PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTAE"
Die Säulen des christlichen Heils
Samstag, 22. Juni 2013
aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 27, 5. Juli 2013
Reichtümer und weltliche Sorgen lassen die Vergangenheit vergessen, machen uns in der Gegenwart verwirrt und ungewiss im Hinblick auf die Zukunft. Sie sind also dafür verantwortlich, dass die drei Säulen aus dem Auge verloren werden, auf denen die Geschichte des christlichen Heils gründet: einen Vater, der uns in der Vergangenheit erwählt hat; der uns eine Verheißung für unsere Zukunft gegeben hat und dem wir geantwortet haben, indem wir in der Gegenwart einen Bund mit ihm geschlossen haben. Das ist im Wesentlichen der Sinn der Reflexion, die Papst Franziskus am Samstag, 22. Juni, im Verlauf der Messe in der Domus Sanctae Marthae vortrug, an der eine Gruppe von Angestellten der Vatikanischen Museen teilnahm. Die Predigt des Papstes ging aus von einer Passage aus dem Matthäusevangelium (6,2434), wo von den Empfehlungen die Rede ist, die Jesus seinen Jüngern erteilte: »Wenn er sagt Niemand kann zwei Herren dienen; denn er wird den einen hassen und den anderen lieben. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon.
Und er fährt fort: Deswegen sage ich euch: Sorgt euch nicht um euer Leben und darum, dass ihr etwas zu essen habt, und dass ihr zu trinken habt.« »Um das zu verstehen«, sagte der Papst, »hilft uns Kap. 13 im Evangelium des hl. Matthäus, der berichtet, wie Jesus den Jüngern das Gleichnis vom Sämann erläutert. Er sagt, dass der Same in die Dornen fiel und erstickt wurde. Aber wer ist es, der ihn erstickt? Jesus sagt: der trügerische Reichtum und die Sorgen dieser Welt. Man sieht, dass Jesus hiervon eine ganz klare Vorstellung hatte.« Folglich, so betonte der Heilige Vater, seien es »die Reichtümer und Sorgen dieser Welt, die das Wort Gottes ersticken. Und es nicht wachsen lassen. Und das Wort stirbt, weil es nicht behütet, sondern erstickt wird. In diesem Fall dient man dem Reichtum oder den Sorgen der Welt, nicht aber dem Wort Gottes«.
Nachdem er darauf aufmerksam gemacht hatte, dass Jesus in den Auslegungen, die er den Jüngern gab, das zeitliche Element einführe, fragte sich der Papst: »Was bewirken der Reichtum und die Sorgen in uns?« »Sie nehmen uns ganz einfach aus der Zeit heraus«, antwortete er, um anschließend zu erläutern: »Unser ganzes Leben baut auf drei Säulen auf: eine in der Vergangenheit, eine in der Gegenwart und die letzte in der Zukunft. Und das ist in der Bibel klar: Die Säule der Vergangenheit ist identisch mit der Auserwählung.
Der Herr hat uns auserwählt. Ein jeder von uns kann sagen: »Der Herr hat mich auserwählt, er hat mich geliebt, er hat zu mir gesagt, Komm!, und in der Taufe hat er mich dazu auserwählt, einen Weg zu gehen, den Weg des Christen«. Die Zukunft sei die Verheißung Jesu an die Menschen: »Er hat mich auserwählt«, erläuterte der Bischof von Rom weiter, »um einem Versprechen entgegenzugehen, er hat uns eine Verheißung gegeben«. Die Gegenwart schließlich »ist unsere Antwort an diesen so guten Gott, der mich auserwählt hat, der mir ein Versprechen gegeben hat und der mit mir einen Bund eingehen will; und ich schließe einen Bund mit ihm«.
Die Auserwählung, die Verheißung und der Bund seien folglich die drei Säulen, auf denen die Heilsgeschichte ruhe. Es könne aber bisweilen geschehen, dass »unser Herz dann, wenn es in das eintrete, was Jesus uns erläutert«, so fügte der Heilige Vater hinzu, »die Zeit durchschneidet. Es schneidet die Vergangenheit ab, es schneidet die Zukunft ab, und es verirrt sich in der Gegenwart«. Das geschehe deshalb, weil denjenigen, »der am Reichtum hängt, weder die Vergangenheit noch die Zukunft interessiert, weil er schon alles hat.
Der Mammon ist ein Götze. Er bedarf keiner Vergangenheit, keiner Verheißung, keiner Auserwählung, keiner Zukunft, er braucht nichts. Er sorgt sich nur darum, was geschehen kann«, deshalb »durchschneidet er seine Anbindung an die Zukunft«, die für ihn »mögliche Zukunft« werde. Aber er orientiere ihn nicht auf eine Verheißung hin, und deshalb bleibe er verirrt und allein. »Deshalb sagt Jesus zu uns: Entweder Gott oder den Mammon, entweder das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit oder aber die Sorgen der Welt. Er lädt uns ganz einfach ein, den Weg dieses übergroßen Geschenks einzuschlagen, das er uns gemacht hat: seine Auserwählten zu sein. Durch die Taufe sind wir Auserwählte in der Liebe«, bekräftigte der Papst.
»Lasst uns nicht die Vergangenheit abschneiden: wir haben einen Vater, der uns auf den Weg gebracht hat. Und auch die Zukunft verheißt große Freude, weil wir einer Verheißung entgegengehen und die Sorgen uns nicht bedrängen. Der Herr ist getreu, er enttäuscht uns nicht. Und deshalb: lasst uns gehen!«, lautete die Aufforderung des Papstes. Was die Gegenwart anbelange, so »tun wir das, was in unseren Kräften ist, aber ganz konkret, ohne uns Illusionen zu machen und ohne zu vergessen, dass wir einen Vater haben, der uns in der Vergangenheit auserwählt hat«. Folglich, so fügte Papst Franziskus hinzu, »sollen wir uns gut daran erinnern: der Same, der unter die Dornen fällt, wird erstickt, er wird erstickt vom Reichtum und von den Sorgen der Welt«: zwei Elemente, die die Vergangenheit und die Zukunft vergessen machten. So »haben wir einen Vater, aber wir leben, als ob wir ihn nicht hätten«, und so hätten wir eine ungewisse Zukunft. Auf diese Art sei auch die Gegenwart »etwas, wo nicht alles stimmt«. Aber gerade das sei der Grund dafür, so tröstete der Papst, »dass wir dem Herrn vertrauen müssen, der sagt: Seid beruhigt, sucht das Reich Gottes, seine Gerechtigkeit. Alles andere kommt dann«. Zum Schluss der Predigt rief der Papst dazu auf, den Herrn um die Gnade zu bitten, nicht fehlzugehen, indem wir die Sorgen und den Götzendienst des Reichtums überschätzten, sondern immer daran zu denken, dass »wir einen Vater haben, der uns auserwählt hat und der uns etwas Gutes verheißt«: folglich sollten wir »dieser Verheißung entgegengehen und die Gegenwart so nehmen, wie sie kommt«.
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