PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
Heute gibt es mehr Märtyrer
als in der Anfangszeit der Kirche
Dienstag, 4. März 2014
aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 13, 28. März 2014
Die Christenverfolgung ist nicht eine Tatsache, die der Vergangenheit angehört, den Anfängen des Christentums. Sie ist eine traurige Realität unserer Zeit. Ja, »es gibt heutzutage mehr Märtyrer als in der Anfangszeit der Kirche«. Davon ist Papst Franziskus überzeugt, und er hat dies am Dienstag Morgen, 4. März, in der heiligen Messe in Santa Marta betont. Er forderte auf, über das Zeugnis nachzudenken, das diese Brüder und Schwestern im Glauben ablegen. Aber, so erinnerte der Papst, Jesus habe es uns gesagt: ihm nachzufolgen heiße einerseits, seine Güte zu genießen, andererseits aber auch »um seinetwillen Verfolgungen zu erleiden«, wie Markus im Evangeliumstext vom Tage schreibe (10,28-31).
»Jesus«, so begann der Papst, »hatte soeben über die Gefahr des Reichtums gesprochen, darüber, wie schwer es ist, dass ein Mann, der viel besitzt, in das Reich Gottes kommt. Und da stellt ihm Petrus diese Frage: ›Du weißt, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Was wird unser Lohn sein?‹ Jesus ist großmütig und fängt an, zu Petrus zu sagen: ›Amen, ich sage euch: Jeder, der um meinetwillen oder um des Evangeliums willen Haus oder Brüder, Schwestern, Mutter, Vater, Kinder oder Äcker verlassen hat, wird das Hundertfache dafür empfangen: Jetzt in dieser Zeit wird er Häuser, Brüder, Schwestern, Mütter, Kinder und Äcker erhalten …‹« Vielleicht, so fuhr der Papst fort, dachte Petrus: »Das ist ein hübsches Geschäft, wenn wir Jesus nachfolgen, dann sorgt er dafür, dass wir viel, hundertmal so viel verdienen.« Aber Jesus »fügt zwei kleine Wörtchen hinzu: ›unter Verfolgungen‹. Und in der kommenden Welt das ewige Leben.« Im Grunde meine er: »Ja, ihr habt alles verlassen und werdet hier auf Erden vieles erhalten, aber unter Verfolgungen. « Der Heilige Vater kommentierte: Das ist wie ein Salat mit dem Öl der Verfolgung. Das ist der Lohn des Christen und das ist der Weg derer, die Jesus nachfolgen wollen. Denn das ist der Weg, den er gegangen ist: er ist verfolgt worden.« Es sei der Weg der Erniedrigung, derselbe Weg, so erinnerte der Bischof von Rom, den der heilige Paulus den Philippern zeige, wenn er sage, dass Jesus sich durch die Menschwerdung bis zum Tod am Kreuze erniedrigt habe. »Genau das ist die Tonart des christlichen Lebens«, die zugleich aber auch Freude sei. In der Tat »ist die Nachfolge Christi eine Freude. In den Seligpreisungen sagt Jesus: Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet.«
Die Verfolgung, so präzisierte der Papst, sei also eine der Seligpreisungen. So dass »die Jünger unmittelbar nach dem Kommen des Heiligen Geistes begonnen haben zu predigen, und auch die Verfolgungen haben begonnen. Petrus ging ins Gefängnis, Stephanus legte wie Jesus Zeugnis ab durch seinen Tod, dank falscher Zeugen. Und danach folgten noch viele andere Zeugen, bis zum heutigen Tag. Auf dem Weg des Christen gibt es immer das Kreuz.«
Gewiss, so fuhr Papst Franziskus fort, wir können viele Ordensmänner, viele Ordensfrauen haben, »viele Mütter, viele Väter, viele Brüder in der Kirche, in der christlichen Gemeinschaft. Und das ist schön. Aber wir werden auch die Verfolgung haben, denn die Welt duldet die Gottheit Christi nicht, sie duldet die Verkündigung des Evangeliums nicht, sie duldet die Seligpreisungen nicht.« Gerade das löse die Verfolgung aus, die auch durch Worte, durch üble Nachrede, erfolgen kann. So sei es den Christen der ersten Jahrhunderte geschehen, die Verleumdungen erlitten und den Kerker erduldet hätten. »Aber wir«, so bemerkte der Heilige Vater, »wir vergessen leicht. Denken wir an die unzähligen Christen, die vor sechzig Jahren in den Lagern, in den Gefängnissen der Nationalsozialisten bzw. der Kommunisten eingesperrt waren: viele, nur weil sie Christen waren.« Und dasselbe geschehe »auch heute«, so beklagte er, unserer Überzeugung zum Trotz, dass wir einen höheren Grad an Zivilisierung und eine reifere Kulturstufe erreicht haben.
»Ich sage euch«, bekräftigte der Papst, »dass es heute mehr Märtyrer gibt als in den Anfangszeiten der Kirche: Viele unserer Brüder und Schwestern, die Zeugnis für Jesus ablegen und verfolgt werden. Sie werden verurteilt, weil sie eine Bibel besitzen. Sie dürfen das Symbol des Kreuzes nicht tragen.« Das sei »der Weg Jesu. Aber es ist ein Weg der Freude, weil uns der Herr niemals Prüfungen auferlegt, die wir nicht ertragen können.« Sicher, »das christliche Leben bringt keinen geschäftlichen Vorteil ein«, führte der Papst aus. Es bestehe ganz einfach darin, »Jesus nachzufolgen. Wenn wir Jesus nachfolgen, dann geschieht dies. Denken wir darüber nach, ob wir in uns den Wunsch verspüren, mutig für Jesus Zeugnis abzulegen.« Und, so fügte er hinzu, »denken wir auch – das wird uns gut tun – an die vielen Brüder und Schwestern, denen es heute nicht möglich ist, gemeinsam zu beten, weil sie verfolgt werden; die kein Evangelienbuch oder eine Bibel haben dürfen, weil sie verfolgt werden. Denken wir an diese Brüder und Schwestern, die nicht zur Messe gehen können, weil es verboten ist. Wie oft kommt ein Priester heimlich zu ihnen, und sie tun so, als wären sie bei Tisch, um einen Tee zu trinken, und feiern heimlich die Messe. Das geschieht heute.«
Daher die abschließende Aufforderung: »Denken wir darüber nach: Bin ich bereit, wie Jesus das Kreuz zu tragen? Verfolgungen zu erdulden, um Zeugnis für Jesus abzulegen, wie es diese Brüder und Schwestern tun, die heute gedemütigt und verfolgt werden? Es wird allen gut tun, hierüber nachzudenken.«
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