Index   Back Top Print

[ DE  - FR  - IT  - PT ]

BEGEGNUNG VON PAPST FRANZISKUS
MIT SEINER HEILIGKEIT MAR GEWARGIS III.,
KATHOLIKOS-PATRIARCH DER ASSYRISCHEN KIRCHE DES OSTENS

Donnerstag, 17. November 2016

[Multimedia]


Heiligkeit,
liebe Brüder in Christus!

Es ist eine große Freude und eine Gnade, Ihnen hier in der Nähe des Petrusgrabes begegnen zu dürfen. Herzlich heiße ich Sie willkommen und danke für die an mich gerichteten freundlichen Worte. Durch Sie möchte ich meinen herzlichen Gruß im Herrn auch an alle Bischöfe, Priester und Gläubigen der Assyrischen Kirche des Ostens richten. Mit den Worten des Apostels Paulus, der in dieser Stadt sein Blut für den Herrn vergossen hat, möchte ich Ihnen sagen: »Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus« (Röm 1,7).

Diese Begegnung und das Gebet, das wir heute gemeinsam an den Herrn richten werden, sind eine Bitte um das Geschenk des Friedens. Denn wir sind erschüttert über das, was weiterhin im Nahen Osten, insbesondere im Irak und in Syrien geschieht. Über Hunderttausende von unschuldigen Kindern, Frauen und Männern ergießt sich dort die schreckliche Gewalt blutiger Auseinandersetzungen, die durch keine einzige Begründung gerechtfertigt oder erlaubt werden kann. Unsere christlichen Brüder und Schwestern wie auch verschiedene religiöse und ethnische Minderheiten sind dort leider gewohnt, täglich große Prüfungen zu erleiden.

Inmitten eines solchen Schmerzes, um dessen Ende ich flehe, sehen wir jeden Tag Christen, die den Kreuzweg gehen, indem sie sanftmütig den Spuren Jesu folgen und sich mit ihm vereinen, der uns durch sein Kreuz versöhnt hat, denn »er hat in seiner Person die Feindschaft getötet« (Eph 2,16). Diese Brüder und Schwestern sind Vorbilder, die uns ermahnen, in jeder Situation beim Herrn zu bleiben, sein Kreuz zu umarmen und auf seine Liebe zu vertrauen. Sie weisen uns darauf hin, dass im Mittelpunkt unseres Glaubens immer die Gegenwart Jesu steht, der uns einlädt, auch in den Widrigkeiten nicht müde zu werden, seine Botschaft der Liebe, der Versöhnung und der Vergebung zu leben. Das lernen wir von den Märtyrern und allen, die noch heute auch um den Preis des eigenen Lebens dem Herrn treu bleiben und mit ihm das Böse durch das Gute besiegen (vgl. Röm 12,21). Wir sind diesen unseren Geschwistern dankbar, die uns anspornen, dem Weg Jesu zu folgen, um die Feindschaft zu besiegen. Wie das aus Liebe vergossene Blut Jesu versöhnt und vereint hat und die Kirche hat wachsen lassen, so ist das Blut der Märtyrer Same der Einheit der Christen. Es ruft uns auf, uns mit brüderlicher Liebe für die Gemeinschaft hinzugeben.

Ich danke Gott für die soliden brüderlichen Bande, die bereits zwischen uns bestehen und die dieser sehr willkommene und kostbare Besuch weiter verstärkt. Sehr bedeutsame Schritte wurden bereits unternommen. Ihr verehrter Vorgänger, der Katholikos-Patriarch Mar Dinkha IV., dem ich vor zwei Jahren zu meiner Freude begegnen durfte, hat hier in Rom mit dem heiligen Johannes Paul II. die Gemeinsame christologische Erklärung unterzeichnet. Sie erlaubt uns, denselben Glauben an das Geheimnis der Menschwerdung zu bekennen. Dieses historische Ziel hat den Weg für unsere Pilgerschaft zur vollen Gemeinschaft geöffnet, ein Weg, den ich sehnlichst fortzusetzen wünsche. Ich möchte das Engagement der katholischen Kirche auf diesem Weg bekräftigen, damit unser bereits sehr fruchtbarer Dialog Fortschritte machen kann. In der Zukunft wird er beitragen können zur Wiederherstellung des vollen Einklangs, zum Wohl unserer Gemeinschaften, die häufig bereits in engem Kontakt leben. Ich wünsche von Herzen, dass die Gemeinsame Kommission für den theologischen Dialog zwischen der katholischen Kirche und der Assyrischen Kirche des Ostens uns helfen kann, den Weg zu diesem so ersehnten Tag zu ebnen, an dem wir das Opfer des Herrn am selben Altar feiern können als wirkliches Zeichen der vollkommen wiederhergestellten kirchlichen Gemeinschaft.

In der Zwischenzeit haben wir die Gelegenheit zügige Schritte zu gehen, indem wir in der gegenseitigen Kenntnis wachsen und gemeinsam das Evangelium bezeugen. Unsere Nähe möge Sauerteig der Einheit sein. Wir sind aufgerufen, in der karitativen Nächstenliebe zusammenzuarbeiten, wo immer dies möglich ist, so dass die Liebe den Weg der Gemeinschaft weisen möge. In der Taufe haben wir die Grundlage der realen Gemeinschaft unter uns wiederentdeckt. Katholiken und Assyrer, »alle wurden wir mit dem einen Geist getränkt« (1 Kor 12,13): Wir gehören zum einen Leib Christi und sind Brüder in ihm. In dieser Gewissheit gehen wir voran, indem wir vertrauensvoll gemeinsam auf dem Weg sind und im Gebet und vor allem am Altar des Herrn die Liebe nähren, die »alles zusammenhält und vollkommen macht« (Kol 3,14). Sie fügt Brüche wieder zusammen und heilt gerissene Wunden. Werden wir nicht müde, den Herrn, den göttlichen Arzt, zu bitten, die Wunden der Vergangenheit mit der wohltuenden Salbung seiner Barmherzigkeit zu heilen.

Es wird uns auch gut tun, die gemeinsame Erinnerung an unsere Evangelisierungstätigkeit zu erneuern. Sie findet ihre Wurzeln in der Gemeinschaft der frühen Kirche. Von dort ging die Verbreitung des Evangeliums aus, die in den Anfängen des Glaubens Rom und den Mesopotamischen Boden, Wiege uralter Zivilisationen, erreicht und blühende christliche Gemeinden ins Leben gerufen hat. Die großen Verkünder des Evangeliums von damals, die Heiligen und Märtyrer jeder Zeit, alle Mitbürger des himmlischen Jerusalem ermuntern uns und begleiten uns, damit wir jetzt gemeinsam fruchtbare Wege der Gemeinschaft und des Zeugnisses einschlagen.

Heiligkeit, lieber Bruder, mit Freude und Zuneigung möchte ich meiner Dankbarkeit für Ihren Besuch Ausdruck verleihen und für die Gnade, heute gemeinsam füreinander beten zu dürfen, um den Schutz und die Obhut des Herrn zu erflehen und darum zu bitten, dass sein barmherziger Wille von uns ganz und gar angenommen und brüderlich bezeugt werden möge.

 



Copyright © Dicastero per la Comunicazione - Libreria Editrice Vaticana