PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
Così fan tutti - So machen es alle
Freitag, 17. Januar 2014
aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 5, 31. Januar 2014
Die »geistliche Weltlichkeit« ist eine gefährliche Versuchung, da sie durch Egoismus »das Herz träge macht« und den Christen einen »Minderwertigkeitskomplex« einflößt. Dieser bringt sie dazu, sich an die Welt anzupassen und das zu tun, »was die anderen machen«, indem sie »der unterhaltsamsten Mode« folgen. Papst Franziskus forderte dagegen in der Messe, die er am Freitag, 17. Januar, in der Kapelle des Hauses Santa Marta feierte, dazu auf, in »geistlicher Fügsamkeit« zu leben, ohne die eigene christliche Identität zu »preiszugeben«.
Wie schon in den vergangenen Tagen ging der Papst für seine Überlegungen von der Schriftlesung aus dem 1. Buch Samuel aus. »Wir haben gesehen «, so erläuterte er, »wie sich das Volk von Gott entfernt hatte, wie ihm die Kenntnis des Wortes Gottes abhanden gekommen war: es hörte das Wort Gottes nicht, es dachte nicht darüber nach.« Und »wenn das Wort Gottes fehlt, dann wird dessen Platz von einem anderen Wort eingenommen: vom eigenen Wort, dem Wort des eigenen Egoismus, dem Wort der eigenen Begierden und Wünsche. Und auch vom Wort der Welt.«
Beim Nachdenken über das, was im Buch Samuel berichtet wird, »haben wir gesehen«, so fuhr er fort, »wie das Volk, nachdem es sich vom Wort Gottes entfernt hatte, jene Niederlagen erlitt«, die unzählige Todesopfer forderten und »Witwen und Waisen« zurückließen. Es seien »die Niederlagen« eines Volkes gewesen, das sich von dem Weg, den der Herr gewiesen hatte, »entfernt hatte«. Sich von Gott zu entfernen, so bemerkte der Papst, heiße allerdings, einen Weg einzuschlagen, der unweigerlich »zu dem führt, was wir heute gehört haben (1 Sam 8,4-7.10-22a): das Volk verwirft Gott. Es hört nicht nur nicht auf das Wort Gottes, sondern es verwirft Gott« und sage schließlich: »Wir können uns selbst regieren, wir sind frei und wollen diesen Weg einschlagen.« Samuel, so fuhr der Papst fort, »leidet deshalb und geht zum Herrn. Und der Herr, mit diesem gesunden Menschenverstand, den er hat«, rät Samuel: »Hör auf die Stimme des Volkes in allem, was sie zu dir sagen. Denn nicht dich haben sie verworfen, sondern mich haben sie verworfen: Ich soll nicht mehr ihr König sein.«
Im Grunde genommen, so erklärte der Papst, »lässt der Herr zu, dass das Volk sich immer weiter von ihm entfernt«, um es die »Erfahrung« machen zu lassen, was diese Trennung bedeute. »Und Samuel«, fügte der Papst hinzu, »versucht, sie zu überzeugen, und er sagt all diese Dinge, die wir gehört haben, die der König mit ihnen, mit ihren Söhnen und mit ihren Töchtern tun werde«. Und trotz aller Warnungen »weigerte sich das Volk, auf die Stimme des Samuel zu hören«, und forderte »einen König als Richter«. Und gerade hier falle der entscheidende »Schlüsselsatz«, um das Problem zu verstehen. Tatsächlich gibt das Volk Samuel diese Antwort: »Auch wir wollen wie alle anderen Völker sein.« Und das sei ihr erster Gedanke, »ihre erste Forderung: ein König, der ›uns Recht sprechen‹ soll, so wie das bei allen Völkern ist«. Eine Forderung, so bekräftigte der Papst, die auf einer Tatsache beruhe: sie hatten »vergessen, dass sie ein auserwähltes Volk waren. Ein Volk des Herrn. Ein Volk, das liebevoll auserwählt worden war, das an der Hand geführt worden war« von Gott, gerade so, »wie ein Vater sein Kind an der Hand führt«. Sie hätten »all diese Liebe vergessen « und hätten werden wollen wie alle anderen Völker.
Dieser Wunsch tauche »in der Geschichte des auserwählten Volkes auch später als Versuchung wieder auf. Erinnern wir uns an die Zeit der Makkabäer, als sie ihre Zugehörigkeit zum auserwählten Volk verhandelten, weil sie so sein wollten wie alle anderen Völker. Es ist ein richtiger Aufstand. Das Volk rebelliert gegen den Herrn.« Und das, so präzisierte Papst Franziskus, »ist die Tür, die sich zur Weltlichkeit hin öffnet: das tun, was alle anderen tun. Mit den Werten, die wir haben, aber doch tun, was die anderen tun«; statt das zu tun, »was du, der du mich auserwählt hast, mir sagst«. Die praktische Konsequenz sei, dass »sie den Herrn der Liebe verwerfen, dass sie die Auserwählung verwerfen und den Weg der Weltlichkeit suchen«.
Sicher, so der Papst, »es ist wahr, dass der Christ normal sein soll, wie normale Leute. Das sagt bereits der Diognetbrief zur Zeit der frühen Kirche. Aber«, so warnte er, »es gibt Werte, die der Christ nicht allein für sich nehmen kann«. Tatsächlich müsse er »sich an das Wort Gottes halten, der zu ihm sagt: du bist mein Sohn, du bist auserwählt, ich bin bei dir, ich gehe mit dir«. Und »die Normalität des Lebens fordert vom Christen Treue zu seiner Erwählung«. Diese Auserwähltheit dürfe er niemals »verkaufen, um sich der Einförmigkeit der Weltlichkeit anzupassen: das ist die Versuchung des Volkes, und auch die unsere«. Papst Franziskus warnte vor der Versuchung, »das Wort Gottes« zu vergessen, »jenes, das uns der Herr sagt«, um dafür »Modewörtern« nachzulaufen.
Und er kommentierte: »Auch das Wort der Telenovela ist modern! Nehmen wir also dieses Wort: es ist unterhaltsamer!« Dieses »weltliche« Verhalten, so präzisierte er, »ist noch gefährlicher, weil es subtil ist«, während hingegen die »Apostasie«, also »gerade die Sünde des Bruchs mit dem Herrn«, klar gesehen und erkannt werden könne. Mehr noch: zu sagen, »wir wollen wie alle anderen Völker sein« offenbare die Tatsache, dass sie »einen gewissen Minderwertigkeitskomplex verspürten, weil sie kein normales Volk waren. Und die Versuchung liegt genau da, sie besteht darin, zu sagen: wir wissen genau, was wir tun müssen, der Herr soll ruhig zu Hause bleiben!« Das sei im Grunde das gewesen, was sie dachten, ein Gedanke, der nicht weit entfernt sei von »der biblischen Erzählung vom Sündenfall«, also von der Versuchung, einen eigenen Weg einzuschlagen und bereits selbst zu wissen, wie man »gut und böse unterscheiden kann«.
»Die Versuchung«, so sagte der Papst ganz deutlich, »lässt das Herz hart werden. Und wenn das Herz hart ist, wenn das Herz nicht offen ist, dann kann das Wort Gottes nicht einziehen.« Es sei daher kein Zufall gewesen, dass Jesus zu »den Emmausjüngern« gesagt habe: »Begreift ihr denn nicht? Wie schwer fällt es euch zu glauben…«, denn da sie »ein träges Herz hatten, konnten sie das Wort Gottes nicht verstehen«. Gerade »die Weltlichkeit lässt das Herz träge werden«. Aber das »schade« ihm. Denn, so bemerkte der Papst, »ein träges Herz zu haben, ist nie gut. Gut ist ein Herz, das offen ist für das Wort Gottes und das Wort Gottes aufnimmt. So wie die Muttergottes, die, wie das Evangelium sagt, all diese Dinge in ihrem Herzen bewahrte«. Das also sei die Priorität: »Das Wort Gottes aufnehmen, um sich nicht von der Erwählung zu entfernen«.
»Am Anfang der Messe haben wir um die Gnade gebetet«, so erinnerte der Papst, »unsere Egoismen zu überwinden«, vor allem den, unseren eigenen Willen zu tun. Papst Franziskus regte abschließend an, den Herrn erneut um diese Gnade zu bitten. Und auch um die »Gnade der geistlichen Fügsamkeit« zu bitten, »also darum, unser Herz dem Wort Gottes zu öffnen«. Um »nicht so zu handeln, wie unsere Brüder, die ihr Herz verschlossen hatten, weil sie sich von Gott entfernt hatten und das Wort Gottes schon lange nicht mehr hörten und verstanden«. Möge »der Herr uns die Gnade gewähren, ein offenes Herz zu haben, um das Wort Gottes empfangen zu können«, um »stets darüber nachzudenken« und »den richtigen Weg einzuschlagen«.
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