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ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
AN HERRN MAKRAM OBEID,
NEUER BOTSCHAFTER VON SYRIEN BEIM HL. STUHL*

Donnerstag, 14. Dezember 2006

 

Herr Botschafter!

Gerne heiße ich Sie im Vatikan willkommen und nehme die Beglaubigungsschreiben entgegen, die Sie als außerordentlichen und bevollmächtigten Boschafter der Arabischen Republik Syrien beim Heiligen Stuhl akkreditieren. Ich danke Ihnen für Ihre freundlichen Worte und für die Grüße, die Sie mir von Ihrem Präsidenten Bachar Al Assad überbringen. Bitte, versichern Sie ihn meiner aufrichtigen guten Wünsche und meines ständigen Gebets für das Gedeihen und den Wohlstand Ihrer Nation.

Wie Sie sagten, hat Syrien von frühester Zeit an eine große Blüte von Zivilisationen und Religionen erlebt. Ihre Hauptstadt Damaskus ist den Christen teuer als Ort, wo der Apostel Paulus nach dem dramatischen Erlebnis auf dem Weg dorthin getauft wurde. Und viele große Heilige haben auf syrischem Boden ein Leben vorbildlicher Heiligkeit gelebt. Seit Jahrhunderten bestehen nun harmonische Beziehungen zwischen den christlichen und den muslimischen Gemeinden in Ihrem Land. Syrien ist auch so einzigartig gelegen, daß es der Welt ein Beispiel für friedliches Zusammenleben und Toleranz zwischen den Anhängern unterschiedlicher Religionen bieten kann. In dieser Hinsicht kann ich Sie der Unterstützung des Heiligen Stuhls für die Anstrengungen versichern, die Ihre Regierung im In- und im Ausland macht, um den Dialog zwischen Religionen und Kulturen zu fördern. Jüngst hatte ich Gelegenheit zu bekräftigen, daß »alle Völker durch tiefe Solidarität miteinander verbunden und zu ermutigen sind, ihre geschichtlichen und kulturellen Unterschiede nicht in der Gegenüberstellung geltend zu machen, sondern um gegenseitige Achtung zu pflegen« (Ansprache an das Diplomatische Korps in Ankara am 28. November 2006).

Sie haben von der Sorge Ihrer Regierung in Bezug auf die Angliederung der Golan-Höhen an Israel im Jahr 1967 gesprochen. Schweren Herzens stelle ich fest, daß eine große Reihe von territorialen und anderen Streitfragen in jüngster Zeit zu bewaffneten Konflikten geführt haben, die den Frieden und die Stabilität des ganzen Nahen Ostens bedrohen. Wiederholt habe ich zur Beendigung der Gewalt im Libanon, im Heiligen Land und im Irak aufgerufen. Die Welt schaut voll Trauer auf die Spirale von Tod und Zerstörung, wenn unschuldige Menschen weiterhin leiden und Personen gezielt entführt oder ermordet werden. Wie viele unbeteiligte Beobachter glaubt der Heilige Stuhl, daß Lösungen im Rahmen der Internationalen Gesetzgebung möglich sind, wenn entsprechende Resolutionen der Vereinten Nationen verwirklicht werden. Diesbezüglich habe ich häufig angemahnt, daß die Nationen des Nahen Ostens in ihrem Bestreben unterstützt werden sollen, innerhalb gesicherter und international anerkannter Grenzen in Frieden zu leben.

Wie Sie wissen, lehnt die Kirche den Krieg als ein Mittel zur Lösung internationaler Streitigkeiten nachdrücklich ab und hat oft darauf hingewiesen, daß er nur zu neuen und noch schwereren Konflikten führt. Traurigerweise zeigt die jetzige Situation im Nahen Osten nur zu deutlich, daß es so ist. Insbesondere der Terrorismus verstärkt die Furcht und Unsicherheit, die in so vielen Teilen heute zu spüren ist (vgl. Botschaft zum Weltfriedenstag 2006, 9). Mit Freude entnehme ich deshalb Ihren Worten die Verpflichtung der syrischen Regierung, diese wachsende Gefahr für den Frieden und die Stabilität abzuwehren. Die Welt schaut besonders auf Länder mit großem Einfluß im Nahen Osten in der Hoffnung auf ein Zeichen des Fortschritts zur Lösung dieser lange anhaltenden Konflikte.

Die katholische Gemeinde in Syrien bemüht sich eifrig – wie Sie wissen –, ihre Rolle im nationalen Leben zusammen mit den Mitchristen der dort vertretenen Ostkirchen wahrzunehmen. Ihr Land ist gewiß ein fruchtbarer Boden für den Fortschritt in den ökumenischen Beziehungen unter den Jüngern Christi, und ich möchte die ständige Unterstützung der katholischen Kirche für dieses wichtige Werk bekräftigen. In der Tat, jüngst konnte ich das öffentlich tun, als ich die Freude hatte, den Ökumenischen Patriarchen im Phanar zu besuchen; wir unterzeichneten zusammen eine Gemeinsame Erklärung, in der wir die Verpflichtung beider, der Katholischen und der Orthodoxen Kirche, ausdrückten, in jeder Weise auf das Ziel der vollen sichtbaren Gemeinschaft hinzuarbeiten. Ich schätze vor allem die jüngste von der syrischen Regierung verabschiedete Gesetzgebung, den rechtlichen Status der in Ihrem Land anwesenden katholischen Kirchen in Übereinstimmung mit den Normen des kanonischen Rechtes anzuerkennen. Dieser Schritt verspricht Gutes für eine Zukunft mit wachsender gegenseitiger Verständigung zwischen den Mitgliedern der verschiedenen Kirchen und Religionen in Syrien. Darüber hinaus bildet er den Rahmen für eine wachsende Zusammenarbeit zwischen der Kirche und der Regierung, was eine Lösungsfindung für Streitfragen erleichtern sollte, wie die Frage des verstaatlichten Kirchenbesitzes. Es ist ein Zeichen wahrer Reife der Beziehungen, wenn solche Dinge in Offenheit, Aufrichtigkeit und gegenseitiger Achtung diskutiert werden können.

Exzellenz, ich vertraue darauf, daß der hohe Auftrag, den Sie heute übernehmen, die guten Beziehungen zwischen der Arabischen Republik Syrien und dem Heiligen Stuhl festigen wird. Indem ich Ihnen guten Erfolg für Ihre Mission wünsche, versichere ich Ihnen gern, daß die verschiedenen Abteilungen der Römischen Kurie immer bereit sind, Ihnen Hilfe und Unterstützung bei der Erfüllung Ihrer Pflichten zu leisten. Für Sie, Ihre Familie und das ganze syrische Volk erbitte ich von Herzen Gottes reichen Segen.


*L'Osservatore Romano 2007 n. 4 p.11.

 

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