Eröffnung der 16. ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode
ANSPRACHE VON PAPST FRANZISKUS
Audienzhalle
Mittwoch, 4. Oktober 2023
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Brüder und Schwestern, guten Tag!
Ich grüße euch alle, mit denen wir diesen synodalen Weg beginnen.
Ich möchte gern daran erinnern, dass es der heilige Paul VI. war, der sagte, der Kirche im Westen sei die Idee der Synodalität abhandengekommen, und deshalb schuf er das Sekretariat für die Bischofssynode, das viele Treffen, viele Synoden zu verschiedenen Themen veranstaltet hat.
Aber die Ausprägung der Synodalität ist noch nicht ausgereift. Ich erinnere mich, dass ich bei einer dieser Synoden Sekretär war, und der Kardinal-Sekretär – ein guter belgischer Missionar, ein sehr guter Mann – kam zu mir und fragte, als ich die Abstimmung vorbereitete: »Was machst du da?« – »Das, worüber morgen abgestimmt werden soll.« – »Was ist das? Nein, darüber wird nicht abgestimmt.« – »Aber schauen Sie, es ist synodal.« – »Nein, nein, das wird nicht abgestimmt.« Denn wir hatten noch nicht die Gewohnheit, dass sich alle in Freiheit äußern müssen. Und so hat sich der Weg in diesen fast 60 Jahren langsam in diese Richtung entwickelt, und heute können wir zu dieser Synode über die Synodalität gelangen.
Es ist nicht einfach, aber es ist schön, sehr schön. Eine Synode, die alle Bischöfe der Welt gewollt haben. In der Umfrage, die nach der Amazonas-Synode unter allen Bischöfen der Welt durchgeführt wurde, stand dies an zweiter Stelle der Präferenzen: die Synodalität. An erster Stelle standen die Priester, an dritter Stelle, glaube ich, eine soziale Frage. Aber [dies war] an zweiter Stelle. Alle Bischöfe der Welt sahen die Notwendigkeit, über die Synodalität nachzudenken. Warum? Weil sie alle verstanden hatten, dass die Zeit reif dafür war.
Und in diesem Geist beginnen wir heute zu arbeiten. Und ich sage gern, dass die Synode kein Parlament ist, sie ist etwas Anderes; dass die Synode kein Treffen von Freunden ist, um ein paar aktuelle Dinge zu klären oder Meinungen abzugeben, sie ist etwas Anderes. Vergessen wir nicht, Brüder und Schwestern, dass der Protagonist der Synode nicht wir sind: Es ist der Heilige Geist. Und wenn der Geist in unserer Mitte ist, der uns führt, dann wird es eine gute Synode werden. Wenn es in unserer Mitte andere Arten des Vorgehens gibt, aus menschlichem, persönlichem oder ideologischem Interesse, dann wird es keine Synode sein, sondern eine eher parlamentarische Versammlung, was etwas Anderes ist. Synode ist ein Weg, den der Heilige Geist wirkt. Euch sind einige Blätter mit patristischen Texten gegeben worden, die uns bei der Eröffnung der Synode helfen werden. Sie stammen aus dem Werk des heiligen Basilius, der diese schöne Abhandlung über den Heiligen Geist verfasst hat. Warum? Weil es nötig ist, diese Wirklichkeit zu verstehen, was nicht einfach ist, es ist nicht einfach.
Als die Theologen zum 50. Jahrestag der Errichtung der Synode einen Brief für mich vorbereitet haben, den ich unterzeichnet habe, war das ein guter Schritt nach vorn. Aber jetzt müssen wir die Auslegung für jenen Weg finden. Die Hauptakteure der Synode sind nicht wir, es ist der Heilige Geist, und wenn wir dem Heiligen Geist Platz lassen, wird die Synode gut verlaufen. Diese Blätter vom heiligen Basilius sind euch in verschiedenen Sprachen ausgehändigt worden: Englisch, Französisch, Portugiesisch und Spanisch, damit ihr das in Händen habt. Ich erwähne diese Texte nicht, über die ich euch später nachzudenken und zu meditieren bitte.
Der Heilige Geist ist die Hauptperson des kirchlichen Lebens: Der Heilsplan für die Menschen vollzieht sich durch die Gnade des Geistes. Er ist es, der die Führung übernimmt. Wenn wir dies nicht verstehen, werden wir wie diejenigen sein, von denen in der Apostelgeschichte die Rede ist: »Habt ihr den Heiligen Geist empfangen?« – »Was ist der Heilige Geist? Wir haben noch nicht einmal von ihm gehört« (vgl. 19,1-2). Wir müssen verstehen, dass er der Hauptakteur im Leben der Kirche ist, derjenige, der sie voranbringt.
Der Heilige Geist entfesselt in der kirchlichen Gemeinschaft eine tiefgreifende und vielfältige Dynamik: das „Durcheinander“ des Pfingstfestes. Es ist merkwürdig, was an Pfingsten geschieht: Alles war wohlgeordnet, alles war klar... An jenem Morgen herrscht ein Durcheinander, man spricht alle Sprachen, alle verstanden... Aber es ist eine Vielfalt, von der man nicht recht versteht, was sie bedeutet... Und danach, das große Werk des Heiligen Geistes: nicht die Einheit, nein, die Harmonie. Er vereint uns in Harmonie, in der Harmonie aller Unterschiede. Wenn es keine Harmonie gibt, gibt es keinen Geist: Er ist es, der so handelt.
Dann der dritte Text, der hilfreich sein kann: Der Heilige Geist komponiert die Heilsgeschichte in harmonischer Weise. Harmonie – aufgepasst – bedeutet nicht „Synthese“, sondern „Band der Gemeinschaft zwischen ungleichen Teilen“. Wenn wir in dieser Synode mit einer Erklärung enden, in der alle gleich sind, alle gleich, ohne Nuancen, dann ist der Geist nicht da, er ist außen vor geblieben. Er schafft jene Harmonie, die nicht Synthese, sondern ein Band der Gemeinschaft zwischen ungleichen Teilen ist.
Die Kirche, eine einzige Harmonie von Stimmen, mit vielen Stimmen, bewirkt vom Heiligen Geist: So müssen wir uns die Kirche vorstellen. Jede christliche Gemeinschaft, jede Person hat ihre eigene Besonderheit, aber diese Besonderheiten gehören in die Symphonie der Kirche eingefügt, und jene rechte Symphonie schafft der Heilige Geist: Wir können sie nicht machen. Wir sind kein Parlament, wir sind nicht die Vereinten Nationen, nein, das ist etwas anderes.
Der Heilige Geist ist der Ursprung der Harmonie zwischen den Kirchen. Es ist interessant, was Basilius zu seinen Mitbrüdern im Bischofsamt sagt: »Wie wir nun Eure gegenseitige Eintracht und Einigkeit für eigenes Glück halten, so bitten wir auch Euch, uns mit unsern Spaltungen das Mitleid nicht zu versagen und uns nicht, weil örtlich Euch fern, von Euch zu trennen, vielmehr dank unserer Einheit im Geiste uns auch in die Einheit des Leibes aufzunehmen.«
Der Heilige Geist führt uns an der Hand und tröstet uns. Die Gegenwart des Geistes ist so – ich erlaube mir das Wort – fast mütterlich, wie eine Mamma führt er uns, diesen Trost erweist er uns. Er ist der Tröster, einer der Namen des Geistes: der Tröster. Das tröstende Wirken des Heiligen Geistes wird durch den Wirt dargestellt, dem der Mann anvertraut wird, der von den Räubern überfallen wurde (vgl. Lk 10,34-35): Basilius interpretiert jenes Gleichnis vom barmherzigen Samariter und sieht im Wirt den Heiligen Geist, der es ermöglicht, dass der gute Wille des einen Menschen und die Sünde eines anderen Menschen einen harmonischen Weg gehen.
Außerdem ist der Heilige Geist derjenige, der die Kirche behütet. Und der Heilige Geist wirkt auf vielfältige Weise als Beistand. Wir müssen lernen, auf die Stimmen des Geistes zu hören: Sie sind alle unterschiedlich. Lernen zu unterscheiden.
Und der Geist ist derjenige, der die Kirche hervorbringt: Er ist es, der die Kirche schafft. Es gibt eine sehr wichtige Verbindung zwischen dem Wort und dem Geist. Wir können hieran denken: das Wort und der Geist. Die Heilige Schrift, die Liturgie und die alte Tradition sprechen zu uns von der „Traurigkeit“ des Heiligen Geistes, und eines der Dinge, die den Heiligen Geist am meisten betrüben, sind leere Worte. Leere Worte, weltliche Worte und – um ein wenig zu einer gewissen menschlichen, aber nicht guten Angewohnheit zurückzukehren – Geschwätz. Geschwätz ist der Anti-Heilige Geist, es geht in die Gegenrichtung. Es ist eine sehr verbreitete Krankheit unter uns. Und leere Worte betrüben den Heiligen Geist. »Betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, den ihr als Siegel empfangen habt« (vgl. Eph 4,30). Was für ein großes Übel es ist, den Heiligen Geist Gottes zu betrüben – ist es nötig, das zu sagen? Gerede, üble Nachrede: Dies betrübt den Heiligen Geist. Es ist die am weitesten verbreitete Krankheit in der Kirche: Geschwätz. Und wenn wir nicht zulassen, dass der Heilige Geist uns von dieser Krankheit heilt, wird ein synodaler Prozess kaum gut werden. Zumindest hier drinnen: Wenn du nicht einverstanden bist mit dem, was jener Bischof oder jene Ordensschwester oder jener Laie dort sagt, dann sag es ihm ins Gesicht. Dafür ist es eine Synode. Um die Wahrheit zu sagen, und nicht das heimliche Geschwätz.
Der Heilige Geist bestärkt uns im Glauben. Er ist es, der dies ständig tut...
Diese Texte von Basilius, lest sie, sie sind in eurer Sprache, denn ich glaube, sie werden uns helfen, in unseren Herzen Platz für den Heiligen Geist zu schaffen. Ich wiederhole: Dies ist kein Parlament, dies ist keine Versammlung für die Seelsorge der Kirche. Dies ist ein syn-odos, gemeinsames Unterwegssein ist das Programm. Wir haben viele Dinge getan, wie Seine Eminenz sagte: die Konsultation, all dies, mit dem Volk Gottes. Aber derjenige, der dies in die Hand nimmt, der leitet, ist der Heilige Geist. Wenn er nicht da ist, wird dies kein gutes Ergebnis hervorbringen.
Ich bestehe darauf: Bitte, nicht den Geist betrüben. Und in unserer Theologie dem Heiligen Geist Raum geben. Und auch in dieser Synode, die Stimmen des Heiligen Geistes von denen unterscheiden, die nicht vom Heiligen Geist sind, die weltlich sind. Meiner Meinung nach ist die schlimmste Krankheit, die wir heute in der Kirche sehen – immer, aber auch heute – das, was dem Heiligen Geist zuwiderläuft, nämlich die geistliche Weltlichkeit. Ein Geist, aber nicht heilig: der Weltlichkeit. Achtet darauf: Lasst uns nicht den Platz des Heiligen Geistes mit weltlichen Dingen – auch guten Dingen – wie dem gesunden Menschenverstand besetzen: so etwas hilft, aber der Geist geht darüber hinaus. Wir müssen lernen, in unserer Kirche mit dem Heiligen Geist zu leben. Bitte denkt über diese Texte des heiligen Basilius nach, sie werden uns sehr helfen.
Dann möchte ich sagen, dass es in dieser Synode – auch um dem Heiligen Geist Platz zu machen – die Priorität des Zuhörens gibt, es gibt diese Priorität. Und wir müssen den Pressevertretern, den Journalisten, die eine sehr schöne, sehr gute Arbeit leisten, eine Botschaft geben. Wir müssen eben eine Botschaft vermitteln, die ein Widerschein dieses Lebens im Heiligen Geist ist. Es braucht eine Askese – entschuldigt, wenn ich so zu den Journalisten spreche – ein gewisses Fasten an öffentlichen Worten, um dies zu schützen. Und was veröffentlicht wird, soll in diesem Klima erfolgen. Manch einer wird sagen – und sie sagen es bereits – dass die Bischöfe Angst haben und deshalb nicht wollen, dass die Journalisten was sagen. Nein, die Arbeit der Journalisten ist sehr wichtig. Aber wir müssen ihnen helfen, damit sie davon sprechen, von diesem Unterwegssein im Heiligen Geist. Und vor der Priorität des Sprechens steht die Priorität des Zuhörens. Und ich bitte die Journalisten, dies den Menschen verständlich zu machen, dass sie wissen, dass die Priorität beim Zuhören liegt. Als die Synode über die Familie stattfand, gab es eine öffentliche Meinung, die von unserer Weltlichkeit herrührte, dass sie dazu da sei, den Geschiedenen die Kommunion zu ermöglichen: Und so sind wir in die Synode hineingegangen. Als es die Synode für das Amazonasgebiet gab, gab es die öffentliche Meinung, den Druck, dass es viri probati geben solle: Wir sind mit diesem Druck hineingegangen. Jetzt gibt es einige Spekulationen über diese Synode: »Was werden sie tun?«, »Vielleicht das Priesteramt für Frauen«..., ich weiß nicht, diese Dinge, die sie draußen sagen. Und sie sagen oft, dass die Bischöfe Angst haben, mitzuteilen, was passiert. Deshalb bitte ich euch, Medienbeauftragte, eure Aufgabe gut, richtig auszuüben, damit die Kirche und die Menschen guten Willens – die anderen werden sagen, was sie wollen – verstehen, dass es auch in der Kirche die Priorität des Zuhörens gibt. Dies zu vermitteln ist sehr wichtig.
Danke, dass ihr uns alle in dieser „Pause“ der Kirche unterstützt. Die Kirche hat innegehalten, so wie die Apostel nach dem Karfreitag innegehalten haben, an jenem Karsamstag, eingeschlossen, jene aber aus Angst, wir nicht. Aber sie hält inne. Es ist eine Pause der ganzen Kirche, im Hören. Dies ist die wichtigste Botschaft. Danke für eure Arbeit, danke für das, was ihr tut. Und bitte, lest, wenn ihr könnt, diese Dinge des heiligen Basilius, die sehr helfen. Danke.
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