PAPST FRANZISKUS
FRÜHMESSE IM VATIKANISCHEN GÄSTEHAUS "DOMUS SANCTAE MARTHAE"
Wer keinen Namen hat
Donnerstag, 20. März 2014
aus: L'Osservatore Romano, Wochenausgabe in deutscher Sprache, Nr. 13, 28. März 2014
Es gibt ein »mehr als magisches« Wort, das die Fähigkeit besitzt, »die Tür der Hoffnungs zu öffnen, »die wir nicht einmal sehen« und das dazu imstande ist, dem seinen Namen zurückzugeben, der ihn verloren hat, weil er nur auf sich selbst und auf die Kraft des Menschen vertraut hatte. Dieses Wort heißt »Vater«, und es muss in der Gewissheit ausgesprochen werden, die Stimme Gottes zu vernehmen, der uns darauf antwortet, indem er uns »Sohn« nennt. Die Fastenmeditation, die Papst Franziskus am Donnerstag früh, 20. März, während der Messe in der Kapelle des Hauses Santa Marta vortrug, verweist auf die grundlegende Bedeutung des Glaubens.
In seiner Predigt sagte der Papst, dass die Aufforderung, »stets auf den Herrn zu trauen«, aus den liturgischen Texten komme. In der Tat beginne »die erste Schriftlesung zum Tages (Jer 17,5-10) mit einem Fluch: Verflucht der Mann, der auf Menschen vertraut«. Auch »an anderen Bibelstellen findet sich eben dieser Fluch, vielleicht in anderen Worten«, so etwa: »Verflucht der Mann, der auf sich selbst vertraut«. Jener »Mensch« wird immer als »verflucht« definiert, der einzig und allein auf seine eigenen Kräfte vertraut, »weil er einen Fluch in sich trägt«.
Dagegen, so fuhr der Papst fort, indem er »das Gegenteil« davon hervorhob, sei »der Mann gesegnet, der auf den Herrn sich verlässt«, denn, wie in der Heiligen Schrift geschrieben stehe, »ist er wie ein Baum, der am Wasser gepflanzt ist und am Bach seine Wurzeln ausstreckt; Er hat nichts zu fürchten, wenn Hitze kommt; seine Blätter bleiben grün; auch in einem trockenen Jahr ist er ohne Sorge, unablässig bringt er seine Früchte«.
Eben »dieses Bild«, so erläuterte er, »lässt uns an jene Worte Jesu über das Haus denken: Glücklich der Mann, der sein Haus auf Fels baut, auf sicheren Grund. Unglücklich hingegen jener, der sein Haus auf Sand baut: es hat keinen Bestand«. Also »lehrt uns Gottes Wort heute, dass einzig und allein der Herr unser sicheres Vertrauen ist: es bedarf keiner anderen Vertrauen, sie retten uns nicht, sie schenken uns kein Leben, sie schenken uns keine Freude«. Im Gegenteil, »sie geben uns den Tod, die Dürre«.
Das sei eine eindeutige Lehre, über die wir uns alle einig seien, erläuterte der Papst. »Aber unser Problem besteht darin, dass unser Herz arglistig ist«, wie die Schrift sage. Und so »vertrauen wir gern auf uns selbst oder auf einen Freund oder auf jene gute Lage, in der ich mich befinde, oder auf jene Ideologie«, obwohl wir wüssten, dass dies falsch sei; wir unterstützten »jene Tendenz«, selbst zu entscheiden, auf wen wir «unser Vertrauen« setzen sollten. Die Folge davon sei, dass »der Herr etwas ins Abseits gerät«.
Aber, so fragte sich der Papst, »warum ist der Mann, der auf Menschen vertraut, der auf sich selbst vertraut, verflucht? Weil ihn dieses Vertrauen«, so lautete die Antwort, »nur auf sich selbst schauen lässt; es lässt ihn in sich selbst verschließen, ohne Horizonte, ohne offene Türen, ohne Fenster.« Am Ende werde er zu »einem in sich selbst verschlossenen Menschen« und »ihm wird kein Heil zuteil«, weil »er sich nicht selbst erlösen kann«.
Der Papst verwies dann auf die Schriftlesung aus dem Lukasevangelium (16,19-31), wo die Geschichte »eines reichen Mannes, der alles hatte«, berichtet wird, »der Purpurgewänder trug, Tag für Tag herrlich und in Freuden lebte und das Leben in vollen Zügen genoss«. Und »er war so zufrieden, dass er nicht bemerkte, dass an seiner Schwelle mit den Hunden ein armer Mann namens Lazarus lebte, ein Obdachloser, dessen Leib voller Geschwüre war. Lazarus »war da, war hungrig, und er aß nur das, was vom Tisch des Reichen fiel: die Krümel.« Und, so fügte er hinzu, »vielleicht erinnerte sich Jesus, als er das erzählte, an die Kananäerin, jene Frau, die um die Genesung ihrer Tochter gebeten hatte: sie bat nur um die Reste«, die man an die Hunde zu verfüttern pflegt. Die Lesung aus dem Evangelium, so sagte der Heilige Vater, rege zu einer Reflexion an: »Wir kennen den Namen des Obdachlosen: er hieß Lazarus. Aber wie hieß dieser andere Mann, der Reiche? Er hat keinen Namen!« Gerade »das ist der stärkste Fluch« für den Menschen, der »auf sich selbst vertraut oder auf die Kraft oder auf die Möglichkeiten der Menschen, nicht aber auf Gott: den Namen einzubüßen!« So dass er auf die Frage: »Wie heißt du?« nicht mit seinem eigenen Namen antwortet, sondern »mit der Kontonummer So-und-so bei der Bank XY«, oder auf »viel Besitz, viele Villen hinweist oder auf »die Dinge, die Götzen«.
Und »wenn man diese beiden Menschen vergleicht«, die uns das Evangelium vorführt, »den Armen, der einen Namen hat und der auf den Herrn vertraut, und den Reichen, der seinen Namen verloren hat und auf sich selbst vertraut«, dann »sagen wir: es ist wahr, wir müssen auf den Herrn vertrauen!« Aber »wir alle haben diese Schwäche, diese Gebrechlichkeit, unsere Hoffnungen auf uns selbst zu setzen oder auf die Freunde oder einzig und allein auf die Möglichkeiten des Menschen. Und wir vergessen den Herrn«. Das sei eine Einstellung, die uns vom Herrn entferne, die uns »auf den Weg des Unglücks führt«, gerade so wie den reichen Mann aus dem Evangelium, der »am Schluss unglücklich endet, weil er sich selbst verurteilt hat«. Und folglich sei das der authentische Sinn der biblischen Aussage: »Gesegnet der Mann, der auf den Herrn sich verlässt; verflucht der Mann, der auf sich selbst vertraut oder auf die Möglichkeiten des Menschen«.
Es handele sich, so präzisierte der Papst, um eine Meditation, die besonders gut für die Fastenzeit geeignet sei. So »wird es uns heute gut tun, uns zu fragen: Worauf setze ich mein Vertrauen? In den Herrn, oder bin ich ein Heide, der auf die Dinge vertraut, auf die Götzen, die ich geschaffen habe? Habe ich noch einen Namen, oder habe ich damit begonnen, meinen Namen zu verlieren und heiße nun "ich", mit allen möglichen Deklinationen: »mir, mit mir, durch mich, nur ich: immer der Egoismus, ich!« Das, so betonte er, sei eine Art zu leben, die uns sicherlich »nicht das Heil bringt«.
Unter erneutem Verweis auf das Evangelium wies der Papst darauf hin, dass es trotz allem »eine Tür der Hoffnung für all die Menschen gibt, die auf den Menschen oder auf sich selbst vertraut haben, für die, die ihren Namen verloren haben«. Denn »am Ende, am Ende, am Ende gibt es immer eine Möglichkeit.« Und das bezeuge gerade der Reiche, der, »als er bemerkte, dass er seinen Namen verloren hatte, dass er alles verloren hatte, seine Augen aufhob und ein einziges Wort sagte: "Vater!" Gottes Antwort besteht aus einem einzigen Wort: "Sohn!" Und so geschähe es auch all denen, die im Lauf des Lebens darauf setzen, »Vertrauen auf den Menschen, in sich selbst zuhaben, die schließlich ihren Namen verlieren, die diese Würde verlieren: es besteht aber immer noch die Möglichkeit, dieses Wort auszusprechen, das mehr als nur magisch ist, das mehr ist, das stark ist: "Vater!" Und wir wüssten, dass »er uns immer erwartet, um uns eine Türe zu öffnen, die wir nicht sehen. Und dass er zu uns sagen wird: "Sohn!"
Zum Schluss bat der Papst »den Herrn um die Gnade, dass er uns allen die Weisheit verleihen möge, nur auf ihn zu vertrauen, und nicht auf die Dinge, auf die menschlichen Kräfte: nur auf ihn«. Und dass Gott denen, die dieses Vertrauen verlören, zumindest »das Licht gewähren möge«, »dieses Wort« zu erkennen und auszusprechen, »das rettet, das eine Türe öffnet und das diesen Menschen die Stimme des Vaters hören lässt, der ihn "Sohn" nennt.«
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