SCHREIBEN VON PAPST BENEDIKT XVI.
ZUM TAUSENDJÄHRIGEN BESTEHEN DES
BAMBERGER KAISERDOMS
Meinem verehrten Bruder Ludwig Schick
Erzbischof von Bamberg
Mit Freude habe ich davon Kenntnis erhalten, daß die Erzdiözese Bamberg in diesen Tagen das tausendjährige Bestehen ihres Kaiserdoms feiert. Gerne verbinde ich mich mit Ihnen, Exzellenz, dem hochwürdigsten Herrn Weihbischof, den Priestern, Diakonen und Ordensleuten sowie allen Gläubigen in der Festfreude und übermittele Ihnen allen herzliche Segenswünsche.
Im hochragenden Bau des Bamberger Domes vereinigen sich Macht und Schönheit zu einem beeindruckenden Zeugnis jenes Glaubens, aus dessen Geist und Kraft dieses erhabene Gotteshaus einst erbaut wurde. Die festliche Feier des tausendsten Jahrestages seiner Weihe, an der ich inwendig Anteil nehme, mag für das Erzbistum Bamberg zum Auftakt für das Jahr des Glaubens werden, das ich für die ganze Kirche ausgerufen habe. Es mag euch alle, Priester und Gläubige, zur Neuentdeckung und Vertiefung jenes Glaubens ermutigen, als dessen steinerner Zeuge euer herrlicher Dom inmitten der Bischofsstadt und des Frankenlandes aufragt. So möchte ich euch einladen, auf einem gedanklichen »Rundgang« durch dieses Gotteshaus auf die Botschaft zu lauschen, die es selber uns wortlos und doch eindrucksvoll verkündet.
Was den Dom vor allen anderen Kirchen auszeichnet, ist die an herausragender Stelle stehende Kathedra des Bischofs. Kathedrale nennen wir darum den Dom. Die Kathedra ist nicht Thron, sondern Lehrstuhl. Von hier ergeht das Wort des Bischofs. Und die Bischöfe sind als Nachfolger der Apostel von Gott eingesetzt, wie das II. Vatikanische Konzil lehrt: »Wer sie hört, hört Christus, und wer sie verachtet, verachtet Christus und ihn, der Christus gesandt hat« (Lumen gentium, 20). Der Bischof bürgt als Lehrer der katholischen Wahrheit für die Einheit des Bistums, seiner Priester und Gläubigen, und dies nur im Einklang mit der Räume und Zeiten umspannenden Glaubensgemeinschaft der Weltkirche. Schreiten wir weiter, so stehen wir vor dem Altar. Er ist die Herzmitte des Domes. Der Altar, das ist der heilige Ort, an dem das eucharistische Opfer dargebracht wird, an dem Leiden, Tod und Auferstehung täglich neu Gegenwart werden.
»Seid gewiß, ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt« (Mt 28,20), hat Jesus versprochen In einzigartiger Intensität erfreut sich die Kirche dieser Gegenwart in der Eucharistie, »der Quelle und dem Höhepunkt des gesamten christlichen Lebens« (Lumen gentium, 11). Diese Quelle entspringt an diesem Altar, und ihr belebender Strom ergießt sich von hier aus in das ganze Bistum. Zudem legt vor diesem Altar der Bischof jenen jungen Männern die Hände auf, die er als Priester in die Gemeinden sendet. Hier werden die heiligen Öle – Chrisam, Katechumenen- und Krankenöl – geweiht, mit denen im ganzen Bistum die heiligen Sakramente gespendet werden. Wahrlich, dieser Altar ist die Herzmitte des ganzen Erzbistums.
Von daher scheint uns das eigentliche, verborgene Wesen der Kirche auf. Obwohl sie eine aus Menschen bestehende Gemeinschaft bildet, ist sie doch zugleich ein göttliches Geheimnis. Leib Christi, Haus Gottes nennt sie die Heilige Schrift. Die Kirche Jesu Christi ist nicht einfach ein Interessenverband, ein gemeinschaftliches Unternehmen, kurzum, eine Form menschlicher Gesellschaft, die dann auch nach säkularen, politischen Regeln mit weltlichen Mitteln gestaltet und geleitet werden könnte. Wer zum Dienst in der Kirche berufen wird, ist nicht Funktionär der Gemeinde, er empfängt Amt und Vollmacht von Jesus Christus, dem Haupt seines geheimnisvollen Leibes. Christus selbst ist es, der die Gläubigen zu einer lebensvollen Einheit verbindet.
Halten wir sodann vor Riemenschneiders herrlichem Grabmal der Heiligen Heinrich und Kunigunde inne. In ihrer Gestalt begegnen uns vorbildhafte Christen, die aus den Sakramenten der Taufe, der Firmung und Ehe Befähigung und Sendung zum Dienst am Reiche Gottes in der Welt empfangen haben. An diesem heiligen Herrscherpaar mögt ihr, liebe Brüder und Schwestern, erkennen, was es heißt, als Christen inmitten der Welt zu leben und sie im Geiste Christi zu gestalten. Vom Grab des Kaiserpaars, wie auch von jenem König Konrads III. ergeht an euch der Ruf, in Familie, Beruf, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur dem Wort des Evangeliums Gehör zu verschaffen und die irdischen Wirklichkeiten in seinem Geist zu gestalten.
Schließlich birgt euer Dom das Grab Papst Clemens’ II., der auch nach seiner Wahl zum Nachfolger Petri Bischof von Bamberg bleiben wollte, und so ein eindrucksvolles Zeichen für Bambergs Einheit mit Rom gegeben hat. Auch von diesem Grab geht eine Botschaft aus. Sie ist ein Nachhall jener Worte, die der Herr einst zu Petrus und in seiner Person zu allen seinen Nachfolgern gesprochen hat: Petrus, »auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen« (Mt 16,18).
Diese Worte erinnern daran, daß euer Erzbistum Bamberg auf diesen Felsen erbaut ist. In der engen Gemeinschaft mit dem Nachfolger des Apostels Petrus und der universalen Kirche werdet ihr auch in der Glaubenskrise unserer Tage neue, unerschütterliche Glaubensgewißheit und Zuversicht finden.
Die Kathedra des Bischofs, der Altar und die Gräber eurer Bistumspatrone sowie eines Papstes und eines Königs haben ihre Botschaft in unsere Zeit hineingesprochen. Dies tun auch die starken Mauern des Domes, die diese heiligen Stätten bergen. Es sind Mauern, die den Stürmen eines Jahrtausends standgehalten haben. An ihnen haben sich auch die Wogen der gott- und menschenfeindlichen Ideologien des vergangenen Jahrhunderts gebrochen. Das Haus, es war und bleibt auf Fels gebaut. Schließlich sind da die vier hohen Türme des Kaiserdoms, die zum Himmel weisen. Sie deuten auf das Ziel des irdischen Pilgerweges der Kirche hin, wie es das Geleitwort des Domjubiläums besagt: »Dem Himmel entgegen«. In diesem Sinne möchte das Jubiläum die Kirche von Bamberg, alle Gläubigen wie auch die Besucher des Domes gleichsam »himmelwärts« ziehen.
Das Wissen um dieses Haus auf dem Felsen, liebe Brüder und Schwestern, mag euch in der Gewißheit bestärken, daß der Herr auch in den kommenden Zeiten – wie schwer sie vielleicht auch werden – seine Kirche nicht verläßt. In der Kirche, deren machtvolles Sinnbild der tausendjährige Dom ist, werden auch die kommenden Generationen gläubiger Katholiken Heimat des Herzens und Geborgenheit finden.
Mögen Maria, die Mutter unseres Herrn, die ihr stolz und froh als Herzogin von Franken anruft, und die heiligen Bistumspatrone Heinrich und Kunigunde weiterhin ihre schützende Hand über den Dom, die Stadt, das Erzbistum und das ganze Frankenland halten! Mit diesem Gebetswunsch erteile ich euch allen von Herzen den Apostolischen Segen.
Aus dem Vatikan, am 3. Mai 2012, dem Fest der Apostel Philippus und Jakobus
Papst Benedikt XVI.
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