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PAPST FRANZISKUS

GENERALAUDIENZ

Audienzhalle
Mittwoch, 21. August 2019

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Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Die christliche Gemeinschaft geht aus der überreichen Ausgießung des Heiligen Geistes hervor und wächst dank des Sauerteigs des Teilens unter den Brüdern und Schwestern in Christus. Es gibt eine Dynamik der Solidarität, die die Kirche als Familie Gottes aufbaut, in der die Erfahrung der »koinonia« im Mittelpunkt steht. Was bedeutet dieses seltsame Wort? Es ist ein griechisches Wort, das bedeutet: »gemeinschaftlich nutzen«, »gemeinsam nutzen«, wie eine Gemeinschaft zu sein, nicht isoliert. Das ist die Erfahrung der ersten christlichen Gemeinde: gemeinsam nutzen, »miteinander teilen«, »mitteilen, teilhaben «, sich nicht isolieren. In der Urkirche verweist diese »koinonia«, diese Gemeinschaft in erster Linie auf die Teilhabe am Leib und Blut Christi. Daher sagen wir, wenn wir die Kommunion empfangen, dass wir »kommunizieren«: Wir treten in Gemeinschaft mit Christus, und von dieser Gemeinschaft mit Christus gelangen wir zur Gemeinschaft mit den Brüdern und Schwestern.

Diese Kommunion am Leib und Blut Christi, die in der heiligen Messe stattfindet, wird zum geschwisterlichen Bund und damit auch zu dem, was für uns am schwierigsten ist: die Güter gemeinsam zu nutzen und Geld zu sammeln für die Kollekte zugunsten der Mutterkirche von Jerusalem (vgl. Röm 12,13; 2 Kor 8-9) und der anderen Kirchen. Wenn ihr wissen wollte, ob ihr gute Christen seid, müsst ihr beten, danach streben, die Kommunion zu empfangen und das Sakrament der Versöhnung. Aber das Zeichen, dass dein Herz sich bekehrt hat, ist dann gekommen, wenn die Umkehr die Taschen erreicht, wenn sie die eigenen Interessen betrifft: Dort sieht man, ob jemand großherzig ist gegenüber den anderen, ob jemand den Schwachen, den Armen hilft. Wenn die Umkehr dort ankommt, dann kannst du sicher sein, dass es eine wahre Umkehr ist. Wenn es nur bei den Worten bleibt, dann ist es keine gute Umkehr.

Das eucharistische Leben, die Gebete, die Verkündigung der Apostel und die Erfahrung der Gemeinschaft (vgl. Apg 2,42) bewirken, dass die Gläubigen eine Vielzahl von Individuen sind, die – wie es in der Apostelgeschichte heißt – »ein Herz und eine Seele« sind und die das, was sie besitzen, nicht ihr Eigentum nennen, sondern alles gemeinsam haben (vgl. Apg 4,32). Es ist ein so starkes Lebensmodell, dass es uns hilft, großherzig und nicht geizig zu sein. Aus diesem Grund, so heißt es in demselben Buch, gab es »keinen unter ihnen, der Not litt. Denn alle, die Grundstücke oder Häuser besaßen, verkauften ihren Besitz, brachten den Erlös und legten ihn den Aposteln zu Füßen. Jedem wurde davon so viel zugeteilt, wie er nötig hatte« (Apg 4,34-35). Immer gab es in der Kirche diese Geste der Christen, die sich jener Dinge entäußerten, die sie übrig hatten, unnötige Dinge, um sie jenen zu geben, die in Not waren. Und nicht nur Geld, sondern auch Zeit. Wie viele Christen – zum Beispiel ihr hier in Italien –, wie viele Christen sind ehrenamtlich tätig!

Das ist wunderschön! Es bedeutet Gemeinschaft, meine Zeit mit den anderen zu teilen, um jenen zu helfen, die in Not sind. So ist es: das Ehrenamt, die karitativen Werke, die Krankenbesuche. Man muss immer mit den anderen teilen und nicht nur das eigene Interesse suchen. Die Gemeinschaft, oder »koinonia«, wird so zur neuen Weise der Beziehung zwischen den Jüngern des Herrn. Die Christen erfahren eine neue Weise des Daseins, des Verhaltens untereinander. Und das ist die eigentliche christliche Weise – so dass die Heiden die Christen sogar anschauten und sagten: »Seht, wie sie einander lieben! « Liebe war ihre Art und Weise.

Aber keine Liebe in Worten, keine vorgetäuschte Liebe: Liebe der Werke, der gegenseitigen Hilfe, konkrete Liebe, die Konkretheit der Liebe. Der Bund mit Christus stellt einen Bund zwischen den Geschwistern her, der auch in die Gemeinschaft der materiellen Güter einmündet und in ihr zum Ausdruck kommt. Ja, diese Weise des Zusammenseins, diese gegenseitige Liebe gelangt so bis zu den Taschen, bis dahin, sich auch des Hindernisses des Geldes zu entäußern, um es den anderen zu geben und gegen das eigene Interesse zu handeln. Glieder des Leibes Christi zu sein macht die Gläubigen mitverantwortlich füreinander. An Christus zu glauben macht uns alle verantwortlich füreinander: »Schau mal den an, was der für ein Problem hat: Das interessiert mich nicht, es ist seine Sache. « Nein, unter Christen können wir nicht sagen: »Der arme Mensch, er hat ein Problem zu Hause, er hat diese und jene Schwierigkeit in der Familie.« Vielmehr muss ich beten, mich seiner annehmen, er ist mir nicht gleichgültig. Das bedeutet es, Christ zu sein. Darum tragen die Starken die Schwachen (vgl. Röm 15,1), und keiner erfährt das Elend, das die menschliche Würde demütigt und entstellt, denn sie leben diese Gemeinschaft: Das Herz gemeinsam haben. Sie lieben einander. Das ist das Zeichen: konkrete Liebe.

Jakobus, Petrus und Johannes, die drei Apostel, die gleichsam die »Säulen« der Kirche von Jerusalem sind, beschließen gemeinsam, dass Paulus und Barnabas die Heiden evangelisieren sollen, während sie selbst die Juden evangelisieren wollen, und nennen Paulus und Barnabas nur die Voraussetzung dafür: die Armen nicht zu vergessen, an die Armen zu denken (vgl. Gal 2,9-10). Nicht nur an die materiell Armen, sondern auch an die geistlich Armen, an die Menschen, die Probleme haben und unsere Nähe brauchen. Ein Christ beginnt immer bei sich selbst, beim eigenen Herzen, und er nähert sich den anderen, wie Jesus sich uns genähert hat. Das ist die erste christliche Gemeinschaft.

Ein konkretes Beispiel für das Teilen und die Gütergemeinschaft gibt uns das Zeugnis des Barnabas: Er besitzt einen Acker und verkauft ihn, um den Erlös den Aposteln zu geben (vgl. Apg 4,36-37). Neben seinem positiven Beispiel erscheint jedoch ein weiteres, das leider negativ ist: Hananias und seine Frau Saphira haben ein Grundstück verkauft und beschließen, nur einen Teil den Aposteln zu geben und den anderen für sich zu behalten (vgl. Apg 5,1-2). Dieser Betrug durchbricht die Kette des unentgeltlichen Teilens, das friedliche und uneigennützige Miteinander-Teilen, und die Folgen sind tragisch, sind fatal (vgl. Apg 5,5.10). Der Apostel Petrus deckt das Fehlverhalten von Hananias und seiner Frau auf und sagt zu ihnen: »Warum hat der Satan dein Herz erfüllt, dass du den heiligen Geist belügst und von dem Erlös des Grundstücks etwas für dich behältst? […] Du hast nicht Menschen belogen, sondern Gott« (Apg 5,3-4). Wir könnten sagen, dass Hananias Gott belogen hat aufgrund eines isolierten Bewusstseins, eines heuchlerischen Bewusstseins, also durch eine »verhandelte«, partielle und opportunistische kirchliche Zugehörigkeit. Die Heuchelei ist der ärgste Feind dieser christlichen Gemeinde, dieser christlichen Liebe: so zu tun als liebe man einander, aber nur das eigene Interesse zu suchen.

Denn gegen das ehrliche Teilen zu verstoßen oder gegen die aufrichtige Liebe zu verstoßen bedeutet, Heuchelei zu pflegen, sich von der Wahrheit zu entfernen, egoistisch zu werden, das Feuer der Gemeinschaft zu löschen und sich dem eiskalten inneren Tod auszusetzen. Wer sich so verhält, ist in der Kirche auf der Durchreise wie ein Tourist. Es gibt viele Touristen in der Kirche, die stets auf der Durchreise sind, aber nie in die Kirche eintreten: Es ist der geistliche Tourismus, der sie glauben lässt, dass sie Christen seien, während sie nur Touristen in den Katakomben sind. Nein, wir dürfen keine Touristen in der Kirche sein, sondern müssen untereinander Geschwister sein. Ein Leben, das darauf ausgerichtet ist, aus den Situationen nur Nutzen und Vorteil zu ziehen zum Nachteil der anderen, führt unvermeidlich zum inneren Tod. Und wie viele Menschen bezeichnen sich selbst als der Kirche nahestehend, als Freunde der Priester, der Bischöfe, während sie nur das eigene Interesse verfolgen. Das sind die Heucheleien, die die Kirche zerstören!

Möge der Herr – darum bitte ich für uns alle – über uns seinen Geist der Zärtlichkeit ausgießen, der jede Heuchelei überwindet und jene Wahrheit in Umlauf bringt, die die christliche Solidarität nährt, die durchaus keine Sozialarbeit ist, sondern der unverzichtbare Ausdruck des Wesens der Kirche, der zärtlichen Mutter aller Menschen, besonders der Armen.

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Einen herzlichen Gruß richte ich an die Pilger und Besucher deutscher Sprache. Der Herr ist bereit, seinen Geist des Lebens über uns auszugießen, wenn wir ehrlich darum bemüht sind, dem Nächsten zu dienen. Ich wünsche euch einen frohen und angenehmen Aufenthalt in der Ewigen Stadt. Der Herr segne euch und eure Familien!

 



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