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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DIE ITALIENISCHEN VEREINIGUNG FÜR DIE FREIWILLIGE
ORGAN-, GEWEBE- UND ZELLENSPENDE
 (AIDO) 

Clementina-Saal
Samstag, 13. April 2019

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Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

Ich freue mich Sie, die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Italienischen Vereinigung für die freiwillige Organ-, Gewebe und Zellspende (AIDO), zu begrüßen. Sie sind hier versammelt als Vertreter von Tausenden von Menschen, die sich entschlossen haben, die Werte des unentgeltlichen Miteinander-Teilens und Spendens zu bezeugen und zu verbreiten. Ich begrüße alle sehr herzlich und danke Ihrer Präsidentin, Flavia Petrin, für die Worte, mit denen sie diese Begegnung eingeleitet hat.

Die Entwicklungen der Transplantationsmedizin haben es ermöglicht, nach dem Tod und in gewissen Fällen auch zu Lebzeiten (wie zum Beispiel im Fall der Niere) Organe zu spenden, um andere Menschenleben zu retten; um den Gesundheitszustand vieler kranker Menschen, die keine andere Alternative haben, zu bewahren, wiederherzustellen und zu verbessern. Die Organspende antwortet auf eine gesellschaftliche Notwendigkeit, denn trotz der Entwicklung vieler Behandlungsmethoden ist der Bedarf an Organen auch weiterhin groß. Die Bedeutung der Spende für den Spender, für den Empfänger, für die Gesellschaft erschöpft sich jedoch nicht in ihrem »Nutzen«, denn es handelt sich um zutiefst menschliche Erfahrungen voll Liebe und Selbstlosigkeit.

Die Spende bedeutet, über sich selbst hinauszublicken, über die individuellen Bedürfnisse hinauszugehen und sich großherzig zu öffnen gegenüber einem größeren Gut. In dieser Perspektive ist die Organspende nicht nur ein Akt der sozialen Verantwortung, sondern auch Ausdruck der universalen Brüderlichkeit, die alle Männer und Frauen miteinander verbindet. In diesem Zusammenhang lehrt der Katechismus der Katholischen Kirche: »Die unentgeltliche Organspende nach dem Tode ist erlaubt und kann verdienstvoll sein« (Nr. 2301). Sie sollte als Akt großherziger Solidarität unterstützt werden. Kraft der dem Menschen innewohnenden Dimension der Beziehung verwirklicht jeder von uns sich selbst auch durch die Teilhabe an der Verwirklichung des Wohles anderer. Jedes Subjekt ist nicht nur ein Gut für sich selbst, sondern für die ganze Gesellschaft; daher hat das Bemühen um die Erlangung des Wohls des Nächsten große Bedeutung.

In der Enzyklika Evangelium vitae hat der heilige Johannes Paul II. uns in Erinnerung gerufen: Unter den Gesten, die dazu beitragen, eine echte Kultur des Lebens zu fördern, »verdient die in ethisch annehmbaren Formen« – das muss betont werden – »durchgeführte Organspende besondere Wertschätzung, um Kranken, die bisweilen jeder Hoffnung beraubt sind, die Möglichkeit der Gesundheit oder sogar des Lebens anzubieten « (Nr. 86). Darum ist es wichtig, die Organspende unentgeltlich zu erhalten, keine Bezahlung dafür zu nehmen. Denn jede Form der Vermarktung des Leibes oder eines Teils von ihm widerspricht der Würde des Menschen. Wenn man Blut oder ein Organ des Leibes spendet, ist es notwendig, die ethische und religiöse Perspektive zu achten.

Für jene, die keinen religiösen Glauben haben, muss die Geste gegenüber den notleidenden Brüdern und Schwestern auf der Grundlage eines Ideals uneigennütziger menschlicher Solidarität durchgeführt werden. Die Gläubigen sind aufgerufen, sie als Opfer für den Herrn zu leben, der sich identifiziert hat mit jenen, die aufgrund von Krankheit, Verkehrs- oder Berufsunfällen leiden. Für die Jünger Jesu ist es schön, die eigenen Organe hinzugeben, innerhalb der gesetzlich und moralisch zugelassenen Grenzen, denn es handelt sich um eine Opfergabe an den leidenden Herrn, der gesagt hat, dass wir das, was wir für einen notleidenden Bruder getan haben, ihm getan haben (vgl. Mt 25,40).

Es ist also wichtig, eine Spendenkultur zu fördern, die durch Information, Sensibilisierung und Ihren beständigen und geschätzten Einsatz diese Hingabe eines Teils des eigenen Leibes ohne unverhältnismäßige Gefahren oder Folgen unterstützt, in der Spende zu Lebzeiten sowie aller Organe nach dem eigenen Tod. Aus unserem Tod und aus unserem Opfer können Leben und Gesundheit anderer entstehen, die krank sind und leiden. So trägt man dazu bei, eine Kultur der Hilfe, der Hingabe, der Hoffnung und des Lebens zu stärken. Angesichts der Bedrohungen des Lebens, denen wir leider täglich zusehen müssen, wie im Fall von Abtreibung und Euthanasie – um nur den Beginn und das Ende des Lebens zu erwähnen –, braucht die Gesellschaft diese konkreten Gesten der Solidarität und der großherzigen Liebe, um verständlich zu machen, dass das Leben etwas Heiliges ist.

Ich ermutige Sie, Ihre Bemühungen fortzusetzen, das Leben durch die wunderbaren Mittel der Organspende zu verteidigen und zu fördern. Ich möchte gern die Worte Jesu in Erinnerung rufen: »Gebt, dann wird auch euch gegeben werden! Ein gutes, volles, gehäuftes, überfließendes Maß« – der Herr spart hier nicht an Adjektiven – »wird man euch in den Schoß legen« (Lk 6,38). Wir werden von Gott unseren Lohn erhalten, der aufrichtigen und konkreten Liebe entsprechend, die wir unserem Nächsten erwiesen haben. Der Herr stütze Sie in Ihren guten Anliegen. Meinerseits begleite ich Sie mit meiner Menschlichkeit und meinem Segen. Danke.

 



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