PAUL VI.
APOSTOLISCHES SCHREIBEN MOTU PROPRIO
APOSTOLICA SOLLICITUDO
ÜBER DIE ERRICHTUNG DER BISCHOFSSYNODE FÜR DIE GANZE KIRCHE
Die apostolische Sorge, in der Wir, die Zeichen der Zeit aufmerksam durchforschend, die Wege und Methoden des geistlichen Apostolates den wachsenden Notwendigkeiten unserer Tage sowie den veränderten Verhältnissen der Gesellschaft anzupassen suchen, drängt Uns dazu, Unsere Verbindung mit den Bischöfen, „die der Heilige Geist dazu bestimmt hat..., die Kirche Gottes zu leiten" (Apg 20,28), mit noch engeren Banden zu bestärken. Dazu veranlassen Uns nicht nur Ehrerbietung und Verehrung, Hochschätzung und Gesinnung der Dankbarkeit, die Wir mit Fug und Recht für alle ehrwürdigen Brüder im Bischofsamt hegen, sondern auch die so überaus schwere Uns auferlegte Bürde des universalen Hirten, die Uns zur Amtspflicht macht, das Volk Gottes auf ewige Weiden zu führen. In dieser unserer Zeit, die zwar voll unruhiger Verwirrung und voller Gegensätze, aber auch für jeden heilsamen Anhauch der himmlischen Gnade so sehr geöffnet ist, erleben Wir nämlich in der tagtäglichen Erfahrung, wie nützlich Unserem apostolischen Amte eine solche Verbindung mit den geistlichen Hirten ist. Wir möchten diese deshalb bereitwillig auf jede nützliche Weise festigen und fördern, „damit Uns" — wie Wir bei anderer Gelegenheit einmal betonten — „der Trost ihrer Gegenwart, die Hilfe ihrer Klugheit und Sacherfahrung, die Bestärkung ihres Rates, die Stütze ihrer Autorität nicht fehle" (AAS 56 [1964], S. 1011).
Ganz im Einklang damit hat sich also insbesondere während der Feier des Zweiten Vatikanischen Ökumenischen Konzils diese innere Überzeugung vertieft und gefestigt, wie bedeutsam und notwendig es ist, zum Wohl der Gesamtkirche mehr und mehr Hilfe und Dienst der Bischöfe mit einzusetzen. Ja gerade auch das Ökumenische Konzil wurde Uns zur Veranlassung, dass Wir den Vorsatz fassten, einen besonderen Rat der geistlichen Oberhirten für dauernd zu errichten, und zwar in der Absicht, dass auch nach dem Abschluss des Konzils dem christlichen Volk weiterhin jene Fülle an Wohltat und Segen zuströme, die zur Konzilszeit aus Unserer engen Verbindung mit den Bischöfen glücklich erfahren wurde.
Nun aber, da sich das Zweite Vatikanische ökumenische Konzil seinem Ende zuneigt, halten Wir die geeignete Zeit dafür gekommen, den langgefaßten Vorsatz endlich zur Verwirklichung zu bringen; Wir tun das um so lieber noch, weil Wir die Bischöfe des katholischen Erdkreises diesem Unserem Vorhaben ganz offen geneigt wissen, wie aus den darüber im Ökumenischen Konzil von sehr vielen geistlichen Hirten ausgesprochenen Wünschen und Meinungsäußerungen feststeht.
So errichten und bestellen Wir nach reiflicher, allseitiger Überlegung gemäß Unserer Hochschätzung und Ehrerbietung für alle katholischen Bischöfe, und damit diesen reichere Gelegenheit gegeben werde, in noch offenkundigerer und wirksamerer Weise an Unserer Sorge für die Gesamtkirche teilzunehmen, das heißt aus eigenem Entschluss und aus Unserer apostolischen Autorität in dieser Ewigen Stadt einen ständigen Rat von Bischöfen für die gesamte Kirche, der direkt und unmittelbar Unserer Vollmacht unterstellt ist, und dem Wir einen eigenen Namen BISCHOFSSYNODE geben.
Diese Synode, die nach Art und Brauch aller menschlichen Einrichtungen im Verlauf der Zeit eine immer noch vollkommenere Form erlangen können wird, wird nach folgenden allgemeinen Normen geleitet:
I.
Die Bischofssynode, durch die aus den verschiedenen Gebieten des Erdkreises ausgewählte Bischöfe dem obersten Hirten der Kirche stärkere Hilfe und Mitarbeit leisten, wird so errichtet, dass sie sei: a) eine zentrale kirchliche Einrichtung; b) eine Vertretung des ganzen katholischen Episkopates; c) ihrem Wesen nach ständig; d) der Struktur nach zeitlich befristet in der Erfüllung der jeweils gestellten Aufgaben.
II.
Ihrer Natur nach kommt es der Bischofssynode zu, Rat und Informationen zu geben. Sie kann auch Entscheidungsvollmacht haben, wo ihr diese vom Papst übertragen wird, der in diesem Falle dann seinerseits die Entscheidung der Synode zu bestätigen hat.
1. Die allgemeinen Ziele der Bischofssynode sind:
a) die enge Verbindung und hilfreiche Zusammenarbeit zwischen Papst und Bischöfen des ganzen Erdkreises zu fördern;
b) dafür zu sorgen, dass eine unmittelbare und wirkliche Kenntnis über Fragen und Verhältnisse verfügbar ist, die das innere Leben der Kirche und ihre pflichtgemäße Aktion in der heutigen Welt betreffen;
c) die Übereinstimmung in den Urteilen leichter zu machen, wenigstens bezüglich der wesentlichen Inhalte der Lehre und der Art des Fortschritts im Leben der Kirche.
2. Spezielle und nächste Ziele sind:
a) geeignete Nachrichten sich gegenseitig zu vermitteln;
b) gemeinsam über die Angelegenheiten zu beraten, derentwegen die Synode in den einzelnen Fällen zusammengerufen wird.
III.
Die Bischofssynode untersteht direkt und unmittelbar der Autorität des Papstes, dem es außerdem zusteht,
1. die Synode einzuberufen, sooft ihm das angebracht erscheint, unter Bezeichnung auch des Ortes, wo die Versammlungen abzuhalten sind;
2. die Wahl der Mitglieder zu bestätigen, die gemäß Nr. V und VIII erfolgt;
3. die Themen der zu behandelnden Fragen festzusetzen, möglichst wenigstens sechs Monate vor Zusammentritt der Synode;
4. zu bestimmen, dass das Material der zu beratenden Gegenstände denen übersandt werde, die diese Fragen behandeln müssen;
5. die Tagesordnung der zu behandelnden Dinge festzulegen;
6. persönlich oder durch andere die Synode zu leiten.
IV.
Die Synode kann zusammengerufen werden zu einer Generalversammlung, zu einer außerordentlichen Versammlung und zu einer Spezialversammlung.
V.
Die zur Generalversammlung vereinte Bischofssynode umfasst zunächst und an sich:
1.
a) die Patriarchen sowie die Großerzbischöfe und Metropoliten außerhalb der Patriarchate der katholischen Kirchen des orientalischen Ritus;
b) die von den einzelnen nationalen Bischofskonferenzen gemäß Nr. VIII gewählten Bischöfe;
c) die von den Bischofskonferenzen mehrerer Nationen, das heißt von den für Nationen ohne eigene Bischofskonferenz bestehenden übernationalen Konferenzen gemäß Nr. VIII gewählten Bischöfe;
d) dazu kommen zehn Ordensmänner als Vertreter der klerikalen Ordensinstitute, die von der römischen Union der Generaloberen gewählt sind.
2. An der Generalversammlung der Bischofssynode nehmen auch die den Ämtern der römischen Kurie vorgesetzten Kardinäle teil.
VI.
Die zur außerordentlichen Versammlung vereinte Bischofssynode umfasst:
1.
a) die Patriarchen sowie die Großerzbischöfe und Metropoliten außerhalb der Patriarchate der katholischen Kirchen des orientalischen Ritus;
b) die Präsidenten der nationalen Bischofskonferenzen;
c) die Präsidenten der Bischofskonferenzen mehrerer Nationen, das heißt der für Nationen ohne eigene Bischofskonferenz bestehenden übernationalen Konferenzen;
d) drei Ordensmänner als Vertreter der klerikalen Ordensinstitute, die von der römischen Union der Generaloberen gewählt sind.
2. An der außerordentlichen Versammlung der Bischofssynode nehmen auch die den Ämtern der römischen Kurie vorgesetzten Kardinäle teil.
VII.
Die zur Spezialversammlung vereinte Bischofssynode umfasst die Patriarchen, Großerzbischöfe und Metropoliten außerhalb der Patriarchate der katholischen Kirche des orientalischen Ritus sowie die Vertreter der Bischofskonferenzen einer oder mehrerer Nationen wie auch der Ordensinstitute gemäß den Bestimmungen in Nr. V und Nr. VIII, die jedoch alle zu den Gebieten gehören müssen, für die die Bischofssynode einberufen ist.
VIII.
Die Bischöfe, die die einzelnen nationalen Bischofskonferenzen vertreten, werden gewählt wie folgt:
a) ein Vertreter für jede nationale Bischofskonferenz, die aus nicht mehr als 25 Mitgliedern besteht;
b) zwei Vertreter für jede nationale Bischofskonferenz, die aus nicht mehr als 50 Mitgliedern besteht;
c) drei Vertreter für jede nationale Bischofskonferenz, die aus nicht mehr als 100 Mitgliedern besteht;
d) vier Vertreter für jede nationale Bischofskonferenz, die aus mehr als 100 Mitgliedern besteht.
Die Bischofskonferenzen mehrerer Nationen wählen ihre Vertreter nach den gleichen Normen.
IX.
Bei der Wahl der Vertreter der Bischofskonferenzen einer oder mehrerer Nationen und der Ordensinstitute in der Bischofssynode ist stets ganz besondere Rücksicht zu nehmen nicht nur auf ihre Wissenschaft und Klugheit im allgemeinen, sondern auch auf die theoretische wie praktische Kenntnis der Materie, über die die Synode verhandeln will.
X.
Der Papst vermehrt nach seinem Ermessen die Mitgliederzahl der Bischofssynode sowohl durch die Berufung von einzelnen Bischöfen oder Ordensmitgliedern als Vertreter der Ordensinstitute, wie schließlich auch von sachverständigen Geistlichen, und zwar bis zu insgesamt 15 Prozent der Gesamt-mitgliederzahl gemäß Nr. V und VIII.
XI.
Wenn die Tagung abgeschlossen ist, zu der die Bischofssynode zusammengerufen wurde, enden ohne weiteres sowohl die personelle Zusammensetzung dieser Synode als auch Ämter und Aufgaben, die die einzelnen Mitglieder als solche betreffen.
XII.
Die Bischofssynode hat einen ständigen oder Generalsekretär, dem eine angemessene Zahl von Helfern beigeordnet wird. Außerdem erhält jede Tagung der Bischofssynode ihren besonderen Sekretär, der bis zur Beendigung dieser Versammlung in seinem Amte bleibt. Sowohl der Generalsekretär als auch die speziellen Sekretäre werden vom Papst ernannt.
Dies bestimmen Wir und haben Wir festgelegt, und nichts soll dem entgegenstehen.
Gegeben zu Rom, bei Sankt Peter, am 15. September 1965, im dritten Jahr Unseres Pontifikates.
Paulus PP. VI
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