Index   Back Top Print

[ DE  - EN  - FR  - IT  - PT ]

.ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS 
BEI DER VERSAMMLUNG DER UNION DER HILFSWERKE 
FÜR DIE ORIENTALISCHEN KIRCHEN (R.O.A.C.O.)

Konsistoriensaal
Montag, 10. Juni 2019

[Multimedia]


 

Liebe Freunde!

Ich freue mich, euch zu Beginn der Arbeiten der 92. Vollversammlung der ROACO begrüßen zu dürfen. Ich grüße Kardinal Leonardo Sandri und danke ihm für die Worte, die er an mich gerichtet hat, und mit ihm allen Mitarbeitern des Dikasteriums und euch, den Mitgliedern der Hilfswerke, die ihr euch aus aller Welt kommend versammelt, da euch die Gegenwart und die Zukunft der katholischen Orientalischen Kirchen am Herzen liegen.

Seit unserer letzten Begegnung gab es auch für mich mehrere Gelegenheiten, mit Realitäten in Kontakt zu kommen, die mit der Arbeit der Kongregation und der eines jeden von euch zu tun haben: Ich denke an die jüngsten Apostolischen Reisen nach Bulgarien, Nordmazedonien und Rumänien, aber vor allem an den großen Tag des Gebets und des Dialogs mit meinen Brüdern, den Patriarchen des Nahen Ostens, am vergangenen 7. Juli in Bari.

In diesen Tagen werden euch die Beiträge der Päpstlichen Vertreter einiger Länder sowie auch der ausgewählten Referenten helfen, den Schrei der vielen zu hören, die in diesen Jahren der Hoffnung beraubt wurden. Ich denke erneut voller Trauer an das Drama Syriens und an die dunklen Wolken, die dort über einigen noch instabilen Gebieten wieder aufzutauchen scheinen, wo das Risiko einer noch größeren humanitären Krise weiterhin hoch ist. Diejenigen, die nichts zu essen haben, die keine medizinische Versorgung haben, die keine Schule haben, die Waisen, die Verwundeten und die Witwen erheben ihre Stimme zum Himmel. Auch wenn die Herzen der Menschen gefühllos sind, so trifft dies sicher nicht auf das Herz Gottes zu, das verletzt wird von Hass und Gewalt, die unter seinen Geschöpfen ausbrechen können, und das immer berührt wird und Sorge trägt mit der Zärtlichkeit und Stärke eines schützenden und führenden Vaters. Aber mitunter denke ich auch an den Zorn Gottes, der sich über die Verantwortlichen jener Länder entladen wird, die über Frieden reden und Waffen verkaufen, um diese Kriege zu führen. Diese Heuchelei ist eine Sünde.

Ein eindringlicher Gedanke begleitet mich, wenn ich an den Irak denke, wohin ich nächstes Jahr gerne reisen möchte: dass durch die friedliche und gemeinsame Teilnahme auch aller religiösen Komponenten der Gesellschaft am Aufbau des Gemeinwohls das Land nach vorne schauen und nicht in Spannungen zurückfallen möge, die aus den nie zur Ruhe gekommenen Konflikten der regionalen Mächte stammen. Und ich vergesse die Ukraine nicht: dass die Bevölkerung Frieden finden möge, deren vom Konflikt verursachte Wunden ich durch die karitative Initiative zu lindern versucht habe, zu der viele kirchliche Realitäten ihren Beitrag geleistet haben. Für das Heilige Land hoffe ich, dass die jüngste Ankündigung einer zweiten Phase des Studiums der Restaurierungsarbeiten des Heiligen Grabes, bei denen die christlichen Gemeinschaften des Status quo Seite an Seite stehen, von den aufrichtigen Bemühungen aller lokalen und internationalen Akteure für ein baldiges friedliches Zusammenleben in Achtung aller Bewohner jenes Landes begleitet werde, für alle ein Zeichen des Segens des Herrn.

Es erhebt sich der Schrei der Menschen auf der Flucht, die sich auf den Schiffen drängen, auf der Suche nach Hoffnung, wobei sie nicht wissen, welche Häfen sie aufnehmen werden, und das in einem Europa, das die Häfen für Schiffe öffnet, die hoch entwickelte und teure Waffen laden, welche Verwüstungen anrichten können, die selbst Kinder nicht verschonen. Das ist die Heuchelei, von der ich gesprochen habe. Wir sind uns hier bewusst, dass der Schrei Abels zu Gott aufsteigt, woran wir gerade vor einem Jahr in Bari erinnert haben, als wir gemeinsam für unsere Gläubigen des Nahen Ostens beteten.

Zusammen mit der Klage und dem Weinen werdet ihr in diesen Tagen auch Stimmen der Hoffnung und des Trostes hören: Sie sind das Echo dieses unermüdlichen Werks der Nächstenliebe, ermöglicht auch von jedem von euch und den Organismen, die ihr vertretet. Es offenbart das Antlitz der Kirche und trägt dazu bei, sie lebendig zu machen, besonders indem sie die Hoffnung der jungen Generationen beseelt. Die jungen Menschen haben das Recht, dass ihnen das faszinierende und fordernde Wort Christi verkündet wird, und – worüber wir uns bei der Versammlung der Bischofssynode im Oktober letzten Jahres ausgetauscht haben – wenn sie einem authentischen und glaubwürdigen Zeugen begegnen, dann haben sie keine Angst, ihm zu folgen und sich selbst die Frage ihrer Berufung zu stellen.

Ich bitte euch, das Engagement fortzusetzen und zu verstärken, damit die jungen Menschen in den von euch unterstützten Ländern und Situationen menschlich wachsen können, frei von ideologischen Kolonialisierungen, mit offenem Herzen und offenem Verstand, während sie ihre nationalen und kirchlichen Wurzeln wertschätzen und eine Zukunft des Friedens und des Wohlstandes anstreben, der niemanden zurücklässt und niemanden diskriminiert. Nach dem so lang ersehnten Frieden zwischen den beiden Ländern und nachdem die Waffen zum Schweigen gekommen sind, spüren die jungen Menschen in Äthiopien und Eritrea in diesem Jahr die Wahrheit der Worte des Psalms: »Du hast mein Klagen in Tanzen verwandelt« (30,12). Ich bin sicher, dass die jungen Menschen stark den Aufruf zu jener aufrichtigen und respektvollen Brüderlichkeit gegenüber jedem Menschen spüren, zu der wir in dem in Abu Dhabi gemeinsam mit dem Großimam von Al-Ahzar unterzeichneten Dokument aufgerufen haben. Helft mir, es bekannt zu machen und jenen darin enthaltenen guten Bund für die Zukunft der Menschheit zu verbreiten. Und wir wollen uns alle dafür einsetzen, jene Wirklichkeiten zu bewahren, die diese Botschaft seit Jahren leben, verbunden mit einem besonderen Gedanken an die Bildungseinrichtungen, Schulen und Universitäten, die besonders im Libanon und im gesamten Nahen Osten so wertvoll sind, authentische Werkstätten für das Zusammenleben und Schulen der Menschlichkeit, zu denen alle leicht Zugang finden sollen. Ich danke euch für alles, was ihr tut. Ich bete für euch. Und bitte betet auch ihr weiter für mich. Danke.

 



Copyright © Dicastero per la Comunicazione - Libreria Editrice Vaticana