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ANSPRACHE VON JOHANNES PAUL II.
AN EINE GRUPPE DEUTSCHSPRACHIGER PILGER

Mittwoch, 23. März 1988

 

Liebe Brüder und Schwestern!

Wie alle Jahre zeugt eure heutige so überaus zahlreiche Teilnahme an dieser Audienz von der unmittelbaren Nähe des Osterfestes. Einem schon fast erprobten guten Brauch entsprechend bereiten sich viele Gläubige aus euren Pfarreien und Diözesen alljährlich durch diese Pilgerreise zu den Gräbern der Apostel in besonderer Weise auf die Feier der Auferstehung unseres Herrn vor Ihr erwidert dadurch auch immer wieder in großer Zahl die beiden unvergeßlichen Pastoralbesuche, die ich bisher der Kirche in eurem Land habe abstatten dürfen. Ich danke euch für eure treue Verbundenheit mit diesem Zentrum der katholischen Christenheit und dem Nachfolger des hl. Petrus und heiße euch zur heutigen Audienz sehr herzlich willkommen.

Der Leidensweg und die Auferstehung des Herrn, die wir in diesen Wochen mit der Liturgie der Kirche feiern, lenken unseren Blick ganz besonders auf Jesus Christus, auf seine Person und auf seine Sendung zum Heil der Menschen. Christus ist das zentrale Geheimnis unseres Glaubens. Seit vielen Monaten gelten ihm auch unsere kurzen Betrachtungen und kathechetischen Darlegungen bei diesen wöchentlichen Generalaudienzen. Aus den Zeugnissen der Heiligen Schrift haben wir aufgezeigt, daß Christus wahrer Mensch und wahrer Gott ist. Er wurde von Gott in die Welt gesandt, um die gefallene Menschheit durch sein Kreuzesopfer von Sünde und Schuld zu befreien. Auf seinem Leidensweg und am Kreuz hat er als Mensch – wie einer von uns – gelitten, als Sohn Gottes hat er darin seinem himmlischen Vater ein wohlgefälliges Sühnopfer dargebracht.

Christus ist wahrer Gott und wahrer Mensch. Nur allmählich ist es der Kirche gelungen, im Lauf der Jahrhunderte durch philosophische und theologische Reflexion tiefer in dieses Geheimnis des Gottmenschen Christus einzudringen. Im Widerstreit mit zahlreichen irrigen Auffassungen und Erklärungsversuchen haben vor allem die großen Konzilien die Lehre der Kirche über Jesus Christus immer deutlicher entfaltet und festgelegt. Unter diesen kommt dem Konzil von Chalzedon eine herausragende Bedeutung zu. Ihm ist es durch seine Lehrentscheidungen gelungen, in Christus Gottheit und Menschheit zu einer inneren Einheit zu verbinden, ohne sie selbst miteinander zu vermischen oder gegenseitig aufzulösen. Dieses Konzil lehrt, daß es in Christus zwei selbständige Naturen gibt, eine menschliche und eine göttliche, die aber beide von der einen Person des Göttlichen Wortes zu dem einen Gottmenschen vereint werden. Jede der beiden Naturen haben in Christus ihre je eigenen Wirkweisen. So gibt es in ihm einen menschlichen und einen göttlichen Willen, menschliche und göttliche Handlungen, jedoch immer in der Einheit der einen göttlichen Person.

Dieses sind unzulängliche menschliche Versuche, das unergründliche, Geheimnis des Gottmenschen Jesus Christus ein wenig aufzuhellen. Wenn jenes uns letztlich auch unbegreiflich bleibt, so können uns diese theologischen Überlegungen doch helfen, unseren Glauben und unsere Verehrung zu unserem gottmenschlichen Erlöser zu verlebendigen und zu vertiefen. Halten wir uns gerade in den kommenden Tagen bei der Betrachtung des Kreuzweges vor Augen, daß es kein einfacher Mensch ist, der hier leidet, sondern Gottes Sohn in seiner menschlichen Natur. Nicht nur sein menschlicher, sondern auch sein göttlicher Wille sagt im Gehorsam gegenüber dem himmlischen Vater Ja zu Schmach und Erniedrigung, um den sündigen Stolz der Menschen durch ein gottwohlgefälliges Opfer ein für allemal zu sühnen.

Nehmt, liebe Brüder und Schwestern, von unserer heutigen Begegnung hier im Vatikan diese kurze Betrachtung über das gottmenschliche Geheimnis der Person und der Sendung Jesu Christ mit in die Karwoche und die Osterzeit. Begleitet in aufrichtiger Liebe und Dankbarkeit Christus auf seinem Leidensweg, damit ihr dann auch der Osterfreude über seinen endgültigen Sieg in der Auferstehung voll teilhaftig werden könnt. Ich wünsche und erbitte euch und euren Lieben in der Heimat eine fruchtbare Mitfeier der Kar- und Osterliturgie der Kirche mit reichen persönlichen Gnaden und erteile euch allen von Herzen meinen besonderen Apostolischen Segen. Gelobt sei Jesus Christus!

 

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