BOTSCHAFT VON PAPST FRANZISKUS
ZUM INTERNATIONALEN TAG DER PFLEGE
Liebe Brüder und Schwestern,
heute begehen wir den Internationalen Tag der Pflegenden im Rahmen des von der Weltgesundheitsorganisation ausgerufenen Internationalen Jahres der Pflegenden und Hebammen. Am heutigen Tag gedenken wir auch des zweihundertsten Geburtstags von Florence Nightingale, der Begründerin der modernen Krankenpflege.
In diesem historischen Augenblick, der von der weltweiten gesundheitlichen Notlage infolge der Pandemie des Covid-19-Virus geprägt ist, haben wir wieder festgestellt, wie die Gestalt des Pflegenden und die der Hebamme eine Rolle von grundlegender Bedeutung einnehmen. Täglich hören wir von Beispielen des Muts und der Aufopferung der im Gesundheitswesen Tätigen, insbesondere der Krankenschwestern und der Krankenpfleger, die mit Professionalität, Opferbereitschaft, Verantwortungsgefühl und Nächstenliebe den mit dem Virus infizierten Menschen selbst bei Gefahr für die eigene Gesundheit Hilfe leisten. Davon zeugt schon die Tatsache, dass leider die Zahl der im Gesundheitswesen Tätigen, die in der treuen Erfüllung ihres Dienstes verstorben sind, deutlich erhöht ist. Ich bete für sie – der Herr kennt jeden von ihnen mit Namen – wie auch für alle Opfer dieser Epidemie. Der Auferstandene schenke jedem von ihnen das Licht des Paradieses und ihren Familien Trost aus dem Glauben.
Immer schon spielen die Pflegenden eine zentrale Rolle im Gesundheitswesen. Jeden Tag erleben sie im Umgang mit den Kranken das Trauma, welches das Leiden im Leben eines Menschen hervorruft. Es sind Männer und Frauen, die zu einer besonderen Berufung „Ja“ gesagt haben, nämlich gute Samariter zu sein, die sich um das Leben und die Wunden des Nächsten kümmern. Als Hüter und Diener des Lebens flößen sie bei der Durchführung der notwendigen Therapien Mut, Hoffnung und Vertrauen ein[1].
Liebe Krankenschwestern und liebe Krankenpfleger, die moralische Verantwortung leitet Sie in Ihrer qualitätsvollen Arbeit, die sich nicht auf wissenschaftlich-technische Kenntnisse beschränkt, sondern beständig von der menschlichen und die Menschlichkeit fördernden Beziehung mit dem Kranken genährt wird. »In jeder Phase ihres Lebens, von der Geburt bis zum Tod, kümmern Sie sich um Frauen und Männer, Kinder und alte Menschen und hören Sie ihnen kontinuierlich zu, um zu verstehen, welches die Bedürfnisse eines jeden Patienten sind, in der Phase, in der er sich befindet. Denn angesichts der Einzigartigkeit jeder Situation ist es niemals genug, einem Protokoll zu folgen, sondern es bedarf eines kontinuierlichen – und anstrengenden! – Bemühens um Erkenntnis und der Aufmerksamkeit für die einzelne Person.«[2]
Sie – und ich denke hier auch an die Hebammen – sind den Menschen in den entscheidenden Momenten ihres Lebens nahe – der Geburt wie des Todes, der Krankheit wie der Genesung – und helfen ihnen, die äußerst traumatischen Situationen zu meistern. Manchmal sind Sie bei ihrem Sterben zugegen und geben ihnen Trost und Linderung in den letzten Lebensmomenten. Wegen Ihrer Hingabebereitschaft gehören Sie zu den „Heiligen von nebenan“[3]. Sie sind das Bild der Kirche als „Feldlazarett“, die weiterhin die Sendung Christi erfüllt, der sich den an jeder Art von Übel Leidenden näherte und sie heilte und der sich niederbeugte, um die Füße seiner Jünger zu waschen. Danke für diesen Dienst, den Sie der Menschheit leisten!
In vielen Ländern hat die Pandemie auch die Mängel des Gesundheitssystems ans Licht gebracht. Daher wende ich mich an die politischen Verantwortungsträger in aller Welt, damit sie in die Gesundheit – ein grundlegendes Allgemeingut – investieren, Strukturen ausbauen und weitere Pflegende einstellen, um so allen eine angemessene Fürsorge zu gewährleisten, bei der die Würde eines jeden Menschen geachtet wird. Es gilt, konkret anzuerkennen, welche entscheidende Bedeutung dieser Beruf für die Pflege der Kranken, die regionalen Notdienste, die Krankheitsvorsorge und die Gesundheitsförderung sowie die Betreuung im familiären, kommunalen und schulischen Bereich hat.
Die Krankenpfleger und -schwestern wie auch die Hebammen haben ein Recht darauf und verdienen, mehr geschätzt und besser an den Prozessen beteiligt zu werden, die die Gesundheit der Einzelnen und der Gesellschaft betreffen. Es ist erwiesen, dass die Investitionen auf diesem Gebiet bessere Ergebnisse hinsichtlich der Fürsorge und der Allgemeingesundheit erzielen. Es ist daher nötig, ihr berufliches Profil zu stärken und für ihre Ausbildung geeignete Mittel im wissenschaftlichen, menschlichen, psychologischen und spirituellen Bereich bereitzustellen. Ebenso sind ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern und ihre Rechte zu garantieren, damit sie in voller Würde ihren Dienst leisten können.
Daher kommt den Berufsverbänden der im Gesundheitswesen Tätigen eine wichtige Rolle zu, insofern sie nicht nur eine organische Ausbildung anbieten, sondern auch die einzelnen Mitglieder begleiten und es ihnen ermöglichen, sich als Teil eines größeren Ganzen zu verstehen und sich nicht verloren und allein zu fühlen angesichts der Herausforderungen ethischer, ökonomischer und menschlicher Art, die der Beruf mit sich bringt.
Besonders den Hebammen, die den Frauen in der Schwangerschaft beistehen und ihnen helfen, ihre Kinder zur Welt zu bringen, möchte ich sagen: Ihre Arbeit gehört zu den edelsten, die es gibt, weil sie als solche unmittelbar dem Leben und der Mutterschaft dient. In der Bibel sind die Namen der beiden heldenhaften Hebammen Schifra und Pua zu Beginn des Buches Exodus unsterblich geblieben (vgl. 1,15-21). Auch heute schaut der himmlische Vater mit Dankbarkeit auf Sie.
Liebe Krankenpfleger, liebe Krankenschwestern, liebe Hebammen, möge dieser Gedenktag die Würde Ihrer Arbeit zum gesundheitlichen Wohl der gesamten Gesellschaft stärker in den Mittelpunkt rücken. Ihnen, Ihren Familien und allen, für die Sie Sorge tragen, versichere ich mein Gebet und erteile Ihnen von Herzen den Apostolischen Segen.
Rom, St. Johannes im Lateran, 12. Mai 2020
Franziskus
[2] Ansprache an die Mitglieder der Föderation der Krankenpfleger, Gesundheitshelfer und Tagesmütter (IPASVI), 3. März 2018.
[3] Vgl. Homilie bei der Messe vom Letzten Abendmahl, Gründonnerstag 9. April 2020.
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