PAPST FRANZISKUS
GENERALAUDIENZ
Audienzhalle
Mittwoch, 12. August 2015
Katechese. Die Familie - 22. Das Fest
Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!
Heute beginnen wir einen kleinen Weg der Reflexion über drei Dimensionen, die sozusagen den Rhythmus des Familienlebens bestimmen: das Fest, die Arbeit, das Gebet.
Beginnen wir beim Fest. Heute werden wir über das Fest sprechen. Und wir sagen sofort, dass der Festtag eine Erfindung Gottes ist. Denken wir an das Ende des Schöpfungsberichts, im Buch Genesis, das wir gehört haben: »Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das er geschaffen hatte, und er ruhte am siebten Tag, nachdem er sein ganzes Werk vollbracht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn für heilig; denn an ihm ruhte Gott, nachdem er das ganze Werk der Schöpfung vollendet hatte« (2,2-3). Gott selbst lehrt uns, wie wichtig es ist, sich Zeit zu nehmen, um das, was in der Arbeit gut gemacht worden ist, zu betrachten und zu genießen. Ich meine natürlich die Arbeit nicht nur im Sinne von Beruf und Gewerbe, sondern im weiteren Sinne: alles Handeln, durch das wir Männer und Frauen am Schöpfungswerk Gottes teilhaben können.
Das Fest bedeutet also nicht, träge auf dem Sessel zu sitzen, oder den Rausch einer törichten Zerstreuung. Nein: Das Fest ist vor allem ein liebevoller und dankbarer Blick auf das gut getane Werk; wir feiern ein Werk. Auch ihr, die Neuvermählten, feiert das Werk einer schönen Verlobungszeit: Und das ist schön! Es ist die Zeit, die heranwachsenden Kinder oder Enkel zu betrachten und zu denken: Wie schön! Es ist die Zeit, unser Haus zu betrachten, die Freunde, die wir empfangen, die Gemeinschaft um uns herum und zu denken: Wie gut! Das hat Gott getan, als er die Welt erschaffen hat. Und er tut es auch weiterhin, denn Gott erschafft immer, auch in diesem Augenblick! Es kann passieren, dass ein Fest in schwierige oder schmerzhafte Zeiten fällt, und vielleicht feiert man »mit einem Kloß im Hals«. Aber auch in diesen Fällen bitten wir Gott um die Kraft, es nicht völlig zu entleeren. Ihr Mütter und Väter wisst das gut: Wie oft könnt ihr aus Liebe zu den Kindern Kummer hinunterschlucken, damit sie das Fest gut erleben, den guten Sinn des Lebens genießen! Darin liegt viel Liebe!
Auch in das Arbeitsumfeld lassen wir manchmal – ohne die Pflichten zu vernachlässigen! – einen Hauch von Fest »eindringen«: einen Geburtstag, eine Hochzeit, die Geburt eines Kindes oder auch eine Verabschiedung oder die Ankunft eines neuen Mitarbeiters…, das ist wichtig. Es ist wichtig, Feste zu feiern. Es sind familiäre Augenblicke im Getriebe der Produktionsmaschinerie: Es tut uns gut! Die echte Zeit des Festes unterbricht jedoch die berufliche Arbeit. Und sie ist heilig, denn sie erinnert den Mann und die Frau daran, dass sie als Abbild Gottes geschaffen sind, der kein Sklave der Arbeit, sondern Herr ist. Daher dürfen auch wir niemals Sklaven der Arbeit, sondern müssen »Herren« sein. Es gibt dazu ein Gebot – ein Gebot, das an alle gerichtet ist, ohne Ausnahme! Wir wissen jedoch, dass es Millionen von Männern und Frauen und sogar Kindern gibt, die Sklaven der Arbeit sind! In unserer Zeit gibt es Sklaven, sie werden ausgebeutet, Sklaven der Arbeit, und das ist ein Verstoß gegen Gott und gegen die Würde des Menschen! Die Profitbesessenheit und Leistungsorientierung der Technik gefährden die menschlichen Rhythmen des Lebens, denn das Leben hat seine menschlichen Rhythmen.
Die Ruhezeit, vor allem die Sonntagsruhe, ist für uns bestimmt, damit wir das genießen können, was nicht produziert und nicht konsumiert wird, was nicht gekauft und nicht verkauft wird. Wir sehen jedoch, dass die Ideologie von Profit und Konsum auch den Festtag vereinnahmen will: Auch er wird manchmal zum »Geschäft« erniedrigt, zu einer Form, Geld einzunehmen und auszugeben. Aber ist es das, wofür wir arbeiten? Die Konsumgier, die Verschwendung mit sich bringt, ist ein schlimmer Virus, der uns am Ende müder zurücklässt als vorher. Er schadet der wahren Arbeit, er zehrt das Leben auf. Die zügellosen Festtagsrhythmen fordern Opfer, und oft sind es junge Opfer. Schließlich ist die Zeit des Festes heilig, weil Gott auf besondere Weise in ihr wohnt. Die sonntägliche Eucharistie bringt dem Festtag die ganze Gnade Jesu Christi: seine Gegenwart, seine Liebe, sein Opfer, seine Weise, uns Gemeinschaft werden zu lassen, sein Mit-uns-Sein… Und so bekommt jede Wirklichkeit ihren vollen Sinn: die Arbeit, die Familie, die Freuden und Mühen eines jeden Tages, auch das Leiden und der Tod; alles wird von der Gnade Christi verwandelt. Die Familie besitzt eine außerordentliche Kompetenz, den echten Wert der Zeit des Festes zu verstehen, ihr Orientierung zu geben und sie aufrechtzuerhalten. Wie schön sind doch die Feste in der Familie, sie sind wunderschön! Und insbesondere die Sonntage. Es ist gewiss kein Zufall, dass die Feste, in denen Platz für die ganze Familie ist, am besten gelingen!
Mit den Augen des Glaubens betrachtet erscheint uns auch das Familienleben besser als die Mühen, die es uns kostet. Es erscheint uns als Meisterwerk der Einfachheit, das schön ist, weil es nicht künstlich, nicht vorgetäuscht ist, sondern alle Aspekte des wahren Lebens in sich aufnehmen kann. Es scheint uns »sehr gut« zu sein, wie Gott zum Abschluss der Schöpfung von Mann und Frau gesagt hat (vgl. Gen 1,31). Der Festtag ist also ein kostbares Geschenk Gottes; ein kostbares Geschenk, das Gott der Menschheitsfamilie gemacht hat: Wir dürfen ihn nicht kaputt machen!
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Sehr herzlich grüße ich die Pilger deutscher Sprache, die an dieser Audienz teilnehmen. Tun wir alles, um den Sonntag und die Feiertage in unseren Familien gut zu leben und so die Gemeinschaft unter uns und mit dem Herrn zu vertiefen! Ich wünsche euch einen schönen Urlaub und einen guten Aufenthalt in Rom. Von Herzen segne ich euch alle.
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