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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
BEI
DER BEGEGNUNG ZUM THEMA
"UMWELTGERECHTIGKEIT UND KLIMAWANDEL", DIE
DIE "STIFTUNG FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG"
VERANSTALTET HAT
 

Clementina-Saal
Freitag, 11. September 2015

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Sehr geehrte Damen und Herren, guten Tag
und herzlich willkommen!

Ich danke Herrn Ronchi und Herrn Caio für die Einführung in diese Begegnung; und ich danke euch allen, dass ihr an diesem internationalen Treffen teilgenommen habt, das einem Thema gewidmet ist, dessen Bedeutung und Dringlichkeit nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Das Klima ist ein Gemeingut, das heute stark bedroht ist: Darauf weisen Phänomene wie klimatische Veränderungen, die Erderwärmung und die Zunahme meteorologischer Extremereignisse hin. Diese Themen sind Gegenstand großer Aufmerksamkeit von Seiten der Medien und der öffentlichen Meinung, und um sie gibt es derzeit heftige wissenschaftliche und politische Debatten, aus denen ein weitgehender, wenngleich nicht einstimmiger Konsens hervorzugehen scheint.

Warum und wie sollen wir uns damit befassen? Wir dürfen die gravierenden sozialen Auswirkungen des Klimawandels nicht vergessen: Die Armen werden von seinen Folgen mit größerer Härte getroffen und leiden darunter! Daher ist – wie der Titel Ihres Treffens zu Recht hervorhebt – die Klimafrage eine Frage der Gerechtigkeit und auch der Solidarität, die nie von der Gerechtigkeit getrennt werden darf. Die Würde eines jeden Menschen steht auf dem Spiel – als Völker, als Gemeinschaften, als Frauen und Männer. Wissenschaft und Technik legen eine nie dagewesene Macht in unsere Hände: Es ist unsere Pflicht gegenüber der gesamten Menschheit und insbesondere gegenüber den Armen und den zukünftigen Generationen, sie für das Gemeinwohl zu nutzen. Wird es gelingen, dass unsere Generation »in die Erinnerung eingehen kann, weil sie großherzig ihre schwerwiegende Verantwortung auf sich genommen hat« (Enzyklika Laudato si’, 165)? Trotz der vielen Widersprüche unserer Zeit haben wir genügend Gründe, Hoffnung zu hegen, dass uns dies gelingen kann. Und von dieser Hoffnung müssen wir uns leiten lassen. Bei der Erfüllung dieser Aufgabe wünsche ich einem jeden von Ihnen zu erleben, wie gut und schön es ist, an Aktionen beteiligt zu sein, die Leben weitergeben. Die Freude des Evangeliums wohnt auch hier.

Auf welche Weise können wir unsere Verantwortung, unsere Solidarität, unsere Würde als Personen und Bürger der Welt wahrnehmen? Jeder ist aufgerufen, persönlich zu antworten, in dem Maße, das ihm zukommt auf der Grundlage seiner Rolle in der Familie, in der Welt der Arbeit, der Wirtschaft und der Forschung, in der Zivilgesellschaft und in den Institutionen. Nicht indem er Patentrezepte präsentiert: Niemand hat sie! Sondern vielmehr, indem er das, was er verstanden hat, zum Dialog anbietet und akzeptiert, dass der eigene Beitrag in Frage gestellt wird: Von allen wird ein Beitrag verlangt im Hinblick auf ein Ergebnis, das nur Frucht einer gemeinsamen Arbeit sein kann. Der große Feind ist hier die Heuchelei.

Mit gutem Recht ist Ihr Treffen ein Beispiel für die Durchführung dieses Dialogs, den ich in der Enzyklika Laudato si’ als einzigen Weg aufgezeigt habe, um die Probleme unserer Welt in Angriff zu nehmen und wirklich wirksame Lösungen zu suchen. Es scheint mir ein sehr wichtiges, ja von der Vorsehung gewolltes Zeichen zu sein, dass an diesem Treffen bedeutende Vertreter verschiedener »Welten« teilnehmen: Religion und Politik, Wirtschaft und Forschung in zahlreichen Sektoren, die internationalen Organisationen sowie jene, die sich für die Bekämpfung der Armut einsetzen.

Um Frucht zu tragen, muss dieser Dialog von einer ebenso transparenten wie weitgreifenden Sichtweise inspiriert sein und nach einem ganzheitlichen, vor allem jedoch mitverantwortlichen Ansatz vorgehen und alle Beteiligten einschließen – auch jene, die leicht am Rande der institutionellen Vorgänge bleiben. An alle richte ich die dringende Aufforderung, dass an den Tischen, an denen versucht wird, die eine und zugleich komplexe sozio-ökologische Krise zu lösen, die ärmsten Länder und Menschen ihre Stimme hören lassen können: Auch das ist eine Pflicht im Hinblick auf die Umweltgerechtigkeit. Angesichts des Notstands des Klimawandels und mit dem Blick auf die entscheidenden Begegnungen gerichtet, die sich in den kommenden Monaten mit ihm befassen werden – die Approbation der nachhaltigen Entwicklungsziele von Seiten der Vereinten Nationen Ende dieses Monats und vor allem die COP 21 in Paris Anfang Dezember –, möchte ich den Vorschlag machen, dass dieser Dialog zu einer echten Allianz werde, um zu wirklich bedeutsamen globalen Umweltabkommen zu gelangen.

Auf diesem Weg können Sie auf meine persönliche Unterstützung und die der ganzen Kirche zählen, begonnen bei der unentbehrlichen Unterstützung durch das Gebet. Schon jetzt bringe ich dem Herrn unser gemeinsames Bemühen dar und bitte ihn, es zu segnen, auf dass die Menschheit dem Schrei der Erde endlich Gehör schenken möge – unsere Mutter Erde gehört heute zu den vielen Ausgegrenzten, die zum Himmel um Hilfe schreien! Unsere Mutter Erde ist eine Ausgegrenzte! –, auch dem Schrei der Erde, unserer Mutter und Schwester, und der Ärmsten unter denen, die sie bewohnen, und für sie Sorge zu tragen. Auf diese Weise wird die Schöpfung sich immer mehr dem gemeinsamen Haus annähern, das der eine Vater als Geschenk für die universale Familie seiner Geschöpfe gedacht hat. Ich bitte für Sie alle um Gottes Segen. Danke.

 


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