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CHRISTMETTE

PREDIGT DES HEILIGEN VATERS JOHANNES PAUL II.

Weihnachten, 24. Dezember 2002

 

1. "Dum medium silentium tenerent omnia... - Tiefes Schweigen umfing das All. Die Nacht hielt inne in der Mitte ihres Laufes. Da stieg dein allmächtiges Wort hernieder vom königlichen Thron" (Antiphon zum Magnifikat am 26. Dezember).

In dieser Heiligen Nacht erfüllt sich die antike Verheißung: die Zeit der Erwartung ist zu Ende, und die Jungfrau Maria bringt den Messias zur Welt.

Jesus wird für eine Menschheit geboren, die auf der Suche nach Freiheit und Frieden ist; er wird geboren für jeden durch die Sünde niedergedrückten und heilsbedürftigen Menschen, der nach Hoffnung dürstet.

Gott antwortet in dieser Nacht auf den unaufhörlichen Schrei der Völker Komm, Herr, rette uns!: sein ewiges Wort der Liebe hat sterbliches Fleisch angenommen. "Sermo tuus, Domine, a regalibus sedibus venit". Das Wort ist in die Zeit eingetreten: der Immanuel, der "Gott-mit-uns" ist geboren.
In den Kathedralen und Basiliken, wie auch in den kleinsten überall auf der Welt verstreuten Kirchen, erhebt sich heute mit innerer Bewegung der Gesang der Christen: "Heute ist uns der Heiland geboren" (Antwortpsalm).

2. Maria "gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe" (Lk 2, 7).

Das ist das Bild der Heiligen Nacht: ein hilfloses Kind, das die Hände einer Frau mit einfachen Stofftüchern bedecken und in eine Krippe legen.

Wer vermag in diesem kleinen menschlichen Wesen den "Sohn des Höchsten" (Lk 1, 32) zu erkennen? Sie allein, die Mutter kennt die Wahrheit und hütet ihr Geheimnis.

In dieser Nacht können auch wir uns ihren Blick zu eigen machen und in diesem Kind das menschliche Antlitz Gottes erkennen. Auch wir Menschen des dritten Jahrtausends können Christus begegnen und ihn mit den Augen Marias betrachten.

So wird die Heilige Nacht zu einer Schule des Glaubens und des Lebens.

3. In der zweiten Lesung, die soeben vorgetragen worden ist, hilft uns der Apostel Paulus, das Christus-Ereignis zu begreifen, das wir in dieser Nacht des Lichtes feiern. Er schreibt: "Die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten" (Tit 2, 11).

Die in Jesus Christus "erschienene Gnade Gottes" ist seine erbarmende Liebe, welche über der ganzen Heilsgeschichte waltet und sie ihrer endgültigen Vollendung entgegenführt. Dieses Offenbarwerden Gottes in der "Niedrigkeit unserer menschlichen Natur" (1. Adventspräfation) bedeutet die Vorwegnahme auf Erden seines "Erscheinens" in Herrlichkeit am Ende der Zeiten (vgl. Tit 2, 13).

Darüber hinaus ist das geschichtliche Ereignis, welches wir jetzt im Geheimnis begehen, auch der uns dargebotene "Weg" zur Begegnung mit dem verherrlichten Christus. Tatsächlich erzieht uns Christus in seiner Inkarnation dazu - wie der Apostel bemerkt - "uns von der Gottlosigkeit und den menschlichen Begierden loszusagen und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben, während wir auf die selige Erfüllung unserer Hoffnung warten" (Tit 2, 12-13).

Heiligste Nacht der Geburt des Herrn, du hast die Heiligen aller Zeiten inspiriert! Ich denke hier insbesondere an den heiligen Bernhard und an seine geistliche Erhebung vor der ergreifenden Kulisse der Krippe. Ich denke an den heiligen Franz von Assisi, den inspirierten Schöpfer der ersten "lebendigen" Darstellung des Geheimnisses der Heiligen Nacht. Ich denke an die heilige Theresia vom Kinde Jesus, die dem stolzen Selbstbewußtsein des modernen Menschen mit ihrem "kleinen Weg" den echten Geist des Weihnachtsereignisses gegenüberstellt.

4. "Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt" (Lk 2,12).
Dieses Kind, das in der Armseligkeit einer Futterkrippe liegt, ist das Zeichen Gottes. Es vergehen Jahrhunderte und Jahrtausende, aber dieses Zeichen bleibt und behält seine Gültigkeit auch für uns, Männer und Frauen des dritten Jahrtausends. Es ist ein Zeichen der Hoffnung für die ganze Menschheitsfamilie; ein Zeichen des Friedens für alle, welche unter irgendeiner Form von Konflikten leiden. Es ist ein Zeichen der Befreiung für die Armen und die Unterdrückten; ein Zeichen des Erbarmens für die, welche im Teufelskreis der Sünde gefangen sind; und schließlich ein Zeichen der Liebe und des Trostes für alle, die einsam und verlassen sind.

Dieses kleine und zerbrechliche, bescheidene und stille Zeichen ist doch erfüllt von der Allmacht Gottes, die aus Liebe Mensch geworden ist.

5. Herr Jesus, mit den Hirten
verweilen wir an deiner Krippe,
um dich zu betrachten, wie du
in Windeln gewickelt im Stall liegst.

O Kind von Bethlehem!
In der Stille beten wir dich an,
mit Maria, deiner allzeit jungfräulichen Mutter.
Dir sei Ehre und Lobpreis in Ewigkeit,
du göttlicher Heiland der Welt! Amen.

 

 

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