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PAPST FRANZISKUS

FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTAE"

 Keine Angst vor der Freiheit

Freitag, 13. Dezember 2013

aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 1, 3. Januar 2014

 

Es gäbe Christen, die »eine gewisse Allergie gegen die Verkündiger des Evangeliums haben«: sie akzeptierten zwar »die Wahrheit der Offenbarung«, nicht aber »den Verkündiger«, sie zögen »ein Leben im Käfig« vor. Das sei zur Zeit Jesu geschehen und leider geschehe das auch heute noch bei den Menschen, die in sich selbst verschlossen lebten, weil sie Angst vor der Freiheit hätten, die vom Heiligen Geist komme.

Das ist Papst Franziskus zufolge die Lehre, die den Schriftlesungen zum Tage zu entnehmen ist, die am Freitag, 13. Dezember, bei der Frühmesse in der Kapelle von Santa Marta vorgetragen wurden. Der Papst bezog sich hierbei vor allem auf die Schriftlesung aus dem Matthäusevangelium (11,16-19), in der Jesus die Generation seiner Zeitgenossen mit »jenen Kindern vergleicht, die auf dem Marktplatz sitzen und anderen Kindern zurufen: Wir haben für euch auf der Flöte (Hochzeitslieder) gespielt, und ihr habt nicht getanzt; wir haben Klagelieder gesungen, und ihr habt euch nicht an die Brust geschlagen.«

In diesem Kontext erinnerte der Bischof von Rom daran, dass Christus in den Evangelien »stets gut über die Kinder redet«, indem er sie als »ein Vorbild des christlichen Lebens« vorstellt und auffordert, »zu werden wie die Kinder, um in das Himmelreich zu kommen«. Er machte allerdings darauf aufmerksam, dass es im Fall der heutigen Schriftlesung »das einzige Mal ist, dass er nicht besonders gut über sie spricht.« Für den Papst handelt es sich hier um die Darstellung von Kindern, »die ein wenig sonderbar sind: sie sind schlecht erzogen, unzufrieden, ja sogar rüpelhaft «; Kinder, die nicht glücklich zu sein verstehen, wenn sie spielen und die »stets die Einladungen der anderen ausschlagen: nichts ist ihnen recht.« Besonders Jesus bediene sich dieses Bildes, um die »Führungskräfte seines Volkes« zu beschreiben, der Definition des Papstes zufolge »Menschen, die nicht offen waren für das Wort Gottes.«

Dem Heiligen Vater zufolge gibt es einen interessanten Aspekt bei dieser Verhaltensweise: und zwar gelte ihre Verweigerung »nicht der Botschaft, sondern dem Überbringer der Botschaft.« »Johannes ist gekommen, er isst nicht und trinkt nicht«, sagte der Papst, »und sie sagen: Er ist von einem Dämon besessen. Der Menschensohn ist gekommen, er isst und trinkt; darauf sagen sie: Dieser Fresser und Säufer, dieser Freund der Zöllner und Sünder!« Die Menschen fänden praktisch von jeher Gründe dafür, dem Verkündiger die Legitimation zu entziehen. Man denke nur an die Menschen jener Zeit, die sich lieber »in eine etwas mehr ausgearbeitete Religion flüchtete: in die moralischen Vorschriften, wie es die Pharisäer taten; in den politischen Kompromiss, wie die Sadduzäer; in die soziale Revolte, wie die Zeloten; in die gnostische Spiritualität, wie die Essener.« Sie alle, so fügte er hinzu, »mit ihrem sauberen, gut gemachten System«, das aber »den Verkündiger« nicht akzeptiere. Das sei der Grund dafür, dass Jesus ihnen das Gedächtnis auffrische, indem er an die Propheten erinnere, die verfolgt und getötet worden seien.

»Die Wahrheit der Offenbarung« zu akzeptieren, nicht aber »den Verkündiger« offenbart dem Papst zufolge eine Mentalität, die eine Folge »eines in den Käfig der Vorschriften, der Kompromisse, der revolutionären Pläne, der entkörperlichten Spiritualität gesperrten Lebens« ist. Papst Franziskus bezog sich dabei vor allem auf jene Christen, »die es sich herausnehmen, nicht zu tanzen, wenn der Verkündiger ihnen eine schöne, freudige Nachricht gibt, und die es sich herausnehmen, nicht zu weinen, wenn ihnen der Verkündiger eine traurige Nachricht mitteilt.« Jene Christen also, »die verschlossen, im Käfig eingesperrt sind, die nicht frei sind.« Und der Grund dafür sei die »Angst vor der Freiheit des Heiligen Geistes, die durch die Verkündigung vermittelt wird.«

Im Übrigen »ist gerade dies das Ärgernis der Verkündigung, von dem der heilige Paulus sprach; das Ärgernis der Verkündigung, das mit dem Ärgernis des Kreuzes endet.« In der Tat »erregt es Anstoß, dass Gott durch Menschen zu uns spricht, die Grenzen haben, durch Menschen, die Sünder sind; und es ärgert noch viel mehr, dass Gott durch einen Mann zu uns spricht und uns rettet, der sagt, er sei der Sohn Gottes, der aber wie ein Krimineller endet.« So ende es Papst Franziskus zufolge damit, die »Freiheit, die vom Heiligen Geist herrührt«, zu verbergen, denn letzten Endes »glauben diese traurigen Christen nicht an den Heiligen Geist; sie glauben nicht an diese Freiheit, die aus der Verkündigung kommt, die dich ermahnt, lehrt, sogar ohrfeigt, die aber gerade die Freiheit ist, die die Kirche wachsen lässt.«

Folglich lasse das Bild, das uns das Evangelium gebe, mit »den Kindern, die Angst davor haben, zu tanzen, zu trauern«, die »vor allem Angst haben, die bei allem eine Sicherheit verlangen«, an »jene traurigen Christen« denken, »die stets die Verkündiger der Wahrheit kritisieren, weil sie davor Angst haben, dem Heiligen Geist die Tür zu öffnen.«

Daraus leitet der Papst die Aufforderung ab, für sie zu beten, und auch für uns selbst zu beten, damit »wir keine traurigen Christen werden«, so wie jene, die »dem Heiligen Geist die Freiheit« nehmen wollen, »durch das Ärgernis der Verkündigung zu uns zu kommen.«

 

 



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