JOHANNES PAUL II.
GENERALAUDIENZ
Mittwoch, 19. Februar 2003
Lesung: Dan 3, 52-56 Der Lobgesang der drei jungen Männer:
Da sangen die drei im Ofen wie aus einem Mund, sie rühmten und priesen Gott mit den Worten:
52 Gepriesen bist du, Herr, du Gott unserer Väter, gelobt und gerühmt in Ewigkeit.
Gepriesen ist dein heiliger, herrlicher Name, hoch gelobt und verherrlicht in Ewigkeit.
53 Gepriesen bist du im Tempel deiner heiligen Herrlichkeit, hoch gerühmt und verherrlicht in Ewigkeit.
54 Gepriesen bist du, der in die Tiefen schaut und auf Kerubim thront, gelobt und gerühmt in Ewigkeit.
55 Gepriesen bist du auf dem Thron deiner Herrschaft, hoch gerühmt und gefeiert in Ewigkeit.
56 Gepriesen bist du am Gewölbe des Himmels, gerühmt und verherrlicht in Ewigkeit.
Liebe Brüder und Schwestern!
1. »Da sangen die drei im Ofen wie aus einem Mund, sie rühmten und priesen Gott« (Dan 3, 51). Dieser Satz leitet den berühmten Lobgesang ein, von dem wir soeben einen wichtigen Auszug gehört haben. Er findet sich im Buch Daniel, in dem Teil, der uns nur in griechischer Sprache überliefert ist und von mutigen Glaubenszeugen angestimmt wird, die das Standbild des Königs nicht anbeten und lieber einen schrecklichen Tod, das Martyrium im Feuerofen, auf sich nehmen wollen.
Es sind drei junge Juden, die vom Autor in geschichtlichen Zusammenhang mit dem Reich des schrecklichen babylonischen Herrschers Nebukadnezzar gebracht werden, der die heilige Stadt Jerusalem im Jahr 586 v. Chr. zerstörte und das Volk Israel »an die Ströme von Babel« verschleppte (vgl. Ps 136). Auch in der höchsten Gefahr, als die Flammen an ihnen hochschlugen, hatten sie die Kraft, Gott zu loben, »zu rühmen und zu preisen« in der Gewißheit, daß der Herr der Welt und der Geschichte sie nicht dem Tod und dem Nichts überlassen wird.
2. Der biblische Autor, der einige Jahrhunderte später lebte, erinnert an dieses heroische Ereignis mit der Absicht, seine Zeitgenossen anzuspornen, das Banner des Glaubens während der Verfolgungen durch die syro-hellenistischen Könige des 2. Jahrhunderts v. Chr. hochzuhalten. Damals war die mutige Reaktion der Makkabäer festzustellen, die für die Freiheit des Glaubens und der jüdischen Tradition kämpften.
Der sogenannte »Lobgesang der drei jungen Männer« gleicht einer Fackel, die die Dunkelheit der Zeit der Unterdrückung und Verfolgung aufhellt, einer Zeit, die sich in der Geschichte Israels und selbst in der Geschichte des Christentums oft wiederholt. Und wir wissen, daß der Verfolger nicht immer das gewalttätige und furchterregende Gesicht des Unterdrückers hat, sondern oft Gefallen daran findet, den Gerechten durch Spott und Ironie zu isolieren, indem er ihn höhnisch fragt: »Wo ist nun dein Gott?« (Ps 42, 4. 11).
3. In den Lobgesang, den die drei jungen Männer aus dem glühenden Ofen ihrer Prüfung zum Herrn, dem Allmächtigen, aufsteigen lassen, sind alle Geschöpfe mit einbezogen. Sie weben eine Art vielfarbigen Teppich, auf dem die Sterne glänzen, die Jahreszeiten vorbeiziehen, die Tiere sich bewegen, die Engel in Erscheinung treten und vor allem die »Knechte des Herrn«, die »Demütigen« und die »Frommen« lobsingen (vgl. Dan 3, 85. 87).
Der zuvor gesungene Vers geht dieser herrlichen Aufzählung der Geschöpfe voraus. Er bildet den ersten Teil des Lobgesangs, der an die unsichtbare und doch so nahe glorreiche Gegenwart des Herrn erinnert. Ja, Gott ist in den Himmeln, von wo er »in die Tiefen schaut« (vgl. 3, 54), aber er ist auch »im Tempel der Herrlichkeit« auf Zion (vgl. 3, 53). Er sitzt »auf dem Thron seiner ewigen und unendlichen Herrschaft« (vgl. 3, 55), und »er thront auf Kerubim« (vgl. 3, 54), in der Bundeslade, die im Allerheiligsten des Tempels von Jerusalem steht.
4. Er ist ein Gott hoch über uns, fähig, uns mit seiner Macht zu retten; aber er ist auch ein Gott, der seinem Volk nahe ist, unter dem er in seinem »Tempel der Herrlichkeit« wohnen wollte, um so seine Liebe zu zeigen. Eine Liebe, die er in Fülle offenbart, indem er »unter uns «seinen Sohn Jesus Christus, »voll Gnade und Wahrheit«, wohnen ließ (vgl. Joh 1, 14). Er offenbarte seine Liebe in Fülle, indem er den Sohn zu uns sandte, damit dieser in allem, außer in der Sünde, unsere Befindlichkeit teile, die von Prüfungen, Unterdrückungen, Einsamkeit und Tod gezeichnet ist.
Das Loblied der drei jungen Männer an Gott, den Retter, wird in der Kirche auf verschiedene Weise fortgesetzt. Der hl. Klemens von Rom fügt beispielsweise am Ende seines Briefes an die Korinther ein langes Gebet des Lobes und der Zuversicht hinzu, das ganz durchzogen ist von biblischen Erinnerungen und vielleicht die alte römische Liturgie widergibt. Es ist ein Dankgebet an den Herrn, der die Geschichte trotz des scheinbaren Triumphs des Bösen zu einem guten Ende führt.
5. Hier ein Auszug daraus:
»Du hast die Augen unseres Herzens erleuchtet (vgl. Eph 1, 18),
damit wir dich, den einzigen (vgl. Joh 17, 3)
höchsten Gott in den Himmelshöhen erkennen,
den Heiligen, der unter den Heiligen ruht,
der die Gewalt der Stolzen bricht (vgl. Jes 13, 11),
der die Pläne der Völker zunichte macht (vgl. Ps 32, 10),
der die Niedrigen erhöht und die Mächtigen erniedrigt (vgl. Ijob 5, 11).
Du, der uns reich und arm macht,
der tötet und lebendig macht (vgl. Dtn 32, 39),
einziger Wohltäter der Geister und Gott allen Fleisches,
der in die Tiefen schaut (vgl. Dan 3, 55),
der auf die Werke der Menschen achtet,
der denen hilft, die in Gefahr sind, und die Hoffnungslosen rettet (vgl. Jdt 9, 11);
Schöpfer und Hüter allen Geistes,
der du die Völker auf Erden vermehrst und die erwählt hast, die dich lieben,
durch Jesus Christus, deinen geliebten Sohn,
durch den du uns gebildet, geheiligt und geehrt hast«
(Klemens von Rom, Lettera ai Corinzi, 59, 3: I Padri Apostolici, Roma 1976, S. 88-89).
Das Buch Daniel berichtet von drei jungen Hebräern, die für ihren Glauben durch das Feuer gehen. Wie eine Fackel erleuchtet ihr Zeugnis die Nacht der Bedrängnis des Volkes Israel. Beständig loben, rühmen und preisen die drei Jünglinge in Feuerofen Gottes Herrlichkeit: „Gepriesen bist du, Herr, du Gott unserer Väter!" (Dan 3, 52).
Die Bedrängten wissen: Der Herr der Geschichte verläßt seine treuen Diener nicht. Was auch immer geschehen mag, der Allmächtige bleibt ihnen nahe. Durch die Menschwerdung Christi ist die Nähe Gottes zur Gewißheit geworden. Umso inniger dürfen wir Christen in den Lobgesang des Buches Daniel einstimmen: „Preist den Herrn, all seine Werke, lobt und rühmt ihn in Ewigkeit!" (Dan 3, 57. 58).
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Sehr herzlich heiße ich die Wallfahrer und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache willkommen. Besonders begrüße ich die Tertiarschwestern des heiligen Franziskus, die aus Anlaß des 350. Geburtstags ihrer Gründerin nach Rom gepilgert sind. Bittet den Herrn um Treue in seiner Nachfolge! Der Heilige Geist gieße dazu die göttliche Liebe in eure Herzen ein! Der Segen Gottes sei mit euch allezeit!
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