APOSTOLISCHES SCHREIBEN
GAUDETE IN DOMINO
SEINER HEILIGKEIT
PAPST PAUL VI.
AN DEN EPISKOPAT, DEN KLERUS UND DIE GLÄUBIGEN DER GANZEN WELT
ÜBER DIE CHRISTLICHE FREUDE
INHALTSVERZEICHNIS
I. Die Sehnsucht aller Menschen nach innerer Freude
II. Ankündigung der christlichen Freude im Alten Testament
III. Die Freude nach der Lehre des Neuen Testamentes
IV. Die Freude im Herzen der Heiligen
V. Eine Freude für das ganze Volk
VI. Die Freude und Hoffnung im Herzen der Jugend
VII. Die Freude des Pilgers in diesem Heiligen Jahr
Ehrwürdige Brüder,
geliebte Söhne und Töchter! Gruß und apostolischen Segen!
Freut euch im Herrn, denn nahe ist er allen, die in Treue zu ihm flehen![1]
Liebe Brüder, Söhne und Töchter in Christus! In diesem Heiligen Jahr haben Wir das Volk Gottes schon wiederholt gemahnt, sich der Gnade dieses Jubiläums in froher Bereitschaft zu öffnen. Wie ihr wißt, ist Unsere Einladung im Kern ein Aufruf zur inneren Erneuerung und zur Versöhnung in Christus. Es geht hierbei um das Heil der Menschen, um die Fülle ihres Glücks. Im gegenwärtigen Augenblick, da die Gläubigen in aller Welt sich vorbereiten, das Fest des Ankunft des Heiligen Geistes zu feiern, laden Wir euch ein, von ihm dieses Geschenk der Freude zu erflehen.
Wir selbst wissen sehr wohl, daß sich der Dienst der Versöhnung unter zahlreichen Widersprüchlichkeiten und Schwierigkeiten vollzieht.[2] Aber dennoch: Wir wissen Uns zu ihm gedrängt und dabei getragen von der Freude im Heiligen Geist. Und weiter: auch für Uns, für die ganze Kirche gilt ohne Einschränkung das vertrauensvolle Wort des Apostels Paulus an seine Gemeinde in Korinth: »Ihr seid zum Mitsterben und Mitleben in unseren Herzen. Ich habe großes Vertrauen zu euch... Trotz all unserer Not bin ich mit Trost und übergroßer Freude erfüllt«.[3] Ja, auch die Liebe drängt Uns zur Einladung an euch, an der Überfülle dieser Freude teilzuhaben, die ein Geschenk des Heiligen Geistes ist.[4]
Darum erschien es Uns als eine frohe innere Verpflichtung, in diesem Jahr der Gnade anläßlich des Pfingstfestes ein Apostolisches Mahnschreiben an euch zu richten, das der christlichen Freude, der Freude im Heiligen Geist gilt. Wir möchten einen Hymnus auf die Freude in Gott anstimmen, der in der ganzen Welt widerhalle: die Liebe, uns im Heiligen Geist geschenkt, soll zusammen mit ihrer Frucht, der Freude, die Herzen der Menschen erfüllen.[5] Es ist Unser Wunsch, daß ihr mit einstimmt in unseren Hymnus, zur geistlichen Tröstung der Kirche und all jener Menschen, die ihr Herz der Feier dieses Ereignisses öffnen wollen.
I.
DIE SEHNSUCHT ALLER MENSCHEN NACH INNERER FREUDE
Man würde die christliche Freude nicht gebührend preisen, wenn man nicht offen wäre für das äußere und innere Zeugnis, welches Gott, der Schöpfer, von sich selbst im Werk seiner Schöpfung gibt: »Und Gott sah, daß es gut war«.[6] Noch ehe sich Gott in der Offenbarung persönlich kundtat, sprach er den Menschen an durch ein Weltall, welches ein Werk der Macht, der Weisheit und der Liebe ist. So führte er den Verstand und das Herz seiner Geschöpfe zu einer Begegnung in Freude und zugleich in der Wahrheit. Darum muß man aufmerksam hinhören auf den Ruf, der aus dem Herzen des Menschen emporsteigt, vom ersten Staunen des Kindes bis zur heiteren Abgeklärtheit des Alters; er ist wie eine Vorahnung des göttlichen Geheimnisses.
Wenn der Mensch in der Welt zum Bewußtsein erwacht, erfährt er sich da nicht in seinem natürlichen Streben, die Welt zu erkennen und sie durch seinen Verstand in Besitz zu nehmen, als ein Wesen, welches dort auch seine Erfüllung und sein Glück finden möchte? In diesem Glück aber gibt es, wie jeder weiß, mehrere Grade. Seine lauterste Form ist die Freude oder das « Glück » im strengen Sinn, wenn der Mensch auf der Ebene seiner höheren Fähigkeiten im Besitz eines erkannten und geliebten Gutes inneren Frieden und Erfüllung findet.[7] So empfindet der Mensch Freude, wenn er sich in Harmonie mit der ihn umgebenden Natur befindet, und vor allem in der Begegnung, Solidarität und Gemeinschaft mit anderen. In noch weit höherem Maße erfährt er geistige Freude und Glück, wenn sein Geist in den Besitz Gottes gelangt, den er als höchstes und unwandelbares Gut erkennt und liebt.[8] Dichter, Künstler, Denker, aber auch einfache Männer und Frauen, sofern sie sich nur einem gewissen inneren Licht öffnen, können, wie schon in den Zeiten vor Christus, so auch heute und mitten unter uns etwas von der Freude Gottes in sich erfahren.
Aber wie könnte man zugleich nicht auch sehen, daß die Freude immer unvollkommen, zerbrechlich und bedroht bleibt? Es erscheint als befremdlicher Widerspruch, wenn das Bewußtsein von dem, was über alle flüchtigen Vergnügen hinaus das wahre Glück begründet, zugleich auch die Gewißheit einschließt, daß es kein vollkommenes Glück gibt. Die Erfahrung der Grenzen, die jede Generation immer wieder selbst macht, drängt dazu, den stets vorhandenen unermeßlichen Abstand zwischen der Wirklichkeit und dem Streben nach dem Unendlichen in den Blick zu nehmen und darüber nachzusinnen.
Dieser Widerspruch, diese Schwierigkeit, die Freude zu finden, erscheint Uns in unserer heutigen Zeit besonders verschärft. Darin liegt der Grund für Unsere Botschaft. Die technische Gesellschaft konnte die Gelegenheiten zum Vergnügen vervielfachen, aber die Übel sind zu zahlreich, als daß Freude aufkommen könnte. Denn die Freude erwächst aus anderen Gründen. Sie ist etwas Geistiges. An Geld, Komfort, Hygiene und materieller Sicherheit mangelt es oft nicht; aber dennoch bleiben Überdruß, mürrische Stimmung und Traurigkeit unglücklicherweise das Los vieler. Dies steigert sich nicht selten bis zu Angst und Verzweiflung, die sich durch scheinbare Sorglosigkeit, rauschenden Genuß gegenwärtigen Glücks und durch künstliche Paradiese nicht vertreiben lassen. Spürt man etwa die Ohnmacht, den industriellen Fortschritt in den Griff zu bekommen und die Gesellschaft in menschenwürdiger Weise zu gestalten? Oder handelt es sich eher um Einsamkeit, um einen ungestillten Hunger nach Liebe und Anteilnahme, um eine undeutlich gefühlte innere Leere? Im übrigen lasten äußeres und inneres Leid oft nur zu sehr auf den Menschen. Zu viele verhungern, werden Opfer sinnloser Kämpfe oder sind entwurzelt! All dies Elend ist vielleicht nicht schlimmer als in früheren Zeiten. Aber es nimmt weltweite Ausmaße an. Es ist besser bekannt und uns nahegebracht durch die Massenmedien, zumindest ebenso wie die Erfahrungen von Glück. Das Ausmaß an Elend ist bedrückend, wobei nur zu oft keine entsprechende menschliche Lösung dafür sichtbar wird.
Diese Lage der Dinge soll Uns indes nicht daran hindern, von der Freude zu sprechen, auf die Freude zu hoffen. Gerade inmitten all ihrer Not müssen die Menschen von heute die Freude entdecken und deren frohen Klang vernehmen. Wir nehmen tiefen Anteil am Schmerz all derer, über die sich angesichts des Elends und vieler Leiden der Schleier der Traurigkeit gelegt hat. Insbesondere denken Wir an alle, die mittellos, ohne Hilfe, ohne Freunde sind und ihre menschlichen Hoffnungen in nichts zerrinnen sehen. Mehr als je sind sie in Unser Gebet und Unser Mitgefühl hineingenommen. Gewiß möchten Wir niemanden traurig stimmen. Ganz im Gegenteil, Wir möchten nach Mitteln suchen, die geeignet sind, Licht in das Dunkel zu bringen. Sie scheinen Uns von dreifacher Art zu sein.
Es ist offenkundig, daß die Menschen ihre Anstrengungen vereinigen müssen, um wenigstens ein Mindestmaß an Unterstützung, Wohlfahrt, Sicherheit und Gerechtigkeit zu schaffen, denn diese sind für die zahlreichen, vom Unglück heimgesuchten Menschengruppen unerläßliche Voraussetzungen für das Glück. Eine solche Aktion der Solidarität wäre bereits ein Werk Gottes; und sie entspricht dem Gebot Christi. Schon eine solche Aktion könnte Frieden stiften, die Hoffnung wieder lebendig machen, die Gemeinschaft stärken und den Weg zur Freude öffnen sowohl für den, der gibt, wie für den, der empfängt, denn es gibt mehr Glück zu schenken als zu empfangen.[9] Wie oft, liebe Brüder, Söhne und Töchter, haben Wir euch aufgerufen, alles daran zu setzen, die Erde wohnlicher und brüderlicher zu gestalten und ohne Verzug Gerechtigkeit und Liebe Wirklichkeit werden zu lassen zur ganzheitlichen Entfaltung aller! Die Konzilskonstitution Gaudium et spes und zahlreiche päpstliche Dokumente haben schon auf diesen Punkt hingewiesen. Wenn es auch nicht direkt zu dem Thema gehört, welches Wir hier behandeln: man sollte sich sehr wohl davor hüten, diese erste Pflicht der Liebe zum Nächsten außer Acht zu lassen, denn sonst wäre es töricht, überhaupt von Freude zu sprechen.
Ferner bedarf es eines geduldigen erzieherischen Bemühens, um zu lernen oder wiederum zu lernen, ganz schlicht die vielfachen Anlässe für den Menschen zur Freude zu verkosten, welche der Schöpfer schon auf unseren Weg gelegt hat: überschäumende Freude über das Dasein und das Leben; Freude der lauteren und geheiligten Liebe; Freude, die Frieden schenkt, über die Natur und die Stille; manchmal herbe, aber echte Freude über gut geleistete Arbeit; Freude und Genugtuung üben die Erfüllung einer Pflicht; die lichte und klare Freude des Reinen, des Dienenden und dessen, der brüderlich Anteil nimmt; die anfordernde Freude des Opfers. Der Christ kann sie noch läutern, sie vervollkommnen und erhöhen; aber er sollte sie nicht verschmähen. Die christliche Freude setzt einen Menschen voraus, der zu natürlichen Freuden fähig ist. Oft genug ist Christus von diesen Freuden bei der Verkündigung des Reiches Gottes ausgegangen.
Aber das Thema dieses Mahnschreibens liegt tiefer, denn das Problem scheint Uns in erster Linie auf der Ebene des Geistes zu liegen. Gerade in seiner Seele sieht sich der Mensch außerstande, die Leiden und das vielfältige Elend unserer Zeit innerlich anzunehmen. Ja, sie drücken ihn nieder, und zwar um so mehr, je weniger er den Sinn des Lebens sieht und je unsicherer er über sich selbst sowie über seine transzendente Berufung und Bestimmung wird. Er hat das Universum und jetzt auch die Menschheit des Bezugs zum Heiligen beraubt und nicht selten das lebendige Band zwischen sich und Gott zerschnitten. Der Wert der Dinge und die Hoffnung sind nicht mehr hinreichend gesichert. Gott scheint ihm eine abstrakte und überflüssige Idee zu sein. Ohne es aussprechen zu können, wird ihm das Schweigen Gottes zu einer Last. Ja, die Kälte und das Dunkel haben ihren Ort vor allem im Herzen des Menschen, wo müde Traurigkeit herrscht. Man kann in diesem Zusammenhang von der Trauer der Nichtglaubenden sprechen, da der menschliche Geist, der nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffen ist und deshalb von Natur her auf ihn als sein einziges höchstes Gut hin ausgerichtet ist, ihn ohne Glauben nicht klar zu erkennen und nicht zu lieben vermag. Folglich kann er auch nicht die Freude erfahren, die die Erkenntnis Gottes, selbst wenn sie unvollkommen bleibt, und jene Gewißheit vermitteln, daß uns mit ihm ein Band verbindet, das nicht einmal der Tod zu zerreißen vermag. Wer erinnert sich nicht der Worte des hl. Augustinus: »Du hast uns für dich erschaffen, o Herr, und unruhig ist unser Herz, bis es ruhet in dir«.[10] Der Mensch kann also nur dadurch daß er sich von der Sünde abwendet und wieder Gott nähert, wirklich der geistigen Freude teilhaftig werden. Es besteht kein Zweifel: »Fleisch und Blut« sind dazu nicht fähig.[11] Aber die Offenbarung vermag diesen Horizont zu Öffnen, und die Gnade ist fähig, diese Umkehr Wirklichkeit werden zu lassen. Unsere Einladung ist gerade darauf gerichtet, zu den Quellen der christlichen Freude zurückzukehren. Wie könnten wir jedoch dazu in der Lage sein, wenn wir uns nicht auf den göttlichen Heilsplan besännen und auf die Frohbotschaft von seiner Liebe hörten?
II.
ANKÜNDIGUNG DER CHRISTLICHEN FREUDE IM ALTEN TESTAMENT
Die christliche Freude ist ihrem Wesen nach innere Teilhabe an der unergründlichen, zugleich göttlichen und menschlichen Freude im Herzen des verherrlichten Herrn, Jesus Christus. Seit Gott der Vater in der Geschichte zu offenbaren begann, welchen Heilsplan er in Jesus Christus gefaßt hatte, um ihn in der Fülle der Zeiten zu verwirklichen,[12] wird diese Freude im Volk Gottes, solange sein eigentliches Wesen nicht völlig enthüllt ist, auf geheimnisvolle Weise verkündet.
Abraham, im Blick auf die zukünftige Erfüllung der Verheißung herausgerufen aus seiner Heimat und hoffend gegen alle Hoffnung, empfängt so seit der Geburt seines Sohnes Isaak die prophetischen Erstlingsgaben dieser Freude.[13] Sie erhält eine neue innere Dimension durch eine Probe auf den Tod, da ihm dieser einzige Sohn lebendig zurückgegeben wird — ein Vorbild der Auferstehung dessen, der kommen muß, des eingeborenen Sohnes Gottes, der das erlösende Opfer auf sich nimmt. Abraham jubelte vor Freude beim Gedanken, den Tag Christi, den Tag des Heiles zu schauen: »er sah ihn und freute sich«.[14]
Im Laufe der langen prophetischen Geschichte des alten Israel wächst die Freude über das Heil und teilt sich weiter mit. Sie hält sich durch und steht immer wieder, unzerstörbar, neu auf trotz der tragischen Prüfungen, welche das auserwählte Volk wegen seiner schuldhaften Treubrüche durchmachen muß, und trotz der Verfolgungen von außen, die es seinem Gott abspenstig machen wollen. Diese Freude, immer bedroht und immer wieder neu erwachend, ist bezeichnend für das Volk, das Abraham zum Vater hat.
Es geht stets um eine Freude bringende Erfahrung von Befreiung und Wiederaufrichtung — wenigstens der Verheißung nach —, die ihren Ursprung in der barmherzigen Liebe Gottes zu seinem auserwählten Volk haben. Für dieses Volk erfüllt er aus reiner Gnade und durch wunderbare Macht die Verheißungen des Bundesschlusses. So ist es auch mit der Freude über das mosaische Pascha, ein Vorbild der eschatologischen Befreiung, die in Christus im österlichen Kontext des neuen und ewigen Bundes Wirklichkeit werden wird. Weiter geht es um die sehr lebendige Freude über das Leben mit Gott und für Gott, die immer wieder in den Psalmen besungen wird. Schließlich und vor allem geht es um die Freude über die übernatürliche Herrlichkeit, die dem neuen Jerusalem verheißen ist, welches aus der Verbannung zurückgekauft wurde und von Gott selbst mit geheimnisvoller Tiefe geliebt wird.
Der letzte Sinn dieser unerhört überschwänglichen Erlöserliebe kann indes erst aufscheinen in der Stunde des neuen Ostern und des neuen Exodus. Dann wird das Volk Gottes durch den Tod und die Auferstehung des leidenden Gottesknechtes hindurch von dieser Welt zum Vater geführt, vom vorbildhaften Jerusalem hier auf Erden zum Jerusalem der anderen Welt: »Zum Lohn dafür, daß du verlassen warst und gehaßt, so daß dich niemand besuchte, mache ich dich zum ewigen Stolz, zum Grund der Freude für alle Geschlechter ... Wie der Jüngling sich mit der Jungfrau vermählt, so wird dein Schöpfer mit dir verbunden sein, und wie der Bräutigam an der Braut sich erfreut, so freut an dir sich dein Gott«.[15]
III.
DIE FREUDE NACH DER LEHRE DES NEUEN TESTAMENTES
Diese herrlichen Verheißungen haben jahrhundertelang und auch in den härtesten Prüfungen die mystische Hoffnung des alten Israel aufrechterhalten. Dieses hat sie seinerseits der Kirche Jesu Christi weitergegeben, so daß wir ihm einige der reinsten Ausprägungen der Freude in unseren Freudenliedern verdanken. Gemäß dem Glauben und der christlichen Erfahrung des Geistes ist dieser Friede, den Gott schenkt und der sich wie ein Strom, der über die Ufer tritt, ausweitet, wenn einmal die Zeit des »Trostes« kommt,[16] an die Ankunft und Gegenwart Christi gebunden.
Von dieser Freude, die der Herr bringt, ist niemand ausgeschlossen. Die große Freude, die der Engel in der Heiligen Nacht verkündet, ist tatsächlich dem ganzen Volke zugedacht,[17] dem Volk Israel, das damals sehnsüchtig auf einen Retter wartete, wie auch dem unübersehbar zahlreichen Volk jener Menschen, die im Laufe der Zeit diese Botschaft annehmen und sich bemühen, nach ihr zu leben. Als erste hatte die Jungfrau Maria vom Erzengel Gabriel davon Kunde erhalten, und ihr Magnifikat war bereits das Freudenlied aller Demütigen. Die freudenreichen Geheimnisse stellen uns daher jedesmal, wenn wir den Rosenkranz beten, neu vor das unaussprechliche Ereignis, das Zentrum und Gipfel der Geschichte ist: das Kommen des Emanuel, Gott mit uns, auf diese Erde. Johannes der Täufer, der das wartende Israel auf ihn hinweisen sollte, war im Schoß seiner Mutter vor Freude aufgehüpft, als Jesus sich ihm näherte.[18] Und als Jesus schließlich sein Öffentliches Leben beginnt, »freut sich« Johannes »gar sehr über die Stimme des Bräutigams«.[19]
Betrachten wir nun ein wenig die Person Jesu im Verlauf seines irdischen Lebens. Er hat in seiner Menschheit unsere Freuden erfahren.
Er hat offenbar eine breite Skala menschlicher Freuden kennengelernt, geschätzt und geteilt, einfache tägliche Freuden, wie sie jedem zugänglich sind. Die Tiefe seines Innenlebens hat keineswegs seinen Blick für das Konkrete abgestumpft, nicht seine Empfindungsfähigkeit beeinträchtigt. Er bewundert die Vögel des Himmels und die Lilien des Feldes. In ihm wiederholt sich auf unmittelbare Weise der Blick Gottes auf die Schöpfung am Morgenrot der Geschichte. Gern hebt er die Freude des Sämanns und des Schnitters hervor, die Freude des Mannes, der einen verborgenen Schatz findet, die des Hirten, der sein Schaf, oder die der Frau, die ihr verlorenes Geldstück wiederfindet, die Freude der zum Fest geladenen Gäste, die Freude bei einer Hochzeit, die Freude des Vaters, der seinen Sohn, von einem Leben der Verschwendung endlich heimgekehrt, aufnimmt, und die der Frau, die ein Kind zur Welt bringt. Diese menschlichen Freuden sind für Jesus von solch hoher Bedeutung, da sie für ihn die Zeichen der geistlichen Freuden des Reiches Gottes sind: Freude jener Menschen, die in dieses Reich eintreten, dorthin zurückkehren oder dort arbeiten; Freude des Vaters, der sie empfängt. Auch Jesus selbst zeigt seinerseits Genugtuung und Zärtlichkeit, als er Kindern begegnet, die zu ihm kommen wollen, als er einen reichen Jüngling trifft, der gewissenhaft und bestrebt ist, noch mehr zu tun; als er zu Freunden kommt, die ihm ihr Haus öffnen wie Martha, Maria und Lazarus. Eine Freude ist es für ihn vor allem, wenn er erlebt, daß man das Wort aufnimmt, seine Reichtümer opfert, daß eine Sünderin oder ein Zöllner wie Zachäus sich bekehrt, daß eine Witwe sich trotz ihrer Not zum Geben entschließt. Er jubelt vor Freude, als er feststellt, daß den Kleinen und Demütigen die Botschaft vom Reich geoffenbart wird, während sie den Weisen und Klugen verborgen bleibt.[20]
Ja, weil Christus »wie wir als Mensch gelebt hat, in allem uns gleich, außer der Sünde,[21] so hat er auch die gefühlsmäßigen und geistlichen Freuden als Gabe Gottes erfahren und angenommen. Er verkündete rastlos »den Armen die Botschaft vom Heil, den Trauernden Freude«.[22] Das Lukasevangelium bezeugt in besonderer Weise diesen Anlaß zur Freude. Alle Wunder Jesu und seine Verzeihung schenkenden Worte sind ebensoviele Zeichen für die Güte Gottes: das ganze Volk aber freute sich über all die herrlichen Taten, die durch ihn geschahen,[23] und gab Gott die Ehre. Für den Christen geht es wie für Jesus darum, die menschlichen Freuden, die der Schöpfer ihm gewährt, zu leben in Danksagung vor dem Vater.
Hier muß man freilich das Geheimnis der unergründlichen Freude, die in Christus lebt und ihm eigen ist, gebührend beachten. Vor allem das Johannesevangelium hebt davon ein wenig den Schleier empor, indem es uns die innigsten und persönlichsten Worte des menschgewordenen Gottessohnes überliefert. Wenn Jesus einen solchen Frieden, eine derartige Sicherheit und Zuversicht, Freude und Verfügbarkeit ausstrahlt, dann ist das in der unaussprechlichen Liebe begründet, mit der er sich von seinem Vater geliebt weiß. Seit seiner Taufe an den Ufern des Jordan wird diese Liebe, die vom ersten Augenblick seiner Menschwerdung in ihm gegenwärtig ist, offenbar: »Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich mein Wohlgefallen«.[24] Diese Gewißheit ist dem Bewußtsein Jesu unauslöschlich eingeprägt. Es ist eine Gegenwart, aufgrund der er sich nie allein fühlt.[25] Ein innerstes Wissen erfüllt ihn: »Der Vater kennt mich, und ich kenne den Vater«.[26] Es ist ein ständiger und vorbehaltloser Austausch: »Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein«.[27] Der Vater hat dem Sohn die Gewalt übertragen, zu richten und über sein Leben zu verfügen. Es ist ein gegenseitiges Einwohnen: »Ich bin im Vater, und der Vater ist in mir«.[28] Umgekehrt schenkt auch der Sohn dem Vater eine Liebe ohne Grenzen: »Ich liebe den Vater und tue, wie es der Vater mir aufgetragen hat«.[29] Er tut stets das, was dem Vater gefällt: dies ist sogar seine »Speise«.[30] Seine Verfügbarkeit reicht bis zur Hingabe seines menschlichen Lebens und sein Vertrauen bis zur Gewißheit, es zurückzuerhalten: »Deshalb liebt mich der Vater, weil ich mein Leben gebe, um es wieder zu nehmen«.[31] In diesem Sinn freut er sich sogar, daß er zum Vater gehen darf. Es handelt sich bei Jesus nicht um ein oberflächliches Sich-bewußt-werden, es ist vielmehr der Widerschein von jener Liebe in seinem menschlichen Bewußtsein, die er von jeher als Gott im Schoße des Vaters kennt: »Du hast mich geliebt vor Grundlegung der Welt«.[32] Gemeint ist jene nicht mittteilbare Liebesbeziehung, die mit seiner Existenz als Sohn gegeben ist und das Geheimnis des trinitarischen Lebens bildet: der Vater erscheint darin als derjenige, der sich dem Sohn schenkt, ohne Vorbehalt und unaufhörlich, aus überströmender hochherziger Freude; der Sohn hingegen als der, welcher sich auf gleiche Weise dem Vater hinschenkt, in überströmend dankbarer Freude, im Hl. Geist.
Die Jünger und alle, die an Christus glauben, sind aufgerufen, an dieser Freude teilzunehmen. Jesus will, daß sie seine Freude in Fülle in sich tragen: [33]Ich habe ihnen deinen Namen geoffenbart und werde ihn offenbaren, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen sei und ich in ihnen«.[34]
Diese Freude, in der Liebe Gottes zu verweilen, beginnt schon hier auf Erden. Es ist die Freude des Reiches Gottes. Sie wird aber nur auf einem steilen Weg geschenkt, der vollkommenes, uneingeschränktes Vertrauen in den Vater und den Sohn und eine Vorliebe für das Reich Gottes erfordert. Die Botschaft Jesu verheißt vor allem Freude, eine anspruchsvolle Freude. Wird sie nicht in den Seligpreisungen offenbar? »Wohl euch, ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes. Wohl euch, die ihr jetzt hungert; denn ihr werdet satt werden. Wohl euch, die ihr jetzt weint; denn ihr werdet lachen«.[35]
Geheimnisvollerweise ist Christus selbst damit einverstanden, durch die Hände der Gottlosen[36] und sogar an einem Kreuze zu sterben, um so aus dem Herzen des Menschen die Sünde der Selbstgefälligkeit herauszureißen und dem Vater seinen grenzenlosen kindlichen Gehorsam zu bezeugen. Der Vater ließ es aber nicht zu, daß der Tod ihn in seiner Macht behielt. Die Auferstehung Jesu ist das Siegel des Vaters, das den unendlichen Wert des Opfers des Sohnes bestätigt; sie ist zugleich der Beweis für die Treue des Vaters, wie es Christus selber vor seinem Leiden als Gebet ausgesprochen hatte: »Vater, verherrliche deinen Sohn, damit dein Sohn dich verherrliche«.[37]Von nun an lebt Jesus für immer in der Herrlichkeit des Vaters, und deshalb wurden auch die Jünger, als sie am Abend des Ostertages den Herrn sahen, mit einer Freude erfüllt, die nichts mehr in ihnen auszulöschen vermochte.
Freilich, hier auf Erden kann die wirkliche Freude des Gottesreiches nur aus der gemeinsamen Feier des Todes und der Auferstehung des Herrn entspringen. Es ist das Paradox der christlichen Existenz, das zugleich in einzigartiger Weise das Dasein des Menschen deutet: weder Prüfungen noch Leiden sind uns in dieser Welt genommen, sie gewinnen aber einen neuen Sinn in der Gewißheit, auf diese Weise an der Erlösung, die der Herr gewirkt hat, teilzunehmen und dadurch seine Herrlichkeit zu erlangen. Deshalb ist der Christ, wenn er die Schwierigkeiten des allen gemeinsamen menschlichen Geschicks erleidet, nicht genötigt, bei der Suche seines Weges gleichsam im Finstern herumzutappen noch im Tod das Ende seiner Hoffnungen zu erblicken. Wie es schon der Prophet verkündet hat, gilt von ihm vielmehr: »Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, leuchtet ein Licht auf. Du erregst lauten Jubel und schenkst große Freude«.[38] Das Exsultet der Osternacht besingt ein Geheimnis, das über alle Hoffnungen der Propheten hinaus Wirklichkeit geworden ist: in der beglückenden Verkündigung der Auferstehung ist selbst das Leid des Menschen verklärt, während die Fülle der Freude sich aus dem Sieg des Gekreuzigten, aus seinem durchbohrten Herzen, aus seinem verklärten Leib erhebt und alle Finsternisse der Herzen erhellt: Et nox illuminatio mea in deliciis meis«.[39]
Die Osterfreude ist nicht nur die Freude einer möglichen Verklärung: sie ist die Freude über eine neue Gegenwart und Nähe des auferstandenen Christus, der den Seinen den Heiligen Geist mitteilt, damit er fortan immer bei ihnen bleibe. Der Heilige Geist ist der Kirche mitgeteilt worden als unerschöpfliches Prinzip ihrer Freude als Braut des erhöhten Christus. Er ruft ihr durch den Dienst der Gnade und Wahrheit, der von den Nachfolgern der Apostel ausgeübt wird, die Lehre des Herrn selbst in Erinnerung. Er weckt in ihr das göttliche Leben und das Apostolat. Und der Christ weiß, daß dieser Geist im Verlauf der Geschichte niemals ausgelöscht werden kann. Die Quelle der Hoffnung, die uns das Pfingstfest offenbarte, wird nie versiegen.
Der Heilige Geist, der vom Vater und Sohn ausgeht, deren gegenseitige Liebe er ist, wurde also dem Volk des Neuen Bundes mitgeteilt und jeder Seele, die für sein Wirken im Inneren aufgeschlossen ist. Er nimmt in uns seine Wohnung als süßer Seelengast, dulcis hospes animae. Mit ihm wohnen im Herzen der Menschen der Vater und der Sohn.[41]Der Heilige Geist erweckt darin ein Gebet voll kindlichen Vertrauens, das aus der innersten Tiefe der Seele emporsteigt und sich in Lobpreis, in Dank, Sühne und in fürbittendem Flehen äußert. So können wir die wahrhaft geistliche Freude verkosten, die eine Frucht des Heiligen Geistes ist.[42] Sie besteht darin, daß der menschliche Geist im Besitz des dreifältigen Gottes, der durch den Glauben erkannt und mit der Liebe geliebt wird, die in ihm selbst ihren Ursprung hat, Ruhe und innerste Erfüllung findet. Eine solche Freude prägt seitdem alle christlichen Tugenden. Die kleinen menschlichen Freuden, die in unserem Leben gleichsam Hinweise auf eine erhabenere Wirklichkeit sind, werden verklärt.
Diese Freude wird hier auf Erden immer ein igewisses Maß schmerzlicher Prüfung enthalten wie bei jener Frau, die in Geburtswehen lag; das Gefühl einer gewissen Verlassenheit wird sich einstellen, ähnlich der eines verwaisten Kindes: Klagen und Weinen, während die Welt eine hämische Genugtuung darüber zur Schau trägt. Aber die Traurigkeit der Jünger, die nicht nach Art der Welt, sondern nach der Art Gottes trauern, wird sich alsbald in eine geistliche Freude verwandeln, die ihnen niemand mehr nehmen kann.[43]
Solcher Art ist die christliche Existenz und zumal das apostolische Leben. Weil das letztere von einer drängenden Liebe zum Herrn und zu den Brüdern getragen ist, entfaltet es sich notwendig im Zeichen des Paschaopfers; es geht aus Liebe in den Tod und durch den Tod zum Leben und zur Liebe. Von daher ergibt sich die besondere Situation des Christen und vor allem des Apostels, der »Vorbild der Herde«[44]sein soll und sich in Freiheit mit dem Leiden des Erlösers verbinden soll. Sie entspricht somit dem, was im Evangelium als das Gesetz der christlichen Seligkeit in Weiterführung des Schicksals der Propheten umschrieben ist: »Wohl euch, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: euer Lohn im Himmel wird groß sein. Denn so wurden schon vor euch die Propheten verfolgt«.[45]
Immer wieder müssen wir leider in unserer Zeit, die so sehr von der Illusion eines falschen Glückes bedroht ist, die Unfähigkeit des »psychischen« Menschen feststellen, das anzunehmen, »was vom Geist Gottes kommt. Torheit ist es für ihn, und er kann es nicht verstehen, weil es nur durch den Geist geprüft werden kann«.[46]
Die Welt — jene, die den Geist der Wahrheit nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt — nimmt nur das Äußere der Dinge wahr. Sie bedenkt nur die Trübsal und Armut des Jüngers, während dieser selber in seiner eigentlichen Tiefe in der Freude lebt, weil er Gemeinschaft hat mit dem Vater und seinem Sohn, Jesus Christus.
IV.
DIE FREUDE IM HERZEN DER HEILIGEN
Dies ist, liebe Brüder, Söhne und Töchter, die freudvolle Hoffnung, die aus den Quellen des Gotteswortes geschöpft wird. Nach zwanzig Jahrhunderten ist diese Quelle der Freude in der Kirche nicht versiegt, vor allem nicht im Herzen der Heiligen. Es drängt Uns, hier einige Beispiele und Stimmen dieser geistlichen Erfahrung aufzuzeigen: sie erhellt das Geheimnis der christlichen Freude je nach Verschiedenheit der Charismen und der besonderen Berufung.
An erster Stelle steht die Jungfrau Maria, die Gnadenvolle, die Mutter des Erlösers. Sie hat den Ruf von oben aufgenommen, sie ist die Magd des Herrn, die Braut des Heiligen Geistes, die Mutter des ewigen Sohnes; sie bringt ihre Freude zum Ausdruck bei ihrer Base Elisabeth, die ihren Glauben lobt: »Meine Seele preist die Größe des Herrn und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter... von nun an preisen mich selig alle Geschlechter«.[47]Mehr noch als alle anderen Geschöpfe hat sie es erkannt, daß Gott Wundertaten vollbringt: sein Name ist heilig, er zeigt seine Barmherzigkeit, er erhebt die Niedrigen, er steht in Treue zu seinen Verheißungen. Ihr äußeres Leben weicht in keiner Weise von dem Verlauf eines gewöhnlichen Lebens ab, aber sie betrachtet die kleinsten Zeichen Gottes und erwägt sie in ihrem Herzen. Keineswegs bleiben ihr die Leiden erspart: sie steht unter dem Kreuz und nimmt in hervorragendem Maße als Mutter der Schmerzen Anteil am Opfer des unschuldigen Gottesknechtes. Aber sie ist auch ganz und gar offen für die Freude der Auferstehung; sie ist mit Leib und Seele aufgenommen in die Herrlichkeit des Himmels. Sie ist die zuerst Erlöste, die Unbefleckte vom Augenblick ihrer Empfängnis an; sie ist die unvergleichliche Wohnung des Heiligen Geistes; in ihr hat der Erlöser der Menschen sein Zelt aufgeschlagen; sie ist gleicherweise die vielgeliebte Tochter des allmächtigen Gottes und in Christus die Mutter aller. Sie ist das vollkommene Urbild der Kirche auf Erden und in der Herrlichkeit des Himmels. Welch wunderbaren Widerhall finden in ihrer einzigartigen Existenz als Tochter Israels die prophetischen Worte vom neuen Jerusalem: »Laut will ich frohlocken über den Herrn. Meine Seele jubelt in meinem Gott. Denn er hat mich gehüllt in Gewände des Heiles, mir umgelegt der Gerechtigkeit Mantel, wie einer Braut, die ihr Geschmeide sich anlegt«.[48] An der Seite Christi vereint sie in sich alle Freude: sie lebt die vollendete Freude, die der Kirche verheißen ist: »Mater plena sanctae laetitiae - Mutter voll heiliger Freude«. Deshalb wenden sich ihre Kinder auf Erden zurecht an sie, die die Mutter der Hoffnung und der Gnade ist, und rufen sie als die Ursache ihrer Freude an: »Causa nostrae laetitiae«.
Nach Maria finden wir den Ausdruck der Freude in seiner reinsten Form und größten Intensität dort, wo das Kreuz Jesu Christi am allermeisten mit hingebungsvoller Liebe umfaßt wird: bei den Märtyrern, denen der Heilige Geist, selbst inmitten der Prüfung, sehnsuchtsvolles Warten auf die Ankunft des Bräutigams eingibt. Der hl. Stephanus, der gestorben ist, indem er den Himmel offen sah, ist der erste dieser unzähligen Zeugen Christi. Wieviele sind doch jene, die auch heute noch in manchen Ländern alles für Christus auf sich nehmen und daher mit dem hl. Ignatius von Antiochien sprechen könnten: »Obwohl ich gut lebe und gesund bin, schreibe ich euch mit dem Wunsch zu sterben. Mein Wunsch auf Erden ist es, gekreuzigt zu werden: in mir ist kein Funken von Liebe zur Erde mehr, sondern in mir ist lebendiges Wasser, das rauscht und mir zuruft in meinem Innern: »Komm heim zum Vater«.[49] Deshalb stammen auch die Stärke der Kirche, ihre Gewißheit zu siegen, ihre heitere Zuversicht bei der Feier des Kampfes der Märtyrer aus der Tatsache, daß sie darin die herrliche Fruchtbarkeit des Kreuzes sieht. Deshalb schreibt auch Unser Vorgänger Leo der Große, indem er das Martyrium der heiligen Apostel Petrus und Paulus, die mit diesem Heiligen Stuhl zuinnerst verbunden sind, rühmend hervorhebt: »Kostbar ist in den Augen Gottes der Tod seiner Heiligen und keine Art von Grausamkeit kann eine Religion vernichten, die auf dem Geheimnis des Kreuzes Christi gründet. Die Kirche wird durch die Verfolgungen nicht kleiner, sondern sie wächst durch sie; der Acker des Herrn rüstet sich ohne Unterlaß zu immer reicherer Ernte, da die Weizenkörner, die allein in das Erdreich gesenkt werden, sich vermehren, wenn sie emporsprießen«.[50]
Im Hause des Vaters gibt es aber viele Wohnungen und für jene, deren Herz der Heilige Geist vollkommen in Besitz genommen hat, viele Arten zu sterben und dadurch der heiligen Freude der Auferstehung teilhaft zu werden. Das Blutvergießen ist nicht der einzige Weg. Doch schließt der Kampf für das Himmelreich notwendigerweise den Durchgang durch eine Leidenszeit der Liebe ein, worüber die Lehrmeister des geistlichen Lebens in hervorragender Weise zu sprechen verstanden haben. Und hier begegnen sich, über die Verschiedenheit ihrer Tradition im Bereich der Mystik hinweg, die Erfahrungen über das geistliche Leben im Osten wie im Westen. Sie bezeugen denselben Weg der Seele: »per crucem ad lucem - durch das Kreuz zum Licht«, und von dieser Welt zum Vater, durch das lebendigmachende Wehen des Geistes.
Ein jeder dieser Lehrmeister des geistlichen Lebens hat uns eine Botschaft über die Freude hinterlassen. Die orientalischen Kirchenväter bieten eine Fülle von Zeugnissen für diese Freude im Heiligen Geist. Origenes hat z.B. oft die Freude desjenigen beschrieben, der Jesus auf innige und vertraute Weise kennenlernt: »Seine Seele wird wie die des greisen Simeon mit Jubel erfüllt. Im Tempel, der die Kirche ist, hält er Jesus in seinen Armen. Er frohlockt in der Fülle des Heiles, da er den trägt, in dem Gott die Welt mit sich versöhnt hat«.[51] Im Mittelalter bemüht sich unter vielen anderen ein Lehrmeister des geistlichen Lebens aus dem Orient, Nicolas Cabasilas, darum zu zeigen, wie die Liebe Gottes für ihn selbst die höchste Form der Freude hervorbringt.[52] Aus dem Abendland genügt es, unter den vielen, die auf dem Weg der Heiligkeit und der Freude Schule gemacht haben, nur einige Namen zu nennen: den hl. Augustinus, hl. Bernhard, hl. Dominikus, hl. Ignatius von Loyola, hl. Johannes vom Kreuz, die hl. Theresia von Avila, den hl. Franz v. Sales, hl. Johannes Bosco.
Wir wollen drei Gestalten besonders herausgreifen, die heute noch auf die Gesamtheit des christlichen Volkes eine große Anziehungskraft ausüben. An erster Stelle der demütige Arme von Assisi. Zahlreiche Pilger des Heiligen Jahres geben sich Mühe, seinen Spuren zu folgen. Nachdem er alles um des Herrn willen verlassen hatte, hat er durch die heilige Armut sozusagen etwas von jener ursprünglichen Seligkeit wiedergefunden, als die Welt heil aus den Händen des Schöpfers hervorgegangen ist. In der äußersten Armut, fast schon erblindet, konnte er seinen unvergeßlichen Preisgesang der Schöpfung anstimmen, den Lobgesang der Schwester Sonne, der ganzen Natur, die für ihn gleichsam transparent und zum lauteren Spiegelbild der göttlichen Herrlichkeit geworden ist. Er empfindet selbst Freude angesichts des Kommens »unseres Bruders, des leiblichen Todes«: »Selig diejenigen, die deinem heiligsten Willen gleichförmig geworden sind...«.
In der uns näher liegenden Zeit ist es die heilige Theresia von Lisieux, die uns auf den mutigen Weg hinweist, sich ganz in die Hände Gottes fallenzulassen, dem sie ihre eigene Armseligkeit anvertraut. Doch ist ihr deshalb das Gefühl der Gottverlassenheit nicht unbekannt, von dem unser Jahrhundert auf seine Weise seine bittere Erfahrung macht: »Manchmal scheint das kleine Vögelchen (mit dem sie sich selbst vergleicht) nicht zu glauben, daß es etwas anderes gibt als die Wolken, die es einhüllen... Das ist der Augenblick vollkommener Freude für das arme, schwache Wesen... Welches Glück für es, dort zu bleiben, auch wenn seine Augen nach dem unsichtbaren Licht Ausschau halten, das sich seinem Glauben entzieht«.[53]
Wie sollte man schließlich nicht auch an das Vorbild des seligen Maximilian Kolbe erinnern, eines echten Jüngers des hl. Franziskus! Sein Bild erstrahlt für unsere Generation. In den sehr tragischen Ereignissen, die unsere Zeit mit so viel Blut befleckt haben, hat er freiwillig sein Leben hingegeben, um einen unbekannten Bruder zu retten. Zeugen berichten uns, daß sein innerer Friede, seine Gelassenheit und seine Freude aus einem Ort voller Entbehrungen und Leiden, der gewöhnlich ein Bild der Hölle war, für seinen Leidensgenossen und für ihn selbst in gewisser Weise einen Vorhof zum ewigen Leben gemacht hat.
Im Leben der Kinder der Kirche ist diese Teilnahme an der Freude des Herrn untrennbar mit der Feier des eucharistischen Geheimnisses verbunden, bei der sie seinen Leib zur Speise und sein Blut zum Trank erhalten. Denn auf diese Weise werden sie als Pilger gestärkt für den Weg zur Ewigkeit und empfangen schon hier sakramental die Verheißungen der eschatologischen Freude.
In dieser Sicht kann die umfassende und tiefe Freude, die sich hier auf Erden in den Herzen der wahrhaft Glaubenden ausbreitet, nicht anders erscheinen als etwas, das sich von selbst mitteilt, genauso wie das Leben und die Liebe, für die sie ein glücklicher Vorbote ist. Sie hat ihren Ursprung in der Verbindung der Menschen mit Gott und zielt auf eine immer umfassendere Gemeinschaft hin. Sie wird niemals den, der sie verkostet, dazu verleiten, sich auf sich selbst zu beschränken. Sie gibt dem Herzen eine wahrhaft katholische Offenheit zur Welt und zu den Menschen und erfüllt es gleichzeitig mit der Sehnsucht nach den ewigen Gütern. Sie vertieft bei den Gläubigen das Bewußtsein, in der Verbannung zu leben, aber sie warnt sie auch vor der Versuchung, den Ort ihres Kampfes für das Kommen des Gottesreiches zu verlassen. Sie treibt sie an, in Eile hinzustreben zur himmlischen Vollendung der Hochzeit des Lammes. Sie lebt im Spannungsfeld zwischen dem Augenblick irdischer Drangsal und dem Frieden der ewigen Heimat, gemäß dem Schweregesetz des Geistes: »Wenn wir also jetzt, wo wir bloß das Unterpfand haben, Abba, Vater, rufen, was wird dann erst geschehen, wenn wir nach der Auferstehung ihn von Angesicht zu Angesicht schauen werden, wenn alle Glieder in überströmender Freude den Jubelhymnus anstimmen und den preisen werden, der sie von den Toten auferweckt und mit dem ewigen Leben beschenkt hat? Denn, wenn schon das Unterpfand dadurch, daß es den Menschen umfängt, ihn rufen läßt: Abba, Vater, was wird dann die gesamte Gnade des Geistes bewirken, die dem Menschen von Gott verliehen werden wird? Sie wird uns ihm ähnlich machen und vollenden nach dem Willen des Vaters, denn sie wird den Menschen nach dem Bild und Gleichnis Gottes schaffen«.[54] Hier auf Erden gewähren uns die Heiligen einen Vorgeschmack dieses Bildes und Gleichnisses Gottes.
V.
EINE FREUDE FÜR DAS GANZE VOLK
Wenn wir diese Stimme der Heiligen in ihrer Vielfalt und in ihrem Gleichklang gehört haben, haben wir da etwa die Lage der menschlichen Gesellschaft in der Gegenwart vergessen, die, wie es den Anschein hat, so wenig den übernatürlichen Gütern zugewandt ist? Haben wir vielleicht das religiöse Streben der Christen in unserer Zeit überbewertet? Oder haben Wir Unser Schreiben nur einem kleinen Kreis von Weisen und Gebildeten vorbehalten? Wir können und dürfen dabei nicht vergessen, daß das Evangelium mit seiner so bescheidenen äußeren Pracht und mit seinem tiefen Inhalt vor allem den Armen und Kleinen verkündet worden ist. Wir haben gewiß diesen strahlenden Horizont der christlichen Freude euch vor Augen geführt nicht etwa mit dem Gedanken, jemanden von euch, liebe Brüder, Söhne und Töchter, zu entmutigen, die ihr euch im Herzen angesprochen fühlt, wenn Gottes Anruf euch trifft.
Ganz im Gegenteil, Wir empfinden, daß Unsere Freude wie die eure nicht vollkommen ist, wenn wir uns nicht voll Vertrauen hinwenden »zum Anführer und Vollender des Glaubens. Vor ihm lag die Freude. Statt ihrer erduldete er den Kreuzestod, ohne der Schmach zu achten. Nun sitzt er zur Rechten des Thrones Gottes. Ja, betrachtet ihn, der von den Sündern so schweren Widerspruch gegen sich ertrug. Dann werdet ihr nicht ermatten und nicht den Mut sinken lassen«.[55]
Die Einladung Gottvaters, voll teilzunehmen an der Freude Abrahams und an der ewigen Hochzeitsfeier des Lammes, ist ein Ruf, der sich an alle richtet. Jeder Mensch, insofern er hinhören will und sich bereit macht, kann ihn in der Tiefe seines Herzens vernehmen, vor allem in diesem Heiligen Jahr, da die Kirche die Schatzkammern der göttlichen Barmherzigkeit in einer besonderen Weise öffnet. »Denn euch und euren Kindern gilt die Verheißung, aber auch allen Fernstehenden, soviel ihrer der Herr unser Gott berufen wird«.[56]
Wir möchten nicht an das Volk Gottes in abstrakter Weise denken. Unser Blick geht zunächst vor allem hin zur Welt der Kinder. Sie alle finden in der Liebe ihrer Mitmenschen die Geborgenheit, deren sie bedürfen; sie haben die Fähigkeit aufzunehmen, zu staunen, zu vertrauen, ganz spontan zu schenken. Sie sind zur Freude des Evangeliums fähig. Wer in das Himmelreich eingehen will, muß insbesondere, so sagt uns Jesus, auf sie schauen.[57]
Wir möchten Uns aber mehr noch an all diejenigen wenden, die im familiären, beruflichen und sozialen Bereich volle Verantwortung tragen. Die Last ihrer Aufgabe in einer so sehr in Bewegung geratenen Welt, nimmt ihnen häufig die Möglichkeit, die täglichen Freuden zu genießen. Es gibt sie aber dennoch. Der Heilige Geist will ihnen helfen, sie wiederzufinden, sie zu läutern und ihrer teilhaftig zu werden.
Wir denken an alle, die leiden; Wir denken an jene, die am Abend ihres Lebens angelangt sind. Die Freude Gottes klopft an die Tür ihrer körperlichen und seelischen Gebrechen, sicher nicht aus Ironie, sondern um hier ihr paradox erscheinendes Werk der Verklärung zu wirken.
Unsere Gedanken und Unser Herz wenden sich gleichermaßen auch all denen zu, die jenseits der sichtbaren Sphäre des Gottesvolkes leben. Wenn sie ihr Leben nach den grundlegendsten Forderungen ihres Gewissens ausrichten, das der Widerhall der Stimme Gottes ist, sind sie auf dem Weg der Freude.
Doch das Gottesvolk kann nicht ohne Führung auf seinem Weg voranschreiten. Es gibt daher die Hirten, die Theologen, die Lehrmeister des geistlichen Lebens, die Priester und alle jene, die mit ihnen an der Erhaltung und Förderung des Lebens der christlichen Gemeinden mitarbeiten. Ihre Sendung besteht darin, ihren Brüdern zu helfen, den Weg der christlichen Freude einzuschlagen, inmitten der Gegebenheiten, die ihr Leben bestimmen und denen sie nicht aus dem Weg gehen können.
Ja, es ist die unendliche Liebe Gottes, die diejenigen, die aus den verschiedenen Himmelsrichtungen — wer auch immer sie sind, nah oder noch fern — in diesem Heiligen Jahr herbeiströmen, dazu aufruft, ihren Weg auf die himmlische Stadt zu lenken. Und weil alle, an die sich der Ruf richtet -— wir alle insgesamt —, mehr oder minder Sünder sind und bleiben, müssen wir noch heute aufhören, unser Herz zu verhärten, um die Stimme des Herrn zu vernehmen und sein Angebot zur großen Vergebung anzunehmen, die Jeremias vorherverkündet hat: »Ich reinige sie von all ihrer Schuld, die sie gegen mich begangen haben, und vergebe ihnen alle ihre Missetaten, wodurch sie gegen mich gesündigt haben und mir untreu geworden sind. Jerusalem wird mir ein Wonnename sein, zu Ruhm und Ehre bei allen Völkern der Erde«.[58]Und wie diese Verheißung der Vergebung und alle anderen Verheißungen ihren Sinn letztlich im Erlösungsopfer Christi erhalten, des leidenden Gottesknechtes, ist er es und nur er allein, der uns zu sagen vermag in diesem für das Leben der Menschheit so entscheidenden Augenblick: »Bekehret euch und glaubt an das Evangelium«.[59]Der Herr möchte uns vor allem innewerden lassen, daß die geforderte Bekehrung keineswegs eine Rückkehr zu Vergangenem ist, sowie es bei der Sünde der Fall ist. Sie ist im Gegenteil, wenn sie in die Wege geleitet wird, ein Fortschritt in der wahren Freiheit und in der Freude. Sie ist die Antwort auf eine Einladung zum Glauben, die vom Herrn in Liebe, in Achtung, aber doch mit aller Dringlichkeit ergeht: »Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken. Nehmet mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig von Herzen, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen«.[60]
In der Tat, welche Last drückt mehr zu Boden als die der Sünde? Welches Elend vereinsamt mehr als das des verlorenen Sohnes, wie der hl. Lukas es so eindrucksvoll beschreibt? Welche Begegnung hinterläßt dagegen einen tieferen Eindruck als die zwischen dem geduldigen und erbarmungsvollen Vater und dem Sohn, der zum Leben zurückgefunden hat? »Es wird mehr Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen«.[61] Wer ist aber ohne Sünde außer Christus und seine unbefleckte Mutter? Deshalb ist das Heilige Jahr — Verheißung frohen Jubels für das ganze Volk — mit der Einladung, durch die Buße zum Vater zurückzukehren, auch ein Aufruf, den Sinn und die Übung des Sakramentes der Wiederversöhnung neu zu entdecken. Als Erbe der besten religiösen Überlieferung möchten Wir den Gläubigen und ihren Hirten in Erinnerung rufen, daß die Anklage der schweren Sünden notwendig ist und daß die häufige Beichte eine bevorzugte Quelle der Heiligkeit, des Friedens und der Freude darstellt.
VI.
DIE FREUDE UND HOFFNUNG IM HERZEN DER JUGEND
Ohne Abstriche von der Eindringlichkeit Unserer Botschaft an das ganze Volk Gottes zu machen, möchten Wir Uns jedoch die Zeit nehmen, Uns ausführlicher und mit besonderer Hoffnung an die Welt der Jugend zu richten.
Wenn doch die im Heiligen Geist erneuerte Kirche tatsächlich in gewissem Sinn die wahre Jugend der Welt bildet, warum sollte sie sich dann nicht — solange sie nur ihrem Wesen und ihrer Sendung treu bleibt — spontan und mit Vorzug in der Gestalt derer wiedererkennen, welche sich als Träger des Lebens und der Hoffnung fühlen, beauftragt, der Gegenwart die Zukunft zu sichern? Und umgekehrt: wieso sollten sich die, die in sich intensiver die Dynamik des Lebens erfassen, in der Erwartung der Zukunft leben und den Anspruch echter Erneuerung verspüren, nicht in geheimer Harmonie mit einer vom Geiste Christi beseelten Kirche befinden? Warum sollten sie nicht von ihr die Vermittlung des Geheimnisses ihrer ewigen Jugend erwarten und damit die Freude ihrer eigenen Jugend?
Wir meinen, zurecht und in der Tat besteht eine solche Entsprechung, wenn auch nicht immer sichtbar, so doch mit Sicherheit in der Tiefe wirksam, trotz mancher oberflächlicher Gegensätze. Das ist der Grund, weshalb Wir Uns in diesem Mahnschreiben über die christliche Freude von Herz und Sinn gedrängt fühlen, Uns mit aller Bestimmtheit der heutigen Jugend zuzuwenden. Wir tun es im Namen Christi und seiner Kirche, von der er selbst ungeachtet aller menschlichen Schwäche will, »daß sie herrlich erstrahle, ohne Flecken oder Falten oder sonst etwas dergleichen, daß sie heilig sei und ohne Fehl«.[62]
Damit geben wir jedoch keineswegs einem sentimentalen Kult nach. Allein unter dem Gesichtspunkt der Zeit betrachtet, ist die Jugend vergänglich wie ein Hauch. Der Kult, den man um sie macht, wird bald zu Nostalgie und Anlaß zu Spott. Das gilt jedoch nicht dafür, was die geistliche Bedeutung dieser Zeit der Gnade betrifft, welche eine authentisch gelebte Jugend darstellt. Was Unsere Aufmerksamkeit anzieht, ist wesentlich die sicherlich vorübergehende und vielfach bedrohte, doch darum nicht weniger bedeutsame und voller großartiger Möglichkeiten steckende Entsprechung zwischen dem Aufbruch eines Wesens, das sich von Natur aus den Forderungen und Notwendigkeiten seiner hohen menschlichen Berufung öffnet, und der Dynamik des Heiligen Geistes, aus der die Kirche unerschöpflich ihre eigene Jugend empfängt, die grundsätzliche Treue zu sich selbst und darin ihre lebendige Schaffenskraft. Aus dieser Begegnung zwischen dem menschlichen Wesen, das für einige entscheidende Jahre die Verfügbarkeit der Jugend besitzt, und der Kirche in ihrer bleibenden geistigen Jugend, erhebt sich mit Notwendigkeit höchst beglückende Freude und die vielversprechende Hoffnung, daß sie fruchtbar ist.
Die Kirche als Volk Gottes auf der Pilgerschaft zum kommenden Reich des Herrn, muß sich selbst Dauer verleihen, d.h. sich in der Generationenfolge der Menschheit jeweils erneuern können; das ist für sie eine Vorbedingung der Fruchtbarkeit, ja einfach eine Lebensbedingung.
Es ist darum wichtig, daß in jedem Augenblick ihrer Geschichte die sich neu erhebende Generation irgendwie die Hoffnung der vorigen Generation aufgreift, die Hoffnung der Kirche: nämlich ohne Unterlaß die Gnade Gottes weiterzugeben, die Wahrheit und das Leben. Darum müssen in jeder neuen Generation die jungen Christen in vollem Bewußtsein und bedingungslos den von ihnen im Taufsakrament geschlossenen und im Sakrament der Firmung bekräftigten Bund ratifizieren.
In dieser Hinsicht verläuft unsere Epoche tiefster Umwälzung nicht ohne große Schwierigkeiten für die Kirche. Wir sind Uns dessen lebhaft bewußt, der Wir mit dem ganzen Bischofskollegium »die Sorge um alle Gemeinden« [63]und um ihre nahe Zukunft tragen. Doch halten Wir gleichzeitig im Glauben und in der Hoffnung, die nie trügt,[64] dafür, daß die Gnade dem Volk Gottes nie mangelt, und wünschen, daß auch dieses sich nie der Gnade verweigert und nicht — wie manche heute versucht sind — das Erbe der Wahrheit und Heiligkeit verschmäht, das bis zu diesem entscheidenden Augenblick seiner jahrhundertelangen Geschichte bewahrt wurde. Und hier — gerade darum geht es — glauben Wir, allen Grund zu haben, der christlichen Jugend zu vertrauen: sie wird der Kirche nicht fehlen, wenn es in der Kirche genügend Ältere gibt, die fähig sind, sie zu verstehen, zu lieben, zu führen und ihr eine Zukunft zu erschließen, indem sie ihr in aller Treue die bleibende Wahrheit überantwortet. Dann betreten ihrerseits neue, entschlossene und glühende Arbeiter für die geistliche und apostolische Aufgabe die Felder, die reif sind zur Ernte, und es werden sich Sämann und Schnitter zugleich freuen in der Freude des Himmelreiches.[65]
In der Tat scheint Uns die gegenwärtige Krise der Welt, die durch eine große Verwirrung vieler Jugendlicher gekennzeichnet ist, zu einem guten Teil einen senilen, ja anachronistischen Zug zu verraten, das Gesicht einer merkantilen, hedonistischen und materialistischen Gesellschaft, die immer noch versucht, sich als Träger der Zukunft auszugeben. Gegen diese Illusion hat die instinktive Reaktion zahlreicher Jugendlicher, selbst in ihren Auswüchsen, eine bestimmte Bedeutung. Diese Generation steht in Erwartung von etwas ganz anderem. Plötzlich aller schützenden Tradition beraubt, dann bitter enttäuscht durch die innere Hohlheit und geistige Leere falscher Neuheiten, atheistischer Ideologien und gewisser gefährlicher Mystizismen ist sie sich selbst überlassen: wird sie nicht dazu kommen, die dauerhafte und unverbrüchliche Neuheit des in Christus geoffenbarten Geheimnisses Gottes zu entdecken, bzw. wiederzuentdecken? Hat nicht Christus, nach der wunderbaren Formulierung des hl. Irenäus, »alle Neuheit gebracht, indem er sich selbst brachte«? [66]
Darum möchten Wir euch, den jungen Christen dieser Zeit, Hoffnung der Kirche von morgen, ausdrücklich diese Feier der geistlichen Freude zueignen. Herzlich laden Wir euch ein, ein Gespür für den inneren Anruf zu entwickeln, der an euch ergeht. Wir drängen euch, die Augen zu erheben, euer Herz, eure neuen Kräfte: erhebt sie zu den Gipfeln, eignet euch die Energien zur Erhebung der Seele an! Wir möchten euch diese Versicherung geben: so schwächend vielleicht das heute allgemein verbreitete Vorurteil ist, der menschliche Geist sei unfähig, die ewige und lebendigmachende Wahrheit zu finden, so tief und so befreiend ist die Freude der schließlich in der Kirche erkannten göttlichen Wahrheit: gaudium de veritate.[67] Diese Freude ist euch angeboten. Sie schenkt sich dem, der sie genügend liebt, um sie ohne Unterlaß zu suchen. Wenn ihr euch bereitmacht, sie anzunehmen und zu verbreiten, sichert ihr gemeinsam eure eigene Vollendung in Christus und die nächste geschichtliche Stunde des Volkes Gottes.
VII.
DIE FREUDE DES PILGERS IN DIESEM HEILIGEN JAHR
In diese Wanderschaft des ganzen Gottesvolkes fügt sich auf natürliche Weise das Heilige Jahr mit seiner Pilgerfahrt ein. Man erlangt die Gnade des Jubiläums nämlich, indem man aufbricht und sich in Glaube, Hoffnung und Liebe auf den Weg zu Gott begibt. Wir haben die Möglichkeiten und die zeitliche Einteilung dieses Jubiläums vielfältiger gestaltet und dadurch beabsichtigt, für jeden die Teilnahme möglichst zu erleichtern. Das Wesentliche bleibt jedoch die innere Entscheidung, als Jünger Christi, als Glied der katholischen und apostolischen Kirche und gemäß der Intention dieser Kirche in persönlicher Weise auf den Anruf des Geistes zu antworten. Alles übrige gehört in den Bereich der Zeichen und der Mittel. Die gewünschte Pilgerfahrt ist für das Gottesvolk insgesamt und für jeden einzelnen inmitten dieses Volkes in der Tat ein Aufbruch, ein österliches Ereignis, d.h. ein Durchgang zu jenem inneren Ort, wo der Vater, der Sohn und der Heilige Geist ihn in ihre eigene innerste Gemeinschaft und göttliche Einheit aufnehmen. Jesus sagt: Wenn einer mich liebt, »wird mein Vater ihn lieben, und wir werden kommen und Wohnung bei ihm nehmen«.[68]Um dieser Gegenwart teilhaftig zu werden, ist es stets notwendig, sich seiner selbst als Geschöpf und Kind Gottes in verstärktem Maße bewußt zu werden.
Besagt dieses nicht eine innere Erneuerung von der Art, wie sie das letzte Konzil im Grunde beabsichtigt hat?.[69] Es ist gewiß ein Werk des Geistes, ein Geschenk von Pfingsten. Auch muß man bei Unserem Vorgänger Johannes XXIII. eine prophetische Intuition anerkennen, der sich als eine Frucht des Konzils eine Art neuen pfingstlichen Erwachens erhoffte.[70]Wir selbst haben Uns die gleiche Sichtweise und dieselben Erwartungen zu eigen machen wollen. Nicht als ob Pfingsten im gesamten Geschichtsverlauf der Kirche jemals seine Aktualität verloren hätte; doch sind die Nöte und Gefahren dieses Jahrhunderts so groß, die Horizonte einer Menschheit, die sich auf eine weltweite Koexistenz hinbewegt und sie noch nicht zu verwirklichen vermag, von solcher Weite, daß es für sie nur in einer neuen Vermittlung der Gabe Gottes wirkliches Heil geben kann. Möge also der Schöpfergeist kommen, um das Angesicht der Erde zu erneuern! In diesem Heiligen Jahr müssen wir uns irgendwie auf den Weg nach »Jerusalem« begeben, als Pilger, die von dem demütigen Verlangen beseelt sind, die Kraft aus der Höhe wirksamer zu empfangen.
Wir haben euch in diesem Heiligen Jahr eingeladen, tatsächlich oder im Geiste und in der Meinung eine Pilgerfahrt nach Rom, d.h. in das Zentrum der katholischen Kirche zu machen. Es ist aber nur allzu deutlich, daß Rom nicht das Ziel unserer Pilgerfahrt in der Zeit darstellt. Keine irdische Heilige Stadt kann ein solches Ziel sein. Dieses liegt jenseits dieser Welt, in der Tiefe des Geheimnisses Gottes verborgen, das für uns noch nicht sichtbar ist. Denn wir wandeln noch im Glauben, nicht im klaren Schauen, und was wir sein werden, ist noch nicht offenbar. Das neue Jerusalem, von dem wir schon jetzt Bürger und Kinder sind,[71]ist jenes in der Höhe, das von Gott herniedersteigt. Von dieser einzigen endgültigen Stadt haben wir noch nicht den Glanz geschaut, es sei denn nur wie in einem Spiegel auf undeutliche Weise, indem wir am prophetischen Wort festhalten. Wir sind aber schon jetzt deren Bürger oder sind dazu eingeladen, es zu werden. Jede geistliche Pilgerfahrt erhält von dieser letzten Bestimmung her ihren inneren Sinn.
In solcher Weise ist das Jerusalem von den Psalmisten gepriesen worden. Jesus selbst und Maria, seine Mutter, haben auf Erden, als sie nach Jerusalem hinaufgingen, die Gesänge von Sion gesungen als der »Krone der Schönheit, Wonne der ganzen Erde«.[72]Es ist aber nunmehr Christus, von dem das himmlische Jerusalem seine Anziehungskraft erhält. Er ist es, zu dem wir auf unserem inneren Weg unterwegs sind.
So gilt es auch von Rom, wo die heiligen Apostel Petrus und Paulus durch das Blut ihr letztes Zeugnis abgelegt haben. Die Berufung von Rom ist apostolischen Ursprungs, und das Amt, das Uns zur Ausübung übertragen worden ist, ist ein Dienst zum Wohle der gesamten Kirche und der Menschheit. Aber es ist ein unersetzbarer Dienst, denn es hat der Weisheit Gottes gefallen, das Rom von Petrus und Paulus sozusagen auf jenen Weg zu stellen, der zur ewigen Stadt führt, dadurch daß sie beschloß, die Schlüssel des Himmelreiches Petrus zu übertragen, der in sich das Bischofskollegium eint.
Das, was hier gegenwärtig ist, nicht aufgrund menschlichen Willens, sondern durch das freie Gnadengeschenk des Vaters, des Sohnes und der Heiligen Geistes, ist die soliditas Petri (die Festigkeit Petri), die Unser Vorgänger Leo der Große mit unvergleichlichen Worten preist: »Der hl. Petrus hört nicht auf, seinem Sitz vorzustehen und bewahrt eine nie endende Gemeinschaft mit dem Hohenpriester. Die Festigkeit, die er von dem Felsen erhalten hat, der Christus ist, teilt er, nachdem er selbst zum Felsen geworden ist, in gleicher Weise seinen Erben mit; und überall, wo sich eine gewisse Festigkeit zeigt, offenbart sich ohne Zweifel die Kraft des Hirten... Hier im Apostelfürsten ist in voller Kraft und Leben jene Liebe zu Gott und zu den Menschen, die weder die Einkerkerung im Gefängnis noch die Ketten, weder den Druck der Masse noch die Drohungen von Königen gefürchtet hat; und dasselbe gilt von seinem unbesiegbaren Glauben, der im Kampf keinen Fuß breit gewichen ist und auch im Sieg nicht nachgelassen hat«.[73]
Wir hegen zu jeder Zeit, mehr aber noch in dieser katholischen Feier des Heiligen Jahres den Wunsch, daß ihr zusammen mit Uns, sei es in Rom oder in der ganzen Kirche, die sich zu einem Leben im Einklang mit der in Rom bewahrten authentischen Tradition verpflichtet weiß, erfahren möget,[74]»wie gut und wie schön es doch ist, wenn Brüder in Eintracht beisammen wohnen«.[75]
Gemeinsame, wahrhaft übernatürliche Freude, ein Geschenk des Geistes der Einheit und der Liebe, ist nur dort wirklich möglich, wo die Predigt des Glaubens ohne Vorbehalte entsprechend der apostolischen Norm angenommen wird. Diesen Glauben hütet nämlich die katholische Kirche, »obwohl sie über die ganze Welt hin verstreut ist, so sorgfältig, als ob sie in einem einzigen Hause wohnen würde, und sie glaubt ihn so einmütig, als ob sie nur eine Seele und ein Herz besäße; in vollkommener Übereinstimmung predigt sie ihn, lehrt und überliefert sie ihn, als ob sie nur einen einzigen Mund hätte«.[76]
Dieses »einzige Haus«, dieses »eine Herz« und diese »eine Seele«, dieser »einzige Mund« sind es, die für die Kirche und für die Menschheit insgesamt unerläßlich sind, damit sich hinieden im Einklang mit dem Jerusalem in der Höhe das neue Lied, der Hymnus der göttlichen Freude erheben kann. Dies ist auch der Grund, warum Wir selbst demütig, geduldig und mit Ausdauer — wenn auch vielleicht von vielen nicht verstanden — Zeugnis ablegen müssen für den vom Herrn empfangenen Auftrag, die Herde zu leiten und unsere Brüder zu bestärken.[77]Aber auf vielfältige Weise erfahren auch Wir, daß Wir Unsererseits durch unsere Brüder, sogar allein schon durch den Gedanken an euch alle, darin bestärkt werden, Unsere apostolische Sendung zum Dienst der Universalkirche und zur Ehre Gottes des Vaters zu erfüllen!
Wir haben geglaubt, in der Mitte dieses Heiligen Jahres treu den Eingebungen des Heiligen Geistes zu folgen, wenn Wir die Christen dazu ermahnen, zu den Quellen der Freude zurückzukehren.
Liebe Brüder, Söhne und Töchter, ist es nicht natürlich, daß uns Freude erfüllt, wenn wir in unseren Herzen gläubig hierfür die grundlegenden Motive betrachten oder neu entdecken, die wahrhaft einfach sind: Gott hat so sehr die Welt geliebt, daß er seinen einzigen Sohn dahingegeben hat; er hört nicht auf, uns durch seinen Geist, durch seine Gegenwart mit seinem Wohlwollen zu umgeben und mit seinem Leben zu durchdringen; auch befinden wir uns auf dem Weg zur beseligenden Verklärung unserer Existenz als Folge der Auferstehung Jesu. Es wäre in der Tat recht seltsam, wenn uns diese Frohbotschaft, die das Alleluja der Kirche hervorruft, uns nicht den Anblick von Erlösten geben sollte. Die Freude darüber, ein Christ, mit der Kirche verbunden, »in Christus«, im Stand der Gnade Gottes zu sein, ist in der Tat imstande, das Herz des Menschen zu erfüllen. Ist es nicht gerade dieser innere Jubel, der dem Tagebuch Pascals eine erschütternde Note verleiht: »Freude, Freude, Freude, Tränen der Freude«? Und wieviele erleuchtete Schriftsteller — wir denken z.B. an Georges Bernanos — drücken nicht auch in unserer Zeit in neuer Form diese christliche Freude der Kleinen und Demütigen aus, die überall in einer Welt aufleuchtet, welche vom Schweigen Gottes spricht?
Die Freude entsteht immer von einem bestimmten Blick auf den Menschen und auf Gott. »Ist dein Auge gesund, so hat dein ganzer Leib Licht«.[78]Wir berühren hier die ursprüngliche und unveräußerliche Dimension der menschlichen Person: ihre Berufung zum Glück geht immer über die Wege der Erkenntnis und der Liebe, der Kontemplation und der Aktion. Könntet ihr doch das Edelste, was sich in der Seele eures Bruders findet, und diese göttliche Gegenwart, die dem menschlichen Herzen so nahe ist, wieder miteinander verbinden!
Mögen deshalb Unsere Söhne und Töchter, die in gewissen Gruppen aufbegehren, die übermäßige systematische und zerstörerische Kritik aufgeben! Ohne auf eine realistische Sicht zu verzichten, sollten die christlichen Gemeinschaften Orte des Optimismus werden, wo alle ihre Mitglieder sich entschlossen darum bemühen, von den Personen und Ereignissen die jeweils positive Seite zu entdecken! »Die Liebe hat am Unrecht kein Gefallen, sondern sie freut sich mit der Wahrheit. Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, duldet alles«.[79]
Die Erziehung zu einer solchen Sichtweise ist nicht nur eine psychologische Angelegenheit. Sie ist gleichermaßen eine Frucht des Heiligen Geistes. Dieser Geist, der in Fülle in der Person Jesu Christi wohnt, machte ihn während seines Erdenlebens empfänglich für die Freuden des täglichen Lebens, so zartfühlend und überzeugend, um dadurch auch die Sünder wieder auf den Weg einer erneuerten Jugend des Herzens und des Geistes zurückzuführen! Dies ist derselbe Geist, der die Jungfrau Maria und alle Heiligen beseelt hat. Es ist derselbe Geist, der noch heute so vielen Christen die Freude vermittelt, jeden Tag ihre besondere Berufung in dem Frieden und der Hoffnung zu leben, die alle Enttäuschungen und Leiden übersteigen. Es ist der Pfingstgeist, der heute überaus zahlreiche Jünger Christi auf den Weg des Gebetes führt, in der Freude eines kindlichen Gotteslobes und zum demütigen und frohen Dienst für die Entrechteten und die Verstoßenen in unserer Gesellschaft. Denn die Freude kann nicht vom Teilen mit den anderen getrennt werden.
Dieser positive Blick auf die Personen und die Dinge, der eine Frucht eines geläuterten menschlichen Geistes und des Heiligen Geistes ist, findet bei den Christen eine bevorzugte Kraftquelle: die Feier des österlichen Geheimnisses Jesu. In seinem Leiden, seinem Tode und seiner Auferstehung faßt Christus die Geschichte jedes Menschen und aller Menschen mit der Last ihrer Leiden und Sünden und mit ihren Möglichkeiten zur Erneuerung und zur Heiligkeit zusammen. Das ist der Grund dafür, daß Unser abschließendes Wort in diesem Mahnschreiben ein Aufruf an alle Verantwortlichen und geistlichen Leiter der christlichen Gemeinschaften ist: sie sollen sich nicht scheuen, gelegen oder ungelegen, auf die treue und frohe Teilnahme der Gläubigen an der sonntäglichen Eucharistiefeier nachdrücklich hinzuweisen. Wie können sie diese Begegnung, dieses Festmahl vernachlässigen, das uns Jesus in seiner Liebe bereitet? Ebenso, daß die Vorbereitung jedesmal entsprechend würdig und festlich sei! Es ist der gekreuzigte und auferstandene Christus, der durch die Reihen seiner Jünger geht, um sie mit sich in die Erneuerung seiner Auferstehung zu führen. Es ist hienieden der Höhepunkt des Liebensbundes zwischen Gott und seinem Volk: Zeichen und Quelle der christlichen Freude und Vorbereitung auf das ewige Fest.
Möge der Vater, der Sohn und der Heilige Geist euch dorthin geleiten! Dazu erteilen Wir euch von ganzem Herzen Unseren Apostolischen Segen.
Gegeben zu Rom, bei St. Peter, am 9. Mai 1975, dem zwölften Jahr Unseres Pontifikates.
PAUL VI.
[1] Vgl. Phil 4, 4-5; Ps 145, 18.
[2] Vgl. Unser Apostolisches Mahnschreiben Paterna cum nevolentia, AAS 67 (1975), S. 5-23.
[3] 2 Kor 7, 3-4.
[4] Vgl. Gal 5, 22.
[5] Vgl. Röm 5, 5.
[6] Gen 1, 10.12.18.21.25.31.
[7] Vgl. Thomas v. Aquin, Summa Theologica, I-IIae, q. 31, a. 3.
[8] Vgl. Thomas v. Aquin, ebd., II-IIae, q. 28, a. 1 u. 4.
[9] Vgl. Apg 20, 35.
[10] Augustinus, Bekenntnisse, I, 1; CSEL, 33, S. 1.
[11] Vgl. Mt 16, 17.
[12] Vgl. Eph 1, 9-10.
[13] Vgl. Gen 21, 1-7; Röm 4, 18.
[14] Joh 8, 56.
[15] Is 60, 15; 62, 5; Vgl. Gal 4, 27; Offb 21, 1-4.
[16] Vgl. Is 40, 1; 66, 13.
[17] Vgl. Lk 2, 10.
[18] Vgl. Lk 1, 44.
[19] Joh 3,29.
[20] Vgl. Lk 10, 21.
[21] IV. Eucharistisches Hochgebet; vgl. Hebr 4, 15.
[22] Lk 4, 18.
[23] Vgl. Lk 13, 17.
[24] Lk 3, 22.
[25] Vgl. Joh 16, 32.
[26] Joh 10, 15.
[27] Joh 17, 10.
[28] Joh 14, 10.
[29] Joh 14, 31.
[30] Vgl. Joh 8, 29; 4, 34.
[31] Joh 10, 17.
[32] Joh 17, 24.
[33] Vgl. Joh 17, 13.
[34] Joh 17, 26.
[35] Lk 6, 20-21.
[36] Vgl. Apg 2, 23.
[37] Joh 17, 1.
[38] Is 9, 1-2.
[39]Oster-Exsultet.
[40]Sequenz von Pfingsten.
[41] Vgl. Joh 14, 23.
[42] Vgl. Röm 14, 17; Gal 5, 22.
[43]Vgl. Joh.16, 20-22; 2 Kor 1, 4; 7, 46.
[44] 1 Petr 5,3.
[45] Mt 5, 11-12.
[46]1 Kor 2, 14.
[47] Lk 1, 46-48.
[48]Is 61, 10.
[49] Brief an die Römer, 7, 2: Patres Apostolici, ed Funk, I, Tübingen 1901 2, S. 261.
[50] Sermo 82, Zum Jahrestag der Apostel Petrus und Paulus, 6: PL 54, 426.
[51] In Lucam, Pred. 15: PG 13, 1838-1839.
[52] Vgl. N. Cabasilas, De Vita in Christo, VII: PG 150, 703-715.
[53] Geschichte einer Seele, Autobiographische Manuskripte, Cerf-Desclée de Brower, Paris 1973, S. 22 (Ms B, fol, 5r)
[54] Irenäus, Adversus haereses, V, 8, 1: PG 7, 1142.
[55] Hebr 12, 2-3.
[56] Apg 2, 39.
[57]Vgl. Mk 10, 14-15.
[58]Jer 33, 8-9.
[59]Mk 1, 15.
[60] Mt 11, 28-29.
[61] Lk 15, 7.
[62] Eph 5, 27.
[63] 2 Kor 11, 28.
[64] Vgl. Röm 5, 5.
[65] Vgl. Joh 4,35-36
[66] Irenäus, Adversus haereses, IV, 34, 1: PG 7, 1083.
[67]Augustinus, Bekenntnisse, X, 23: CSEL, 33, S. 252.
[68]Joh 14, 23.
[69]Vgl. Paul VI., Ansprache zur Eröffnung der zweiten Session des Konzils, 1. Teil, 29. Sept. 1963: AAS 55 (1963), S. 845 ff.; Enzyklika Ecclesiam suam: AAS 56 (1964), S. 612-618.
[70]Johannes XXIII., Ansprache zum Abschluß der ersten Session, 3. Teil, 8. Dez. 1962: AAS 55 (1963), S. 38 ff.
[71] Vgl. Gal 4, 26.
[72] Ps 50, 2; 48, 3.
[73] Sermo V, Ansprache am Jahrestag seiner Papstwahl, 4: PL 54, 155-156.
[74] Vgl. Irenäus, Adversus haereses, II, 3, 2: PG 7, 848-849.
[75] Ps 133, 1.
[76] Adversus haereses, I, 10, 2: PG 7, 551.
[77] Vgl. Lk 22, 32.
[78] Lk 11, 34
[79] 1 Kor 13, 6-7.
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