PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTAE"
Vom bösartigen Klatsch hin zur Nächstenliebe
Freitag, 13. September 2013
aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 39, 27. September 2013
Klatsch kann töten, ebenso und sogar noch mehr, als Waffen es vermögen. Papst Franziskus ist am Freitag, 13. September, im Verlauf der Messe, die er in der Kapelle von Santa Marta feierte, wieder auf dieses Thema zurückgekommen. In seiner Auslegung der Schriftlesungen zum Tage, die dem Timotheus-Brief (1,12.1214) und dem Lukasevangelium (6, 3942) entnommen waren, hob der Papst hervor, wie der Herr nachdem er über Verhaltensweisen wie Sanftmut, Demut und Großmut gesprochen hat »heute über deren Gegenteil zu uns spricht«, also über »ein gehässiges Verhalten dem Nächsten gegen über«, dasjenige, das man an den Tag legt, wenn man sich zum »Richter über seinen Bruder« erhebt.
Papst Franziskus erinnerte an die biblische Geschichte, in der Jesus den tadelt, der sich anmaßt, den Splitter aus dem Auge seines Nächsten zu ziehen, ohne den Balken zu bemerken, der in seinem eigenen Auge steckt. Dieses Verhalten, also das Sich-für-vollkommen-Halten und daher befähigt, die Fehler der anderen zu verurteilen, ist das genaue Gegenteil der Milde, der Demut, von der der Herr spricht, »von jenem Licht, das so schön ist und das in der Vergebung liegt«. Jesus, so hob der Heilige Vater hervor, bedient sich »eines starken Wortes: Heuchler«. Und er betonte: »Jene, die ihr Leben damit verbringen, ihren Nächsten zu verurteilen, indem sie schlecht über ihn reden, sind Heuchler. Denn es fehlt ihnen der Mut, ihre eigenen Fehler in Augenschein zu nehmen. Der Herr vergeudet hierfür nicht viele Worte. Dann, etwas später, wird er sagen: Wer in seinem Herzen Hass gegen seinen Bruder hegt, ist ein Mörder. Er wird das sagen. Auch der Apostel Johannes sagt das in seinem ersten Brief in deutlichen Worten: Jeder, der seinen Bruder hasst, geht in der Finsternis. Wer seinen Bruder hasst, ist ein Mörder.« Folglich, so fügte er hinzu, »sind wir jedes Mal dann, wenn wir im Herzen über unsere Brüder zu Gericht sitzen, oder schlimmer noch, wenn wir mit anderen darüber reden, Christen, die Mörder sind.« Und das »sage nicht ich, aber das sagt der Herr«, so präzisierte er, wobei er noch hinzufügte, dass »es in dieser Frage keinen Spielraum gibt für Nuancen: wenn du über deinen Bruder herziehst, dann tötest du den Bruder. Und jedes Mal, wenn wir das tun, dann ahmen wir Kain nach, den ersten Mörder.«
In Anspielung darauf, wie viel dieser Tage von den Kriegen gesprochen wird, die weltweit Todesopfer fordern, vor allem unter den Kindern, und viele Menschen auf der Suche nach einer Zuflucht zur Flucht zwingen, fragte sich Papst Franziskus, wie es möglich sein kann, zu meinen, man habe »das Recht zu töten«, indem man schlecht über andere Menschen rede, und »diesen alltäglichen Krieg des Klatsches« zu entfachen. In der Tat, so sagte er, »geht die üble Nachrede stets in Richtung des Verbrechens. Es gibt keinen unschuldigen Klatsch. Und das ist unverfälschtes Evangelium.« Folglich »bedürfen wir zu dieser Zeit, in der wir inständig um den Frieden beten, einer Geste der Umkehr.« Und dem »Nein« zu jeder Art von Waffe fügen wir ein »Nein auch zu dieser Waffe« der üblen Nachrede hinzu, »da sie tödlich ist«. Indem er den Apostel Johannes zitierte, erinnerte der Papst daran, dass die Sprache »dazu dient, Gott zu loben«. Aber, so fügte er hinzu, »wenn wir die Sprache dazu nutzen, um schlecht über den Bruder und die Schwester zu sprechen, dann benutzen wir sie, um Gott zu töten«, denn in unserem Bruder, in unserer Schwester ist Gottes Ebenbild enthalten; dann zerstören wir »dieses Ebenbild Gottes«. Und es gebe auch Leute, so erinnerte der Heilige Vater, die versuchten, all das zu rechtfertigen, indem sie erklärten: »er hat es verdient«. An diese Menschen richtet der Papst eine ganz eindeutige Aufforderung: »geh hin und bete für ihn. Geh und tu Buße für sie. Und dann, wenn es erforderlich ist, sprichst du mit dieser Person, damit sie alles in Ordnung bringen kann. Aber du darfst nicht jedermann davon erzählen.« Paulus, so fügte der Papst hinzu, »war ein großer Sünder. Und er sagt über sich selbst: ich war früher ein Sünder, ein Lästerer, ein gewaltsamer Mensch. Aber ich habe Erbarmen gefunden. Vielleicht ist keiner von uns ein Lästerer, vielleicht. Aber wenn jemand von uns klatscht, dann ist er mit Sicherheit einer, der andere verfolgt und ein gewalttätiger Mensch.«
Der Papst schloss seine Ausführungen damit, »für uns, für die gesamte Kirche die Gnade der Bekehrung vom Verbrechen der üblen Nachrede zur Demut, zur Sanftmut, zur Milde, zur Großmut der Nächstenliebe« zu erbitten.
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