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PAPST FRANZISKUS

GENERALAUDIENZ

Petersplatz
Mittwoch, 13. November 2019

[Multimedia]


 

Vor der Katechese begrüßte der Heilige Vater die in der »Aula Paolo VI« versammelten kranken Menschen:


Guten Tag an alle!

Draußen regnet es. Hier seid ihr im Trockenen und könnt in Ruhe die Audienz über den Großbildschirm verfolgen, in Frieden, ohne nass zu werden. Das ist gut. Ich danke euch für diesen Besuch. Für mich ist es eine Freude, wenn ich sehe, dass ihr kommt, unter vielen Schwierigkeiten, aber aus Liebe zur Kirche, um zu sagen, dass ihr die Kirche liebt. Das tut allen gut, die euch sehen; mir tut es gut. Danke.

Und jetzt gehe ich zur anderen Gruppe, die auf dem Petersplatz ist: Sie wird etwas nass sein, aber ihr bleibt hier. Wir sind über den Großbildschirm miteinander verbunden, jetzt möchte ich euch allen den Segen erteilen. Beten wir alle zunächst zur Gottesmutter. [Gebet des »Ave Maria «, Segen] Betet für mich, und danke, dass ihr gekommen seid!


Anschließend hielt der Papst auf dem Petersplatz folgende Katechese:

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Diese Audienz findet in zwei Gruppen statt: Die Kranken sind in der »Aula Paolo VI« – ich bin bei ihnen gewesen, habe sie begrüßt und sie gesegnet; es sind etwa 250. Dort sitzen sie bequemer wegen des Regens – und wir hier. Aber sie sehen uns über den Großbildschirm. Begrüßen wir uns alle gegenseitig, beide Gruppen, mit einem Applaus.

Die Apostelgeschichte berichtet, dass Paulus als der unermüdliche Evangelisierer, der er ist, nach dem Aufenthalt in Athen den Lauf des Evangeliums in der Welt voranbringt. Die neue Etappe seiner Missionsreise ist Korinth, die Hauptstadt der römischen Provinz Achaea, eine kosmopolitische Handelsstadt, dank des Vorhandenseins von zwei wichtigen Häfen. Wie wir in Kapitel 18 der Apostelgeschichte lesen, findet Paulus gastfreundliche Aufnahme bei einem Ehepaar, Aquila und Priscilla (oder Prisca). Sie waren gezwungen, von Rom nach Korinth überzusiedeln, nachdem Kaiser Claudius die Vertreibung der Juden angeordnet hatte (vgl. Apg 18,2).

Ich möchte etwas anmerken. Das jüdische Volk hat in der Geschichte sehr gelitten. Es wurde vertrieben, verfolgt… Und im letzten Jahrhundert haben wir viele, viele Brutalitäten gesehen, die dem jüdischen Volk angetan wurden, und wir alle waren überzeugt, dass das vorbei ist. Heute beginnt jedoch hier und dort wieder die Gewohnheit aufzukommen, die Juden zu verfolgen. Brüder und Schwestern, das ist weder menschlich noch christlich. Die Juden sind unsere Brüder! Und sie dürfen nicht verfolgt werden. Verstanden?

Diese Eheleute zeigen, dass sie ein Herz voller Glauben an Gott haben und großherzig sind gegenüber den anderen, fähig, Raum zu schaffen für jene, die wie sie die Erfahrung machen, Fremde zu sein. Diese Einfühlsamkeit bringt sie dazu, sich selbst aus dem Mittelpunkt zu nehmen, um die christliche Kunst der Gastfreundschaft zu praktizieren (vgl. Röm 12,13; Hebr 13,2) und die Türen ihres Hauses zu öffnen, um den Apostel Paulus aufzunehmen. So nehmen sie nicht nur den Evangelisierer auf, sondern auch die Verkündigung, die er mitbringt: das Evangelium Christi, »eine Kraft Gottes zur Rettung für jeden, der glaubt« (Röm 1,16). Und von jenem Augenblick an ist ihr Haus durchdrungen vom Wohlgeruch des »lebendigen« Wortes (Hebr 4,12), das die Herzen belebt.

Aquila und Priscilla teilen mit Paulus auch die berufliche Tätigkeit als Zeltmacher. Denn Paulus schätzte die Handarbeit sehr und betrachtete sie als einen privilegierten Raum des christlichen Zeugnisses (vgl. 1 Kor 4,12) und außerdem für die richtige Weise, den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen, ohne den anderen oder der Gemeinschaft zur Last zu fallen (vgl. 1 Thess 2,9; 2 Thess 3,8). Das Haus von Aquila und Priscilla in Korinth öffnet nicht nur dem Apostel, sondern auch den Brüdern und Schwestern in Christus die Türen. Denn Paulus kann von ihrer »Hausgemeinde« (1 Kor 16,19) sprechen. Ihr Haus wird ein »Haus der Kirche«, eine »domus ecclesiae«, ein Ort für das Hören auf das Wort Gottes und die Feier der Eucharistie. Auch heute versammeln sich die Christen in einigen Ländern, in denen es keine Religionsfreiheit und keine Freiheit für die Christen gibt, in einem Haus, ein wenig im Verborgenen, um zu beten und die Eucharistie zu feiern. Auch heute gibt es diese Häuser, diese Familien, die zu einem Tempel für die Eucharistie werden. Nach anderthalbjährigem Aufenthalt in Korinth verlässt Paulus jene Stadt zusammen mit Aquila und Priscilla, die in Ephesos haltmachen.

Auch dort wird ihr Haus zu einem Ort der Katechese (vgl. Apg 18,26). Schließlich kehren die beiden Eheleute nach Rom zurück und werden zu Adressaten eines wunderschönen Lobpreises, den der Apostel in den Brief an die Römer einfügt. Er hatte ein dankbares Herz, und so schrieb Paulus es diesen beiden Eheleuten im Brief an die Römer. Hört selbst: »Grüßt Prisca und Aquila, meine Mitarbeiter in Christus Jesus, die für mein Leben ihren eigenen Kopf hingehalten haben; nicht allein ich, sondern alle Gemeinden der Heiden sind ihnen dankbar« (16,4). Wie viele Familien halten in Zeiten der Verfolgung den Kopf hin, um die Verfolgten versteckt zu halten! Das ist das erste Vorbild: die familiäre Aufnahme, auch in schlimmen Augenblicken.

Unter den zahlreichen Mitarbeitern von Paulus treten Aquila und Priscilla hervor als »Vorbilder eines Ehelebens, das sich in verantwortlicher Weise für den Dienst an der ganzen christlichen Gemeinschaft einsetzt«, und rufen uns in Erinnerung, dass das Christentum dank des Glaubens vieler Laien wie ihnen und ihres Bemühens um die Evangelisierung bis zu uns gekommen ist. Denn »um im Boden des Volkes Wurzeln zu schlagen, um sich lebendig zu entfalten, war der Einsatz dieser Familien […] notwendig«. Denkt nur, dass das Christentum von Anfang an von den Laien verkündigt wurde. Auch ihr Laien seid verantwortlich, durch eure Taufe, den Glauben voranzutragen. Es »war der Einsatz dieser Familien, dieser Eheleute, dieser christlichen Gemeinden, der gläubigen Laien notwendig, die den ›Nährboden‹ für das Wachsen des Glaubens geliefert haben« (Benedikt XVI., Generalaudienz, 7. Februar 2007). Es ist schön, dieses Wort von Papst Benedikt XVI.: Die Laien liefern den »Nährboden « für das Wachsen des Glaubens.

Bitten wir den Vater, der beschlossen hat, die Eheleute zu seinem »wahren, lebenden ›Bildnis‹« zu machen (Apostolisches Schreiben Amoris laetitia, 11) – ich glaube, dass neuvermählte Ehepaare hier sind: Hört, was eure Berufung ist, das wahre, lebende »Bildnis« zu sein –, dass er seinen Geist auszugießen möge auf alle christlichen Ehepaare, damit sie nach dem Vorbild von Aquila und Priscilla die Türen ihrer Herzen öffnen für Christus und die Brüder und Schwestern und ihre Häuser in Hauskirchen verwandeln. Ein schönes Wort: Ein Haus ist eine Hauskirche, wo man die Gemeinschaft leben und den mit Glauben, Hoffnung und Liebe gelebten Gottesdienst verrichten kann. Wir müssen zu diesen beiden Heiligen, Aquila und Priscilla, beten, dass sie unsere Familien lehren mögen, wie sie zu sein: Eine Hauskirche, wo der Nährboden ist, damit der Glaube wachsen kann.

* * *

Herzlich grüße ich die Brüder und Schwestern deutscher Sprache, insbesondere die Pilger aus den Diözesen Linz, Sankt Pölten und Graz-Seckau in Begleitung von Bischof Scheuer. Öffnen wir unser Herz für Jesus, und seien wir unseren Geschwistern nahe, indem wir ihnen ein Zuhause geben, in dem Glaube, Hoffnung und Liebe wachsen können. Der Heilig Geist begleite euch auf euren Wegen!

 



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