TOTENMESSE FÜR ERZBISCHOF LÉON KALENGA BADIKEBELE,
APOSTOLISCHER NUNTIUS IN ARGENTINIEN
PREDIGT VON PAPST FRANZISKUS
Kathedra-Altar der Petersbasilika
Samstag, 15. Juni 2019
Diese Eucharistiefeier wird mit dem Gebet der »Valedictio« schließen, das heißt dem Gebet des Abschied Nehmens: sich vom Bruder »verabschieden «, »Adieu« sagen. Wie um zu sagen: Wir lassen dich zu Gott gehen, in die Hände Gottes gehen. Die Bibel sagt im Buch der Weisheit, dass die Seelen der Gerechten in Gottes Hand sind (vgl. 3,1). Die Hände Gottes, die die schönsten Hände sind, von Liebe verwundet, von der Liebe verwundete Hände. Und wir vertrauen unseren Bruder den Händen Gottes an.
Und es ist auch ein Gebet der Verabschiedung, und noch mehr: Es ist die Verabschiedung des Hirten. Der Hirte verabschiedet sich von seinem Volk, von seiner Herde. Wie es Paulus in Milet vor den Ältesten von Ephesus unter Tränen getan hat (vgl. Apg 20,17-38). Alle weinten, fielen ihm um den Hals und küssten ihn, bevor er das Schiff bestieg. Die Verabschiedung des Hirten.
Der Hirte verabschiedet sich mit seinem Zeugnis: »Ihr wisst, wie ich vom ersten Tag an […] in eurer Mitte war« (V. 18): Das ist mein Leben, sagt er zu der Herde, urteilt selbst. Ein Zeugnis. Der Hirt verabschiedet sich, indem er deutlich macht, dass sein Leben ein Leben im Gehorsam gegenüber Gott ist: »Und siehe, nun ziehe ich, gebunden durch den Geist« (V. 22). Der Heilige Geist ist es, der mich getragen hat und der mich trägt. Er ist wie die »Säule«, die das Leben des Hirten stützt.
Der Hirt verabschiedet sich auch mit einem Zeugnis der Loslösung: Er ist es gewohnt, nicht an den Gütern dieser Welt zu hängen, nicht an der Weltlichkeit zu hängen. »Ich weiß, dass ihr mich nicht mehr von Angesicht sehen werdet, […] Darum bezeuge ich euch am heutigen Tag: Ich bin rein vom Blut aller« (V. 25-26), das heißt unschuldig in Bezug auf viele Dinge, und er geht weg. Als wolle er sagen: »Jetzt seid ihr erwachsen «. Und »gebt Acht auf euch und auf die ganze Herde« (V. 28). Seid wachsam, kämpft. Ihr seid erwachsen, ich lasse euch allein, geht voran. Als Bruder und Vater verabschiedet sich der Hirte dann mit einer Prophetie: Seid also wachsam, seid wachsam, denn »nach meinem Weggang werden reißende Wölfe bei euch eindringen « (V. 29). Er weist den Weg, wie man sich allein, ohne den Hirten verteidigen soll.
Zum Schluss betet er: »Jetzt vertraue ich euch Gott an« (V. 32), und auf Knien betet er mit seinem Presbyterium. Das ist der Abschied des Hirten, den Paulus in Milet so intensiv erlebt hat. Und heute denken wir an all dies, und vielleicht wird unser Bruder León zu uns und zu seinem Volk, zu seinem Volk in Argentinien, in El Salvador und an vielen Orten, wo er war, sagen: »Jetzt vertraue ich euch Gott an.«
Und wir haben auch den anderen Abschied gehört, den Abschied Jesu, der ein Abschied voller Hoffnung ist: »Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten« (Joh 14,2). Der Weggang ist provisorisch, zeitlich begrenzt: »Ich gehe voraus, die Herde wird nachkommen. Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten.« Das heißt, ich gehe dorthin, und ich möchte, dass ihr alle dorthin kommt, an jenen Punkt. »Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten«: Das ist die Hoffnung. Zumindest die Spiritualität, die wir im Noviziat gelernt haben, sagte, dass das ganze Leben ein Weg ist, um das Sterben zu lernen. Das war in Ordnung in jener Spiritualität des 20. Jahrhunderts, die ein wenig so war… Aber ich sage gerne: Das Leben lehrt uns, Abschied zu nehmen.
Lernen, sich zu verabschieden. Und zu sehen, wie sich die Hirten verabschieden, wie Jesus, wie Paulus, wie so viele, wie León, alle verabschieden sich. Auch wir können lernen: Schritte tun, um uns zu verabschieden, kleine Abschiede bei einer Änderung der Mission und der große Abschied am Ende. Der Herr möge uns allen diese Gnade schenken: Lernen, Abschied zu nehmen, das ist eine Gnade des Herrn.
Copyright © Dicastero per la Comunicazione - Libreria Editrice Vaticana