BENEDIKT XVI.
GENERALAUDIENZ
Petersplatz
Mittwoch, 7. April 2010
Osteroktav
Liebe Brüder und Schwestern!
Die gewohnte Generalaudienz am Mittwoch ist heute eingetaucht in die lichtvolle Freude des Osterfestes. Denn in diesen Tagen feiert die Kirche das Geheimnis der Auferstehung und erlebt die große Freude, die aus der guten Nachricht des Sieges Christi über Sünde und Tod entspringt. Eine Freude, die nicht nur in der Osteroktav andauert, sondern sich über fünfzig Tage bis hin zum Pfingstfest erstreckt. Nach den Tränen und der Bestürzung des Karfreitags und nach der erwartungsvollen Stille des Karsamstags folgt jetzt die wunderbare Verkündigung: »Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen« (Lk 24,34). Das ist in der gesamten Weltgeschichte die »Frohe Botschaft« schlechthin, es ist das durch die Jahrhunderte von Generation zu Generation verkündete und weitergegebene »Evangelium«.
Das Pascha Christi ist der höchste und un - überbietbare Ausdruck der Macht Gottes. Es ist ein absolut außerordentliches Ereignis, die schönste und reifste Frucht des »Geheimnisses Gottes«. Es ist so außerordentlich, daß es sich in jenen Dimensionen, die sich unserer menschlichen Fähigkeit der Erkenntnis und der Analyse entziehen, als unaussprechlich erweist. Und dennoch handelt es sich auch um eine historische, wirkliche, bezeugte und dokumentierte Tatsache. Es ist das Ereignis, das unseren gesamten Glauben begründet. Es ist der Hauptinhalt, an den wir glauben, und der Hauptgrund, warum wir glauben.
Das Neue Testament beschreibt das Geschehen der Auferstehung nicht. Es berichtet nur von den Zeugnissen derer, denen Jesus nach seiner Auferstehung persönlich begegnet ist. Die drei synoptischen Evangelien berichten uns, daß jene Botschaft – »Er ist auferstanden!« – zuerst von einigen Engeln verkündet wird. Deshalb ist es eine Verkündigung, die in Gott ihren Ursprung hat; aber Gott vertraut sie sofort seinen »Boten« an, damit diese sie allen überbringen. Und so fordern diese Engel die Frauen, die sich frühmorgens zum Grab begeben hatten, auf, schnell zu den Jüngern zu gehen und ihnen zu sagen: »Er ist von den Toten auferstanden. Er geht euch voraus nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen« (Mt 28,7). So erreicht durch die Frauen aus dem Evangelium dieser göttliche Auftrag alle und jeden einzelnen, damit sie ihrerseits dieselbe Botschaft treu und mutig an andere weitergeben: eine schöne, frohe Botschaft, die Freude bringt.
Ja, liebe Freunde, unser ganzer Glaube ist auf die beständige treue Weitergabe dieser »guten Nachricht« gegründet. Und wir wollen heute Gott unseren tiefen Dank aussprechen für die zahllosen Scharen von gläubigen Christen, die uns in den vergangenen Jahrhunderten vorausgegangen sind, dafür daß sie ihrem wesentlichen Auftrag immer entsprochen haben, nämlich das Evangelium, das sie empfangen hatten, zu verkünden. Die gute Nachricht der Osterbotschaft erfordert also das Wirken von begeisterten und mutigen Zeugen. Jeder Jünger Christi, auch jeder von uns ist dazu aufgerufen, Zeuge zu sein. Das ist der klare, anspruchsvolle und begeisternde Auftrag des auferstandenen Herrn. Die »Nachricht « vom neuen Leben in Christus muß im Leben des Christen aufleuchten, muß lebendig und tätig sein – in dem, der sie überbringt, und so kann sie wirklich, das Herz, das ganze Leben verwandeln. Sie ist vor allem deshalb lebendig, weil Christus selbst deren lebendige und belebende Herzmitte ist. Daran erinnert uns der hl. Markus am Schluß seines Evangeliums, wo er schreibt: »Sie aber zogen aus und predigten überall. Der Herr stand ihnen bei und bekräftigte die Verkündigung durch die Zeichen, die er geschehen ließ« (Mk 16,20).
Was für die Apostel gilt, gilt auch für uns und für jeden Gläubigen, für jeden Jünger, der zum »Verkünder« wird. Denn auch wir sind sicher, daß der Herr heute so wie gestern mit seinen Zeugen zusammen wirkt. Das ist eine Tatsache, die wir jedesmal dann erkennen können, wenn wir die Keime eines wahren und dauerhaften Friedens aufgehen sehen, dort, wo der Einsatz und das Beispiel der Christen und der Menschen guten Willens beseelt ist von der Achtung der Gerechtigkeit, vom geduldigen Dialog, von einer überzeugten Hochschätzung der anderen, von Selbstlosigkeit, von persönlicher und gemeinschaftlicher Opferbereitschaft. Leider sehen wir in der Welt auch sehr viel Leid, Gewalt und Unverständnis. Die Feier des Ostergeheimnisses, die freudige Betrachtung der Auferstehung Christi, der die Sünde und den Tod mit der Kraft der Liebe Gottes besiegt, ist eine günstige Gelegenheit, um mit tieferer Überzeugung unser Vertrauen in den auferstandenen Herrn wiederzuentdecken und zu bekennen, in ihn, der die Zeugen seines Wortes begleitet und mit ihnen zusammen Wunder wirkt. Wirklich und bis zum letzten werden wir dann Zeugen des Auferstandenen sein, wenn wir in uns das Wunder seiner Liebe durchscheinen lassen; wenn man in unseren Worten und mehr noch in unseren Werken in vollkommener Übereinstimmung mit dem Evangelium die Stimme und die Hand Jesu erkennen kann.
Überallhin sendet uns also der Herr als seine Zeugen. Das allerdings können wir nur sein, wenn wir von einem kontinuierlichen Bezug auf die Ostererfahrung ausgehen, die Maria von Magdala zum Ausdruck bringt, als sie den Jüngern sagt: »Ich habe den Herrn gesehen« (Joh 20,18). In dieser persönlichen Begegnung mit dem Auferstandenen liegen das unerschütterliche Fundament und der zentrale Inhalt unseres Glaubens, die frische und unerschöpfliche Quelle unserer Hoffnung, die brennende Dynamik unserer Liebe. So wird unser christliches Leben vollkommen mit der Botschaft übereinstimmen: »Christus, der Herr, ist wahrhaft auferstanden.« Lassen wir uns deshalb von der Faszination der Auferstehung Christi ergreifen. Die Jungfrau Maria stehe uns mit ihrem Schutz bei und helfe uns, die österliche Freude tief zu erleben, damit wir sie unsererseits allen unseren Brüdern und Schwestern bringen können.
Noch einmal wünsche ich allen ein gesegnetes Osterfest!
Die Freude über die Auferstehung Jesu prägt diese Woche der Osteroktav und darüber hinaus die fünfzig Tage bis zum Pfingstfest. So steht die heutige Audienz ganz im Licht von Ostern, dem wunderbaren Heilswirken Gottes, das den zentralen Inhalt und den Hauptgrund unseres Glaubens darstellt. Auch wenn sich der Vorgang der Auferstehung selbst der Beschreibung durch Worte entzieht, so handelt es sich doch um ein historisches Ereignis, das im Evangelium durch glaubwürdige Zeugen belegt ist. Gott selbst hat seine Engel als Boten ausgeschickt, und diese beauftragen wiederum die Frauen am leeren Grab, den Aposteln die frohe Botschaft zu bringen. Wenn wir heute an Christus glauben können, so verdanken wir dies all den Scharen von Gläubigen, die durch die Jahrhunderte hindurch diese Frohbotschaft treu und mutig verkündet und weitergegeben haben, und zwar nicht nur mit Worten, sondern auch mit ihrem Leben. Dabei handelten sie nicht nur aus eigener Kraft, denn, so sagt der Evangelist Markus, „der Herr stand ihnen bei und bekräftigte die Verkündigung durch die Zeichen, die er geschehen ließ“ (Mk 16,20).
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In österlicher Freude heiße ich alle Pilger und Besucher aus den Ländern deutscher Sprache willkommen und grüße besonders die vielen Jugendlichen, die Ministranten, Firmlinge und Schüler. Gerade angesichts der Not und der Gewalt, die wir in vielen Teilen der Welt sehen, dürfen wir in dieser Osterzeit fest auf den Beistand des auferstandenen Christus vertrauen. Er hat den Tod und die Sünde besiegt und lädt uns ein, in sein neues Leben einzutreten. Dieses neue Leben wollen wir in unseren Worten und Werken sichtbar machen und Boten dafür sein: Der Herr ist wahrhaft auferstanden und lebt unter uns. Euch allen wünsche ich eine gesegnete Osterzeit.
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