Gott beleidigen und alle Kulthandlungen vergeblich machen. Deshalb befiehlt Amazja, der Priester von Bet-El, Amos, das Land zu verlassen. Er erwidert, daß nicht er seine Sendung erwählt hatte, sondern daß der Herr ihn zum Propheten gemacht und ihn just ins Reich Israel gesandt habe. Deshalb, ganz gleich ob er nun aufgenommen oder abgewiesen werde, werde er fortfahren, zu prophezeien und das zu predigen, was Gott sage, und nicht das, was die Menschen gerne hören wollen. Und dies bleibt auch der Auftrag der Kirche: sie verkündet nicht das, was die Mächtigen gerne hören würden. Ihr Kriterium ist die Wahrheit und die Gerechtigkeit, auch wenn sie sich damit gegen den Beifall und gegen die Macht der Menschen stellen muß. In gleicher Weise warnt Jesus im Evangelium die zwölf Jünger, daß sie möglicherweise nicht überall willkommen sein werden. In diesem Fall sollen sie zum nächsten Ort weiterziehen, nachdem sie zuvor vor allem Volk den Staub von ihren Füßen geschüttelt haben, ein Zeichen, das auf zweierlei Art ein Zeichen der Trennung ist: eine moralische Trennung – gleichsam um zu sagen: ihr habt die Botschaft erhalten, aber ihr habt sie abgelehnt – und eine materielle Trennung – wir haben früher nichts gewollt und wir wollen auch jetzt nichts für uns (Mk 6,11). Der andere hochbedeutende Hinweis, den diese Passage des Evangeliums uns gibt, ist, daß die Zwölf sich nicht damit zufriedengeben dürfen, zur Umkehr aufzurufen: die Predigt soll, Jesu Lehre und Beispiel folgend, die Heilung der Kranken mit einschließen. Die körperliche und geistige Heilung der Kranken. Er spricht von ganz konkreten Fällen der Krankenheilung, er spricht auch von der Austreibung von Dämonen, das heißt von der Läuterung des menschlichen Geistes, von Reinigung, von der Reinigung der Augen des Geistes, die von Ideologien getrübt sind und deshalb weder Gott noch die Wahrheit und Gerechtigkeit sehen können. Diese doppelte, körperliche wie geistige Heilung ist immer ein Bestandteil der Aufgaben der Jünger Christi. Deshalb muß die apostolische Sendung immer diese beiden Aspekte beinhalten: die Verkündigung von Gottes Wort und die sichtbare Offenbarung seiner Güte durch Gesten der Liebe, des Dienstes und der Hingabe.

Liebe Brüder und Schwestern, ich danke Gott, der mich heute gesandt hat, euch dieses Wort des Heils neu zu verkünden! Ein Wort, auf dem das Leben und das Handeln der Kirche aufgebaut ist – auch dieser Kirche hier in Frascati. Euer Bischof hat mich darüber in Kenntnis gesetzt, welche pastorale Pflicht ihm mehr als alle anderen am Herzen liegt: die Ausbildung der Priester. Das ist genau das, was Jesus mit seinen Jüngern getan hat: er hat sie unterwiesen, er hat sie vorbereitet, er hat sie auch durch eine missionarische »Lehrzeit« ausgebildet, damit sie befähigt seien, apostolische Verantwortung in der Kirche zu übernehmen. In der christlichen Gemeinschaft ist das immer der erste Dienst, den die Verantwortlichen anbieten: angefangen bei den Eltern, die in der Familie den Auftrag haben, ihre Kinder zu erziehen; denken wir an die Pfarrer, die für die christliche Bildung der Gemeinschaft verantwortlich sind, an alle Priester in den unterschiedlichen Bereichen ihrer Arbeit: alle leben eine vorrangig erzieherische Dimension, und die Laiengläubigen sind, zusätzlich zu ihrer bereits erwähnten Rolle als Eltern, auch zum Dienst an der Ausbildung von Jugendlichen und Erwachsenen aufgerufen, als Verantwortliche in der »Azione Apostolica« [Apostolische Aktion] und in anderen kirchlichen Bewegungen, oder zum Engagement in zivilem und sozialem Kontext, jeweils mit großer Aufmerksamkeit für die Erziehung der Menschen.

Der Herr beruft alle und gibt ihnen verschiedene Fähigkeiten, um die unterschiedlichen Aufgaben in der Kirche wahrzunehmen. Er beruft zum Priestertum und zum geweihten Leben, er beruft in den Ehestand und zum Einsatz der Laien in der Kirche und in der Gesellschaft. Wichtig ist, daß der Reichtum seiner Gaben voll angenommen wird, vor allem seitens der Jugend; daß man dabei Freude verspürt, wenn man Gott mit seinem ganzen Ich antwortet, daß man diese Freude im Priestertum, im geweihten Leben oder auf dem Weg der Ehe weiterschenkt: das sind zwei einander ergänzende Wege, die sich gegenseitig erleuchten, bereichern und die gemeinsam die Gesellschaft bereichern. Jungfräulichkeit für das Reich Gottes und Ehe sind beide Berufungen, Einladungen Gottes, auf die man mit dem und für das ganze Leben antwortet. Gott ruft: man muß hinhören, annehmen, antworten. Wie Maria: Hier bin ich, mir geschehe, wie du es gesagt hast (vgl. Lk 1, 38).

Auch hier, in der Diözesangemeinschaft von Frascati, sät der Herr großzügig seine Gaben aus, er ruft auf, ihm nachzufolgen und seine Sendung auch in unsere Zeit auszuweiten. Auch hier besteht Bedarf an Neuevangelisierung, und deshalb schlage ich euch vor, das »Jahr des Glaubens«, das im Oktober, 50 Jahre nach der Eröffnung des II. Vatikanischen Konzils, beginnt, ganz intensiv zu erleben. Die Dokumente des Konzils enthalten einen ungeheuren Reichtum für die Erziehung der neuen Generationen von Christen, für die Erziehung unserer Gewissen. Lest ihn also, lest den Katechismus der katholischen Kirche und entdeckt so aufs neue die Schönheit des Christ-Seins, des Kirche-Seins, das große »Wir« zu leben, das Jesus um sich geschaffen hat, um die Welt zu evangelisieren: das nie geschlossene, immer offene und zur Verkündung des Evangeliums bereite »Wir« der Kirche.

Liebe Brüder und Schwestern aus Frascati! Seid einig unter euch und gleichzeitig auch offen und missionarisch! Bleibt fest im Glauben, verwurzelt in Christus durch das Wort und durch die Eucharistie; betet, um immer mit Christus verbunden zu bleiben, wie die Reben mit dem Weinstock, und geht zur gleichen Zeit hinaus, tragt seine Botschaft zu allen Menschen, vor allem zu den Kindern, den Armen, den Kranken. Liebt einander in jeder Gemeinschaft, seid nicht zerstritten, sondern lebt wie Brüder, damit die Welt daran glauben kann, daß Jesus in seiner Kirche lebt und daß das Reich Gottes nahe ist. Die Schutzpatrone der Diözese Frascati sind zwei Apostel: Philippus und Jakobus, zwei von den Zwölfen. Ihrer Fürsprache vertraue ich den Weg eurer Gemeinschaft an, damit sie sich im Glauben erneuere und davon durch Werke der Liebe ein klares Zeugnis ablege. Amen.

 

 

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