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APOSTOLISCHE REISE VON PAPST FRANZISKUS
NACH THAILAND UND JAPAN
(19. - 26. NOVEMBER 2019)

PRESSEKONFERENZ MIT DEM HEILIGEN VATER AUF DEM RÜCKFLUG NACH ROM

Dienstag, 26. November 2019

[Multimedia]


 

 

Matteo Bruni:

Guten Tag Ihnen allen, guten Tag, Heiliger Vater. Es war eine intensive und auch anstrengende Reise – für die Journalisten und sicher auch für Sie, Heiligkeit. Es war eine schöne Reise, mit vielen Höhepunkten und einer ganzen Reihe von Dingen, die zu sagen wären; es gab viele Ansprachen. Nun gibt es diese Begegnung mit der Presse. Vielleicht möchten Sie zu Beginn das Wort an uns richten …

Papst Franziskus:

Ich danke Ihnen für Ihre Arbeit, denn es war wirklich eine intensive Reise, auch mit einem Wechsel der Art nach: Thailand nämlich war eine Sache, Japan eine andere. Man kann die Dinge nicht unter der gleichen Kategorie beurteilen; die Gegebenheiten sind nach den Kategorien zu bewerten, die aus der jeweiligen Wirklichkeit hervorgehen. Und das waren zwei völlig verschiedene Wirklichkeiten. Deshalb ist eine doppelte Arbeit nötig; ich danke Ihnen dafür und auch für die sehr intensiven Reisetage. Ich glaube, es ist eine harte Arbeit gewesen. Dafür bedanke ich mich. Ich habe mich Ihnen nahe gefühlt bei dieser Arbeit. Danke.

Matteo Bruni:

Die erste Frage kommt von Pater Yamamoto von „Catholic Shimbum“.

Pater Makoto Yamamoto (Catholic Shimbum):

Guten Abend, Heiliger Vater. Ich danke Ihnen von Herzen, dass Sie von so weit her nach Japan gekommen sind. Ich bin ein Diözesanpriester aus Fukuoka ganz in der Nähe von Nagasaki. Ich möchte Sie Folgendes fragen: Sie haben Nagasaki und Hiroshima besucht. Heiliger Vater, was haben Sie dabei empfunden? Und noch etwas anderes wollte ich Sie fragen: Können die Gesellschaft und die Kirche des Westens etwas von der Gesellschaft und der Kirche des Ostens lernen?

Papst Franziskus:

Ich beginne mit der zweiten Frage: Es gibt eine Sache, die mir vieles klargemacht hat, eine Redensart: „Lux ex Oriente, ex Occidente luxus“. Das Licht kommt aus dem Osten, der Luxus, das Konsumdenken kommt aus dem Westen. Es gibt eben diese Weisheit des Ostens, die nicht nur eine Weisheit des Denkens ist, es ist eine Weisheit der Zeiten, eine Weisheit der Kontemplation. Der Gesellschaft des Westens, die immer und zu sehr in Eile ist, würde es sehr helfen, wenn sie ein wenig die Kontemplation lernte, die Fähigkeit, innezuhalten und die Dinge auch poetisch zu betrachten. Wissen Sie, wenn ich darüber nachdenke – das ist meine persönliche Meinung –, glaube ich, dass es dem Westen ein wenig an Poesie fehlt. Es gibt dort wunderschöne poetische Werke, aber der Osten geht weiter. Der Osten ist fähig, die Dinge mit Augen zu betrachten, die weiter schauen; ich möchte nicht das Wort „transzendent“ gebrauchen, weil einige östliche Religionen sich nicht auf die Transzendenz beziehen. Gewiss kennen sie eine Schau über die Grenzen des Immanenten hinaus, doch ohne es Transzendenz zu nennen, einfach weiter. Daher spreche ich von „Poesie“, von dem, was absichtslos ist, einem Suchen der eigenen Vollkommenheit im Fasten, in den Bußübungen und auch in der Lektüre der Schriften der östlichen Weisen. Ich glaube, es würde uns Menschen im Westen guttun, ein wenig inne zu halten und der Weisheit Zeit zu geben. Die Kultur der Eile hat die Kultur des „ein wenig Einhaltens“ nötig. Halte ein wenig inne! Ich weiß nicht, ob dies hilft, um den Unterschied deutlich zu machen und um uns klarwerden, wessen wir bedürfen.

Zur ersten Frage: Nagasaki und Hiroshima. Beide haben einen Atombombenabwurf erlitten, und das macht sie ähnlich. Aber es gibt einen Unterschied. Nagasaki hat nicht nur die Bombe gehabt, sondern auch die Christen. Nagasaki hat christliche Wurzeln, ein Christentum seit langer Zeit. Die Verfolgung der Christen gab es in ganz Japan, aber in Nagasaki war sie sehr stark. Der Nuntiatursekretär hat mir ein Faksimile aus Holz mit einem „Steckbrief“ aus jener Zeit geschenkt: „Gesucht werden Christen. Wenn du einen findest, zeige ihn an, und du wirst soundso viel erhalten; wenn du einen Priester findest, zeige ihn an, und du wirst soundso viel erhalten“. Ein solches Stück wird ins Museum gegeben. Es berührt einen schon, dass es Jahrhunderte der Verfolgung gegeben hat. Das ist ein christliches Phänomen, das die Atombombe etwas „relativiert“ – im guten Sinne des Wortes –, weil es zwei Dinge sind. Wenn einer nach Nagasaki geht und nur denkt „Naja, es war mal christlich … aber es hat die Atombombe gegeben“, der vernachlässigt einen Teil der Geschichte. Nach Hiroshima hingegen geht man ausschließlich wegen der Atombombe, weil es nicht eine christliche Stadt wie Nagasaki war. Deshalb bin ich in beide Städte gegangen. Es ist wahr, in beiden Städten gab es die atomare Katastrophe.

Hiroshima war ein echter Ethik-Unterricht über die Grausamkeit. Die Grausamkeit. Ich konnte nicht das Museum von Hiroshima besuchen, denn ich habe mich dort nur für die Zeit der Veranstaltung aufgehalten, und es war ein Regentag. Aber man sagt, es ist fürchterlich, fürchterlich: Briefe der Staatsoberhäupter und der Generale, die erklärten, wie man eine noch größere Katastrophe machen könnte. Für mich war es eine noch bedrückendere Erfahrung als in Nagasaki. In Nagasaki war es die Begegnung mit dem Martyrium: Ich habe ein wenig das Museum des Martyriums – en passant – gesehen. Aber jene Erfahrung in Hiroshima war sehr bedrückend. Und dort habe ich bekräftigt, dass die Verwendung von Nuklearwaffen gegen die Moral ist das muss in den Katechismus der Katholischen Kirche kommen –, und nicht nur die Verwendung, sondern auch der Besitz, denn ein Unfall wegen eines solchen Besitzes oder die Verrücktheit irgendeines Regierenden, die Verrücktheit von irgendjemandem kann die ganze Menschheit zerstören. Denken wir an die Worte Einsteins: „Im vierten Weltkrieg wird man mit Stöcken und Steinen kämpfen“.

Matteo Bruni:

Die zweite Frage stellt Dr. Kawarada, der für „Asahi Shimbum“ arbeitet.

Shinichi Kawarada (The Asahi Shimbum):

Guten Tag, Heiliger Vater. Ich möchte eine Frage zur Atomkraft stellen. Wie sie zurecht darauf hingewiesen haben, kann ein dauerhafter Frieden ohne eine Abrüstung nicht verwirklicht werden. Japan ist ein Land, das den nuklearen Schutz der Vereinigten Staaten genießt. Außerdem erzeugt es Kernenergie, was ein großes Risiko für die Umwelt und die Menschheit bedeutet, wie das Unglück von Fukoshima tragisch bewiesen hat. Wie kann Japan zur Verwirklichung des Weltfriedens beitragen? Müssen die Kernkraftwerke abgeschaltet werden? Danke.

Papst Franziskus:

Ich will auf den Besitz von Nuklearindustrie eingehen. Es kann immer zu einem Unglück kommen. Sie haben das erlebt, auch die dreifache Katastrophe, die viel zerstört hat. Die Atomkraft ist grenzwertig. Die Waffen lassen wir einmal beiseite, denn das ist Vernichtung. Doch auch die friedliche Nutzung der Kerntechnik ist sehr grenzwertig, weil wir noch keine völlige Sicherheit erreicht haben. Wir sind noch nicht so weit. Sie könnten mir sagen: „Ja, auch mit der Elektrizität kann man ein Unglück wegen fehlender Sicherheitsmaßnahmen anrichten“. Das ist ein kleineres Malheur. Ein nukleares Unglück, etwa das eines Kernkraftwerks, wird eine große Katastrophe zur Folge haben. Und die Sicherheit ist noch nicht ausgereift. Ich würde – doch das ist eine persönliche Meinung – keine Kernenergie verwenden, solange es keine absolute Sicherheit für die Nutzung gibt. Ich bin aber ein Laie auf diesem Gebiet und äußere nur eine Meinung. Einige sagen, dass die Kernenergie im Gegensatz zur Bewahrung der Schöpfung steht, dass sie diese zerstöre und man sie daher aufgeben müsse. Das wird diskutiert. Ich beschränke mich auf die Sicherheitsfrage. Sie bietet nicht die Sicherheit, um eine Katastrophe zu verhindern. Ja, auf der Welt gibt es alle zehn Jahre eine Katastrophe, aber das wirkt sich dann auf die Schöpfung aus: Das ist die Bedrohung der Atomkraft für die Schöpfung und auch für den Menschen.

Die nukleare Katastrophe in der Ukraine hält immer noch an, seit vielen Jahren. Ich lasse einmal den Krieg und die Waffen beiseite. An dieser Stelle möchte ich nur sagen, dass man Forschungen zur Sicherheit betreiben muss, im Hinblick sowohl auf die Katastrophen, als auch auf die Umwelt. Im Bereich der Umwelt, glaube ich, haben wir die Grenze überschritten, sind wir jenseits der Grenze: bei der Landwirtschaft zum Beispiel die Pestizide, bei der Hühnerzucht – die Ärzte sagen den Müttern, den Kindern kein Hühnerfleisch aus Massentierhaltung zu essen zu geben, weil die Hühner mit Hormonen gemästet wurden, die der Gesundheit der Kinder schaden. Wie viele seltene Krankheiten gibt es heute, weil die Umwelt nicht gut gebraucht wird! Es sind seltene Krankheiten. Die elektrischen Überlandleitungen und viele andere Dinge … Die Bewahrung der Schöpfung ist eine Angelegenheit, die heute zu erledigen ist oder sonst nie wieder. Doch um zur Kernenergie zurückzukehren: [Es geht um] Aufbau, Sicherheit und Bewahrung der Schöpfung.

Matteo Bruni:

Die dritte Frage kommt von Elisabeth Zunica, die für ein japanisches Blatt arbeitet, die „Kyoto News“.

Elisabeth Zunica (Kyoto News):

Hakamada Iwao ist ein zum Tode verurteilter Japaner, der auf die Revision des Prozesses wartet. Er war bei der heiligen Messe im Tokyo Dome dabei, hatte aber keine Gelegenheit, mit Ihnen zu sprechen. Könnten Sie uns sagen, ob eine kurze Begegnung mit Ihnen geplant war oder nicht? Über das Thema der Todesstrafe wird in Japan heftig diskutiert. Etwas mehr als ein Monat vor der Änderung des Katechismus zu diesem Thema wurde das Urteil an dreizehn Sträflingen vollstreckt. Auf dieses Thema haben Sie in Ihren Ansprachen bei diesem Besuch nicht Bezug genommen. Warum ist es nicht geschehen? Wollte man das Thema bei dieser Gelegenheit nicht ansprechen, oder hatten Sie die Möglichkeit, mit dem Premierminister Abe darüber zu sprechen?

Papst Franziskus:

Von diesem Fall der Todesstrafe habe ich erst danach erfahren. Ich wusste nichts von diesem Menschen; ich wusste es nicht. Mit dem Premierminister habe ich allgemein über viele Probleme gesprochen: über Prozesse mit überlangen Strafen, die nie zu Ende gehen, seien es Todesurteile oder nicht. Darüber habe ich jedoch als ein generelles Problem gesprochen, das auch in anderen Ländern besteht: überfüllte Gefängnisse, Menschen in Untersuchungshaft ohne Recht auf Unschuldsvermutung – sie warten dort, warten und warten … Vor fünfzehn Tagen habe ich bei meiner Ansprache anlässlich der internationalen Konferenz über das Strafrecht auf dieses Thema Bezug genommen: die Gefängnisse, die Vorkehrungsmaßnahmen [Untersuchungshaft] und dann die Todesstrafe, von der klar gesagt wurde, dass sie nicht moralisch ist, dass man so etwas nicht machen kann. Ich glaube, dass das mit einem Bewusstsein einhergeht, das sich immer mehr entwickelt. Einige Länder beispielsweise wagen die Abschaffung aus politischen Gründen nicht, setzen aber die Vollziehung aus. Das ist eine Weise, etwas zu sagen, ohne es zu sagen: eine lebenslängliche Freiheitsstrafe zum Beispiel. Doch die Problematik besteht darin, dass die Verurteilung eigentlich immer eine Wiedereingliederung beinhalten sollte. Eine Verurteilung ohne „Fenster“ nach draußen ist inhuman. Das gilt auch für die lebenslängliche Strafe: Man muss darüber nachdenken, wie ein Lebenslänglicher wieder eingegliedert wird, sei es drinnen oder draußen. Immer ist doch dieser Horizont nötig, die Wiedereingliederung. Sie mögen einwenden: Aber es gibt auch Verurteilte, die verrückt sind, aufgrund von Krankheit, von Wahnsinn, von einem genetisch unheilbaren Problem sozusagen … Man muss jedoch eine Weise finden, wie sie wenigstens Dinge machen können, bei denen sie sich als Menschen fühlen. In vielen Teilen der Welt sind heute die Gefängnisse überfüllt, sie sind wie Lagerräume voll Menschenfleisch; so dienen sie nicht der Förderung der Gesundheit [der Insassen], sondern führen oft zu ihrer Verderbnis. Wir müssen gegen die Todesstrafe kämpfen, Schritt für Schritt. Es gibt Fälle, die mir Freude bereiten, weil manche Staaten und Länder sagen: Wir hören auf! Letztes Jahr habe ich mit einem Regierenden eines Staates gesprochen. Bevor er aus seinem Amt schied, wurde die Aussetzung [der Todesstrafe] fast definitiv gemacht. Das sind Schritte nach vorn, Fortschritte eines menschlichen Bewusstseins. Andere Länder hingegen haben es noch nicht geschafft, das auf der Linie der Humanität einzuführen.

Matteo Bruni:

Die nächste Frage kommt von Jean-Marie Guénois für „Le Figaro“.

Jean-Marie Guénois (Le Figaro):

Guten Tag, Heiliger Vater. Sie haben gesagt, dass der echte Frieden nur ein waffenloser Frieden sein kann. Was aber geschieht im Hinblick auf den rechtmäßigen Verteidigungsfall, wenn ein Land von einem anderen angegriffen wird? Besteht in diesem Fall noch die Möglichkeit zu einem „gerechten Krieg“? Eine kleine Frage: Es wurde von einer Enzyklika über die Gewaltlosigkeit gesprochen. Ist diese Enzyklika über die Gewaltlosigkeit noch in Planung? Zwei Fragen. Danke, Heiliger Vater.

Papst Franziskus:

Ja, den Plan gibt es, aber sie wird der nächste Papst machen, denn ich habe kaum Zeit für … Es gibt Projekte in den Schubladen … da gibt es eines über den Frieden, zum Beispiel, es reift heran, und wenn der Moment gekommen ist, werde ich es umsetzen. Ich spreche aber schon genug darüber: Das Problem des Mobbings von Jugendlichen in den Schulen, zum Beispiel, ist ein Gewaltproblem; darüber habe ich eben zu den jungen Menschen in Japan gesprochen, über dieses Thema. Es ist ein Problem, das wir mit vielen Erziehungsprogrammen zu lösen helfen versuchen. Es ist ein Gewaltproblem, und Gewaltprobleme muss man anpacken … Doch eine Enzyklika über die Gewaltlosigkeit ist noch nicht reif, wie ich meine, ich muss noch mehr beten und den Weg suchen.

Hinsichtlich Frieden und Waffen: Es gibt diesen alten römischen Ausspruch „Si vis pacem, para bellum“. Dort waren wir noch nicht reif. Die internationalen Organisationen, die Vereinten Nationen schaffen das noch nicht … Sie machen viel, viele Vermittlungen, das ist verdienstvoll. Länder wie Norwegen zum Beispiel: Sie sind immer bereit zu vermitteln, einen Ausweg zu suchen, um einen Krieg zu vermeiden … Das tut man schon, und das finde ich gut. Aber es ist zu wenig, es muss noch mehr getan werden. Denken Sie nur – ohne jemanden beleidigen zu wollen – an den Sicherheitsrat: Es gibt ein Problem mit den Waffen; alle sind sich einig, dieses Problem lösen zu wollen, damit ein kriegerischer Zwischenfall vermieden wird, alle stimmen mit Ja, und einer mit Vetorecht stimmt mit Nein und alles wird blockiert. Ich habe gehört – ich kann nicht beurteilen, ob das gut ist oder nicht, es ist eine Meinung, die ich gehört habe –, dass die Vereinten Nationen vielleicht einen Schritt nach vorne machen und im Sicherheitsrat das einigen Nationen vorbehaltene Vetorecht abschaffen sollten. Ich bin kein Experte dafür, aber ich habe das als eine Möglichkeit gehört. Was soll ich sagen, aber es wäre schön, wenn alle dasselbe Recht besäßen.

Für das weltweite Gleichgewicht gibt es Argumente, die ich in diesem Moment nicht beurteilen kann. Aber alles, was man tun kann, um die Waffenproduktion zu stoppen, um die Kriege zu beenden, Verhandlungen aufzunehmen – auch mithilfe von Vermittlern –, all das muss man immer tun, immer. Das erzielt auch Erfolge: manche sagen, es sind wenige, aber beginnen wir mit dem Wenigen, dann gehen wir mit den Verhandlungsergebnissen weiter, um die Probleme zu lösen zu versuchen. Zum Beispiel im Fall von Ukraine-Russland: Man spricht nicht von Waffen, es wurde über den Austausch von Gefangenen verhandelt, das ist schon positiv. Das ist stets ein Schritt auf dem Weg zum Frieden. Jetzt gab es einen Gedankenaustausch über die Planung einer Regierung im Donbass, einer eigenen, und darüber wird gesprochen: das ist ein Schritt auf dem Weg zum Frieden.

Vor kurzem ereignete sich eine Geschichte mit einer schönen und mit einer hässlichen Seite. Die hässliche Seite ist – ich muss es so sagen – die Scheinheiligkeit in Bezug auf Rüstung. Christliche Länder – zumindest mit christlicher Kultur –, europäische Länder – man sagt „gelehrtes Europa“ –, die von Frieden reden und von Waffen leben: das nennt man Scheinheiligkeit. Es ist ein Wort aus dem Evangelium: Jesus benützt es oft im 23. Kapitel des Matthäusevangeliums. Wir müssen Schluss machen mit dieser Scheinheiligkeit. Es sollte eine Nation den Mut haben zu sagen: „Ich kann nicht vom Frieden sprechen, denn meine Wirtschaft verdient viel an der Waffenproduktion“. Es geht nicht darum, solch ein Land zu beleidigen und schlechtzureden. Wir müssen aber wie Brüder miteinander reden, es geht um die Brüderlichkeit unter den Menschen: Halten wir ein, Leute, hören wir auf, denn es ist eine hässliche Angelegenheit! In einem Hafen – ich erinnere mich jetzt nicht genau welcher – in einem Hafen lief ein Schiff aus einem anderen Land mit einer Fracht voller Waffen ein; diese sollten in ein größeres Schiff verladen werden, das in Richtung Jemen fuhr. Wir alle wissen, was im Jemen geschieht. Und die Hafenarbeiter haben Nein gesagt. Das haben sie gut gemacht! Und das Schiff ist wieder nach Hause gefahren. Das war nur ein Fallbeispiel, aber es lehrt uns, wie wir uns hier verhalten müssen. Der Friede ist heute sehr, sehr schwach, aber wir dürfen uns nicht entmutigen lassen. Und mit den Waffen fördern wir diese Schwachheit.

Jean-Marie Guénois (Le Figaro):

Und die rechtmäßige Verteidigung mit Waffen?

Papst Franziskus:

Die Hypothese der rechtmäßigen Verteidigung ist immer aufrecht. Es ist eine Möglichkeit, die auch von der Moraltheologie in Betracht gezogen werden muss, aber als letztes Mittel. Als letztes Mittel, mit Waffen. Die rechtmäßige Verteidigung muss zusammen mit der Diplomatie, der Vermittlung erfolgen. Das letzte Mittel ist die rechtmäßige Verteidigung mit den Waffen. Ich betone jedoch: als letztes Mittel! Wir gehen auf dem Weg eines ethischen Fortschritts weiter, der mir gefällt, weil er alle diese Dinge hinterfragt. Das ist schön: Es sagt uns, dass die Menschheit auch auf dem Weg zum Guten, nicht nur zum Bösen Fortschritte macht. Ich danke Ihnen.

Matteo Bruni:

Die nächste Frage stammt von Cristiana Caricato von „TV 2000“.

Cristiana Caricato (TV 2000):

Die Leute lesen in der Zeitung, dass der Heilige Stuhl im Zentrum von London für hunderte Millionen Immobilien gekauft hat. Sie sind etwas befremdet über diese Verwendung der vatikanischen Finanzen, besonders, wenn davon auch der Peterspfennig betroffen ist. Wussten Sie von diesen Finanzgeschäften? Und vor allem, finden Sie diese Verwendung des Peterspfennigs korrekt? Sie haben oft gesagt, dass man mit dem Geld nicht Geld machen soll; oft haben Sie diesen skrupellosen Umgang seitens der Finanz angeklagt, jetzt sehen wir aber, dass diese Geschäfte auch den Heiligen Stuhl betreffen, und das empört. Wie sehen Sie die ganze Angelegenheit?

Papst Franziskus:

Danke. Zunächst geht es einmal um eine gute, normale Verwaltung: da kommt der Peterspfennig an, und was mache ich damit? Lege ich ihn in die Schublade? Nein. Das wäre eine schlechte Verwaltung. Ich versuche, ihn anzulegen, und wenn ich das Geld verwenden muss, wenn ich während des Jahres etwas brauche, nehme ich das Geld, und dieses Kapital verliert nicht an Wert, es bleibt erhalten oder wächst ein bisschen an. Das ist eine gute Verwaltung. Die Verwaltung „der Schublade“ dagegen ist schlecht. Aber man muss eine gute Verwaltung anstreben, eine gute Anlage: ist das klar? Auch eine Anlage … bei uns sagt man, „eine Anlage der Witwen“, so wie es die Witwen machen: hier zwei Eier, dort drei, und dort fünf. Wenn eines hinunterfällt, sind noch die anderen da, und es ist nicht alles verloren. Man muss immer in etwas Sicheres, etwas moralisch Einwandfreies investieren. Wenn du den Peterspfennig in einer Waffenfabrik anlegst, dann ist der Peterspfennig dort kein Peterspfennig mehr! Wenn du eine Anlage machst und für Jahre zusiehst, ohne das Kapital anzurühren, geht das auch nicht. Der Peterspfennig [eines Jahres] muss im Laufe eines Jahres, von anderthalb Jahren eingesetzt werden, bis eben die nächste Sammlung kommt, die auf weltweiter Ebene durchgeführt wird. Das ist eine gute Verwaltung – auf Sicherheit. Und ja, man kann auch ein Eigentum erwerben, es vermieten und dann verkaufen, doch auf Sicherheit, mit allen Sicherheiten für das Wohl der Leute und des Peterpfennigs. Das ist ein Aspekt.

Dann ist das geschehen, was vorgefallen ist: ein Skandal; es wurden Sachen gemacht, die nicht sauber scheinen. Die Anzeige ist aber nicht von außen gekommen. Die Reform der Verfahrensweise im wirtschaftlichen Bereich, die bereits Benedikt XVI. angestoßen hat, ist weitergegangen. Es war der interne Rechnungsprüfer, der sagte: Hier gibt es eine schlimme Sache, hier stimmt etwas nicht. Er kam zu mir, und ich sagte ihm: „Aber sind Sie sicher?“ – „Ja!“, hat er mir geantwortet und zeigte mir die Zahlen. „Was soll ich tun?“ – „Es gibt die vatikanische Justiz. Gehen Sie und erstatten Sie Anzeige beim Staatsanwalt“. Und diesem Sinn war ich zufrieden, weil man sieht, dass die vatikanische Verwaltung jetzt die Mittel hat, um die schlimmen Dinge aufzuklären, die intern passieren, wie dieser Fall; wenn auch die Immobilie in London – es ist nämlich noch nicht alles klar – nicht betroffen sein sollte, gab es da doch Fälle von Korruption. Der Staatsanwalt hat die Sache studiert, hat Beratungen eingeholt und gesehen, dass es bei der Bilanz eine Schieflage gibt. Dann hat er mich um die Erlaubnis gefragt, eine Durchsuchung zu machen. Ich habe gesagt: „Ist diese ihre [Untersuchung] eindeutig?“ – „Ja, es besteht die Vermutung zu Korruption, und in diesen Fällen muss ich Durchsuchungen machen in diesem Büro, in diesem und in diesem …“ Und ich habe die Autorisierung dafür unterzeichnet. Fünf Büros wurden durchsucht und zum heutigen Stand – wenngleich die Unschuldsvermutung gilt – gibt es Guthaben, die nicht solide verwaltet wurden, auch im Hinblick auf Korruption. Ich denke, in weniger als einem Monat werden die Vernehmungen der fünf Personen beginnen, die suspendiert wurden, weil es Anzeichen von Korruption gegeben hat. Sie könnten mir sagen: Diese fünf sind korrupt? Nein, die Unschuldsvermutung ist eine Garantie, ein Menschenrecht. Aber es gibt Korruption, man sieht es. Mittels der Durchsuchungen wird man sehen, ob sie sich schuldig gemacht haben oder nicht. Es ist eine schlimme Sache, es ist nicht schön, dass dies im Vatikan geschieht. Es wurde aber von den internen Abläufen geklärt, die zu funktionieren beginnen, die Papst Benedikt XVI. einzurichten angefangen hat. Ich danke Gott dafür. Ich danke Gott nicht dafür, dass es Korruption gibt, sondern ich danke ihm, dass das vatikanische Kontrollsystem gut funktioniert. 

Matteo Bruni:

Die nächste Frage ist von Philip Pullella von Reuters.

Philip Pullella (Reuters):

Wenn Sie mir gestatten, wollte ich diese Frage, die Cristiana gestellt hat, ein wenig vertiefen. In den letzten Wochen herrscht große Besorgnis darüber, was mit den Finanzen des Vatikans geschieht, und nach Ansicht einiger gibt es einen internen Kampf darüber, wer das Geld kontrollieren soll. Die meisten Mitglieder des AIF-Verwaltungsrats sind zurückgetreten. Die Egmont-Gruppe, welche der Zusammenschluss dieser Finanzbehörden ist, hat den Vatikan nach der Razzia vom 1. Oktober von seinem sicheren Informationsaustausch ausgeschlossen. Der Direktor der AIF ist, wie Sie sagten, immer noch suspendiert, und es gibt immer noch keinen Generalrevisor. Was können Sie tun oder sagen, um der internationalen Finanzgemeinschaft und insgesamt den Gläubigen, die aufgerufen werden, zum Peterspfennig beizutragen, zu versichern, dass der Vatikan nicht wieder als auszuschließender, nicht vertrauenswürdiger „Paria“ betrachtet werden wird, dass die Reformen fortgesetzt werden und es keine Rückkehr zu den Gewohnheiten der Vergangenheit geben wird?

Papst Franziskus:

Danke für die Frage. Der Vatikan hat in seiner Verwaltung Fortschritte gemacht. So wird beispielsweise das IOR inzwischen von allen Banken akzeptiert und kann normalerweise wie die italienischen Banken agieren, was vor einem Jahr noch nicht der Fall war. Es hat Fortschritte gegeben. Dann, was die Egmont-Gruppe betrifft. Die Egmont-Gruppe ist eine nichtoffizielle internationale Einrichtung; sie ist eine Gruppe, zu der die AIF gehört. Und die internationale Kontrolle hängt nicht von der Egmont-Gruppe ab, die Egmont-Gruppe ist eine private Gruppe, die ihr Gewicht hat, aber sie ist eine private Gruppe. Moneyval wird die Inspektion durchführen: Es hat sie für die ersten Monate des nächsten Jahres geplant und wird sie durchführen. Der Direktor der AIF ist suspendiert, weil der Verdacht einer nicht soliden Verwaltung bestand. Der Präsident der AIF hat mit der Egmont-Gruppe Druck ausgeübt, um die Dokumentation zurückzuerhalten, und das kann die Justiz nicht tun. Diesbezüglich habe ich mich mit einem italienischen Richter von Rang beraten: Was soll ich tun? Die Justiz ist angesichts eines Korruptionsvorwurfs in einem Land souverän, sie ist souverän, niemand kann sich in sie einmischen, niemand kann der Egmont-Gruppe die Akten geben [und sagen]: „Hier sind eure Akten.“ Nein. Es müssen die Akten untersucht werden, die deutlich machen, inwieweit eine scheinbar schlechte Verwaltung im Sinne einer schlechten Kontrolle vorliegt. Es war die AIF – so scheint es –, welche die Vergehen der anderen nicht überwacht hat. Ihre Pflicht war es zu kontrollieren. Ich hoffe, dass bewiesen wird, dass dies nicht der Fall ist, denn es gibt immer noch die Unschuldsvermutung; aber im Moment ist der Richter souverän und muss prüfen, wie es gelaufen ist; denn andernfalls hätte ein Land eine übergeordnete Verwaltung, die die Souveränität des Landes beeinträchtigen würde. Die Amtszeit des Präsidenten des AIF lief am 19. [November] aus; ich habe ihn ein paar Tage zuvor angerufen, und er hat nicht bemerkt, dass ich ihn anzurufen versuchte – so sagte er mir. Und ich habe angekündigt, dass er am 19. aufhört. Ich habe bereits den Nachfolger gefunden: einen Richter von höchster juristischer und wirtschaftlicher Kompetenz auf nationaler und internationaler Ebene; und nach meiner Rückkehr wird er sein Amt in der AIF antreten, und es wird weitergehen. Es wäre ein Widerspruch gewesen, wenn die Aufsichtsbehörde über den Staat souverän gewesen wäre. Es ist nicht leicht zu verstehen. Aber was etwas Unruhe gebracht hat, ist die Egmont-Gruppe, die eine private Gruppe ist: Sie hilft sehr, aber sie ist nicht die Kontrollbehörde Moneyval. Moneyval wird die Zahlen studieren, die Verfahren studieren, untersuchen, wie sich der Staatsanwalt verhalten hat und wie der Richter und die Richter die Angelegenheit entschieden haben. Ich weiß, dass in diesen Tagen das Verhör einiger der fünf suspendierten Personen beginnen wird oder begonnen hat. Es ist nicht einfach, aber wir dürfen nicht naiv sein, wir dürfen nicht abhängig sein. Jemand hat mir gesagt – aber ich glaube es nicht – „Ja, aufgrund dieser Tatsache, dass wir die Egmont-Gruppe angetastet haben, sind die Leute erschrocken …“ Und man macht ein wenig [psychologischen] Terror. Aber lassen wir das beiseite. Wir machen weiter nach dem Gesetz, mit Moneyval, mit dem neuen Präsidenten der AIF. Und der Direktor ist suspendiert, aber ich wünschte mir, dass er unschuldig ist, denn es ist eine gute Sache, wenn eine Person unschuldig ist und keine Schuld hat. Aber mit dieser Gruppe, die ihre Akten haben wollte, wurde etwas Aufsehen erregt.

Philip Pullella:

Und um den Gläubigen zu garantieren, dass die Dinge gut verlaufen?

Papst Franziskus:

Das will man garantieren! Sehen Sie, es ist das erste Mal im Vatikan, dass die Sache von innen aufgedeckt wurde, nicht von außen. Von außen [ist es] viele Male [passiert]. Sie haben uns gesagt: „Schau mal hier“, und wir haben es mit viel Scham [eingestehen müssen]. Aber darin war Papst Benedikt weise: Er hat einen Prozess begonnen, der gereift und weiter gereift ist und jetzt gibt es die Institutionen. Dass der Revisor den Mut hatte, eine schriftliche Anzeige gegen fünf Personen zu erstatten – der Revisor macht seine Arbeit. Nun, ich möchte die Egmont-Gruppe nicht beleidigen, denn sie tut so viel Gutes, sie hilft, aber in diesem Fall geht es um die Justiz, die in der Souveränität des Staates liegt. Die Justiz ist auch souveräner als die exekutive Gewalt. Souveräner. Es ist nicht leicht zu verstehen, aber ich bitte Sie, diese Schwierigkeit zu verstehen. Ich danke Ihnen.

Matteo Bruni:

Die weitere Frage kommt von Roland Juchem von der deutschen Presse.

Roland Juchem (CIC):

Heilige Vater, auf dem Flug von Bangkok nach Tokio haben Sie ein Telegramm an Frau Carrie Lam von Hongkong geschickt. Was halten Sie von der Situation dort, mit den Demonstrationen und im Anschluss an die Kommunalwahlen? Und wann werden wir Sie nach Peking begleiten können?

Papst Franziskus:

Die Telegramme werden an alle Staatsoberhäupter geschickt, das ist ein automatischer Vorgang: Sie sind ein Gruß und auch eine höfliche Art, um Erlaubnis zu bitten, über ihr Territorium zu fliegen. Das hat weder eine verurteilende noch eine unterstützende Bedeutung. Es ist eine mechanische Sache, die alle Flugzeuge tun: Wenn sie [in den Luftraum] eintreten, melden sie, dass sie eintreten, und wir tun es mit Höflichkeit. Wir grüßen sie. Dies hat keinerlei Bedeutung im Sinn der von Ihnen gestellten Frage, sondern ist nur als ein Zeichen Höflichkeit zu verstehen.

Die andere Sache, die Sie mich fragen, ist, was ich denke [über die Situation in Hongkong]. Aber es geht nicht nur um Hongkong: Denken Sie an Chile, denken Sie an Frankreich, das demokratische Frankreich: ein Jahr mit den „Gelbwesten“. Denken Sie an Nicaragua, denken Sie an andere lateinamerikanische Länder, an Brasilien, die solche Probleme haben, und auch an einige europäische Länder. Es ist eine allgemeine Sache. Wie geht der Heilige Stuhl damit um? Er ruft zum Dialog, zum Frieden.... Aber es geht nicht nur um Hongkong, es gibt verschiedene Realitäten, die Probleme haben, die ich im Moment nicht zu beurteilen vermag. Ich respektiere den Frieden und bitte um Frieden für alle diese Länder, die Probleme haben. Derartige Probleme gibt es auch in Spanien... Es ist besser, die Dinge zu relativieren und zum Dialog, zum Frieden aufzurufen, damit die Probleme gelöst werden können.

Roland Juchem (CIC):

Und wann werden Sie nach Peking reisen?

Papst Franziskus:

Ah, ich würde gern nach Peking reisen! Ich liebe China …

Matteo Bruni:

Danke Roland. Es gibt eine Frage von Valentina Alazraki.

Valentina Alazraki (Televisa):

Papst Franziskus, Lateinamerika steht in Flammen. Wir haben nach Venezuela Bilder aus Chile gesehen, von denen wir meinten, sie nach Pinochet nicht mehr sehen zu müssen. Wir haben die Situation in Bolivien, Nicaragua oder anderen Ländern gesehen: Unruhen, Gewalt auf den Straßen, Tote, Verletzte, auch niedergebrannte und geschändete Kirchen. Wie analysieren Sie das, was in diesen Ländern geschieht? Tun die Kirche und Sie persönlich als lateinamerikanischer Papst etwas?

Papst Franziskus:

Jemand hat mir gesagt: „Man muss eine Analyse anstellen.“ Die heutige Situation in Lateinamerika ähnelt der von 1974-1980, wo in Chile, Argentinien, Uruguay, Brasilien, Paraguay mit Strössner, und ich glaube auch in Bolivien, mit Lidia Gueiler, damals die Operation Condor im Gange war. Eine Situation in Flammen, aber ich weiß nicht, ob es ein ähnliches Problem ist oder anderer Art ist. Wirklich, zum jetzigen Zeitpunkt bin ich nicht in der Lage, eine vollständige Analyse dessen vorzunehmen. In der Tat gibt es gerade alles andere als Friedenserklärungen. Was in Chile geschieht, erschreckt mich, denn Chile ist dabei, die Problematik des Missbrauchs zu überwinden, der so viel Leid verursacht hat; und jetzt hat es ein solches Problem, das wir nicht gut verstehen. Aber es steht in Flammen, wie Sie sagen, und man muss den Dialog und auch die Analyse suchen. Ich habe noch keine gut erarbeitete Analyse der Situation in Lateinamerika gefunden. Und es gibt auch schwache, sehr schwache Regierungen, denen es nicht gelungen ist, Ordnung und Frieden im Inneren herzustellen. Und deshalb gelangt man zu dieser Situation.

Valentina Alazraki (Televisa):

Evo Morales hat beispielsweise um Ihre Vermittlung gebeten. Konkretes …

Papst Franziskus:

Ja, Konkretes. Venezuela hat um Vermittlung gebeten, und der Heilige Stuhl war immer bereit dazu. Es gibt eine gute Beziehung; wir sind da, um bei Bedarf zu helfen. Bolivien hat so etwas getan; ich weiß immer noch nicht, welchen Weg es einschlägt. Das muss ich schauen, aber es hat auch einen Antrag an die Vereinten Nationen gestellt, die Delegierte entsandt haben, und auch einige Länder der Europäischen Union. Chile, ich weiß nicht, ob es einen Antrag auf internationale Vermittlung gestellt hat. Brasilien sicherlich nicht, aber auch dort gibt es Probleme. Es ist ein bisschen seltsam, ich will kein Wort zu viel sagen, weil ich mich nicht auskenne, weil ich [die Lage] nicht gut studiert habe und ich ehrlich gesagt das Problem nicht gut verstehe.

Aber ich nutze Ihre Frage: Sie haben wenig über Thailand gesprochen, und Thailand ist etwas anderes: anders als Japan, eine andere Kultur, völlig verschieden, eine Kultur der Transzendenz, eine Kultur auch der Schönheit, anders als die Schönheit Japans: eine Kultur mit viel Armut und viel geistigem Reichtum. Aber es gibt auch ein Problem, das dem Herzen wehtut und uns an [das Buch von Valentina Alazraki] „Grecia e le altre“ [Grecia und die anderen] erinnert: Sie sind eine Lehrmeisterin bezüglich dieses Problems der Ausbeutung, Sie haben es gut studiert, und Ihr Buch hat so viel Gutes bewirkt. Und Thailand, einige Orte in Thailand sind rau, sie sind schwierig in dieser Hinsicht. Aber es gibt Südthailand, es gibt auch das schöne Nordthailand, wo ich nicht hingehen konnte, Stammesthailand, wie es Stammesnordostindien gibt, das eine ganz andere Kultur hat. Ich habe etwa zwanzig Menschen aus dieser Gegend empfangen, die ersten Christen, die ersten Getauften, die nach Rom gekommen sind, mit einer anderen Kultur, jenen Stammeskulturen, die in Indien bekannt sind, aber in Thailand kennt man sie noch nicht gut; es ist im Norden. Und Bangkok, wie wir gesehen haben, ist eine sehr moderne Stadt, es ist eine starke Stadt, groß, aber sie hat andere Probleme als die japanischen und sie hat andere Reichtümer als die von Japan. Das ist wichtig. Aber ich wollte das Problem der Ausbeutung hervorheben, und ich danke Ihnen für Ihr Buch.

Wie ich auch für das „grüne Buch“ [L’alfabeto verde di Papa Francesco – Das grüne Alphabet von Papst Franziskus] von Franca Giansoldati danken möchte ... Wo ist sie? Ah, da ist sie. Zwei Frauen, die mitfliegen und die jeweils ein Buch geschrieben haben, das die Probleme von heute behandelt: das ökologische Problem, das Problem der Zerstörung der Mutter Erde, der Umwelt und das Problem der menschlichen Ausbeutung, das Sie angesprochen haben. Man sieht, dass Frauen mehr arbeiten als Männer und fähig sind: Danke. Vielen Dank, Sie beide, für diesen Beitrag. Danke. Und ich trage immer noch das Hemd von Rocío in meinem Herzen. [Der Hinweis bezieht sich auf das Hemd einer jungen ermordeten Mexikanerin, das Valentina Alazraki dem Papst während eines anderen Interviews vor kurzem geschenkt hat.]

Und Ihnen allen, danke, dass Sie direkte Fragen gestellt haben, danke. Das tut gut, das tut immer gut. Betet für mich. Eine gesegnete Mahlzeit. Danke.

 

 



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