PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
Das Glaubensbekenntnis der Papageien
Freitag, 10. Januar 2014
aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 4, 24. Januar 2014
Der Christ wiederholt das Glaubensbekenntnis nicht auswendig wie ein Papagei und er lebt nicht wie ein ewig »Besiegter«, sondern er bekennt auf vollkommene Weise den Glauben und hat die Fähigkeit, Gott anzubeten. So lässt er das Thermometer des kirchlichen Lebens in die Höhe gehen. Für Papst Franziskus sind »bekennen und uns anvertrauen« die beiden Schlüsselworte, die die Haltung des Glaubenden nähren und stärken. Denn »unser Glaube ist der Sieg, der die Welt besiegt hat«, wie der Apostel Johannes in seinem ersten Brief schreibt. Das unterstrich der Papst am Morgen des 10. Januar in der Messfeier in der Kapelle der »Casa Santa Marta«.
Damit nahm er den roten Faden der Meditation vom Vortag wieder auf und setzte seine Reflexion über den ersten Johannesbrief fort. Dieser »unterstreicht sehr deutlich und immer wieder jenes Wort, das für ihn der Ausdruck des christlichen Lebens ist: bleiben, im Herrn bleiben«. Und »in diesen Tagen haben wir gesehen, wie Johannes sich dieses Bleiben vorstellt: wir im Herrn und der Herr in uns. Das bedeutet, in der Liebe zu bleiben, denn die beiden Hauptgebote sind jene der Liebe zu Gott und zum Nächsten.«
Für Johannes bestehe also das Zentrum des christlichen Lebens darin, »im Herrn zu bleiben, das Bleiben des Herrn in uns, das Bleiben in der Liebe. Deshalb, so sagt er, hat er uns den Heiligen Geist gegeben. Gerade der Heilige Geist ist es, der dieses Bleiben bewirkt.« Im Abschnitt seines ersten Briefes (4,19-5,4), der in der ersten Lesung der heiligen Messe verkündet wurde, gebe der Apostel eine Antwort auf die Frage, die ganz von selbst komme: Und wir, was müssten wir tun, um diesen Stil des »Bleibens« zu leben? Johannes schreibe, dass jeder der in Gott bleibe, jeder, der aus Gott geboren sei, jeder, der in der Liebe bleibe, die Welt besiege. »Und das ist der Sieg unseres Glaubens«, erklärte der Papst mit den Worten des Apostels. Um »dieses Bleiben« zu leben, gebe es von unserer Seite aus den Glauben, während es »von Seiten Gottes der Heilige Geist ist, der dieses Werk der Gnade verwirklicht«.
»Und das ist großartig!«, so der Papst. Denn »der Sieg, der die Welt besiegt hat, das ist unser Glaube. Unser Glaube kann alles: er ist Sieg!« Dabei »wäre es schön«, wenn wir uns diese Wahrheit häufig ins Gedächtnis riefen, »denn oftmals sind wir besiegte Christen. Die Kirche ist voll von besiegten Christen, die nicht daran glauben, dass der Glaube ein Sieg ist, die diesen Glauben nicht leben. Und wenn man diesen Glauben nicht lebt, dann kommt die Niederlage. Und die Welt siegt, der Fürst dieser Welt.«
Die grundlegende Frage, die man sich selbst stellen sollte, laute also: »Was ist dieser Glaube?« Papst Franziskus erinnerte dazu daran, wie Jesus über den Glauben gesprochen und dessen Kraft demonstriert habe, wie den biblischen Geschichten von der blutflüssigen Frau, von der Kanaaniterin, von dem Mann, der kam und darum gläubig darum bat, geheilt zu werden – »Dein Glaube ist groß!« – und des Blindgeborenen entnommen werden könne. Der Herr, so erinnerte er, »sagte auch, dass der Mensch, der einen Glauben hat, der wie ein Senfkorn ist, Berge versetzen kann.«
Gerade »dieser Glaube erfordert von uns zwei Verhaltensweisen: die des Bekennens und des sich Anvertrauen«, so sagte der Papst. Vor allem »besteht der Glaube darin, Gott zu bekennen; aber den Gott, der sich uns seit der Zeit unserer Väter bis in unsere Zeit offenbart hat: der Gott der Geschichte.« Er sei der Gott, zu dem wir uns jeden Tag im Glaubensbekenntnis bekennen.
Aber, so präzisierte der Papst, »es ist eine Sache, das Glaubensbekenntnis von Herzen zu beten, und eine andere, es wie Papageien herunterzuplappern: Ich glaube an Gott, ich glaube an Jesus Christus, ich glaube …«. Der Papst fuhr fort, indem er eine Gewissensprüfung anregte: »Glaube ich an das, was ich sage? Ist dieses Bekenntnis des Glaubens wahr, oder sage ich es auswendig auf, weil man es sagen muss? Oder glaube ich davon die Hälfte?«
Folglich müsse man »den Glauben bekennen «. Und ihn »ganz, nicht nur einen Teil davon, alles!« bekennen. Aber, so setzte er hinzu, man müsse ihn auch »in vollem Umfang bewahren, so wie er uns über die Tradition überliefert worden ist. Den gesamten Glauben!« Der Papst zeigte dann, was »das Zeichen« dafür sei, an dem erkannt werden könne, ob wir »den Glauben richtig « bekennen. Tatsächlich »hat, wer den Glauben gut bekennt, den ganzen Glauben, die Fähigkeit, Gott anzubeten.« Das sei »ein Zeichen«, das, wie der Papst kommentierte, »ein wenig seltsam« erscheinen könne, »denn wir wissen, wie man Gott um etwas bittet, wie man Gott dankt. Aber Gott anbeten, Gott loben ist noch mehr als das. Nur der, der über diesen starken Glauben verfügt, ist zur Anbetung fähig«.
Der Papst machte gerade im Hinblick auf das Thema der Anbetung darauf aufmerksam, »dass ich zu behaupten wage, dass das Lebens-Thermometer der Kirche etwas niedrige Temperaturen anzeigt: wir Christen – einige schon – sind nicht besonders gut darin, anzubeten, denn wenn wir den Glauben bekennen, dann tun wir das nicht aus Überzeugung. Oder wir glaubennur die Hälfte.« Hingegen sollten wir die Fähigkeit, Gott »zu loben und anzubeten«, wieder zurückgewinnen; auch deshalb, weil, wie der Papst hinzufügte, »wir alle« beten, »um etwas zu erbitten und zu danken.«
Was hingegen die zweite Verhaltensweise anbelange, so erinnerte Papst Franziskus daran, dass »der Mann oder die Frau, die den Glauben haben, sich Gott anvertrauen. Sich ihm anvertrauen. Paulus hat im dunkelsten Augenblick seines Lebens gesagt: Ich weiß ganz genau, wem ich mich anvertraue. Gott. Dem Herrn Jesus«. Und »sich anvertrauen«, so bekräftigte er, »bringt uns dazu, Hoffnung zu haben. Genau so, wie das Bekennen des Glaubens uns dazu bringt, Gott anzubeten und zu loben, so bringt uns das Uns-Gott-Anvertrauen dazu, Hoffnung zu haben.«
Aber, so warnte der Papst, »es gibt viele Christen, die eine sehr verwässerte Hoffnung hegen«, eine verwässerte Hoffnung, die alles andere als »stark« sei. Und was sei der Grund für diese »schwache Hoffnung«? Eben der Mangel an »Kraft und Mut, sich dem Herrn anzuvertrauen«. Wenn wir hingegen »siegreiche Christen« sein wollten, so betonte er, dann müssten wir glauben, »indem wir den Glauben bekennen, und den Glauben auch gut bewahren, und uns Gott, dem Herrn, anvertrauen. Und das ist der Sieg, der die Welt überwunden hat: unser Glaube.«
»Um im Herrn zu bleiben, um in der Liebe zubleiben«, so wiederholte er, »bedarf es, von Gottes Seite aus, des Heiligen Geistes. Unsererseits aber sollen wir den Glauben bekennen, der ein Geschenk ist, und wir müssen uns dem Herrn Jesus anvertrauen, um anzubeten, zu loben und um Menschen voller Hoffnung zu sein.« Papst Franziskus schloss die Predigt mit dem Gebet dafür, dass »der Herr uns diesen schönen Satz« des Apostels Johannes »verstehen und leben« lasse, den die Schriftlesung zitiere: »Und das ist der Sieg, der die Welt besiegt hat: unser Glaube.«
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