BOTSCHAFT VON PAPST BENEDIKT XVI.
AN DEN PANAFRIKANISCHEN KONGRESS
DER KATHOLISCHEN LAIEN
Herrn Kardinal Stanisław Ryłko
Präsident des Päpstlichen Rates für die Laien
Im Rahmen meiner Reisen auf den Kontinent habe ich bei mehreren Gelegenheiten gesagt, daß Afrika aufgerufen ist, der »Kontinent der Hoffnung « zu sein. Das waren keine beiläufigen Worte, sondern sie zeigten den leuchtenden Horizont auf, der sich dem Blick des Glaubens öffnet. Auf den ersten Blick scheinen die Probleme Afrikas natürlich gravierend und schwer lösbar zu sein, und zwar nicht nur aufgrund der materiellen Schwierigkeiten, sondern auch aufgrund der geistlichen und sittlichen Hindernisse, denen die Kirche ebenso begegnet. Außerdem ist es wahr, daß selbst die kostbarsten traditionellen Werte der afrikanischen Kultur heute bedroht sind durch die Säkularisierung, die zu Orientierungslosigkeit führt, zu Spaltungen im persönlichen und sozialen Gefüge, erbittertem Tribalismus, Gewalt, Korruption im öffentlichen Leben, Demütigung und Ausbeutung von Frauen und Kindern, wachsendem Elend und Hunger. Hinzu kommt noch der Schatten des fundamentalistischen Terrorismus, der kürzlich die christlichen Gemeinden in bestimmten afrikanischen Ländern ins Visier genommen hat. Wenn wir jedoch einen tieferen Blick ins Herz der afrikanischen Völker werfen, dann entdecken wir einen großen Reichtum geistlicher Ressourcen, die für unsere Zeit kostbar sind. Die Liebe zum Leben und zur Familie, der Sinn für die Freude und für das Teilen, die Begeisterung, den Glauben an den Herrn zu leben, denen ich auf meinen Afrikareisen begegnet bin, sind noch immer in meinem Herzen eingeprägt. Laßt nie die düstere relativistische und nihilistische Mentalität, von der verschiedene Teile unserer Erde betroffen sind, eine Bresche in eure Wirklichkeit schlagen! Nehmt mit erneuerter Kraft die Botschaft der Freude und der Hoffnung an, die Christus bringt, und verbreitet sie – eine Botschaft, die in der Lage ist, die großen Werte eurer Kulturen zu läutern und zu stärken. Aus diesem Grund habe ich in der Enzyklika Spe salvi die heilige Sudanesin Giuseppina Bakhita als Zeugin der Hoffnung vorgestellt (vgl. Nr. 3), um zu zeigen, daß die Begegnung mit dem Gott Jesu Christi in der Lage ist, den ganzen Menschen zutiefst zu verwandeln, selbst in den ärmsten Lebensumständen – Bakhita war eine Sklavin –, um ihm die erhabene Würde eines Kindes Gottes zu schenken. Eben »durch diese Hoffnungserkenntnis war sie ›erlöst‹, nun keine Sklavin mehr, sondern freies Kind Gottes« (ebd.). Und die Entdeckung der christlichen Hoffnung weckte in ihr ein neues und unbezwingliches Verlangen: »Die Befreiung, die sie selbst durch die Begegnung mit dem Gott Jesu Christi empfangen hatte, die mußte sie weitergeben, die mußte auch anderen, möglichst vielen, geschenkt werden. Die Hoffnung, die ihr geworden war und sie ›erlöst‹ hatte, durfte sie nicht für sich behalten; sie sollte zu vielen, zu allen kommen« (ebd.). Die Begegnung mit Christus gab ihr den Elan, selbst scheinbar unüberwindbare Schwierigkeiten zu überwinden. Das ist die Erfahrung der hl. Bakhita, aber das ist auch die Erfahrung, die viele junge Afrikaner – gottlob die große Mehrheit der Bevölkerung – aufgerufen sind, heute zu leben, in treuer Nachfolge des Herrn. Afrika zum »Kontinent der Hoffnung« zu machen ist ein Bemühen, auf das die Sendung der gläubigen afrikanischen Laien heute ausgerichtet sein muß, ebenso wie der Kongreß, den ihr feiert.
Aus dieser Perspektive heraus stellt eure Zusammenkunft einen bedeutenden Augenblick in der Vorbereitung zweier kirchlicher Ereignisse von universaler Bedeutung dar, die nunmehr unmittelbar bevorstehen: die Bischofssynode über die Neuevangelisierung und das »Jahr des Glaubens«. Als ich in Cotonou das Apostolische Schreiben Africae munus überreicht habe, habe ich in Erinnerung gerufen: »Alle, die dieses wunderbare Geschenk des Glaubens erhalten haben, dieses Geschenk der Begegnung mit dem auferstandenen Herrn, empfinden auch die Notwendigkeit, es anderen zu verkünden« (Predigt in der Messe im »Stade de l’amitié« in Cotonou am 20. November 2011; in O.R. dt., Nr. 47 vom 25.11.2011, S.12f.). In der Tat entsteht die Sendung aus dem Glauben heraus, einem Geschenk Gottes, das angenommen, genährt und vertieft werden muß, denn »wir dürfen nicht zulassen, daß das Salz schal wird und das Licht verborgenen gehalten wird« (Motu proprio Porta fìdei, 3). Die Priorität des Glaubens hat natürlich eine eher logische als chronologische Bedeutung. Denn die Annahme dieses göttlichen Geschenks geht Hand in Hand mit dem Elan, das Evangelium zu verkündigen, in einer Art »Kreislauf der Tugend«, wo der Glaube zur Verkündigung anspornt und die Verkündigung den Glauben stärkt: »Der Glaube wächst nämlich, wenn er als Erfahrung einer empfangenen Liebe gelebt und als Erfahrung von Gnade und Freude vermittelt wird« (ebd., Nr. 7). Wahrlich, »der Glaube wird stark durch Weitergabe!«, wie der sel. Johannes Paul II. mit unvergeßlichen Worten sagte (Enzyklika Redemptoris missio, 2).
Abschließend möchte ich einige Worte des Dieners Gottes Paul VI. in Erinnerung rufen, der das Konzil treu auslegte: »Evangelisieren besagt für die Kirche, die Frohbotschaft in alle Bereiche der Menschheit zu tragen und sie durch deren Einfluß von innen her umzuwandeln und die Menschheit selbst zu erneuern« (Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi, 18). In diesem Werk der Umwandlung der ganzen Gesellschaft, die für das heutige Afrika so dringend notwendig ist, haben die gläubigen Laien eine unersetzliche Rolle: »Die Kirche wird durch ihre Laien im Leben der Welt gegenwärtig und aktiv. Die Laien haben in der Kirche und in der Gesellschaft eine große Rolle auszuüben. […] Sie sind in der Tat im öffentlichen Leben, im Herzen der Welt ›Gesandte an Christi Statt‹ (2 Kor 5,20)« (Nachsynodales Apostolisches Schreiben Africae munus, 128). Frauen und Männer, junge Menschen, alte Menschen und Kinder, Familien und ganze Gesellschaften, ganz Afrika wartet heute auf die »Gesandten« der Frohbotschaft, gläubige Laien, die aus den Pfarreien, den lebendigen kirchlichen Gemeinschaften, den kirchlichen Bewegungen und den neuen Gemeinschaften hervorgehen, verliebt in Christus und in die Kirche, voll Freude und Dankbarkeit für die Taufe, die sie empfangen haben, mutige Baumeister des Friedens und Verkündiger einer wahren Hoffnung.
Indem ich den Kongreß der gütigen und mütterlichen Fürsprache der allerseligsten Jungfrau Maria anvertraue – »Unsere Liebe Frau von Afrika, Königin des Friedens und Stern der Neuevangelisierung«, wie es im Gebet eures Kongresses heißt –, erteile ich allen Teilnehmern gern den Apostolischen Segen.
Aus Castel Gandolfo, am 10. August 2012
BENEDIKT XVI.
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