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ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
AN DAS GERICHT DER RÖMISCHEN ROTA
ZUR ERÖFFNUNG DES GERICHTSJAHRES
 

Sala Clementina
Dienstag, 29. Januar 2019

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Exzellenz,
liebe Prälaten-Auditoren!

An einen jeden von euch richte ich meinen herzlichen Gruß, angefangen beim Dekan, dem ich für seine Worte danke. Ich begrüße alle, die an dieser Begegnung teilnehmen: die Beamten, die Anwälte und die weiteren Mitarbeiter des Apostolischen Gerichtshofs der Römischen Rota. Allen bringe ich aufrichtige gute Wünsche für das Gerichtsjahr zum Ausdruck, das wir heute eröffnen.

Die Gesellschaft, in der wir leben, ist immer mehr säkularisiert und fördert das Wachstum des Glaubens nicht. Infolgedessen tun sich die katholischen Gläubigen schwer, einen Lebensstil zu bezeugen, der dem Evangelium entspricht, auch was das Sakrament der Ehe betrifft. In diesem Zusammenhang ist es erforderlich, dass die Kirche in all ihren Ausdrucksformen einträchtig handelt, um angemessene geistliche und pastorale Unterstützung zu bieten. Bei der täglichen Amtsführung im Dienst der christlichen Ehe macht ihr Erfahrungen mit zwei grundlegenden Eckpfeilern nicht nur der Theologie und des kirchlichen Eherechts, sondern auch und vor allem des Wesens der Kirche selbst: mit der Einheit und der Treue.

Denn diese beiden Güter der Ehe müssen nicht nur rechtliche Verpflichtungen, sondern – und gerade um rechtliche Verpflichtungen zu sein – Erscheinungsformen des Taufglaubens sein. Um eine Ehe gültig zu schließen, muss bei jedem der Brautleute eine volle Einheit und Harmonie mit dem anderen hergestellt werden, damit die beiden Eheleute durch den gegenseitigen Austausch des jeweiligen menschlichen, sittlichen und geistlichen Reichtums – gleichsam wie kommunizierende Gefäße – eins werden. Die Ehe verlangt auch eine Verpflichtung zur Treue, die das ganze Leben umfaßt und dieses dauerhaft zum »consortium totius vitae« (Can. 1135) werden lässt. Einheit und Treue sind zwei wichtige und notwendige Werte nicht nur zwischen den Eheleuten, sondern in den zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Beziehungen allgemein.

Wir alle wissen um die Missstände, die im zivilen Zusammenleben von nicht eingehaltenen Versprechen sowie von Mangel an Treue zum gegebenen Wort und zu den übernommenen Verpflichtungen hervorgerufen werden. Die Einheit und die Treue. Diese zwei unverzichtbaren und grundlegenden Güter der Ehe müssen den zukünftigen Eheleuten nicht nur angemessen erläutert werden, sondern sie spornen das pastorale Handeln der Kirche an, besonders der Bischöfe und der Priester, um die Familie auf den verschiedenen Abschnitten ihrer Entstehung und Entwicklung zu begleiten. Dieses pastorale Handeln darf sich natürlich nicht auf die Ausführung der vorgesehenen Vorgänge beschränken,

wenngleich diese notwendig sind und mit Sorgfalt durchgeführt werden müssen. Es bedarf einer dreifachen Vorbereitung auf die Ehe: einer langfristigen, einer kurzfristigen und einer dauerhaften Vorbereitung. Letztere sollte in ernsthafter und strukturierter Form die verschiedenen Abschnitte des Ehelebens umfassen, durch eine sorgfältige Heranbildung, die darauf ausgerichtet ist, bei den Eheleuten das Bewußtsein um die ihrer Berufung eigenen Werte und Pflichten wachsen zu lassen.

Die wichtigsten Subjekte dieser Heranbildung zur Ehe sind kraft ihres Amtes und Dienstes die Hirten; dennoch ist es mehr als angebracht, ja sogar notwendig, die kirchlichen Gemeinschaften in ihren verschiedenen Bestandteilen einzubeziehen; sie sind mitverantwortlich für diese Pastoral unter der Leitung des Diözesanbischofs und des Pfarrers. Es ist also eine solidarische Verpflichtung, wobei die Hirten die Hauptverantwortung tragen, unter aktiver Beteiligung der Gemeinde zur Förderung der Ehe und Begleitung der Familien durch Unterstützung im geistlichen Leben und in der Weiterbildung.

Um diese pastorale Notwendigkeit zu verstehen, wird es uns guttun, in der Heiligen Schrift die Erfahrung der heiligen Eheleute Aquila und Priscilla zu betrachten. Sie gehörten zu den treuesten Gefährten der Sendung des heiligen Paulus, der sie mit großer Zuneigung als seine »synergoi« bezeichnet, also als vollwertige Mitarbeiter der Sorge und der Arbeit des Apostels. Man ist betroffen und bewegt von dieser hohen Anerkennung des missionarischen Werks dieser Eheleute durch Paulus; und gleichzeitig kann man erkennen,

dass dieses Zusammenwirken eine kostbare Gabe des Heiligen Geistes an die ersten christlichen Gemeinden ist. Bitten wir also den Heiligen Geist, dass er auch heute der Kirche Priester schenken möge, die in der Lage sind, die Charismen der Eheleute mit festem Glauben und apostolischem Geist wie Aquila und Priscilla anzuerkennen und wertzuschätzen.

Die beständige und dauerhafte pastorale Sorge der Kirche für das Wohl von Ehe und Familie muss mit den verschiedenen pastoralen Mitteln verwirklicht werden: Annäherung an das Wort Gottes, besonders durch die »lectio divina«; Katechesetreffen; Teilnahmen an der Feier der Sakramente, vor allem der Eucharistie; Gespräch und geistliche Begleitung; Teilnahme an Familiengruppen und an karitativen Diensten, um die Auseinandersetzung mit anderen Familien und die Öffnung gegenüber den Nöten der Benachteiligten zu entwickeln. Andererseits stellen die Ehepaare, die ihre Ehe in großherziger Einheit und treuer Liebe leben und einander stützen, mit der Gnade des Herrn und mit der notwendigen Unterstützung der kirchlichen Gemeinschaft, ihrerseits eine wertvolle pastorale Hilfe für die Kirche  dar. Denn sie bieten allen ein Vorbild wahrer Liebe und werden zu Zeugen und Mitarbeitern der Fruchtbarkeit der Kirche.

Tatsächlich sind viele christliche Eheleute eine stille Predigt für viele, eine »Wochentagspredigt « würde ich sagen, eine alltägliche Predigt, und wir müssen leider feststellen, dass ein Ehepaar, das seit vielen Jahren zusammenlebt, keine Schlagzeilen macht – das ist traurig –, während Skandale, Trennungen, Scheidungen Schlagzeilen machen… (vgl. Predigt in Santa Marta, Freitag, 25. Mai 2018).

Die Ehepaare, die in Einheit und Treue leben, spiegeln das Abbild und Gleichnis Gottes gut wider. Das ist die gute Nachricht: dass die Treue möglich ist, weil sie ein Geschenk ist, bei den Ehepaaren ebenso wie bei den Priestern. Das ist die Nachricht, die auch den treuen und mit der Liebe des Evangeliums erfüllten Dienst der Bischöfe und Priester stärker und trostreicher machen sollte; so wie die eheliche Liebe und Treue des Ehepaars Aquila und Priscilla für Paulus und Apollos ein Trost gewesen ist.

Liebe Prälaten-Auditoren, ich bringe erneut einem jeden meinen Dank zum Ausdruck für das Gute, das ihr dem Gottesvolk tut, indem ihr durch eure Urteile der Gerechtigkeit dient. Neben der Bedeutung des Urteils an sich für die interessierten Parteien tragen sie dazu bei, das Eherecht richtig auszulegen. Dieses Recht steht im Dienst der »salus animarum« und des Glaubens der Eheleute. Man versteht daher die genaue Bezugnahme der Urteile der Rota auf die Prinzipien der katholischen Lehre, was die natürliche Vorstellung von der Ehe betrifft, mit den entsprechenden Pflichten und Rechten, und noch mehr, was ihre sakramentale Wirklichkeit betrifft.

Herzlichen Dank für eure Arbeit! Ich rufe auf  sie den göttlichen Beistand herab und erteile euch von Herzen den Apostolischen Segen. Und bitte vergeßt nicht, für mich zu beten. Danke!

 



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