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PAPST FRANZISKUS

GENERALAUDIENZ

Audienzhalle
Mittwoch, 10. Januar 2018

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Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!

In der Katechesereihe über die Eucharistiefeier haben wir gesehen, dass der Bußakt uns hilft, unseren Hochmut abzulegen und so vor Gott zu treten wie wir wirklich sind, im Bewusstsein, Sünder zu sein, in der Hoffnung, dass uns vergeben wird.

Gerade aus der Begegnung zwischen der menschlichen Armseligkeit und dem göttlichen Erbarmen entsteht die Dankbarkeit, die im »Gloria « zum Ausdruck kommt: In diesem »ehrwürdigen altchristlichen Hymnus verherrlicht die im Heiligen Geist versammelte Kirche den Vater und das Lamm und fleht um Erbarmen« (Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch, 31). Der Beginn dieses Hymnus – »Ehre sei Gott in der Höhe« – greift den Gesang der Engel bei der Geburt Jesu in Betlehem auf, die freudige Verkündigung der Umarmung zwischen Himmel und Erde. Dieser Gesang schließt auch uns ein, die wir im Gebet versammelt sind: »Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade.«

Nach dem »Gloria« oder, wenn dieses nicht vorgesehen ist, gleich nach dem Bußakt nimmt das Gebet besondere Form an im sogenannten »Tagesgebet« oder »Kollektengebet«, durch das die Eigenart der Feier zum Ausdruck gebracht wird, die sich je nach den Tagen und den Zeiten des Kirchjahres verändern kann (vgl. ebd., 32).

Mit der Einladung »Lasset uns beten« ruft der Priester das Volk auf, sich mit ihm in einem Augenblick der Stille zu sammeln, um sich darauf zu besinnen, vor Gottes Angesicht zu stehen, und damit jeder in seinem Herzen die persönlichen Anliegen aussprechen kann, mit denen er an der Messe teilnimmt (vgl. ebd., 32). Der Priester sagt: »Lasset uns beten«; und dann folgt ein Augenblick der Stille, und jeder denkt an das, was er braucht, worum er bitten will, im Gebet. Das Schweigen ist nicht nur die Abwesenheit von Worten, sondern dient dazu, sich bereit zu machen, andere Stimmen zu hören: die Stimme unseres Herzen und vor allem die Stimme des Heiligen Geistes. In der Liturgie hängt das Wesen der heiligen Stille von dem Augenblick ab, in dem sie stattfindet: »Sie gibt Gelegenheit zur Besinnung beim Schuldbekenntnis und nach den Gebetseinladungen, zur kurzen Meditation nach den Lesungen und nach der Homilie, zum inneren Lobgebet nach der Kommunion« (ebd., 23).

Vor dem Eingangsgebet hilft uns die Stille also, uns innerlich zu sammeln und darüber nachzudenken, warum wir dort sind. Daher ist es wichtig, auf unser Herz zu hören und es dann dem Herrn zu öffnen. Vielleicht kommen wir aus Tagen der Mühe, der Freude, des Schmerzes und wollen es dem Herrn sagen, seine Hilfe anrufen, darum bitten, dass er uns beistehen möge; vielleicht haben wir Angehörige oder Freunde, die krank sind oder schwere Prüfungen durchmachen; vielleicht möchten wir Gott die Geschicke der Kirche oder der Welt anvertrauen. Dazu dient die kurze Stille, bevor der Priester, indem er die Anliegen eines jeden aufgreift, Gott im Namen aller mit lauter Stimme das allgemeine Gebet darbringt, das die Eingangsriten abschließt, indem er die »Kollekte« der einzelnen Anliegen macht. Ich ermahne die Priester eindringlich, diesen Augenblick der Stille zu bewahren und nicht voranzueilen: »Lasset uns beten«, und die Stille muss bewahrt werden. Dazu ermahne ich die Priester. Ohne diese Stille laufen wir Gefahr, die innere Sammlung zu vernachlässigen.

Der Priester spricht dieses Gebet, dieses Tagesgebet, mit ausgebreiteten Armen. Dies ist die Orantenhaltung, die die Christen schon in den ersten Jahrhunderten eingenommen haben – wie die Fresken der römischen Katakomben bezeugen –, um Christus nachzuahmen, der mit geöffneten Armen am Kreuz hängt. Und dort ist Christus der Beter, und er ist gleichzeitig das Gebet! Im Gekreuzigten erkennen wir den Priester, der Gott die Verehrung darbringt, die ihm gefällt, also den kindlichen Gehorsam.

Im Römischen Ritus sind die Gebete kurz, aber reich an Bedeutung: Man kann über diese Gebete viele schöne Betrachtungen halten. Sehr schöne! Über ihre Texte immer wieder nachzudenken, auch außerhalb der Messe, kann uns helfen zu lernen, wie wir uns an Gott wenden können, worum wir bitten, welche Worte wir gebrauchen sollen. Möge die Liturgie für uns alle eine wahre Schule des Gebets werden.

* * *

Von Herzen grüße ich die Pilger deutscher Sprache bei der heutigen Generalaudienz. Die heilige Messe bietet uns Gebete und Texte von reicher Bedeutung. Diese regen unser persönliches Beten an und sind uns eine Hilfe zu lernen, wie wir uns an Gott wenden können. Schauen wir zu, dass die Liturgie der Kirche für uns zu einer echten Gebetsschule wird. Gott segne euch und eure Lieben.

 


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