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GRUSSWORTE VON PAPST JOHANNES PAUL II.
AN DIE VERTRETER DER PROVINZ NIEDERÖSTERREICH
UND DER TIROLER MALER-INNUNG

  Freitag, 3. Mai 1985

 

Sehr verehrte Damen und Herren!

In diesen Österlichen Tagen - zugleich die Zeit der aufblühenden Natur - bedenken wir besonders froh und hoffnungsvoll die Auferstehung Jesu Christ von den Toten. Wenn Gott seinen vielgeliebten Sohn und unseren Bruder zu neuem, ewigem Leben ruft, öffnet sich damit auch für uns das Dunkel der Zukunft auf ein klares, hohes Ziel hin: auf die Erfüllung aller Menschensehnsucht in Gott. Mehr noch, der Weg zu diesem Ziel ist uns bereits aufgezeigt im Evangelium Jesu Christi und in der Lehre seiner Kirche. Wir sind schon unterwegs. Die Kraft für diesen Weg wird uns ständig angeboten in Verkündigung und Sakrament unter der Führung der beauftragten Hirten.

Herzlich freue ich mich, in Ihnen heute Menschen zu begegnen, die diese Grundlage unseres Christenlebens gläubig anerkennen und auch für sich selbst zur Mitte ihres Selbstverständnisses machen. Und dies nicht nur für ihr privates Leben in Familie und Bekanntenkreis, sondern gerade auch als Verantwortliche in der Politik und Verwaltung Ihres Landes. Als Christen in solch maßgeblicher Stellung sind Sie besonders aufgerufen, in heutiger Zeit dieselben Tugenden konkreter Glaubensverwirklichung zu leben, wie der Landespatron Österreichs, der heilige Markgraf Leopold, sie zu seiner Zeit so überzeugend gelebt hat. Zu Recht haben Sie deshalb diese Romfahrt unter seinen besonderen Schutz und Ansporn gestellt. Mit Interesse habe ich auch von den anderen Initiativen vernommen, die vor allem in Niederösterreich und beim berühmten Stift Klosterneuburg zum 500jährigen Jubiläum der Heiligsprechung Ihres Landespatrons in diesen Monaten stattfinden. Sein nachahmenswertes christliches Lebensbeispiel faßt die Kanonisationsbulle mit den folgenden Worten zusammen: Fürst Leopold ”hat inmitten der häuslichen Sorgen, der Schwierigkeiten der Ehe, der Liebe zu seinen Kindern, der Sorge um sein Land Distanz zur Welt gehalten und das Zeitliche so verwaltet, daß er das Ewige nicht aus den Augen verlor“.

Die Aufgabe derer, die in der Öffentlichkeit Verantwortung tragen, wird in unseren Tagen wieder schwieriger. Allenthalben in Europa wächst heute das Bewußtsein, daß das gewohnte Ansteigen unseres Wohlstandes an ein Ende gekommen ist, daß sogar die Beibehaltung des gegenwärtigen Standes nicht leicht sein wird. Immer mehr Menschen sind davon überzeugt, daß die Ziele unseres sozialen Zusammenlebens, unseres Arbeitens und Wirtschaftens neu bedacht, abgewogen und geordnet werden müssen. Ziele, die sich gegenseitig noch auszuschließen scheinen, wie Arbeitsplatzsicherung und Umweltschutz, müssen in einen sinnvollen Ausgleich gebracht werden. Und dies alles zum wahren Wohl des Menschen und seiner echten, grundlegenden Bedürfnisse, zu denen an erster Stelle seine innere Freiheit und Persönlichkeit gehören, sein tiefstes Wesen als Ebenbild Gottes.

Diese Grundsatzdiskussion steht wohl erst an ihrem Anfang. Noch wird sie vielerorts bei gegebenem Anlaß heftig und emotionell geführt. Es ist die besondere Aufgabe des christlichen Politikers, das christliche Verständnis vom Menschen, unsere gläubige Zuversicht im Blick auf die Zukunft, die vom Evangelium geprägte Soziallehre der Kirche mit Überzeugungskraft in die heutige geistige Auseinandersetzung einzubringen. Was vordergründig wie ein Suchen nach den besten technischen, organisatorischen Lösungen aussieht, ist in Wirklichkeit vielmehr ein Ringen um das richtige Menschenbild.

”Hierfür seid ihr die Zeugen“. Dieses Wort Jesu an die Jünger, denen er sich nach Leiden und Tod als Lebender gezeigt hatte, möchte ich heute auch an Sie richten. Für das in Gott begründete Menschenbild sollen auch Sie Zeugen in Ihren Familien, am Wohnort, in Ihrer Partei und in Ihrem Berufsverband, bei grundlegenden politischen Beratungen und Entscheidungen sein.

Von Herzen erteile ich Ihnen und Ihren Angehörigen in der Heimat wie auch Ihren Mitarbeitern für Gottes bleibenden Schutz und Beistand meinen besonderen Apostolischen Segen.

In diesen Segen schließe ich auch Sie gern mit ein, die Sie sich als weitere Pilgergruppe zu dieser Begegnung hinzugesellt haben. Ich heiße auch Sie herzlich im Vatikan willkommen. Als Mitglieder der Tiroler Malerinnung leisten Sie durch Ihr Handwerk einen konkreten Beitrag in jenem Bereich der Arbeit und Wirtschaft Ihres Landes, von dem ich soeben gesprochen habe. Mögen Sie sich Ihrer Verantwortung als Christen für das Gemeinwohl und die richtige Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens stets bewußt sein und diese entsprechend Ihren Möglichkeiten im Geist des Evangeliums und christlicher Solidarität nach Kräften fördern. Dazu schenke Ihnen Gott seine reiche Gnade!

 

© Copyright 1985 - Libreria Editrice Vaticana

 



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