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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DIE EUCHARISTISCHE JUGENDBEWEGUNG (MEG)

Aula Paolo VI
Freitag, 7. August 2015

[Multimedia]


 

Magat Diop (Italien):

Ich heiße Magat und bin in Pescara geboren. Meine Eltern sind Senegalesen. Ich bin noch nicht getauft, aber ich bin dem Herrn begegnet in den Augen meiner Mutter und meines Vaters, die mich mit sechs Monaten in Pflege genommen haben. Ich dachte, ich wäre verlassen worden, weil ich ein Mädchen bin. Als ich größer wurde, habe ich jedoch entdeckt, dass ich in Pflege gegeben wurde, um mir eine bessere Zukunft zu gewährleisten. Heute feiere ich Geburtstag; ich werde 18 Jahre alt. Ich habe diesen Tag sehr erwartet. Meine Taufe rückt immer näher. Ich bin glücklich. Die Bewegung EYM hat eine wesentliche Rolle gespielt. Sie hat mir sehr geholfen. Ich spüre, dass sie der Ort ist, wo das zählt, was ich bin, und nicht so sehr die Güter, die ich besitze; sie ist der Ort, an dem ich wunderschöne Erfahrungen machen und wunderbare Menschen kennenlernen durfte. Ich fühle mich in der EYM zuhause und kann mich einem Land zugehörig fühlen, das dem Gesetz nach noch nicht meines ist. Die EYM ist meine Heimat!

Frage: Die Familie ist der Ort, wo wir Jugendlichen ungeschuldete Liebe erleben, aber oft ist sie auch der Ort, wo wir starke Spannungen und Kämpfe erfahren zwischen zwei Generationen, die einander scheinbar nicht begegnen können. Welche Schritte können wir und welche können unsere Eltern tun, um die Familie in unserer Zeit in ganzer Fülle leben zu können?

Gregorius Hanzel (Indonesien) (er spricht auf Indonesisch):

Ich heiße Gregorius, bin Indonesier und Schüler des »Canisius College« in Jakarta. Seit 2010 bin ich auch Messdiener in meiner Pfarrgemeinde. Als ich das erste Mal in meine Schule kam, bin ich vielen Jugendlichen begegnet, die wirklich in Ordnung waren. Aber ich dachte: Ist das Diplom wirklich das Einzige, was einen jungen Menschen zu einer »Person« macht? Dann habe ich mich im künstlerischen und sportlichen Bereich betätigt und habe schließlich für den Schülerrat kandidiert. Das war eine Herausforderung für mich. Die Ausbildung war so anspruchsvoll, dass ich meinte, es nicht zu schaffen. Und als ich dann erst einmal ernannt war, hat mich die Verantwortung so erschreckt, dass ich viele Fehler gemacht habe. Dann hat mir jedoch ein Lehrer gesagt, dass ich als junger Mensch keine Angst haben dürfe, Dinge zu erforschen, kreativ zu  sein. Und das hat mir Mut gemacht. Als Messdiener in der Pfarrgemeinde habe ich gelernt, dass ich ohne Motivierung und ohne innere Berufung zum Dienst kein guter Messdiener sein kann. Und dass ich ohne Gott nichts bin. Das ist es, was uns zu etwas Besonderem macht.

Frage: Indonesien ist ein Land mit einer großen kulturellen, religiösen und ethnischen Vielfalt. Die Katholiken sind eine Minderheit, und aufgrund der Pluralität, zu der das politische Vorurteil hinzukommt, ist der Friede immer gefährdet. Welche Hoffnung setzt der Heilige Vater innerhalb einer so pluralistischen und vielfältigen Gemeinschaft in die katholische Jugend?

Ana Carolina Santos Cruz (Brasilien):

Mein Name ist Ana Carolina. Ich bin 19 Jahre alt und Brasilianerin, in São Paulo geboren. Lieber Papst Franziskus, mit großer Freude nehme ich an diesem 100. Jahrestag teil. Ich bin seit acht Jahren Mitglied der EYM und habe in der Pfarrgemeinde »São Geraldo das Perdizes« in São Paulo begonnen, mich an der EYM zu beteiligen. Schon mit elf Jahren habe ich an pastoralen Aktivitäten teilgenommen und mich sehr darüber gefreut, in der Kirche zu sein, selbst Kirche zu sein und »Ja« zu sagen zum Heiligsten Herzen Jesu. 2013 habe ich gezwungenermaßen einige pastorale Aktivitäten aufgeben müssen und bin nur in der EYM geblieben. Anfangs verspürte ich eine Leere, weil ich viele andere kirchliche Arbeiten aufgegeben habe, aber Jesus kam und öffnete einige Türen. Eine von ihnen war die Tätigkeit als Koordinatorin der Erzdiözese São Paulo, und heute stehe ich hier und erzähle Eurer Heiligkeit etwas von meiner Geschichte. Ich bin unendlich dankbar für diese Gelegenheit und für alle Menschen, die in mein Leben eingebunden sind.

Frage: Was war die größte Herausforderung oder Schwierigkeit, die Sie in Ihrer Sendung als Ordensmann erlebt haben?

Pin-Ju Lu (Taiwan) (sie spricht auf Chinesisch):

Ich bin Pin Ju aus Taiwan. Ich bin in einer katholischen Familie geboren. Ich bin sehr stolz auf meinen Glauben, auch wenn der Prozentsatz der katholischen Bevölkerung in Taiwan weniger als 1,3 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht. Als Mitglied der EYM denke ich immer darüber nach, was ich für meinen Glauben tun kann. Als ich Universitätsstudentin war, habe ich eine Musikgruppe organisiert, um Lieder zu singen, die jungen Menschen gefallen. Heute arbeite ich als Vertriebsmanagerin und singe in einer Band. Die taiwanesische Jugend setzt sich immer mehr dafür ein, dass immer mehr Menschen die Liebe Jesu erkennen. Unsere Band möchte auch die Schönheit Gottes und seine Liebe mit anderen Menschen teilen. Nach großen Anstrengungen wird unser Album jetzt im August veröffentlicht. Wir möchten die Menschen auch ermutigen, ihren eigenen Weg zu finden, um die Liebe Gottes in ihrem Umfeld zu bezeugen. Tu es einfach. In seiner Liebe können wir alles.

Frage: In welchem Augenblick haben Sie die größte Freude verspürt, nachdem Sie Papst geworden sind? Sehen Sie echte Zeichen der Freude in der Kirche und in der Welt für unser 21. Jahrhundert?

Louise Courant (Frankreich): Ich heiße Louise, bin 24 Jahre alt und komme aus Frankreich. Vor einem Jahr habe ich begonnen, für das Ministerium für Kultur zu arbeiten, und mache auch Musik. Die Musik ist ein wichtiger Teil meines Lebens, aber auch der Geschichte meines Glaubens. Durch sie habe ich die EYM entdeckt, vor allem durch ihre Lieder. Ich habe Jugendlager geleitet und mich dann vor drei Jahren einem MAGIS-Team angeschlossen. Das Motto der EYM – »Ein Sprungbrett für das Leben, ein Auftrieb für den Glauben« – fasst das zusammen, was ich heute lebe. Jesus ist in meinem Leben als Weg gegenwärtig, und ich versuche, ihn immer besser kennenzulernen. Die EYM und die MAGIS sind sehr wichtig für mich, da sie mir helfen, mich als Mitglied einer Gemeinschaft zu fühlen. Und dort konnte ich die Bedeutung der »Relecture « [Gewissenserforschung], des Dienens und des Gebets entdecken.

Frage: Im Evangelium sagt Jesus zu uns: »Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage.« Darf man in dieser Freundschaft im Gegenzug auch eine Offenbarung seiner Gegenwart erwarten?

Agustín Aschoff (Argentinien):

Mein Name ist Agustín Aschoff. Ich lebe in Villa Cura Brochero, Córdoba (Argentinien). Es ist ein kleines Dorf, aber mit einem sehr großen Glauben, das die baldige Heiligsprechung des seligen Pfarrers Brochero erwartet. In meiner Familie sind wir zu viert: meine Mutter Miriam Rosel, mein Vater Arturo Aschoff und mein älterer Bruder Matias Aschoff. Ich absolviere das 5. Jahr der Technischen Hochschule »Cristo Obrero« und beteilige mich seit vier Jahren an der EYM. In der EYM habe ich gelernt zu missionieren. Ich mag es, Menschen kennenzulernen und den Glauben mit ihnen zu teilen. Immer, wenn ich missionieren gehe, spüre ich, dass ich mit dem Herzen näher bei Jesus sein muss, um mich den anderen mehr nähern zu können. Für mich ist die EYM ein Lebensstil. Sie hat mein Leben verändert und mich für Gott verfügbar sein lassen, denn er ist bei mir.

Frage: Papst Franziskus, was würden Sie den jungen Menschen sagen, damit sie die Tiefe der Eucharistie entdecken?

Antwort von Papst Franziskus:

Vielen Dank für die Fragen! Zwei Worte, zu Beginn der Fragen, haben mich berührt. Und es sind Worte, die im täglichen Leben – sowohl in der Gesellschaft als auch in der Familie – gelebt werden. Es sind die Worte »Spannung« und »Konflikt«. Magat Diop hat von »Spannung« in den familiären Beziehungen gesprochen, und Gregorius Hanzel hat von »Konflikten« gesprochen. Der Konflikt. Was wäre denn – denken wir einmal darüber nach – eine Gesellschaft, eine Familie, ein Freundeskreis ohne Spannungen und ohne Konflikte? Wisst ihr, was es wäre? Ein Friedhof. Denn nur in toten Dingen sind keine Spannungen und keine Konflikte vorhanden. Wenn Leben vorhanden ist, gibt es Spannung und Konflikt. Daher ist es notwendig, dieses Konzept zu entwickeln und in meinem Leben danach zu suchen, welches die wahren Spannungen sind, wie es zu diesen Spannungen kommt – denn diese Spannungen sagen, dass ich lebendig bin – und wie diese Konflikte aussehen. Nur im Paradies wird es keine mehr geben! Wir alle werden im Frieden vereint sein mit Jesus Christus. Und jeder muss die Spannungen des eigenen Lebens erkennen. Die Spannungen lassen dich wachsen, sie entfalten den Mut. Und ein Jugendlicher muss diese Tugend des Mutes besitzen! Ein Jugendlicher ohne Mut ist ein »verwässerter« Jugendlicher, er ist ein alter Jugendlicher. Manchmal möchte ich zu den Jugendlichen sagen: »Bitte geht nicht in Rente!« Denn es gibt junge Menschen, die mit 20 Jahren in Rente gehen: In ihrem Leben ist alles sicher, alles ruhig, und sie haben keine »Spannungen«. In der Familie gibt es Spannungen, das ist klar. Wie löst man eine Spannung? Durch den Dialog. Wenn in der Familie der Dialog vorhanden ist, wenn man spontan sagen kann, was man denkt, dann lösen sich die Spannungen gut. Immer höher, immer höher… Man darf keine Angst haben vor Spannungen. Man muss jedoch auch achtgeben, denn wenn du die Spannung um der Spannung willen liebst, dann ist das schlecht für dich, und du wirst ein konfliktbeladener junger Mensch im negativen Sinne sein – jemand, der gerne immer in Spannung lebt. Nein, das nicht.

Die Spannung hilft uns, einen Schritt auf die Harmonie zuzugehen, aber die Harmonie ruft auch weitere Spannung hervor, um harmonischer zu sein. Um es deutlich zu sagen: erstens, keine Angst vor Spannungen haben, denn sie lassen uns wachsen; zweitens, Spannungen durch den Dialog lösen, denn der Dialog vereint, sowohl in der Familie als auch im Freundeskreis, und man findet einen Weg, den man gemeinsam gehen kann, ohne die eigene Identität zu verlieren; drittens, sich nicht zu sehr an eine Spannung hängen, denn das ist schlecht für dich. Ist das klar? Spannungen lassen uns wachsen, Spannungen werden durch den Dialog gelöst, und achtgeben, sich nicht zu sehr an eine Spannung zu hängen, denn das zerstört uns letztlich. Ich habe gesagt, dass ein Jugendlicher ohne Spannungen ein Jugendlicher »in Rente«, ein »toter« Jugendlicher ist; aber ein Jugendlicher, der nur in Spannung leben kann, ist ein kranker Jugendlicher. Das muss unterschieden werden.

Gregorius hat von Konflikten gesprochen: vom Konflikt in einer Gesellschaft wie der indonesischen, wo es eine große innere Vielfalt an Kulturen gibt. Ein sozialer Konflikt. Auch Konflikte können uns gut tun, denn sie lassen uns die Unterschiede verstehen, sie lassen uns verstehen, wie verschiedene Dinge beschaffen sind, und sie zeigen uns, dass wir im Krieg leben werden, wenn wir keine Lösung finden, die diesen Konflikt löst. Um dem Konflikt gut zu begegnen, muss er auf die Einheit ausgerichtet sein, und in einer Gesellschaft wie der deinen [er wendet sich an den jungen Mann, der die Frage gestellt hat], die eine Kultur besitzt, innerhalb derer es viele verschiedene Kulturen gibt, muss er nach Einheit streben, aber unter Achtung einer jeden Identität. Der Konflikt wird unter Achtung der Identitäten gelöst. Im Fernsehen und in den Zeitungen sehen wir Konflikte, die man nicht zu lösen vermag und die in Kriegen enden: Eine Kultur toleriert die andere nicht. Denken wir an unsere Brüder, die Rohingya: Sie wurden aus einem und noch einem und noch einem Land vertrieben und gehen auf See… Wenn sie an einem Hafen oder einer Küste ankommen, gibt man ihnen etwas Wasser und etwas zu essen und treibt sie wieder auf das Meer hinaus. Das ist ein ungelöster Konflikt, und das ist Krieg, das bedeutet Gewalt, das bedeutet zu töten.

Wenn ich einen Konflikt mit dir habe und dich töte, ist der Konflikt beendet; das stimmt. Aber das ist nicht der Weg. Wenn viele – sowohl kulturelle als auch religiöse – Identitäten in einem Land zusammenleben, wird es Konflikte geben, aber nur unter Achtung der Identität des anderen. Und durch diese Achtung löst man den Konflikt. Um Spannungen – in der Familie, unter Freunden – zu lösen, ist, wie gesagt, der Dialog notwendig. Die wahren sozialen und auch kulturellen Konflikte werden durch den Dialog gelöst, an erster Stelle jedoch durch die Achtung der Identität der anderen Person. Auch im Nahen Osten sehen wir, dass viele Menschen nicht geachtet werden. Religiöse Minderheiten – die Christen, aber nicht nur sie – werden nicht geachtet: Oft werden sie getötet, verfolgt. Warum? Weil ihre Identität nicht geachtet wird. In unserer Geschichte gab es zum Beispiel immer Konflikte in Bezug auf die religiöse Identität, die auftraten, weil die Identität der anderen Person nicht geachtet wurde. »Aber der ist nicht katholisch, er glaubt nicht an Jesus Christus…« – »Achte ihn. Suche nach dem, was er Gutes hat. Suche in seiner Religion, in seiner Kultur die Werte, die er hat. Achte ihn.« So werden Konflikte durch die Achtung der Identität der anderen gelöst. Und Spannungen – Konflikte bringen Spannungen mit sich – werden durch den Dialog gelöst. So würde ich auf deine Frage aus Indonesien antworten.

Der Fan von Pelé [das brasilianische Mädchen] hat folgende Frage gestellt: Was war die größte Herausforderung oder Schwierigkeit, die Papst Franziskus in seiner Sendung als Ordensmann erlebt hat? Ich würde sagen: immer den Frieden im Herrn zu finden, jenen Frieden, den nur Jesus dir schenken kann. Bei der Arbeit, bei den Aufgaben liegt die Herausforderung darin, jenen Frieden zu finden, der bedeutet, dass der Herr dir beisteht, dass der Herr nahe ist. Und es gibt noch eine weitere Herausforderung: den Frieden Jesu zu unterscheiden von einem anderen Frieden, der nicht von Jesus kommt. Verstanden? Und das ist etwas, das ihr gut lernen müsst. Ihr müsst den Herrn um die Gnade bitten, den wahren Frieden vom falschen Frieden zu unterscheiden. Unterscheiden. Das ist eine Herausforderung. Und der wahre Friede kommt immer von Jesus. Manchmal wird er in ein Kreuz »verpackt«. Aber Jesus schenkt dir den Frieden in jener Prüfung. Nicht immer kommt er als Kreuz, aber immer kommt der wahre Friede von Jesus. Der andere, oberflächliche Friede dagegen, jener Friede, der dich zufrieden macht, der dich etwas zufriedenstellt, aber oberflächlich ist, kommt vom Feind, vom Teufel, und er stellt dich zufrieden: »Ich bin zufrieden, ich mache mir keine Sorgen darüber, ich bin im Frieden…«

Aber tief drinnen verbirgt sich eine Täuschung! Und hier ist es notwendig, die Gnade zu erbitten, unterscheiden zu können, erkennen zu können, welcher der Friede Jesu ist und welcher der Friede ist, der vom Feind kommt, der dich zerstört. Der Feind zerstört immer: Er lässt dich glauben, dass das der Weg ist, und dann lässt er dich am Ende allein. Denkt daran: Der Teufel ist ein schlechter Entlohner, er entlohnt nie gut! Immer betrügt er dich, er ist ein Betrüger! Er täuscht dir Dinge vor, und du glaubst, dass es gut sei, dass es dir Frieden gibt, du gehst dorthin, und am Ende findest du nicht das Glück. Stets den Frieden Jesu suchen: Das ist eine Herausforderung, eine Herausforderung, die ich hatte, die ich habe und die ihr alle habt. Und was ist das Zeichen des Friedens Jesu? Wie kann ich wissen, dass Jesus diesen Frieden schenkt? Das Zeichen ist die Freude, jene tiefe Freude. Der Teufel schenkt dir nie die Freude. Er schenkt dir etwas Vergnügen, er macht etwas »Zirkus«, er macht dich einen Augenblick lang glücklich, aber nie schenkt er dir jene Freude. Jene Freude kann nur Jesus schenken, indem er dir den Heiligen Geist schenkt. Und die Herausforderung für uns alle – auch für mich – besteht darin, immer den Frieden Jesu zu suchen: auch in schlimmen Augenblicken, aber den Frieden Jesu. Und ihn unterscheiden zu können von jenem anderen, vorgetäuschten Frieden, der letztlich ein Betrug ist: Er nimmt ein böses Ende, und du wirst nicht gut entlohnt. Und Jesus ist ein guter Entlohner, er entlohnt gut: Er entlohnt sehr gut!

Pin-Ju Lu hat mich gefragt, ob ich echte Zeichen der Freude in der Kirche, in der Welt für unser 21. Jahrhundert sehe. Die Zeichen gibt es: Das ist eines! [er zeigt auf die in der Audienzhalle anwesenden jungen Menschen]. Das ist ein Zeichen der Hoffnung, junge Menschen wie euch zu sehen, die glauben, dass Jesus in der Eucharistie ist, die glauben, dass die Liebe stärker ist als der Hass, dass der Friede stärker ist als der Krieg, dass die Achtung stärker ist als der Konflikt, dass die Harmonie stärker ist als die Spannungen… Das ist eine Hoffnung, das gibt mir Freude! Und das gibt Hoffnung, denn Pin-Ju Lus Frage lautete: »In welchem Augenblick haben Sie die größte Freude verspürt, nachdem Sie Papst geworden sind?«, und dann die Zeichen der Hoffnung oder die positiven Zeichen in dieser Welt, in der es viele Kriege gibt. Wir befinden uns im Krieg: Ich sage immer wieder, dass dies der dritte Weltkrieg »stückchenweise« ist. Wir befinden uns jedoch im Krieg. Und das ist negativ. Aber es gibt Zeichen der Hoffnung, und es gibt Zeichen der Freude. Und ich möchte einen Ausdruck aufgreifen, den Magat Diop zu Beginn benutzt hat, ein Wort, dem ich den Begriff »Spannung« entnommen habe: die Familie. »Starke Spannungen und Kämpfe zwischen zwei Generationen«. Ich möchte fragen: Welche beiden Generationen?

Sagt mir: Welche sind es? Jetzt frage ich, denn man sieht, dass ihr alle stumm seid. Die Generation der Eltern und der Kinder? Sind das die beiden Generationen? Ja, die Spannungen zwischen Vater und Mutter und mir: die Tatsache, dass ich etwas will, weil ich mir das Leben so vorstelle, und sie haben andere Vorstellungen… Es gibt aber noch eine weitere Generation. Warum habt ihr nicht von den Großeltern gesprochen? Ich sage euch jetzt etwas – es soll aber kein Vorwurf euch gegenüber sein: Die Großeltern werden in unserer Zeit immer vergessen. Jetzt etwas weniger, hier in Italien, denn weil es keine Arbeit gibt und sie eine Rente haben, ja, da erinnert man sich an die Großeltern! Die Großeltern werden jedoch immer vergessen. Und die Großeltern sind das Gedächtnis einer Familie, das Gedächtnis des Landes, das Gedächtnis des Glaubens, denn sie geben ihn uns weiter. Die Großeltern. Und ich stelle euch die Frage: Sprecht ihr mit euren Großeltern? [Sie antworten: »Ja!«]. Fragt ihr eure Großeltern: »Großvater, Großmutter, wie war das? Wie macht man das? Was hast du damals gemacht?«

Tut es, tut es! Die Großeltern sind nämlich ein Quell der Weisheit, denn sie haben das Gedächtnis des Lebens, das Gedächtnis des Glaubens, das Gedächtnis der Spannungen, das Gedächtnis der Konflikte… Und sie sind tüchtig, die Großeltern! Ich spreche sehr gerne mit den Großeltern. Ich erzähle euch eine Anekdote. Neulich, auf dem Petersplatz, in einer Mittwochsaudienz, bin ich mit dem »Papamobil« herumgefahren und habe dort ein altes Großmütterchen gesehen: Man sah, dass sie alt war! Aber sie hatte Augen, die vor Freude glänzten. Und ich ließ das »Papamobil« anhalten und bin herabgestiegen und bin hingegangen, um sie zu begrüßen. Und sie lächelte. »Sagen Sie mir, Großmutter: Wie alt sind Sie?« – »92!« – »Oh gut, wunderbar! Voll Freude! Nennen Sie mir das Rezept, wie man so 92 Jahre alt wird.« Und sie hat zu mir gesagt: »Wissen Sie, ich esse Ravioli!« Und dann fügte sie hinzu: »Und ich mache sie selbst!« Mit dieser Anekdote will ich euch sagen, dass die Begegnung mit den Großeltern immer eine Überraschung ist. Die Großeltern überraschen uns immer: Sie hören uns zu, sie haben eine Geduld!… Wir sprechen von drei Generationen, von mindestens drei. Und auch wenn die Großeltern zuhause leben, helfen sie sehr, die Spannungen zu lösen, die normal sind in einer Familie. Man darf die Großeltern nicht vergessen. Verstanden? Louise, im Evangelium sagt Jesus zu uns: »Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage.« Dürfen wir in dieser Freundschaft im Gegenzug auch eine Offenbarung seiner Gegenwart erwarten?

Zu einer Freundschaft gehören immer zwei: Ich bin dein Freund, und du bist mein Freund. Und Jesus offenbart sich immer – ich habe darüber gesprochen – in seinem Frieden. Wenn du dich Jesus näherst, schenkt er dir Frieden, schenkt er dir Freude. Und wenn du Jesus begegnest, im Gebet, in einem guten Werk, indem du einem anderen hilfst – es gibt viele Formen, Jesus zu finden –, wirst du Frieden und auch Freude verspüren. Das ist die Offenbarung, Louise. So ist es. Jesus offenbart sich in diesem wechselseitigen Austausch. Aber du musst ihn suchen: im Gebet, in der Eucharistie, im täglichen Leben, in der Verantwortung deiner Aufgaben und auch, indem du die Notleidenden aufsuchst und ihnen hilfst: Dort ist Jesus! Und er wird es dich spüren lassen.

Manchmal wirst du etwas spüren, das nur der Begegnung mit Jesus zu eigen ist: das Staunen. Das Staunen, Jesus zu begegnen. Jesus begegnen: Vergiss dieses Wort bitte nicht. Jesus begegnen! Denken wir an jenen Tag (vgl. Joh 1,35-42): Es war vielleicht gegen zehn Uhr morgens, Jesus ging vorüber, und Johannes und Andreas waren bei Johannes dem Täufer. Dort redeten sie über Vieles. Und Johannes der Täufer sagte: »Er ist es, das Lamm Gottes. Er ist es.« Und sie wurden neugierig und folgten Jesus, um ihn zu suchen. Es ist die Neugier… Und Jesus tut ein bisschen so, als wäre nichts, wendet sich ihnen zu und sagt: »Was wollt ihr?« – »Wo wohnst du?« – »Kommt!« (V. 38-39). Und sie sind – so heißt es im Evangelium – den ganzen Tag bei Jesus geblieben. Aber was ist dann passiert? Andreas ist zu seinem Bruder Simon geeilt: Er war voll Freude, eine große Freude; er war voll Staunen darüber, Jesus begegnet zu sein. Und er sagt: »Wir haben den Messias gefunden« (V. 41). Und Johannes tat dasselbe mit Jakobus. So ist es. Die Begegnung mit Jesus schenkt dir dieses Staunen. Es ist seine Gegenwart. Dann geht es vorbei, aber es hinterlässt bei dir Frieden und Freude. Vergiss das nie: Staunen, Frieden, Freude. Dort ist Jesus. Das ist der wechselseitige Austausch.

Und jetzt »Maradona« [der junge Argentinier]. Was würde Papst Franziskus den jungen Menschen sagen, damit diese die Tiefe der Eucharistie entdecken? Es hilft immer, an das Letzte Abendmahl zu denken. Und an jenes Wort, das Jesus gesagt hat, als er Brot und Wein, sein Leib und sein Blut, dargereicht hat: »Tut dies zu meinem Gedächtnis!« Das Gedächtnis Jesu ist dort gegenwärtig; das Gedächtnis Jesu, das in jeder Messe gegenwärtig ist und uns dort erlöst! Das Gedächtnis dieser Geste Jesu, der danach zum Ölberg gegangen ist, um sein Leiden zu beginnen. Das Gedächtnis einer Liebe, die so groß ist, dass er sein Leben für mich hingegeben hat! Jeder von uns kann das sagen. Die Gnade des Gedächtnisses, von der ich gesprochen habe, als ich über die Großeltern sprach. Die Gnade des Gedächtnisses: das Gedächtnis dessen, was Jesus getan hat. Das ist nicht nur ein Ritual, es ist keine Zeremonie. Es gibt wunderschöne Zeremonien, militärische, kulturelle Zeremonien… nein, nein. Das ist etwas anderes: Es bedeutet, dorthin zu gehen, nach Golgota, wo Jesus sein Leben für mich hingegeben hat. Jeder muss das sagen. Und durch dieses Gedächtnis, indem du Jesus siehst, indem du den Leib und das Blut Jesu empfängst, vertiefst du das Geheimnis der Eucharistie. »Ach Vater, wenn ich in die Messe gehe, langweile ich mich…« Denn sie ist kein Ritual. Wenn du das Geheimnis der Eucharistie vertiefen willst, dann erinnere dich. Das ist ein schönes Wort, denn Paulus sagt es zu einem seiner Lieblingsschüler – ich erinnere mich nicht, ob zu Titus oder zu Timotheus, aber zu einem von beiden. Es waren zwei Bischöfe; er hatte sie zu Bischöfen gemacht. »Denk an Jesus Christus« (vgl. 2 Tim2,8). Denk an Jesus Christus.

Wenn ich in der Messe bin, gibt er dort sein Leben für mich hin. Und so vertieft man das Geheimnis. Und dann, wenn du nicht in die Messe gehst, sondern vor dem Tabernakel betest, dann denk daran, dass er dort ist und dass er sein Leben für dich hingegeben hat. Das Gedächtnis. Diesen Auftrag hat Jesus den Seinen gegeben: »Tut dies zu meinem Gedächtnis!« Das heißt: Immer wenn ihr diese Feier begeht, denkt an mich; immer wenn ihr vor dem Tabernakel betet, denkt daran. Und vergiss nicht, was der heilige Paulus zu seinem Schüler sagte, der sogar Bischof war: Denk an Jesus Christus! So schließen wir unser heutiges Gespräch ab. Ich danke euch. Ich hatte die Fragen schriftlich, aber ich habe nicht vorgelesen. Was ich gesagt habe, ist aus dem Herzen gekommen, so wie es in dem Augenblick kam.

Und denkt an diese Worte: Spannung-Dialog; Konflikt-Achtung-Dialog; wechselseitiger Austausch der Gegenwart Jesu-Freundschaft mit Jesus; Friede und Freude; Begegnung mit Jesus; Staunen, Freude, Friede; die Eucharistie vertiefen: das Gedächtnis daran, was Jesus getan hat. Und so werdet ihr vorangehen. Die Welt hat viel Schlechtes, wir befinden uns im Krieg; es gibt aber auch viele schöne Dinge und viele gute Dinge, und so viele verborgene Heilige im Volk Gottes. Gott ist gegenwärtig. Gott ist gegenwärtig, und es gibt viele, viele Gründe zur Hoffnung, um voranzugehen. Habt Mut und geht voran! Bevor ich den Segen erteile, können wir die Gottesmutter um Beistand bitten. Denn wenn Kinder zu laufen beginnen, suchen sie die Hand der Mutter, um nicht den falschen Weg zu gehen. Und wir müssen den Weg des Lebens an der Hand der Mutter gehen. Beten wir zur Gottesmutter, jeder in seiner eigenen Sprache.

 »Gegrüßet seist du, Maria…« [Segen] Und bitte, bitte,  ich bitte euch: Vergesst nicht, für mich zu beten.

 



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