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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DIE PRÄSIDENTEN DER UNION DER ITALIENISCHEN PROVINZEN

Clementina-Saal
Samstag, 27. April 2019

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Liebe Brüder und Schwestern,
guten Tag!

Ich heiße euch herzlich willkommen und danke dem Präsidenten für die freundlichen Worte, mit denen er diese Begegnung eingeleitet hat. Ich danke euch auch für die großherzige Spende, die ihr dem Päpstlichen Almosenamt gemacht habt, als Beitrag zur Unterstützung der vielen Notleidenden. Das gibt mir den Ansatzpunkt, um mein Gespräch mit euch aus dieser Perspektive heraus zu beginnen.

Unsere Zeit ist geprägt von der immer rascheren Entwicklung anspruchsvoller Technologien sowie vom Fortschritt der wissenschaftlichen Forschung in den verschiedensten Bereichen. Man könnte daher annehmen, dass Wissenschaft, Technik und die freie Initiative des Einzelnen in der Lage sind, eine nachhaltige Antwort auf die verschiedenen Bedürfnisse des Menschen und der Gesellschaft zu geben und das Entstehen jeglicher Ausgrenzung zu verhindern und eine harmonische Gesellschaft ins Leben zu rufen, ohne Blasen der Armut und der Ausgrenzung.

Die Wirklichkeit sieht jedoch komplexer aus. Den zunehmenden Möglichkeiten stehen parallel zunehmende Bedürfnisse entgegen, die gestillt werden müssen, Bereiche, in denen man beherzt eingreifen muss, Probleme, die Beachtung verdienen, durch den Einsatz ungeheurer Kräfte und Ressourcen, um mögliche Lösungen zu finden. Neben dem Wohl und den positiven Entwicklungen, die sich in verschiedenen Bereichen verzeichnen lassen, bleiben auch weiterhin Ungleichgewicht und Ausgrenzungen vorhanden – manchmal nehmen diese sogar zu –, die des intelligenten und solidarischen Einsatzes aller bedürfen, um ihnen angemessen zu begegnen. Zu diesem Zweck ist sowohl die Arbeit von Gruppen und Verbänden der Zivilgesellschaft als auch die bewusste und beständige Tätigkeit der verschiedenen Ebenen der öffentlichen Hand erforderlich.

Die Provinzen sind Ausdruck einer dieser Ebenen, in die die öffentliche Hand sich aufteilt, und sie sind sehr geschichtsträchtig. Denn sie entstehen aus der Zusammenfügung von Gebieten mit historisch und kulturell einheitlichem Gefüge. Das erklärt ihre Langlebigkeit ebenso wie ihre Eignung, eine notwendige Verwaltungseinheit darzustellen, auch wenn die Merkmale, die besonderen Machtbefugnisse und auch die unterschiedlichen Formen der Wahl ihrer Vertreter sich verändern. Indem sie den Schutz der örtlichen Instanzen bei der Regierung, im Parlament und bei den wirtschaftlichen und sozialen Kräften fördern, stellen sie ein verbindendes Element dar, das Ansporn gibt zu einem größeren Einsatz für jene Bedürfnisse, die von den örtlichen Gemeinden am stärksten verspürt werden. Die Bereiche, in denen die italienischen Provinzen ihre Zuständigkeit gegenwärtig entfalten, sind hauptsächlich Maßnahmen zum Bodenschutz sowie zur Konsolidierung gefährdeter Zonen, zur Instandhaltung eines flächendeckenden Straßennetzes, das kleine und kleinste Orte mit den größeren Städten verbindet, sowie zur Verwaltung der höheren Schulen, deren Sicherheit und Funktionsfähigkeit gewährleistet werden müssen.

Genauer betrachtet handelt es sich um Aufgaben, die zwar in verschiedenen Sektoren stattfinden, aber letztlich ein Ziel vor Augen haben: zu gewährleisten, dass der Zustand der Umwelt sowie der Straßen und Schulen sich nicht durch Vernachlässigung, durch Mangel an der notwendigen Instandhaltung oder durch die Aufschiebung unverzichtbarer Maßnahmen verschlechtert, um Umwelt- oder Gebäudeschäden und die damit verbundenen Gefahren zu vermeiden. Diese umfassende Tätigkeit setzt Planungsfähigkeit, ständigen Einsatz und die angemessene Verfügbarkeit von Ressourcen voraus, die notwendig sind, um den Aufgaben regulär nachzukommen. Um das in die Tat umzusetzen, ist es jedoch notwendig, ein klareres Umweltbewusstsein zu fördern und zu verbreiten. Die Bedeutung der Sorge um das gemeinsame Haus in all ihren Facetten muss sowohl von den einzelnen Bürgern als auch von ihren Vertretern in den Institutionen immer mehr verspürt werden.

Dann wird es auch möglich sein, größere Mittel zu finden, die der Sorge für die Umwelt und der Instandhaltung von Gebäude gewidmet werden, und dies nicht nur als Bürde zu sehen, die man ertragen muss, sondern als Gelegenheit zu einer konkreten und echten Entwicklung. Für eine effektive Verbesserung der Lebensqualität, zur Vermeidung möglicher Dramen und ihrer enormen menschlichen und wirtschaftlichen Kosten infolge von Nachlässigkeit oder Unbedachtsamkeit, sowie zur Gewährleistung dauerhafte Perspektiven zur nachhaltigen Entwicklung ist es notwendig, die Instandhaltung und die Sicherung der Schulen, der Straßen und der Umwelt als eine zentrale Frage zu betrachten, der die ganze Aufmerksamkeit, die sie verdient und erfordert, gewidmet werden muss.

Gerade aufgrund ihrer langen Geschichte, der tendenziellen Einheitlichkeit ihrer jeweiligen Territorien und der Fähigkeiten, über die sie verfügen, sind die Provinzen sich all dessen ganz besonders bewusst. Ihr wisst, wie wichtig für das Gemeinwohl die Umsetzung von Projekten und politischen Maßnahmen ist, die nicht die Vernachlässigung oder Ausbeutung der Umwelt fördern, sondern auf ihre aufmerksame Bewahrung und darauf, ihr Potential und ihre besonderen Charakteristiken hervorzuheben, ausgerichtet sind – ohne grünes Licht zu geben für Umweltzerstörungen oder die gedankenlose Ausbeutung landschaftlicher, historischer und natürlicher Ressourcen. Ihr wisst, wie wichtig sichere Schulen und Straßen für den geregelten Ablauf des zivilen Lebens sind, als unverzichtbarer Hintergrund jeder geordneten Entwicklung.

Ihr wisst, wie beträchtlich die Ersparnis und der daraus folgende wirtschaftliche Vorteil für eine Gemeinschaft sein kann, wenn diese die Weisheit besitzt, Geld und menschliche Ressourcen einzusetzen, um Instabilität, Missständen und Verfall vorzubeugen. Ich kann euch allen daher nur wünschen, mit Mut und Entschlossenheit eure Arbeit fortzusetzen, um die Provinzen zur Vorhut und zum Antrieb einer Denkweise zu machen, die sich eine wirklich nachhaltige Entwicklung zum Ziel setzt und sich harmonisch einfügt in das enorme Netz von Beziehungen und Errungenschaften, die von der Natur, der Geschichte, der Arbeit und dem Erfindungsreichtum der Generationen vor uns geschaffen wurden. Danke, ich danke euch allen für diese Begegnung. Ich bete für euch, und vergesst ihr nicht, für mich zu beten. Danke.

 



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