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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DIE TEILNEHMER DER VOLLVERSAMMLUNG DER
KONGREGATION FÜR DAS KATHOLISCHE BILDUNGSWESEN

Sala Clementina
Donnerstag, 9. Februar 2017

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Liebe Brüder und Schwestern!

Ich danke dem Kardinalpräfekten für seine Worte zur Einführung in diese Begegnung und begrüße herzlich die kürzlich ernannten Mitglieder der Kongregation für das Katholische Bildungswesen, unter ihnen auch den Präfekten selbst, der zum ersten Mal den Vorsitz in der Vollversammlung führt. Mein Gruß geht ebenso an die Mitglieder der Stiftung Gravissimum educationis, die erst vor kurzem errichtet wurde, um die Inhalte der Konzilsdeklaration besser bekanntzumachen.

In diesen Tagen habt ihr über viele Themen nachgedacht, um eine Bilanz der Arbeit des Dikasteriums in den letzten drei Jahren zu ziehen und um Leitlinien für zukünftiges Engagement abzustecken.

Ihr habt über die in die Kompetenz eurer Kongregation fallenden Bereiche des weiten Feldes der Bildung nachgedacht und über verschiedene wichtige Aspekte diskutiert, darunter die Ausbildung von Dozenten und Führungskräften sowie deren Weiterbildung auch im Hinblick auf die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Bildung und Formung, der unersetzliche Beitrag der Orden und die Unterstützung, die aus den Teilkirchen und von auf diesem Gebiet tätigen Organisationen kommen kann. Ein guter Teil eurer Arbeit war den kirchlichen und katholischen akademischen Einrichtungen gewidmet mit Blick auf die Aktualisierung der Apostolischen Konstitution Sapientia christiana, der Förderung von kirchenrechtlichen Studien in Bezug auf die Reform der Ehenichtigkeitsprozesse sowie der Unterstützung der Universitätspastoral. Außerdem habt ihr über die Zweckmäßigkeit der Erstellung von Richtlinien nachgedacht, um das Verantwortungsbewusstsein all jener zu stärken, die im anspruchsvollen Bereich der Bildung tätig sind.

Wie ich im Apostolischen Schreiben Evangelii gaudium gesagt habe, sind »die Universitäten ein bevorzugter Bereich, um dieses Engagement der Evangelisierung […] zu entfalten« und »die katholischen Schulen […] stellen einen sehr wertvollen Beitrag zur Evangelisierung der Kultur dar, auch in den Ländern und in den Städten, wo eine ungünstige Situation uns anregt, unsere Kreativität einzusetzen, um die geeigneten Wege zu finden« (Nr. 134). Aus dieser Perspektive der Evangelisierung möchte ich einige Erwartungen mit euch teilen. Angesichts eines aufdringlichen Individualismus, der menschlich verarmen und kulturell verkümmern lässt, ist es vor allem notwendig, die Bildung menschlicher zu machen. Schule und Universität haben ihren vollen Sinn nur in Zusammenhang mit der Formung der Persönlichkeit.

Alle in der Ausbildung Tätigen sind aufgerufen, mit ihrer Professionalität und dem Reichtum an Menschlichkeit, deren Träger sie sind, zu diesem menschlichen Wachstumsprozess beizutragen, um den jungen Menschen zu helfen, Erbauer einer solidarischeren und friedlicheren Welt zu sein. Und noch mehr haben die katholischen Bildungseinrichtungen die Aufgabe, Perspektiven anzubieten, die für die Transzendenz offen sind. Gravissimum educationis, erinnert daran, dass die Bildung im Dienst eines ganzheitlichen Humanismus steht und dass die Kirche als Mutter und Erzieherin die jungen Generationen stets sieht aus der Perspektive der »Bildung der menschlichen Person in Hinordnung auf ihr letztes Ziel, zugleich aber auch auf das Wohl der Gemeinschaften, deren Glied der Mensch ist und an deren Aufgaben er als Erwachsener einmal Anteil erhalten soll« (Nr. 1).

Eine weitere Erwartung ist, dass die Kultur des Dialogs wachsen möge. Unsere Welt ist ein globales Dorf mit zahlreichen interaktiven Prozessen geworden, in dem jeder zur Menschheit gehört und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft mit der gesamten Völkerfamilie teilt. Zugleich gibt es leider auch sehr viele Formen von Gewalt, Armut, Ausbeutung, Diskriminierung, Ausgrenzung, beschränktem Zugang zu den Grundfreiheiten, die eine Kultur des Ausschlusses fördern.

In diesem Kontext sind die katholischen Bildungseinrichtungen an vorderster Front gerufen, die Grammatik des Dialogs zu praktizieren, die zur Begegnung und zur Wertschätzung der kulturellen und religiösen Verschiedenheit befähigt und heranbildet. Denn der Dialog wirkt erzieherisch, wenn der Mensch anderen mit Achtung, Wertschätzung, aufrichtigem Zuhören begegnet und sich authentisch ausdrückt, ohne die eigene, vom Evangelium geprägte Identität zu verschleiern oder abzuschwächen. Dabei ermutigt uns die Überzeugung, dass die jungen, christlich zum Dialog erzogenen Generationen die Schulklassen und Hörsäle mit der Motivation verlassen werden, Brücken zu bauen und so neue Antworten auf die vielen Herausforderungen unserer Zeit zu finden. Insbesondere sind die Schulen und Universitäten aufgerufen, eine Methode des intellektuellen Dialogs zu lehren, die auf die Suche nach der Wahrheit abzielt. Der heilige Thomas war und ist immer noch Meister dieser Methode, die darin besteht, den anderen, den Gesprächspartner ernst zu nehmen, indem man sich bemüht, seine Gründe, seine Einwände bis ins Tiefste zu verstehen, um nicht oberflächlich, sondern angemessen antworten zu können. Nur so kann man wirklich gemeinsam in der Kenntnis der Wahrheit Fortschritte machen.

Da ist noch eine weitere und letzte Erwartung, die ich mit euch teilen möchte: der Beitrag, den Ausbildung und Erziehung leisten können, um Hoffnung zu säen. Der Mensch kann nicht ohne Hoffnung leben und Bildung weckt Hoffnung. Denn Bildung bedeutet: entstehen, wachsen lassen, sie steht in der Dynamik des Leben-Schenkens. Und Leben, das geboren wird, ist die sprudelndste Quelle der Hoffnung: ein Leben, das ausgerichtet ist auf die Suche nach dem Schönen, dem Guten, dem Wahren und nach der Gemeinschaft mit den anderen für ein gemeinsames Wachstum. Ich bin überzeugt, dass die Jugendlichen  von heute vor allem dieses Leben brauchen, das die Zukunft aufbaut. Deshalb ist der wahre Erzieher und Ausbilder wie ein Vater und eine Mutter, die zukunftsfähiges Leben weitergeben.

Um so zu sein, muss man den Jugendlichen zuhören: die »Arbeit der Ohren«. Den Jugendlichen zuhören! Und das werden wir besonders bei der nächsten Bischofssynode tun, die ihnen gewidmet ist. Die Bildung hat dann mit der Hoffnung auch den »Stoff« des Risikos gemeinsam. Hoffnung ist kein oberflächlicher Optimismus und nicht einmal die Fähigkeit, die Dinge wohlwollend zu betrachten, sondern vielmehr besteht sie darin, in richtiger Weise etwas riskieren zu wissen, genau wie die Bildung.

Liebe Brüder und Schwestern, die katholischen Schulen und Universitäten leisten einen großen Beitrag zur Sendung der Kirche, wenn sie im Dialog und in der Hoffnung dem Wachsen an Menschlichkeit dienen. Ich danke euch für eure Arbeit, um aus den Bildungseinrichtungen Orte und Erfahrungen der Evangelisierung zu machen. Auf die Fürsprache der Jungfrau Maria, »Sedes Sapientiae«, rufe ich den Heiligen Geist auf euch herab, damit er eurem Dienst zugunsten der Bildung Wirksamkeit verleihen möge. Ich bitte euch, für mich zu beten, und segne euch von Herzen. Danke!

 



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