EINWEIHUNG DES “FAITH PAVILION” IN DER EXPO CITY
GRUSSWORT VON PAPST FRANZISKUS
Expo City (Dubai)
Sonntag, 3. Dezember 2023
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Hoheit,
Herr Generalsekretär,
liebe Brüder und Schwestern!
Ich möchte Doktor Ahmad Al-Tayyeb, Großimam von Al-Azhar, danken, der mir seine Nähe bekundet hat; ich danke dem Muslim Council of Elders, dem ich vor einem Jahr begegnet bin, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und allen Partnern, die diesen religiösen Pavillon organisiert und gefördert haben. Er ist der erste seiner Art im Herzen einer COP und zeigt, dass jeder echte religiöse Glaube eine Quelle der Begegnung und des Handelns ist.
Zunächst einmal der Begegnung. Es ist wichtig, dass wir uns jenseits unserer Unterschiede zusammenfinden als Brüder und Schwestern im Menschsein und vor allem als Gläubige, um uns selbst und die Welt daran zu erinnern, dass wir als Pilger, die auf dieser Erde ihr Zelt aufgeschlagen haben, verpflichtet sind, das gemeinsame Haus zu bewahren. Die Religionen erinnern uns als Gewissen der Menschheit daran, dass wir endliche Geschöpfe sind, denen das Bedürfnis nach dem Unendlichen innewohnt. Ja, wir sind sterblich, wir sind endlich, und das Leben zu schützen bedeutet auch, sich dem unersättlichen Allmachtswahn zu widersetzen, der den Planeten zerstört. Er entsteht, wenn der Mensch sich für den Herrn der Welt hält; wenn er so lebt, als ob es Gott nicht gäbe, und er sich von den Dingen gefangen nehmen lässt, die vergänglich sind. Dann lässt sich der Mensch, statt über die Technik zu verfügen, von ihr beherrschen, er macht sich zur „Ware“ und wird gleichgültig: Unfähig zu weinen und Mitleid zu empfinden, bleibt er mit sich selbst allein und indem er sich über Moral und Besonnenheit erhebt, zerstört er schließlich sogar das, was ihm das Leben ermöglicht. Deshalb ist das Drama des Klimawandels auch ein religiöses Drama: seine Wurzel liegt nämlich darin, dass das Geschöpf hochmütig meint, sich selbst zu genügen. Doch »das Geschöpf sinkt ohne den Schöpfer ins Nichts« (Gaudium et spes, 36). Möge dieser Pavillon stattdessen ein Ort der Begegnung sein und mögen die Religionen immer „gastfreundliche Orte“ sein, die prophetisch Zeugnis geben von dem Bedürfnis nach Transzendenz und die zur Welt über Geschwisterlichkeit, Respekt und gegenseitige Fürsorge sprechen, ohne in irgendeiner Weise die Misshandlung der Schöpfung zu rechtfertigen (vgl. Dokument über die Brüderlichkeit aller Menschen für ein friedliches Zusammenleben in der Welt, Abu Dhabi, 4. Februar 2019).
Dies bringt uns zu dem anderen zentralen Thema dieses Pavillons und des religiösen Glaubens: dem Handeln. Es muss dringend etwas für die Umwelt getan werden, aber es genügt nicht, einfach mehr wirtschaftliche Ressourcen einzusetzen: Wir müssen unsere Lebensführung ändern und deshalb zu einer einfachen und geschwisterlichen Lebensweise erziehen. Das ist für die Religionen, die auch zur Kontemplation hinführen sollen, ein unverzichtbares Handeln, denn die Schöpfung ist nicht nur ein System, das es zu schützen, sondern ein Geschenk, das es anzunehmen gilt. Und eine Welt, die arm an Kontemplation ist, wird eine Welt sein, die in der Seele verschmutzt ist, die weiterhin Menschen aussondert und Abfall produziert; eine Welt ohne Gebet wird viele Worte machen, aber ohne Mitgefühl und ohne Tränen nur von einem Materialismus des Geldes und der Waffen leben.
Diesbezüglich wissen wir, wie sehr der Frieden und die Bewahrung der Schöpfung voneinander abhängig sind: Es ist offensichtlich, wie Kriege und Konflikte die Umwelt schädigen und die Nationen spalten, und so ein gemeinschaftliches Engagement für gemeinsame Anliegen wie den Schutz des Planeten behindern. Ein Haus ist nämlich nur dann für alle bewohnbar, wenn man in seinem Inneren ein Klima des Friedens schafft. So ist es auch mit unserer Welt, deren Erdboden sich dem Schrei der Kinder und der Armen anzuschließen scheint, um eine einzige flehentliche Bitte gen Himmel zu senden: Frieden! Den Frieden zu bewahren ist auch Aufgabe der Religionen. Lassen wir in dieser Hinsicht bitte keine Widersprüche aufkommen. Möge es nicht geschehen, dass die Taten dem widersprechen, was die Lippen sagen: Man sollte nicht bloß vom Frieden reden, sondern klar Stellung beziehen gegen diejenigen, die unter dem Vorwand, gläubig zu sein, den Hass schüren und sich der Gewalt nicht entgegenstellen. Ich erinnere an die Worte von Franz von Assisi: »Habt den Frieden, den ihr mit eurem Mund verkündet, noch mehr in euren Herzen« (Die Dreigefährtenlegende, XIV,5: FF 1469). Brüder und Schwestern, der Allerhöchste segne unsere Herzen, damit wir gemeinsam Friedensstifter und Hüter der Schöpfung sein können. Danke!
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