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APOSTOLISCHE REISE VON PAPST FRANZISKUS IN DEN IRAK
[5.-8. MÄRZ 2021]

HEILIGE MESSE

“Franso Hariri”-Stadion in Erbil
Sonntag, 7. März 2021

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Homilie des Heiligen Vaters

Grußwort am Ende der Heiligen Messe


 

HOMILIE DES HEILIGEN VATERS

Der heilige Paulus hat uns daran erinnert, dass »Christus Gottes Kraft und Gottes Weisheit« (1 Kor 1,24) ist. Jesus hat diese Kraft und diese Weisheit vor allem im Erbarmen und Vergeben geoffenbart. Er wollte dies nicht mit Krafterweisen oder im Aufzwingen seiner Stimme von oben herab tun, auch nicht durch lange Reden oder Vorführungen unvergleichlicher Wissenschaft. Er tat es, indem er sein Leben am Kreuz hingab. Er hat seine göttliche Weisheit und Kraft geoffenbart, indem er uns die Treue der Liebe des Vaters bis zum Ende zeigte; die Treue des Gottes des Bundes, der sein Volk aus der Sklaverei herausführte und es auf dem Weg der Freiheit leitete (vgl. Ex 20,1-2).

Wie leicht tappen wir in die Falle, wenn wir denken, wir müssen den anderen beweisen, dass wir stark sind, dass wir weise sind … in die Falle, uns irdische Götzen zu machen, die uns Sicherheit geben (vgl. Ex 20,4-5). In Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall, wir alle bedürfen der Kraft und der Weisheit Gottes, die Jesus am Kreuz geoffenbart hat. Auf dem Kalvarienberg hat er dem Vater die Wunden dargebracht, durch die wir alle geheilt worden sind (vgl. 1 Petr 2,24). Wie viele eurer Brüder und Schwestern, Freunde und Mitbürger hier im Irak tragen die Wunden des Krieges und der Gewalt, sichtbare und unsichtbare Wunden! Die Versuchung besteht darin, auf diese und andere schmerzliche Tatsachen mit einer menschlichen Kraft, mit einer menschlichen Weisheit zu antworten. Jesus hingegen zeigt uns den Weg Gottes, den Weg, den er beschritten hat und auf den er uns gerufen hat, ihm nachzufolgen.

Im Evangelium, das wir soeben gehört haben (Joh 2,13-25), sehen wir, wie Jesus die Geldwechsler und alle Käufer und Verkäufer aus dem Tempel in Jerusalem hinaustrieb. Warum hat Jesus diese so starke und provokante Geste vollbracht? Er hat es getan, weil der Vater ihn gesandt hat, den Tempel zu reinigen: nicht nur den Tempel aus Stein, sondern vor allem den Tempel unseres Herzens. So wie Jesus es nicht duldete, dass das Haus seines Vaters zu einer Markthalle gemacht würde (vgl. Joh 2,16), so wünscht er sich, dass unser Herz nicht Ort des Aufruhrs, der Unordnung und der Verwirrung sei. Das Herz muss gereinigt, aufgeräumt, geläutert werden. Wovon? Von der Falschheit, die es beschmutzt, vom heuchlerischen Doppelspiel. Das gibt es bei uns allen. Es sind Krankheiten, die dem Herzen schaden, die das Leben in den Schmutz ziehen, die ein Doppelleben verursachen. Wir bedürfen der Reinigung von unseren Götzendiensten, die den Glauben an Gott verschachern für Dinge, die vergehen, für das, was im Moment vorteilhaft erscheint. Es tut not, dass die unheilvolle Beeinflussung der Macht und des Geldes aus unseren Herzen und aus der Kirche ausgerottet werden. Um das Herz zu reinigen, müssen wir uns die Hände schmutzig machen: Wir müssen uns verantwortlich fühlen und dürfen nicht einfach zuschauen, wenn der Bruder oder die Schwester leidet. Aber wie sollen wir das Herz reinigen? Allein sind wir dazu nicht fähig, wir brauchen Jesus. Er hat die Macht, unsere Übel zu besiegen, unsere Krankheiten zu heilen, den Tempel unseres Herzens wiederherzustellen.

Zu dessen Bestätigung als Zeichen seiner Autorität sagt er: »Reißt diesen Tempel nieder und in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten« (V. 19). Jesus Christus, er allein, kann uns von den Werken des Bösen reinigen – er, der gestorben und auferstanden ist, der der Herr ist! Liebe Brüder und Schwestern, Gott lässt uns nicht in unserer Sünde sterben. Auch wenn wir ihm den Rücken kehren, überlässt er uns nicht uns selbst. Er sucht uns, er geht uns nach, um uns zur Reue zu rufen und uns zu reinigen. »So wahr ich lebe« – spricht der Herr durch den Mund Ezechiels –, »ich habe kein Gefallen am Tod des Schuldigen, sondern daran, dass ein Schuldiger sich abkehrt von seinem Weg und am Leben bleibt« (33,11). Der Herr will, dass wir gerettet werden und dass wir lebendiger Tempel seiner Liebe werden in der Geschwisterlichkeit, im Dienst, in der Barmherzigkeit.

Jesus reinigt uns nicht nur von unseren Sünden, sondern er lässt uns an seiner Kraft und Weisheit selbst teilhaben. Er befreit uns von einer Art und Weise, den Glauben, die Familie, die Gemeinschaft zu begreifen, die spaltet, die gegeneinanderstellt, die ausschließt, damit wir eine Kirche und Gesellschaft aufbauen können, die offen sind für alle und sich um unsere bedürftigsten Brüder und Schwestern kümmern. Und zugleich stärkt er uns, damit wir der Versuchung widerstehen können, nach Rache zu suchen, die in eine endlose Vergeltungsspirale versinken lässt. Mit der Kraft des Heiligen Geistes sendet er uns aus, nicht um Proselytismus zu betreiben, sondern als seine missionarischen Jünger, als Männer und Frauen, die gerufen sind zu bezeugen, dass das Evangelium die Macht hat, das Leben zu verändern. Der Auferstandene macht uns zu Werkzeugen des Friedens Gottes und seiner Barmherzigkeit, zu geduldigen und mutigen Gestaltern einer neuen gesellschaftlichen Ordnung. So geschieht durch die Kraft Christi und seines Geistes, was der Apostel Paulus den Korinthern verkündet: »Denn das Törichte an Gott ist weiser als die Menschen und das Schwache an Gott ist stärker als die Menschen« (1 Kor 1,25). Christliche Gemeinschaften aus bescheidenen und einfachen Menschen werden zu Zeichen des kommenden Reiches, des Reiches der Liebe, der Gerechtigkeit und des Friedens.

»Reißt diesen Tempel nieder und in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten« (Joh 2,19). Er sprach vom Tempel seines Leibes, also auch von seiner Kirche. Der Herr verheißt uns, dass er in der Kraft seiner Auferstehung uns und unsere Gemeinschaften aus den von der Ungerechtigkeit, der Spaltung und dem Hass verursachten Trümmern auferstehen lassen kann. Es ist die Verheißung, die wir in dieser Eucharistie feiern. Mit den Augen des Glaubens erkennen wir die Gegenwart des gekreuzigten und auferstandenen Herrn unter uns, wir lernen, seine befreiende Weisheit anzunehmen, in seinen Wunden zu ruhen sowie Heilung und Kraft zu finden, um seinem Reich zu dienen, das in unsere Welt kommt. Durch seine Wunden sind wir geheilt (vgl. 1 Petr 2,24); in seinen Wunden, liebe Brüder und Schwestern, finden wir den Balsam seiner barmherzigen Liebe; denn er, der barmherzige Samariter der Menschheit, will jede Wunde salben, jede schmerzliche Erinnerung heilen und eine Zukunft des Friedens und der Geschwisterlichkeit in diesem Land anregen.

Die Kirche im Irak hat mit der Gnade Gottes viel getan und tut es weiterhin, um diese wunderbare Weisheit des Kreuzes zu verkünden, indem sie das Erbarmen und die Vergebung Christi verbreitet, besonders gegenüber den Bedürftigsten. Selbst unter großer Armut und Schwierigkeit haben viele von euch den Armen und Leidenden großherzig konkrete Hilfe und Solidarität angeboten. Dies ist einer der Gründe, die mich dazu veranlasst haben, als Pilger zu euch zu kommen, um euch zu danken und euch im Glauben und im Zeugnis zu stärken. Heute kann ich sehen und mit Händen greifen, dass die Kirche im Irak lebendig ist, dass Christus in diesem seinem heiligen gläubigen Volk lebt und am Werk ist.

Liebe Brüder und Schwestern, ich vertraue euch, eure Familien und eure Gemeinschaften dem mütterlichen Schutz der Jungfrau Maria an. Sie war mit ihrem Sohn in seinem Leiden und Tod verbunden und nahm teil an der Freude seiner Auferstehung. Sie möge für uns Fürsprache einlegen und uns zu ihm führen, der Kraft und der Weisheit Gottes.


 

Grußwort am Ende der Heiligen Messe

Herzlich grüße ich Seine Heiligkeit Mar Gewargis III., Katholikos-Patriarch der Assyrischen Kirche des Ostens, der hier in dieser Stadt seinen Sitz hat und uns mit seiner Anwesenheit beehrt. Danke, vielen Dank, lieber Bruder! Zusammen mit ihm umarme ich die Christen der verschiedenen Bekenntnisse: Viele haben hier ihr Blut auf demselben Boden vergossen! Unsere Märtyrer erstrahlen aber gemeinsam, wie Sterne am selben Himmel! Von oben bitten sie uns, den Weg in Richtung der vollen Einheit ohne Zögern gemeinsam zu gehen.

Am Ende dieser Feier danke ich Erzbischof Bashar Matti Warda wie auch Erzbischof Nizar Semaan und meinen anderen Brüdern im Bischofsamt, die sehr viel für diese Reise gearbeitet haben. Euch allen bin ich dankbar, dass ihr sie mit dem Gebet vorbereitet und begleitet und mich herzlich aufgenommen habt. Ich grüße insbesondere die geliebte kurdische Bevölkerung. Mein aufrichtiger Dank gilt der Regierung und allen zivilen Behörden für ihren unverzichtbaren Beitrag; und ich danke allen, die auf vielerlei Weise bei der Organisation der gesamten Reise in den Irak mitgewirkt haben, den irakischen Behörden – allen – und den vielen Freiwilligen. Danke an alle!

In diesen Tagen, die ich bei euch verbracht habe, hörte ich Stimmen des Schmerzes und der Angst, ich durfte aber auch Stimmen der Hoffnung und des Trostes vernehmen. Und dies ist zu einem großen Teil dem unermüdlichen guten Wirken zu verdanken, das die religiösen Institutionen jeder Konfession, eure Ortskirchen und die verschiedenen karitativen Organisationen ermöglicht haben, welche die Menschen dieses Landes beim Wiederaufbau und dem gesellschaftlichen Neuanfang unterstützen. In besonderer Weise danke ich den Mitgliedern der ROACO und den Agenturen, die sie vertreten.

Nun rückt der Augenblick meiner Rückreise nach Rom näher. Aber der Irak wird immer bei mir bleiben, in meinem Herzen. Ich bitte euch alle, Brüder und Schwestern, gemeinsam vereint für eine Zukunft in Frieden und Wohlstand zu arbeiten, wo niemand zurückgelassen und niemand diskriminiert wird. Ich verspreche euch mein Gebet für dieses geschätzte Land. Insbesondere bete ich darum, dass die Mitglieder der verschiedenen Religionsgemeinschaften gemeinsam mit allen Männern und Frauen guten Willens zusammenarbeiten, um Bande der Geschwisterlichkeit und Solidarität zu knüpfen im Dienst am Guten und am Frieden. Salam, salam, salam! Shukrán! [Danke] Gott segne alle! Gott segne den Irak! Allah ma’akum! [Gott sei mit euch!]

 

 



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