PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTAE"
Die Zeichen der Unentgeltlichkeit
Dienstag, 11. Juni 2013
aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 25, 21. Juni 2013
Armut und Lob Gottes: das sind die beiden Haupt-Koordinaten des Auftrags der Kirche, die »Zeichen«, die dem Volk Gottes offenbaren, ob »ein Apostel die Unentgeltlichkeit lebt«. Papst Franziskus wies darauf in der Frühmesse hin, die er am 11. Juni, in der Domus Sanctae Marthae feierte. Unter den Konzelebranten war Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre. An der Messe nahmen auch Verantwortliche und Angestellte des ehemaligen Heiligen Offiziums teil.
Die Reflexion des Papstes, der dazu wie üblich von den Schriftlesungen zum Tage ausging, die der Apostelgeschichte (11, 2126; 13, 13) und dem Matthäusevangelium (10, 713) entnommen waren, handelte vom Thema der Unentgeltlichkeit. Denn, so erklärte er, »die Verkündigung des Evangeliums ist eine Folge der Unentgeltlichkeit, des Staunens über das kommende Heil; und ich muss das, was ich unentgeltlich erhalten habe, auch unentgeltlich weitergeben«.
Wir sehen das, als Jesus seine Apostel aussendet und ihnen Instruktionen über die Sendung erteilt, die sie erwartet. Der Heilige Vater hob hervor: »Das sind ganz einfache Aufträge: Steckt nicht Gold, Silber und Kupfermünzen in euren Gürtel«; Gürtel, Vorratstasche, ein zweites Hemd, Schuhe und Wanderstab sind völlig ausreichend. Eine Heilssendung, so fügt Jesus hinzu, die darin besteht, die Kranken zu heilen, die Toten aufzuerwecken, die Leprakranken rein zu machen, die Dämonen auszutreiben.
Papst Franziskus führte aus, dass es sich um einen Auftrag handle, der dazu diene, die Menschen dem Reich Gottes anzunähern, um ihnen die frohe Botschaft zu bringen, dass das Reich Gottes nah sei, ja, dass es bereits da sei. Aber, so warnte er unverzüglich, der Herr wolle, dass die Apostel »einfachen« Herzens und dazu bereit seien, Raum zu lassen »für die Macht des Wortes Gottes«. Im Übrigen, so merkte er an, »hätten sie vielleicht etwas anderes getan«, wenn sie kein »großes Vertrauen in das Wort Gottes gesetzt« hätten, aber dann hätten sie nicht das Evangelium verkündigt.
Die Schlüsselworte des Auftrags Christi an die Seinen seien eben gerade: »Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben« (Mt 10,8)«: Worte, in denen die ganze »Unentgeltlichkeit des Heils« enthalten sei. Denn, so verdeutlichte der Papst, »wir können nicht das Reich Gottes predigen und verkündigen ohne diese innere Gewissheit, dass alles unentgeltlich ist, dass alles Gnade ist«. Es ist so, wie der hl. Augustinus bekräftigte: »Quaere causam et non invenies nisi gratiam«. Und wenn wir handeln, ohne der Gnade ihren Raum einzuräumen, so bekräftigte der Papst, dann »bleibt das Evangelium unwirksam«.
Im Übrigen bezeugten verschiedene Episoden aus dem Leben der ersten Apostel, dass die Verkündung des Evangeliums aus der Unentgeltlichkeit entstanden sei. »Der hl. Petrus«, so erinnerte der Heilige Vater, »hatte kein Bankkonto, und als er seine Steuern zahlen musste, schickte ihn der Herr ans Meer, um zu fischen, damit er im Bauch des Fisches das Geld finde, mit dem er zahlen konnte«. Und als Philippus den Minister der Königin Kandake traf, habe er nicht daran gedacht, eine »Organisation zu gründen, um das Evangelium zu unterstützen«, er habe nicht verhandelt; im Gegenteil habe er »verkündet, getauft und ging weiter«. Die frohe Botschaft breite sich folglich dadurch aus, dass das Wort Gottes »ausgesät « werde. Jesus selbst sage dies: »Das Reich Gottes ist wie der Same, den Gott schenkt. Es ist ein unentgeltliches Geschenk.«
Seit den Anfängen der christlichen Gemeinde habe die »Versuchung bestanden, Kraft anderswo zu suchen, nicht in der Unentgeltlichkeit«. Aber unsere einzige »Stärke ist die Unentgeltlichkeit des Evangeliums«, wiederholte der Heilige Vater und warnte vor allem vor der Gefahr, dass die Verkündigung sich wie Proselytenmacherei ausnehmen könne: »auf diesem Weg kommt man nirgends hin«.
Und in diesem Kontext zitierte er dann seinen Vorgänger Benedikt XVI., demzufolge »die Kirche nicht durch Proselytenmacherei« wachse, sondern »durch Anziehung«. Denn, so ergänzte Papst Franziskus, »der Herr hat uns ausgesandt, um zu verkündigen, nicht um Proselyten zu machen«. Und die Anziehungskraft müsse aus dem Zeugnis derer kommen, die die Unentgeltlichkeit der Erlösung predigten. »Alles ist Gnade«, wiederholte er. Und er erkannte unter den vielen Anzeichen für diese Unentgeltlichkeit vor allem die Armut und das Lob Gottes.
Was das erste anbelangt, so erläuterte er, dass die Verkündigung des Evangeliums über den Weg der Armut erfolgen müsse, durch das vorgelebte Zeugnis dieser Armut. »Ich habe keine Reichtümer, mein einziger Reichtum ist die Gabe, die mir Gott gegeben hat. Diese Unentgeltlichkeit ist unser Reichtum«. Und dies sei eine Armut, die »uns davor rettet, Organisatoren, ja Unternehmer zu werden«. Der Papst ist sich dessen bewusst, dass »man die Werke der Kirche voranbringen« müsse und dass »einige davon komplexer Natur« seien, aber man müsse dies »mit einem in der Armut verankerten Herzen, nicht einem Sinn für Investieren oder als Unternehmer« tun. Die Kirche sei keine Nichtregierungsorganisation (NGO): sie sei etwas anderes, etwas Wichtigeres. Sie sei »entstanden aus der erhaltenen und verkündigten Unentgeltlichkeit«.
Was nun die Fähigkeit anbelangt, Gott zu loben, so machte der Heilige Vater klar, dass ein Apostel dann, wenn er nicht unentgeltlich lebe, auch die Fähigkeit verliere, den Herrn zu loben, »denn das Gotteslob ist seinem Wesen nach unentgeltlich.. Es ist ein unentgeltliches Gebet. Wir bitten nicht nur, wir loben«. Andernfalls, so schloss er, »wenn wir Apostel finden, die eine reiche Kirche schaffen wollen, eine Kirche ohne die Unentgeltlichkeit des Lobes«, dann werde diese »alt, eine NGO und habe kein Leben«.
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