ABSCHLUSS DES JUBILÄUMS ZUR 800-JAHR-FEIER
DER BESTÄTIGUNG DES PREDIGERORDENS
HOMILIE VON PAPST FRANZISKUS
Basilika St. Johann im Lateran
Samstag, 21. Januar 2017
Das Wort Gottes stellt uns heute zwei gegensätzliche menschliche Szenarien vor Augen: Auf der einen Seite der »Karneval« weltlicher Neugier, auf der anderen Seite die Verherrlichung des Vaters durch gute Werke. Unser Leben bewegt sich immer zwischen diesen beiden Szenarien. Denn es gibt sie zu allen Zeiten, wie das die Worte des heiligen Paulus an Timotheus zeigen (vgl. 2 Tim 4,1-5). Und auch der heilige Dominikus mit seinen ersten Brüdern bewegte sich vor nunmehr 800 Jahren zwischen diesen beiden Szenarien. Paulus gibt Timotheus den Hinweis, dass er gezwungen sein wird, das Evangelium in einem Kontext zu verkünden, wo die Menschen immer neue »Lehrer« suchen, »Fabeleien«, andere Lehren, Ideologien… »Prurientes auribus« (2 Tim 4,3). Das ist der »Karneval« der weltlichen Neugier, der Verführung. Daher unterweist der Apostel seinen Schüler, indem er auch nachdrückliche Worte gebraucht: »tritt dafür ein«, »weise zurecht «, »tadle«, »ermahne«, und dann »sei in allem nüchtern«, »ertrage das Leiden« (V. 2.5).
Es ist interessant zu sehen, wie schon damals vor 2000 Jahren die Apostel des Evangeliums vor diesem Szenarium standen, dass sich in unseren Tagen durch die Verführung des subjektivistischen Relativismus noch viel weiter entwickelt und globalisiert hat. Die dem Menschen eigene Neigung, Neues zu suchen, findet ihr ideales Umfeld in der Gesellschaft des Scheins, des Konsums, wo oft Altes recycelt wird, es aber wichtig ist, es neu, anziehend, verführerisch erscheinen zu lassen. Auch die Wahrheit wird manipuliert.
Wir bewegen uns in der sogenannten »flüssigen Gesellschaft«, die ohne Fixpunkte ist, aus den Angeln gehoben, ohne solide und stabile Anhaltspunkte, in der Kultur des Ephimeren, der Wegwerfkultur. Gegenüber diesem weltlichen »Karneval« tritt das entgegengesetzte Szenarium um so deutlicher aus den Worten Jesu hervor, die wir eben gehört haben: »… damit sie euren Vater im Himmel preisen« (vgl. Mt 5,16). Und wie geschieht dieser Übergang von der pseudo-festlichen Oberflächlichkeit zur Verherrlichung, die das wahre Fest ist? Er geschieht dank der guten Werke derer, die Jünger Jesu und damit »Salz« und »Licht« geworden sind. Jesus sagt: »So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen« (Mt 5,16).
Inmitten des »Karnevals« von gestern und heute ist das die Antwort Jesu und der Kirche, ist das die solide Stütze in einer »flüssigen« Umgebung: die guten Werke, die wir dank Christi und seines Heiligen Geistes tun können und die im Herzen den Dank an Gottvater, das Lob oder zumindest das Staunen und die Frage wecken: »Warum?«, »Warum handelt dieser Mensch so?« – das heißt die Unruhe der Welt angesichts des Zeugnisses für das Evangelium. Aber damit diese »Erschütterung « stattfindet, darf das Salz nicht den Geschmack verlieren und das Licht nicht verborgen sein (vgl. Mt 5,13-15). Jesus sagt dies ganz klar: Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, taugt es zu nichts mehr. Weh dem Salz, das den Geschmack verliert! Weh einer Kirche, die den Geschmack verliert! Wehe einem Priester, einem Gottgeweihten, einer Kongregation, die den Geschmack verliert!
Heute preisen wir den Vater für das Werk, das der heilige Dominikus, der ganz vom Licht und vom Salz Christi erfüllt war, vor 800 Jahren vollbracht hat; ein Werk im Dienst des mit Worten und mit dem Leben verkündeten Evangeliums; ein Werk, dem es mit der Gnade des Heiligen Geistes gelungen ist, vielen Männern und Frauen zu helfen, sich inmitten des »Karnevals« weltlicher Neugier nicht zu verirren, sondern den Geschmack der gesunden Lehre, den Geschmack des Evangeliums zu spüren und so selbst Licht und Salz zu werden, »Handwerker« guter Werke… und wahre Brüder und Schwestern, die Gott verherrlichen und andere lehren, Gott mit den guten Werken des Lebens zu verherrlichen.
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